Bilanz der Berliner Feuerwehr 2021 - Alle 64 Sekunden rücken sie aus

Do 16.06.22 | 11:49 Uhr
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Feuerwehrleute im Einsatz. (Quelle: dpa/P.Zinken)
Audio: rbb24 Inforadio | 16.06.2022 | Natascha Gutschmidt | Bild: dpa/P.Zinken

Die Berliner Feuerwehr war im Jahr 2021 einmal mehr im Dauereinsatz. Letztlich standen fast 500.000 Einsätze zu Buche - Rekord. Alle 29 Sekunden klingelten die Telefone unter der Nummer 112 - in nur einem Bruchteil ging es um Brände.

Fast eine halbe Million Einsätze hat die Berliner Feuerwehr zur Hilfeleistung, Krankenversorgung und Brandbekämpfung im vergangenen Jahr geleistet. Mit exakt 492.226 Einsätzen war das trotz der Corona-Pandemie die höchste Zahl bislang, wie Feuerwehrchef Karsten Homrighausen am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahresbilanz sagte.

In den beiden vergangenen Jahren lagen die Einsatzzahlen zwischen 470.000 und 480.000.

1.095.932 Notrufe gingen bei der Feuerwehr ein

Alle 64 Sekunden rückten Sanitäter, Notärzte oder Brandlöscher im Durchschnitt aus. Meistens ging es um Notfalleinsätze (rund 446.000). Nur bei einem Bruchteil der Alarmierungen mussten Feuer gelöscht werden (6.843).

Außerdem gab es auch insgesamt rund 26.000 Fehleinsätze in allen Bereichen. Dann ist zum Beispiel nachts in den Partykiezen ein betrunkener Verletzter lieber selber weitergelaufen anstatt zu warten.

Weit mehr als eine Million Notrufe (1.095.932) gingen bei der Feuerwehr ein. Alle 29 Sekunden klingelten entsprechend die Telefone unter der Nummer 112. Dass diese Zahl doppelt so hoch ist, liegt daran, dass zu vielen Unfällen und Notfällen meist mehrere Notrufe eingehen, außerdem gibt es auch Fehlalarme.

Notrufe wegen Bagatellen weiter ein Problem

Die seit Jahren zunehmende Zahl der Einsätze liege zwar auch an der wachsenden Hauptstadt, sagte Feuerwehrchef Karsten Homrighausen. Ein wichtiger Grund sei aber die alternde Gesellschaft. "Wir kommen an unsere Grenzen." Weiter steigende Zahlen seien zu erwarten. Schon im laufenden Jahr hatte die Feuerwehr öfter als früher den sogenannten Ausnahmezustand ausgerufen, weil mehr Anrufe eingingen als zugleich abgearbeitet werden konnten.

Ein Problem sind weiterhin Notrufe wegen Bagatellen wie kleiner Verletzungen, also Schnittwunden, Prellungen, Verstauchungen, Bauch- oder Kopfschmerzen. Konkrete Zahlen dazu lägen nicht vor, sagte Homrighausen. Es sei aber bei manchen Menschen durchaus bekannt, mit welchen Trigger-Worten, also bestimmten Begriffen, man beim Anruf bei der Feuerwehr erreiche, dass ein Rettungswagen geschickt werde.

Von gezieltem Missbrauch wollte Homrighausen nicht sprechen. Er verwies aber auf eine Kampagne, mit der Menschen sensibilisiert werden sollten, um unnötige Alarmierungen zu vermeiden. Es müsste klar sein, dass ein unnötig alarmierter Rettungswagen an anderer
Stelle fehle, so der Feuerwehrchef.

