Neue Verbindungen von Berlin - Flixtrain erweitert sein Netz auf der Fernstrecke

Do 02.06.22 | 17:55 Uhr | Von Annika Krempel
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Ein Zugbegleiter geht während einer Fahrtdurch einen Flixtrain und kontrolliert die Fahrscheine (Bild: dpa/Daniel Reinhardt)
Bild: dpa/Daniel Reinhardt

Nach Stillstand in der Corona-Pandemie läuft auch bei Flixtrain das Geschäft wieder. Zurzeit baut das Unternehment sein Fernstrecken-Netz aus - und macht damit der Deutschen Bahn Konkurrenz. Seit Juni gibt es neue Verbindungen ab Berlin. Von Annika Krempel

Die Strecke von Berlin nach Wiesbaden ist nur eine von drei neuen Flixtrain-Verbindungen aus der Hauptstadt. Schon seit ein paar Wochen fahren außerdem Züge zwischen Stuttgart und Hamburg. Außerdem verdichtet Flixtrain seinen Takt auf den Verbindungen von München über Köln nach Hamburg sowie zwischen Hamburg, Berlin und Leipzig.

"Tatsächlich sind wir dabei, unser Angebot zu verdoppeln", sagt Matthias Müller, Geschäftsführer von Flixtrain. "Ab Sommer werden wir 70 Halte mit Flixtrain anbieten." Das sei das "größte Flixtrain-Netz in Deutschland, das es jemals gab".

Nach dem Bus-Markt zieht es Flix in den Bahnverkehr

Das private Unternehmen Flixtrain ist Teil von Flix. Dieses hatte mit Fernbussen erst vor wenigen Jahren sein Geschäft aufgenommen. Seit 2013 ist Flix in über 30 Länder expandiert, auch nach Nord- und Südamerika. In den USA hat das Unternehmen erst im vergangenen Jahr die Traditionsmarke Greyhound übernommen.

Doch in Europa, wo Flixbus nach eigenen Angaben das größte Fernbusnetz des Kontinents aufgebaut hat, ist für Flix weiteres Wachstum schwierig. Schließlich beherrscht das Unternehmen vielerorts bereits den Markt. So wie in Deutschland, wo Flixbus 2018 rund 95 Prozent Marktanteil hatte, wie eine Auswertung des IGES-Instituts zeigt. Neuere Zahlen gibt es keine.

Für Wachstum in Europa setzt Flix deshalb auf die Schiene. Seit 2018 fahren grüne Züge für das Unternehmen im Fernverkehr. Damals ging der private Anbieter Locomore pleite, das neue Bahnunternehmen Flixtrain hat die Strecke Stuttgart-Berlin übernommen und das Streckennetz dann Zug um Zug ausgebaut. Selbst im europäischen Ausland gibt es Verbindungen.

"Definitiv sehen wir Flixtrain als europäischen Player." Seit vergangenem Jahr sei man in Schweden unterwegs. "Wir starten jetzt auch unsere ersten Verbindungen ein Stück weit zumindest über die Grenze. Also Berlin-Basel startet in drei Wochen. Und wir wollen einfach das Netz so gestalten, wie wir auch den Kundenbedarf beziehungsweise die Nachfrage sehen. Und das beinhaltet natürlich auch grenzüberschreitende Verkehre."

Kaum Konkurrenz für die Deutsche Bahn

1999 wurde durch eine Bahnreform das Schienennetz der früheren Bundesbahn vom Bahnbetrieb getrennt. Seitdem können auch Wettbewerber die Gleise gegen ein Entgelt nutzen. Im Regional- und Güterverkehr zeigte das den gewünschten Effekt und erhöhte den Wettbewerb. Private Konkurrenz hat der Deutschen Bahn bereits beträchtliche Marktanteile abgejagt. Doch auf der Fernstrecke sind alle Versuche bislang immer irgendwann gescheitert. Neben Locomore hat zum Beispiel auch der Hamburg-Köln-Express (HKX) wieder aufgegeben. Doch Flixtrain ist auf Wachstumskurs. Selbst die erzwungene Pause von vier Monaten zu Beginn der Corona-Pandemie hat dem Unternehmen nicht den Garaus gemacht.

