Hohe Wassernutzung - Berliner und Brandenburger verbrauchen immer mehr Wasser

Di 07.06.22 | 07:34 Uhr | Von Nico Schmolke
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Der niedrige Wasserstand ist an einer Landpspitze des Seddiner Sees zu erkenne (Bild: dpa/Patrick Pleul)
dpa/Patrick Pleul
Video: Doku & Reportage | 07.06.2022 | C. Stüve & N. Schmolke | Bild: dpa/Patrick Pleul

Trotz oder gerade wegen der Dürre: In Berlin und Brandenburg wird so viel Wasser verbraucht wie seit 25 Jahren nicht mehr. Expert:innen und Politiker:innen rufen zum Wassersparen auf. Von Nico Schmolke

Die Menschen in Brandenburg verbrauchen so viel Wasser wie seit 1991 nicht mehr. Das geht aus bislang unveröffentlichten Zahlen des Landesamtes für Statistik hervor, die alle drei Jahre erhoben werden und dem rbb vorab vorliegen. Demnach wurden im Jahr 2019 pro Person 120,1 Liter Wasser am Tag genutzt. Im Jahr 2016 hatte der Verbrauch in Brandenburg noch bei 111,4 Litern gelegen. Obwohl in den zurückliegenden Dürrejahren besonders wenig Wasser zur Verfügung stand, ist die Wassernutzung also deutlich gestiegen.

In Berlin wurde ebenfalls mehr Wasser verbraucht, der Anstieg fällt jedoch weniger stark aus. Mit 119,5 Litern im Jahr 2019 liegt der Berliner Verbrauch nur zwei Liter höher als im Vergleichsjahr 2016. Brandenburg hat damit Berlin erstmals seit Beginn der 90er Jahre im Wasserverbrauch pro Person überholt.

Wasser für Pools und Rasen

Von der Wende bis Mitte der 2000er Jahre war die Wassernutzung deutlich zurück gegangen, vermutlich durch den Einbau wassersparender Armaturen sowie einen bewussteren Umgang mit der Ressource. Wurden in Brandenburg im Jahr 1991 noch über 143 Liter pro Tag und Person verbraucht, waren es 2007 nur noch 98,4 Liter. Seitdem steigt der Verbrauch in beiden Bundesländern wieder deutlich an.

Wasser-Experte Karsten Rinke vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sieht die Ursache beim Klima: "Wir hatten 25 Jahre lang einen Rückgang beim Wasserverbrauch, nun aber sieht man den Klimaeinfluss: Die Leute duschen im Sommer häufiger, dazu kommen die vielen Pools und die Gartenbewässerung." Vermutlich steigt deswegen besonders in Brandenburg der Wasserverbrauch stark an. Dort wohnen viele Menschen auf Gartengrundstücken.

Besonders hoch ist der Verbrauch mit über 130 Litern am Tag in den Landkreisen Märkisch-Oderland und Potsdam-Mittelmark. In Cottbus und im Kreis Elbe-Elster liegt er dagegen nur bei rund 100 Litern. In Gemeinden des Berliner Speckgürtels wie Wandlitz, mit starkem Zuzug und neu gebauten Wohnsiedlungen, kam es in den Jahren 2018, 2019 und 2020 zu Engpässen bei der Trinkwasserversorgung. Einige Kommunen und Landkreise hatten an die Menschen appelliert, auf das Rasensprengen und das Befüllen von Pools zu verzichten.

Grundwasser deutlich abgesunken

Der erhöhte Wasserverbrauch ist problematisch, da in der Region immer weniger Wasser zur Verfügung steht: In den Dürrejahren hat es besonders wenig geregnet. Vor allem war es aber deutlich zu warm, so dass extrem viel Wasser verdunstet ist. In der Folge wurden in der gesamten Region beim Grundwasser Niedrigstände gemeldet. Auch die Spree und Havel hatten Niedrigwasser, Nebenarme fielen trocken, Seen sind teils mehr als einen Meter abgesunken.

Im Jahr 2022 haben sich die Wasservorräte noch immer nicht erholt. Ganz im Gegenteil: Am Ende des Spreewalds, am Pegel Leibsch, führt die Spree Ende Mai 2022 nur ein Viertel der sonst in der Jahreszeit üblichen Wassermenge. Berlin bezieht sein Trinkwasser überwiegend aus gefiltertem Flusswasser.