Anstieg bei Angriffen auf Sanitäter

133 Angriffe und Übergriffe auf Sanitäter, Notärzte oder Feuerwehrleute wurden im vergangenen Jahr verzeichnet. Dazu kamen noch viele Beleidigungen. 2020 wurden 117 Angriffe registriert, 2019 waren es 211. Die Zahlen bereiteten weiterhin Sorgen. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte: "Wir dürfen die Gewalt nicht dulden." Seit Mitte 2021 läuft daher auch ein Test mit Bodycams - kleinen Kameras an der Kleidung - bei einigen Feuerwehrleuten. Sie sollen das Geschehen aufzeichnen und aggressive Menschen abschrecken.

Ein wichtiges vorgegebenes Ziel konnte die Feuerwehr wieder nicht erreichen. Eigentlich sollen die Sanitäter in 90 Prozent der Notfalleinsätze innerhalb von 10 Minuten am Einsatzort sein. Das gelang aber nur in knapp 50 Prozent der Fälle.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.06.2022, 13:40 Uhr

8 Kommentare

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  1. 8.

    Man kann den Männern und Frauen der Feuerwehr und auch der restlichen Rettungsorganisationen nur dankbar sein, dass sie sich täglich für uns einsetzen, allem Personalmangel, behördlichen Hindernissen und leider auch ständigen Angriffen zum Trotz. Es fehlt maximal an modernster Ausrüstung, an genügend Nachwuchs und politischem Rückhalt, und das bei steigender Einwohnerzahl und zunehmender Alarmierung wegen Bagatellen. Dann fährt mangels freiem RTW dann schon mal das Löschfahrzeug in voller Besetzung raus, weil ein Kind im in der Eisdiele vom Stuhl gefallen ist und ein Pflaster an der Stirn braucht. Der Weg zur Arztpraxis an der nächste Ecke ist schließlich unzumutbar. Ich bin der Meinung, für alle nicht angemessenen Einsätze sollte eine Kostenbeteiligung erhoben werden. Die Katze vom Baum zu holen oder den Keller auszupumpen geht in vielen Städten auch n ur noch gegen Rechnung.

  2. 7.

    Dieses Dilemma resultiert allein aus einem toxischen Gemenge aus der OneKlick Mentalität dieser Gesellschaft, die es gewohnt ist sich ihre T-Shirts und ihr Essen nach Hause zu bestellen. Ebenso bestellen sie sich ihre medizinische Versorgung nach Hause.
    Gegenüber steht eine Behördenleitung mit geradezu panischer Angst vor auch nur der geringsten rechtlichen Konsequenz.
    Man hat der Bevölkerung Tür und Tor geöffnet.

  3. 6.

    Mich unfassbar daß man die Rettungskräfte auch noch beschimpft oder tätlich angreift. Wir als Bevölkerung müssten dankbar sein daß es solche Menschen gibt die sich für unser Leben einsetzen. Vielen an allen Mitarbeitern bei Feuerwehr und Polizei.

  4. 5.

    Ja, zumindest den Eigenanteil, den sie bezahlen müssten, wenn sie transportiert würden. Aber wahrscheinlich wäre der Verwaltungsaufwand höher, als der Erlös.....

  5. 4.

    Genau so einen Einsatz habe ich erlebt, da wurde die Feuerwehr gerufen, bis die da war, hatte ich das Kind mit einem Pflaster versorgt, ein Smiley Gesicht raufgemalt und damit das Kind beruhigt, die heulende Mutter kopfschüttelnd angesehen und anschließend den laut telefonierenden Vater mit Worten zusammengefaltet.

  6. 3.

    Zum Dank werden sie auch noch attackiert. Wenn sie Glück haben, nur beschimpft und bespuckt.

  7. 2.

    Falls gewisse Bevölkerungsgruppen solche Einsätze bezahlen müsste, hätte sich das ganz schnell erledigt. Die rufen die Feuerwehr, weil sie am nächsten Tag keinen Arzttermin bekommen und den Notarzt, weil sich das Kind die Knie aufgehauen hat.
    Bei solchem Missbrauch der Rettungssysteme steigen uns die Kosten dafür letztendlich über den Kopf!

  8. 1.

    Alarmzahlen steigen und das Personal wird weniger. Wo soll das enden ?

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