Das Besondere an dem Geschäftsmodell ist, dass Flix, bei der Bahn genauso wie bei den Bussen, eigentlich kein Verkehrsunternehmen ist, sondern eine Plattform, wie Geschäftsführer Müller erklärt. "Wir organisieren die Verkehre. Wir planen auch die Verbindungen und den Fahrplan entsprechend der Kundenbedürfnisse. Und haben dann aber einzelne Partner, die uns bei der Durchführung der Verkehre unterstützen. Beispielsweise Wagenbeschaffung, Instandhaltung oder Reinigung oder ähnlichen Dienstleistungen für den Zugbetrieb."

Partnermodell von Flixtrain

Konkret heißt das: Flixtrain least seine Züge von einem Partnerunternehmen. Subunternehmer betreiben die Fahrten, stellen zum Beispiel die Zugführer und Schaffner. Auf der neuen Strecke ab Berlin ist die Netzwerkbahn Sachsen das Partnerunternehmen. 140 Züge sind mit diesem Modell bereits für das Unternehmen in Deutschland und Schweden unterwegs. Über 250 Millionen Euro hat Flixtrain zusammen mit seinen Partnern dafür investiert. Vor drei Jahren wurden zum Beispiel die Züge für die aktuelle Expansion angeschafft, die jetzt schrittweise in Betrieb genommen werden. Für weiteres Wachstum sollen noch mehr Fahrzeuge besorgt werden. Genaueres will Müller dazu aber noch nicht berichten.

In der Vergangenheit sind für Flixtrain oft Wagen gefahren, die von der Deutschen Bahn aussortiert wurden. Nicht selten hatte es daher Beschwerden über fehlenden Komfort oder Defekte an Bord gegeben. Die erzwungene Corona-Pause hat das Unternehmen genutzt, um die Wagen innen aufzumöbeln. Alte Abteile wurden zum Beispiel zu Großraum-Wagen umgebaut. Auf ein Bordbistro oder Erste-Klasse-Abteile müssen Passagiere aber weiterhin verzichten. Dafür sind die Ticketpreise in der Regel günstiger als bei der Deutschen Bahn.

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Beitrag von Annika Krempel

12 Kommentare

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  1. 12.

    Die Preise für Fernreisen sind bei der DB einfach zu teuer, wenn ich mal spontan fahren will. Allerdings muss ich auch in der Nähe eines Flux-Bahnhofes wohnen oder das Ziel haben, sonst sind die Zubringer teurer als die Fernfahrt. Klar sind die Flix Züge oft miserabel. Heizung mal an mal aus, wie bei der Reichsbahn. Der Riesenvorteil aber ist die Reservierung bei Flix sie automatisch dabei ist. Ich hab schon mal für 100 Euro von Berlin nach Stuttgart auf dem Gang gesessen. Wo gibt's denn sowas

  2. 11.

    Das fahren mit der DB AG muss wesentlich billiger, schneller und unkomplizierter werden. In der jetzigen Situation ist die DB AG kein Partner für die verkehrswende.

    Flixtrain hat sich erfolgreich auf einen undurchsichtigen Markt begeben und zeigt, dass das man für weniger Geld sehr wohl gewinnbringend arbeiten kann. Daran sollte sich die verkrustete Bahn ein Beispiel nehmen.

    Die Bahn hat diverse staatliche Hilfen erhalten, Flixtrain nicht

  3. 10.

    Das nennt man Marktwirtschaft. Da es sich bei vielen unrentablen Strecken der DB AG um Nahverkehr handelt, sind für die Bedingungen die Länder zuständig. Übrigens werden Nahverkehrsstrecken ausgeschrieben und die DB AG muss sich ja nicht bewerben.

  4. 9.

    Die DB AG hat keine ernste Konkurrenz. Es muss viel mehr Konkurrenz auf der Schiene her. Funktioniert in anderen Ländern auch. Die DB AG ist viel zu unflexibel, zu teuer und die Taktung ist nicht auf allen Strecken gut.