Die Berliner Umweltsenatorin Bettina Jarasch von den Grünen zeigt sich alarmiert: "Wasser wird ein großes Thema in den nächsten Jahren werden, das steht schon mal fest", sagte sie kürzlich dem rbb. Sie wünsche sich von den Berlinern einen sparsamen Umgang mit Wasser. "Wir können es uns nicht mehr leisten, wie früher Regenwasser einfach in die Kanalisation einzuspeisen und dann wieder in die Flüsse und praktisch aus Berlin rauszutransportieren."

Mit dem so genannten Masterplan Wasser will Jarasch gegensteuern. Der bedeute ein ganz anderer Neubau, eine andere Sanierung des Bestands und ein groß angelegtes Entwicklungsprogramm. "Und das ist tatsächlich nicht weniger als ein Umbau der gesamten Stadt", so Jarasch. So sollen mehr Regenmulden gebaut sowie Straßen und Plätze aufgebrochen werden, damit Wasser nicht abfließt, sondern gehalten wird und versickern kann.

Jürgen Wagler (Freie Wähler) und seine Mitstreiterin Jeannette Jäger blicken auf den schrumpfenden Seddiner See (Quelle: rbb)Jürgen Wagler (Freie Wähler) und Mitstreiterin Jeannette Jäger blicken auf den schrumpfenden See

Früher: Eher mehr Wasser verbrauchen

Die Debatte um den Wasserverbrauch dreht sich nun also radikal. Bislang hieß es von den Wasserversorgern meist, man müsse kein Wasser sparen, sondern eher mehr verbrauchen. "Die Argumentation war immer abwassergetrieben", erklärt Umweltforscher Rinke vom Helmholtz-Zentrum. "Das Abwasser-System ist auf einen gewissen Verbrauch ausgelegt, sonst bleiben die Fäkalien im Kanal liegen." Nun habe sich das Blatt jedoch gewendet: "Jetzt haben wir eine andere Lage, getrieben vom Wasserdargebot."

Sorgen um die Trinkwasserversorgung müsse man sich laut Rinke noch nicht machen. Sie hat gegenüber der landwirtschaftlichen oder industriellen Nutzung Priorität. "Aber wir müssen unsere Wasserressourcen jetzt so fit machen, dass wir bereit sind, wenn in 2040 oder 2050 der Klimawandel härter zuschlägt."

Rinke schlägt vor, Abwasser noch intensiver zu reinigen: "Wir sollten keine Denkverbote haben. Man kann das Abwasser zum Beispiel so sauber machen, dass man es wieder ins Grundwasser zurückgibt." Die Kosten für solch eine intensivierte Reinigung sind nicht unerheblich und würden die Gebühren für die Abwasserentsorgung nach oben treiben. Denn auch Rückstände von Arzneimitteln müssten herausgefiltert werden.

Ebenfalls teuer wäre die zweite Option, der Bau von Fernleitungen. In anderen Teilen der Welt und auch Deutschlands ist das bereits üblich, um insbesondere Metropolen zu versorgen. Solche Leitungen müssten jedoch Hunderte Kilometer lang und mit starken Pumpen gebaut werden, um Berlin mit einer wasserreichen Region zu verbinden.

Jedenfalls muss eine Lösung her, damit Berlin in einigen Jahrzehnten nicht auf dem Trockenen sitzt. Bis dahin hilft Wasser sparen.

Sendung: Doku & Reportage, 07.06.2022, 20:15Uhr

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Beitrag von Nico Schmolke

58 Kommentare

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  1. 58.

    Vor fast 50 Jahren warnte ein Nobelpreisträger, Konrad Lorenz, vor den Folgen der Überbevölkerung. Damals, wie heute, hört man nicht wirklich auf kluge Leute. In Gegenteil. Man will immer mehr Menschen (Konsumenten), die immer mehr verbrauchen sollen, um die Wirtschaft wachsen zu lassen. Und Konrad Lorenz wurde erst ignoriert und mittlerweile in eine Ecke gerückt, in die er nun wirklich nicht gehört. Auf die Wissenschaft wird Nürnberg gehört, wenn es ins Konzept passt. Und sei es noch so wahr und richtig.

  2. 57.

    Ich persönlich werde auf Gleichbehandlung klagen und ich hoffe nich viel mehr machen dies.

