GEW sieht bis zu 1.000 fehlende Lehrkräfte - Busse schließt Kürzungen der Stundentafel trotz Lehrermangel aus
Nach wie vor herrscht Lehrermangel an Berliner Schulen. Laut der Gewerkschaft GEW könnten zu Beginn des neuen Schuljahres 1.000 Lehrkräfte fehlen. Die Stundentafel soll deshalb aber nicht zusammengestrichen werden, sagt die Bildungssenatorin.
Berlin wird auch in das kommende Schuljahr mit zu wenig Lehrerinnen und Lehrern starten. "Den Mangel kann ich nicht wegdiskutieren, das ist ein deutschlandweiter Trend", sagte Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) dem rbb am Rande der Bildungsmesse Berlin-Tag am Samstag.
Wie viel Personal zum Schuljahresanfang fehlen wird, wollte die Senatorin zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnet damit, dass zum neuen Schuljahr bis zu 1.000 Lehrerinnen und Lehrer an Berliner Schulen fehlen. Der Landesvorsitzende der GEW Berlin, Tom Erdmann, sprach gegenüber dem rbb von einem "großen Mangel" und kritisierte, dass die Bildungsverwaltung "keine Strategie" habe, um gegenzusteuern. Besonders dramatisch sei die Personalsituation an den Grundschulen.
Zuvor hatte der "Tagesspiegel" [Bezahlinhalt] darüber berichtet, dass die neu gegründete Vereinigung Berliner Grundschulleitungen von einem noch nie dagewesenen Szenario für das kommende Schuljahr ausgeht. Ihr Vorsitzender Stephan Witzke befürchtet demnach, dass auch Pflichtstunden wegfallen könnten, weil nicht genug neue Lehrer eingestellt werden können. "Wir müssen an die Stundentafel ran", sagte Witzke der Zeitung.
Erdmann: "Das ist kein Nice-to-have"
Bildungssenatorin Busse widersprach dieser Darstellung. "Das ist auf keinen Fall geplant", betonte die SPD-Politikerin. Es sei sichergestellt, dass die Stundentafel abgedeckt werde. Auch GEW-Landeschef Erdmann geht nicht davon aus, dass in Berlin flächendeckend die Stundentafel an den Grundschulen zusammengestrichen werden muss. Dass dies an einzelnen Schulen passiere, könne er aber nicht ausschließen. Was schon jetzt und künftig verstärkt unter die Räder komme, seien Teilungsstunden und der Förderunterricht. "Das ist kein nice-to-have sondern ganz elementar für die Berliner Schule und die Inklusion", warnte Erdmann.
Die GEW habe schon seit Langem eine echte Ausbildungsoffensive gefordert. "Das Geld dafür fehlt aber", bemängelt Erdmann. Die Ansätze im Doppelhaushalt, über den gerade beraten wird, seien genauso niedrig wie in den Vorjahren.
Nach Angaben eines Sprechers der Senatsfinanzverwaltung von vor wenigen Wochen sind im Entwurf für den Haushaltsplan 2022/23 insgesamt 770 neue Stellen für Lehrkräfte vorgesehen und 700 für sonstiges pädagogisches Personal an den Schulen.
Zweifel äußerte Erdmann daran, dass die von der Bildungsverwaltung angestrebte Wiedereinführung der Verbeamtung von Lehrkräften die Lage grundsätzlich verbessern wird. "Angeblich sitzen ja Hunderte Lehrer auf gepackten Koffern." Tatsächlich gebe es aber keine Zahlen, wie viele Pädagogen aus anderen Bundesländern nach Berlin wechseln wollen. Busse nannte die Verbeamtung dagegen einen "Mosaikstein", um mehr Lehrer nach Berlin zu holen und für den Beruf zu gewinnen.
Diesem Ziel diene auch der Berlin-Tag, der am Samstag in der Station Berlin stattfand, betonte die Senatorin. Auf der Berufs- und Informationsmesse stellen sich Kitas, Schulen und Jugendämter als Arbeitgeber vor. Für die Schulen geht es insbesondere darum, Quereinsteiger davon zu überzeugen, in den Schuldienst zu gehen.
Sendung: Fritz, Nachrichten, 14.05.2022, 15:30 Uhr