    Es ist völlig egal, wieviel Flixtrain bezahlt bzw wie die Verträge aussehen.

    Es steht jedem Arbeitnehmer frei, seinen Arbeitgeber frei zu wählen. In meinem Familienkreis habe ich mehrere Personen, die wegen besserer Bezahlung und besserer Arbeitszeit zu flixtran gewechselt sind

  5. 8.

    Wie können denn Lokführer zu Flixtrain wechseln, wenn nach eigenen Angaben Flixtrain doch gar keine eigenen Züge betreibt, sondern nur vermittelt.

  6. 7.

    Ah, jemand der wen kennt, der einen kennt..... lass mich mal überlegen - wie war das mit "Mahnern, Bessserwissern" usw.? Übrigens - alles nicht gegendert, Herr W. aus B.

  7. 6.

    Bei dem anblick des Bildes dieser Flix-Konservendose auf Schienen wird mir übel. Ich bleibe bei der DB und werde auch zu Lande keinen Billigmist nutzen.

  8. 5.

    Ich freue mich total, dass FlixTrain wieder am Start ist und sogar neue Strecken anbietet.
    Daran ändert es sich auch nicht, dass das hier wieder zum oblikatorischen Aufritt der Besser- und Alleswisser, Mahner und Moralisten wird, die Halbwahrheiten verbreiten, vergessend, dass die Deutsche Bahn durch Coronhilfen in Millionenhöhe unterstützt wurde, währen FlixTrain, als Privatunternehmen Streckenstilllegungen hinnehmen musste.
    Und nebenbei: ich kenne zwei Lokführer, die ob des Verdienstes und, vor allen Dingen, wegen der Arbeitzeit, von der DB zu FlixTrain wechselten.

  9. 4.

    Die sollten mal genauso die unlukrativen Strecken bedienen müssen, wie es die DB machen muss. Sich die lukrrativen Rosinen raussuchen und dann mit Kampfpreisen prahlen ist unredlich. Diese, ja man muss schon marktwirtschaftliche Parasiten sagen, sollten deutlich mehr beim Kauf der Netzkapazitäten zahlen als jene, die auch unwirtschaftlichere Strecken mit durchschleppen.

  10. 3.

    Streckeneinstellungen und Fahrplanausdünnungen sind beim RBB nur ein Thema, wenn es die eigenwirtschaftlich agierende Konkurrenz betrifft. Dass Flixtrain seinen Subunternehmer Leo Express während Corona in Insolvenz geschickt hat, habe ich wohl beim RBB auch überlesen - falls der RBB darüber berichtet hatte. Dafür scheint man bei denen zu glauben, dass es während Corona eine erzwungenen Pause gegeben habe. Die DB fuhr die ganze Zeit und belegt fait damit den Irrtum des RBB. Flix hat einfach von sich aus die Kunden am Bahnsteig stehen lassen.

  11. 2.

    Schade, daß Sie so unkritisch an die Sache herangehen. Flixtrain hat auch Strecken eingestellt und bis jetzt nicht wiederbelebt. im Jahr 2021 gab es noch eine sehr interessante, umsteigefreie Nachtzugverbindung von Berlin nach München. Diese Strecke hat Flixtrain von Hamburg über Berlin bis Leipzig verkürzt. Übrigens befährt Flixtrain in Schweden nur die Route von Stockholm nach Göteborg.

  12. 1.

    Nun gut, Konkurrenz belebt das Geschäft. Da wäre ja mal interessant, mit welchen „Knebelverträgen“ die Subis für die „Plattform“ die Züge fahren & warten dürfen. Wie z.b.das Personal entlohnt wird oder ausgepresst wird. Die Anfänge der DB-Konkurrenz bei Regio & Cargo lief nämlich über minimalste Personalkosten. Da war es durchaus nicht unüblich, daß Zugbegleiter noch Aufstocken mußten beim Amt. Von Arbeitszeit etc.ganz zu schweigen. Da ist es schon nicht verkehrt, daß man im Schienennetz nicht einfach mal schneller fahren kann bzw.darf. Nix Harakiri-Style wie häufig auf den BAB‘nen von den Flix-Bussen zu sehen ist.

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