Klage gegen Universität - Verband sieht trans, inter und non-binäre HU-Studierende diskriminiert

Trans, inter und nicht-binäre Studierende bekommen von der Humboldt-Universität in Berlin keine Ausweise, aus denen ihr Geschlecht identifizierbar wird. Die "Gesellschaft für Freiheitsrechte" will dagegen vorgehen - mit dem Antidiskriminierungsgesetz.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Berlin eine Klage wegen Diskriminierung gegen die Humboldt-Universität (HU) eingereicht.
Die HU verweigere es ihren trans, inter und nicht-binären Studierenden, einen ihrem Geschlecht entsprechenden Identitätsnamen auf studentischen Unterlagen wie der Campus-Card zu führen, heißt es zur Begründung. "Die erzwungene Nutzung des früheren, inzwischen abgelegten Namens (Deadname) ist für die Betroffenen diskriminierend und verletzt ihre Grundrechte."
Andere Universitäten nutzen schon individuelle Campus-Cards
Diese nach eigenen Angaben erste Verbandsklage nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz sei beim Kampf gegen Diskriminierung ein wichtiger Schritt, sagte eine GFF-Sprecherin. Endlich könne man gegen strukturelle Diskriminierung durch öffentliche Stellen gerichtlich vorgehen, ohne dass sich Einzelpersonen exponieren und Prozessrisiken aussetzen müssten.
Andere Berliner Universitäten - wie etwa die Freie Universität und die Technische Universität - stellen bereits Campus-Cards auf den neu gewählten Namen aus. Hier genügt die Vorlage eines aktuellen Dokuments, aus dem der neue Name hervorgeht. Auch in vielen anderen Lebensbereichen können trans, inter und nicht-binäre Menschen ihren Identitätsnamen nutzen, beispielsweise auf der Bankkarte, beim Onlineshopping, im Mietvertrag und im Arbeitsvertrag.
Hochhschule in Gespräch mit zuständiger Senatsverwaltung
Hochschulintern könne der selbstgewählte Name bereits verwendet werden, teilte die HU auf Anfrage von rbb|24 mit. Gern würde man dies generell ermöglichen, hieß es weiter, allerdings sei dies momentan nicht möglich. "Gegenüber der Humboldt-Universität vertritt die zuständige Senatsverwaltung trotz mehrerer Nachfragen jedoch bisher weiterhin die Einschätzung, dass die Verwendung des selbstgewählten Namens in Fällen mit Außenwirkung rechtswidrig sei", teilte ein Sprecher mit.
Die Hochhschule habe sich im März an die zuständige Senatsverwaltung für Wissenschaft gewandt, aber noch keine Antwort in der Sache erhalten, so der Sprecher.
Gesetz besteht seit knapp zwei Jahren
Das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) wurde am 4. Juni 2020 vom Abgeordnetenhaus verabschiedet, am 21. Juni 2020 trat es in Kraft. Es gilt als das erste seiner Art in Deutschland und soll eine Rechtslücke schließen, "die gerade im Bereich des behördlichen Handelns noch besteht", heißt es auf der entsprechenden Internetseite des Senats [berlin.de].
Das LADG deckt mehrere Diskriminierungsmerkmale ab, darunter Rassismus, der soziale Status und chronische Erkrankungen. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass ein BVG-Fahrgast auf eine Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz beim Berliner Landgericht klagt. Der schwarze Opernsänger war nach einem Bericht der britischen Zeitung "The Observer" im Oktober 2020 bei einer Kontrolle in der U2 rassistisch angesprochen und geschubst worden. "In keiner Stadt habe ich mich so unsicher gefühlt wie in Berlin", sagte der US-Amerikaner der Zeitung.
Sendung: rbb24 Abendschau, 01.06.2022, 19:30 Uhr