    Es kann doch nicht sein, daß die Kleingartenanlagen genauso viel Wasser nutzen dürfen, als wie fie Hausbesitzer sind und auch noch Strassenbäume Gießen sollen.
    Die meisten kommen am WE und haben dann, wie ich 700 l pro We und pro Kopf?

  3. 56.

    Hier ist doch überall Wasser, sagt doch zumindest dieser Musk

  4. 55.

    In Berlin gibt es keinen Wassermangel. Hier wird mal wieder vom rrg Senat eine Notlage herbeiphilosophiert.

  5. 54.

    "Wasserverbrauch der Haushalte je Einwohner und Tag" beschreibt es das Amt für Statistik.
    Für Berlin: 0,1194 m³/d und Einwohner x 365 Tage x 3,465 Mio. Einwohner = 151 Mio m³/a
    Die BWB verkauften aber pro Jahr über 200 Mio. m³.

  6. 53.

    Gemüse Pflanzen kann ich verstehen. Aber warum müssen Sie einen Rasen haben und was hat der gemähte Rasen mit dem Artensterben zu tun? Die Insekten und Vögel würden sich freuen, wenn Sie keinen Rasen hätten und es stattdessen blühendes “Unkraut” in Massen geben würde. Und wenn der Naturteich an der falschen Stelle ist und ständig mit Trinkwasser aufgefüllt werden muss machen Sie eindeutig etwas falsch.

  7. 52.

    Mit glücklich und zufrieden könnte es ohne Wasser bald vorbei sein...
    Der Videobeitrag des RBB ist erschreckend, leider kommt der größte Klimaschänder Braunkohle da viel zu kurz.

  8. 51.

    Ich persönlich werde auf Gleichbehandlung klagen und ich hoffe nich viel mehr machen dies.

    Es kann doch nicht sein, daß die Kleingartenanlagen genauso viel Wasser nutzen dürfen, als wie fie Hausbesitzer sind und auch noch Strassenbäume Gießen sollen.
    Die meisten kommen am WE und haben dann, wie ich 700 l pro We und pro Kopf?

  9. 50.

    Abgesehen von Ihrer Linksschreibung, wird der Ostsee nur bis zu einem festgelegten Niveau der Spree durch diese zusätzlich geflutet. Wird dieses nicht mehr erreicht, werden die Zuläufe geschlossen.

  10. 49.

    Üblicherweise wird Kleingewerbe mit eingerechnet, da man dort von rein sozialem Wassergebrauch ausgehen kann. Also nur Verlagerung des privaten üblichen Gebrauchs zum Arbeitgeber.
    Industrie wird sauber rausgerechnet. Sonst wäre es nicht vergleichbar, wenn z.B. eine Brauerei o.ä. in einer Kleinstadt steht.
    Interessant wäre bei einigen Landkreisen sicher eine höhere Auflösung.
    MOL oder LOS bieten ja die komplette Bandbreite der eiszeitlichen Landschaften. Sprich der Gartenwasserbedarf im Oderbruch dürfte deutlich anders aussehen als auf der Lebuser Hochplatte.
    Berlin und Brandenburg sind in Deutschland die sparsamsten, bekommen aber leider auch am wenigsten von der Natur geliefert.
    Beeindruckt fragt man sich was machen die anderen mit dem Wasser, die ja von der Natur etwas besser damit versorgt werden. Wieso verbrauchen die mehr? Haben wir uns dem geringen Dargebot besser angepasst?

  11. 48.

    Wir sollten uns hier an den Erfahrungen aus Kalifornien orientieren: Mit Frischwasser Pools zu füllen und Rasenflächen privat und auf Golfplätzen zu wässern muss doch nun wirklich nicht sein. Hierfür sollte man nur zuvor selbst gesammeltes Regenwasser nutzen dürfen. Ein weiter so führt in die Sachgasse, hier muss umgedacht werden. Weniger Verschwendung, ggf. in Verbindung mit Rationierung und Priorisierung sind angesagt.

  12. 47.

    Mal abgesehen davon, dass das Thema Tankrabatt hier nichts zur Sache tut, wie kommt man auf dem Land zur Arbeit ohne Auto und ohne ÖPNV??? So eine schwachsinnige Äußerung! So, zum eigentlichen Thema: wir sammeln immer Regenwasser und gießen aber nur die Pflanzen, die Wasser brauchen. Auch wenn es nicht schön aussieht, der Rasen wird von uns nicht gesprengt, das halte ich für Wasserverschwendung, ist ja meist nur für die Optik.

