Überrascht von Regenschauern im Sommer - Warum der Blick in die Wetter-App nicht reicht

Die Wetterapp zeigt Sonnenschein an, doch in der Realität regnet es plötzlich - oder die Sonne prasselt, wo die Prognose ein paar kühle Tropfen versprochen hat: Nicht ungewöhnlich für den Sommer. Liegen die Meteorologen im Sommer öfter daneben?
Wer seine heißen Sommertage mit dem regelmäßigen Blick auf die Wetter-App seines Handys plant, könnte eine sehr feuchte oder sehr trockene Überraschung erleben: Mal bleiben angekündigte Regenfälle aus, oder sie brechen plötzlich über einen herein, obwohl die App Sonnenschein vorhergesagt hatte. Am Ende drängt sich schon mal der Eindruck auf, die Meteorologen würden pünktlich zum Sommerbeginn klammheimlich in einen langen Urlaub verschwinden.
Experte rät zu Regenradar
Dem ist natürlich nicht so, beteuert Thomas Endrulat vom Deutschen Wetterdienst. Die Debatte über unzutreffende Prognosen vor allem zu Niederschlägen führe man fast jeden Sommer, sagt der Experte im Gespräch mit rbb|24. Gerade in der heißen Jahreszeit aber reiche der schnelle Blick auf die Wetter-App und ihre übersichtlichen Symbole nicht aus.
Die Daten würden sich nämlich stets nur auf einzelne Messpunkte und einen relativ kleinen Radius drumherum beziehen, die Prognose ist also eher allgemein. Viel genauer sei der Blick auf ein aktuelles Regenradar, das die Bewegung von Gewitterwolken darstellt. "Mit einer Regenkarte, in der ich auch mein Umfeld sehe, kann ich besser einschätzen, was in meiner Gegend abgeht, als mit einem Piktogramm", sagt Endrulat.
Tatsächlich gebe es aufgrund der Hitze im Sommer öfter Schauer, die zum Teil sogar sehr heftig ausfallen können. Nur seien das dann häufig nur schmale Gewitterstreifen - Gewitter, so Endrulat, die schnell über Gebiete hinwegziehen, zu denen die Wetter-Apps nur ein sehr allgemeines Wetter-Symbol bieten. Während in einer Gegend etliche Liter Wasser pro Quadratmeter runterregnen, bleibt es nur wenige Kilometer weiter absolut trocken. "Das ist wie mit Schrot schießen, nicht jeder bekommt was ab", sagt Endrulat. "Oder wie Pudding kochen, wo man nicht weiß, wo die Blase hochkommt."
Keine langfristige Regenprognose
Die Vorhersagen zu verbessern, indem man mehr Wetterstationen aufbaut, würde kaum helfen, so der DWD-Experte: Die Prognosemodelle würden schon heute bereits mit einer Auflösung von bis zu einem Kilometer arbeiten. "Sie kriegen trotzdem nicht jeden Schauer mit."
Auch eine Vorhersage, wie viel Regen in diesem Sommer noch fallen wird, sei kaum möglich. Zwar seien die Prognosen schon besser geworden, aber bei Niederschlägen arbeite man im "statistischen Rauschen". So könne man zwar annehmen, dass durch den trockenen Ostwind auch weiter kaum Regen in Berlin und Brandenburg fällt, doch schon ein paar Gewitter, die über dem Bayerischen Wald oder dem Erzgebirge entstehen, könnten das Bild ändern.
Allerdings nur auf dem Papier, sagt Endrulat: Dann seien nämlich wieder lokale Schauer mit hohen Niederschlagswerten kurzzeitig möglich. "Aber in der Praxis kann niemand etwas damit anfangen. Die anderen Tage im Monat leidet man unter furchtbarer Trockenheit, nur statistisch ist die Regenmenge erfüllt."
Sendung: Inforadio, 30.06.2022, 13:00 Uhr