Hohe Wassernutzung - Berliner und Brandenburger verbrauchen immer mehr Wasser
Trotz oder gerade wegen der Dürre: In Berlin und Brandenburg wird so viel Wasser verbraucht wie seit 25 Jahren nicht mehr. Expert:innen und Politiker:innen rufen zum Wassersparen auf. Von Nico Schmolke
Die Menschen in Brandenburg verbrauchen so viel Wasser wie seit 1991 nicht mehr. Das geht aus bislang unveröffentlichten Zahlen des Landesamtes für Statistik hervor, die alle drei Jahre erhoben werden und dem rbb vorab vorliegen. Demnach wurden im Jahr 2019 pro Person 120,1 Liter Wasser am Tag genutzt. Im Jahr 2016 hatte der Verbrauch in Brandenburg noch bei 111,4 Litern gelegen. Obwohl in den zurückliegenden Dürrejahren besonders wenig Wasser zur Verfügung stand, ist die Wassernutzung also deutlich gestiegen.
In Berlin wurde ebenfalls mehr Wasser verbraucht, der Anstieg fällt jedoch weniger stark aus. Mit 119,5 Litern im Jahr 2019 liegt der Berliner Verbrauch nur zwei Liter höher als im Vergleichsjahr 2016. Brandenburg hat damit Berlin erstmals seit Beginn der 90er Jahre im Wasserverbrauch pro Person überholt.
Wasser für Pools und Rasen
Von der Wende bis Mitte der 2000er Jahre war die Wassernutzung deutlich zurück gegangen, vermutlich durch den Einbau wassersparender Armaturen sowie einen bewussteren Umgang mit der Ressource. Wurden in Brandenburg im Jahr 1991 noch über 143 Liter pro Tag und Person verbraucht, waren es 2007 nur noch 98,4 Liter. Seitdem steigt der Verbrauch in beiden Bundesländern wieder deutlich an.
Wasser-Experte Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sieht die Ursache beim Klima: "Wir hatten 25 Jahre lang einen Rückgang beim Wasserverbrauch, nun aber sieht man den Klimaeinfluss: Die Leute duschen im Sommer häufiger, dazu kommen die vielen Pools und die Gartenbewässerung." Vermutlich steigt deswegen besonders in Brandenburg der Wasserverbrauch stark an. Dort wohnen viele Menschen auf Gartengrundstücken.
Besonders hoch ist der Verbrauch mit über 130 Litern am Tag in den Landkreisen Märkisch-Oderland und Potsdam-Mittelmark. In Cottbus und im Kreis Elbe-Elster liegt er dagegen nur bei rund 100 Litern. In Gemeinden des Berliner Speckgürtels wie Wandlitz, mit starkem Zuzug und neu gebauten Wohnsiedlungen, kam es in den Jahren 2018, 2019 und 2020 zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung. Einige Kommunen und Landkreise hatten an die Menschen appelliert, auf das Rasensprengen und das Befüllen von Pools zu verzichten.
Grundwasser deutlich abgesunken
Der erhöhte Wasserverbrauch ist problematisch, da in der Region immer weniger Wasser zur Verfügung steht: In den Dürrejahren hat es besonders wenig geregnet. Vor allem war es aber deutlich zu warm, so dass extrem viel Wasser verdunstet ist. In der Folge wurden in der gesamten Region beim Grundwasser Niedrigstände gemeldet. Auch die Spree und Havel hatten Niedrigwasser, Nebenarme fielen trocken, Seen sind teils mehr als einen Meter abgesunken.
Im Jahr 2022 haben sich die Wasservorräte noch immer nicht erholt. Ganz im Gegenteil: Am Ende des Spreewalds, am Pegel Leibsch, führt die Spree Ende Mai 2022 nur ein Viertel der sonst in der Jahreszeit üblichen Wassermenge. Berlin bezieht sein Trinkwasser überwiegend aus gefiltertem Flusswasser.
Die Berliner Umweltsenatorin Bettina Jarasch von den Grünen zeigt sich alarmiert: "Wasser wird ein großes Thema in den nächsten Jahren werden, das steht schon mal fest", sagte sie kürzlich dem rbb. Sie wünsche sich von den Berlinern einen sparsamen Umgang mit Wasser. "Wir können es uns nicht mehr leisten, wie früher Regenwasser einfach in die Kanalisation einzuspeisen und dann wieder in die Flüsse und praktisch aus Berlin rauszutransportieren."
Mit dem so genannten Masterplan Wasser will Jarasch gegensteuern. Der bedeute ein ganz anderer Neubau, eine andere Sanierung des Bestands und ein groß angelegtes Entwicklungsprogramm. "Und das ist tatsächlich nicht weniger als ein Umbau der gesamten Stadt", so Jarasch. So sollen mehr Regenmulden gebaut sowie Straßen und Plätze aufgebrochen werden, damit Wasser nicht abfließt, sondern gehalten wird und versickern kann.

Früher: Eher mehr Wasser verbrauchen
Die Debatte um den Wasserverbrauch dreht sich nun also radikal. Bislang hieß es von den Wasserversorgern meist, man müsse kein Wasser sparen, sondern eher mehr verbrauchen. "Die Argumentation war immer abwassergetrieben", erklärt Umweltforscher Rinke vom Helmholtz-Zentrum. "Das Abwasser-System ist auf einen gewissen Verbrauch ausgelegt, sonst bleiben die Fäkalien im Kanal liegen." Nun habe sich das Blatt jedoch gewendet: "Jetzt haben wir eine andere Lage, getrieben vom Wasserdargebot."
Sorgen um die Trinkwasserversorgung müsse man sich laut Rinke noch nicht machen. Sie hat gegenüber der landwirtschaftlichen oder industriellen Nutzung Priorität. "Aber wir müssen unsere Wasserressourcen jetzt so fit machen, dass wir bereit sind, wenn in 2040 oder 2050 der Klimawandel härter zuschlägt."
Rinke schlägt vor, Abwasser noch intensiver zu reinigen: "Wir sollten keine Denkverbote haben. Man kann das Abwasser zum Beispiel so sauber machen, dass man es wieder ins Grundwasser zurückgibt." Die Kosten für solch eine intensivierte Reinigung sind nicht unerheblich und würden die Gebühren für die Abwasserentsorgung nach oben treiben. Denn auch Rückstände von Arzneimitteln müssten herausgefiltert werden.
Ebenfalls teuer wäre die zweite Option, der Bau von Fernleitungen. In anderen Teilen der Welt und auch Deutschlands ist das bereits üblich, um insbesondere Metropolen zu versorgen. Solche Leitungen müssten jedoch Hunderte Kilometer lang und mit starken Pumpen gebaut werden, um Berlin mit einer wasserreichen Region zu verbinden.
Jedenfalls muss eine Lösung her, damit Berlin in einigen Jahrzehnten nicht auf dem Trockenen sitzt. Bis dahin hilft Wasser sparen.
Sendung: Doku & Reportage, 07.06.2022, 20:15Uhr
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