  13. 46.

    @ Bauml
    Hoffentlich nehmen sich unsere Grünen bald an Ba-Wü ein Vorbild und verbieten diese entsetzlichen Kiesgärten.
    Wer sich einen Garten leisten kann, soll ihn auch als Teil der Natur behandein und nicht mit Schotter zuschütten.
    Das muss schleunigst aufhören.

  14. 45.

    Vielleicht könnte man einfach mal die Erziehungsmaßnahmen gegen die Bevölkerung beenden.
    Stattdessen Meerwasser nach Brandenburg umleiten incl. großer Entsalzungsanlage.
    Komischerweise kriegen das manche Wüstenstaaten geregelt.

  15. 44.

    Schildbürger- Streiche:
    Da Klimawandel und Kohleförderung Wasserknappheit verursacht, muss allen das Wasser abgedreht werden, auch den ökologischen Gärten mit Obst und Gemüseanbau!
    Weil Energie gespart werden muss, sollen alle im Winter frieren statt den ÖPNV auszubauen und den Flugverkehr massiv einzuschränken.
    Statt genau den Energieverbrauch im Vergleich zum Nutzen bei der Produktion vom Dämmmaterial, dessen Haltbarkeit und Entsorgungsprobleme im Blick zu haben, heißt es : Haut das Zeug drauf ohne Ende!!!76

  16. 43.

    Nein, das ist keine sehr einseitige Betrachtung. Weil Arbeitsplätze entstehen, viele Steuern durch Tesla abgeführt werden, berechtigt dies also zum Raubbau an der Natur? Was für eine zukunftsorientierte Meinung.

    Für mich ist Brandenburg eine Hu..e. Hauptsache Geld verdienen, egal wie. Was kümmert mich das Klima, was kümmert mich die Zukunft.

  17. 42.

    Das kommt ja schnell, nicht die Großindustrie klaut kostbares Wasser, nein, der Bürger verbraucht das Wasser ohne Skrupel, dann nennen wir es Schuldumkehr, der Bürger hat ein breites Kreuz und trägt Schuld am hohen Wasserverbrauch und das geht weiter, selbst am Verpackungsmüll ist der Endverbraucher schuldig gesprochen. Das funktioniert, man hackt sich auf unterer Ebene dann die Augen aus, wer wohl einen Tropfen Wasser zu viel verbraucht. Das ist so einfach mit der Manipulation, sogar in der Kommentarspalte.

    Wer kann sich bei den Wasserpreisen tatsächlich einen hohen Wasserverbrauch leisten? Ganz im Ernst, wer kann das? Menschen, die viel verdienen, alle anderen benutzen das Waschwasser für die Spülung, lassen das Badewasser, wenn sie sich den Luxus gönnen, für andere Zwecke stehen. Ja, Armut hat viele Gesichter, dafür kann der Reiche mehr verbrauchen, prozentual spielt es keine Rolle, wer sich Wasser leisten kann, das Fehlverteilungsprinzip wird nicht erwähnt.

  18. 41.

    Nein, denn auch die Mitarbeitenden, bzw. externe Leute, wie Lkw-Personal verbrauchen Wasser durch Toilettengänge und Versorgung. Aber das haben Sie bestimmt beachtet.

  19. 40.

    " Trotzdem haben wir in Brandenburg und Berlin eine sehr wasserreiche Region und müssen uns da keine übergroßen Sorgen wegen Wasserverbrauch machen "

    Diesen Optimismus teile ich nicht denn wenn ich immer öfter sehe das kleinere Flüsse in Brandenburg austrocknen , selbst größere Seen zum Teil massiv an Wasser verlieren oder die Spree in manchen Wochen rückwärts fließt dann scheint es doch wohl ein Problem zu geben und das hat nicht nur was mit den Tagebauen zu tun .

  20. 39.

    Straßen und Plätze aufzubrechen - das ist ja mal 'ne Superidee! Vielleicht sollte man bei Bürgersteigen und Fahrradwegen damit anfangen? Und vor Seniorenheimen, Schulen und Krankenhäusern? Unter dem Pflaster liegt der Strand!

    Satire aus. Schlimm ist, daß solche Leute eine ganze Großstadt regieren.

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