Neue Zählung durch Hochschule - Alleenbestand auch in Brandenburg deutlich zurückgegangen

Fr 15.07.22 | 18:32 Uhr
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Archivbild: Abgesägte Bäume einer früheren Allee an der B1 in Brandenburg. (Quelle: dpa/J. Wolf)
Audio: Antenne Brandenburg | 15.07.2022 | U. Sander | Bild: dpa/J. Wolf

Seit Jahrzehnten setzen Verkehr und schädliche Umwelteinflüsse den Alleebäumen zu. Brandenburg hat bundesweit zwar den höchsten Bestand an Alleebäumen, doch nach neuen Erhebungen ist auch hier der Verlust erheblich.

Der Alleenbestand an deutschen Straßen und Wegen hat sich in den vergangenen 17 Jahren um 30 Prozent auf etwa 20.000 Kilometer verringert - besonders betroffen ist von dieser Reduzierung auch Brandenburg. Brandenburg gilt als das Land mit dem bundesweit höchsten Bestand an baumbewachsenen, alten und erhaltenen Alleen.

In einem Forschungsprojekt untersuchte die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) die Bestände genauer. Darin seien die bisher fehlenden Daten zu Alleenbeständen im Bundesgebiet erstmals auf der Basis von Geodaten erfasst worden. Hintergrund der Untersuchung ist der langfristige Schutz der Bestände.

Bestandsaufnahme bestätigte die Sorge um Erhalt der Alleen

Die Studie habe Klagen von Naturschutzverbänden über einen seit Jahrzehnten anhaltenden schleichenden Verlust von Alleen in Deutschland bestätigt, hieß es. Die Baumreihen fielen dabei meist dem Straßenausbau zum Opfer oder gingen durch Verkehrssicherungsmaßnahmen kontinuierlich zurück.

Schätzungen aus dem Jahr 2005 seien noch von bundesweit 27.500 Kilometern Alleen ausgegangen. Auffällig sei dabei ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg hätten flächenbezogen einen etwa zehnmal so hohen Alleenbestand wie etwa die großen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern im Süden.

Wichtige Regelwerke für den Straßenbau müssen angepasst werden

Die Bedeutung der Alleen in Deutschland sei unbestritten, heißt es in der Studie. Sie bereicherten das Landschaftsbild und seien ein wichtiges Element der Biotop-Vernetzung. Sie leisteten zudem einen wichtigen Beitrag zur Klimaanpassung, da sie den Gehölzanteil in der offenen Landschaft steigerten und die Winderosion minderten.

Der Projektleiter der Studie, Jürgen Peters warnt, dass für das Anlegen neuer Alleen bestehende Hemmnisse verringert und Regelwerke für den Straßenbau verändert werden müssten

Viele Hürden für neue Bäume und neue Alleen

Der zurückgehende Baumbestand an Alleen in Brandenburg beschäftigte in den vergangenen Monaten auch den Landtag. 70 Prozent der Alleebäume hätten laut Landesregierung ihr Lebensende als Straßenbaum schon bald erreicht, hieß es in einer Debatte im Landtag im Frühjahr 2021. So seien in den letzten Jahren deutlich mehr Alleebäume gefällt als gepflanzt worden.

Zwar gebe es eine Alleenkonzeption aus dem Jahr 2007, doch müsse diese für einen dauerhaften Bestandschutz dringend überarbeitet werden, kritisierte dabei der umweltpolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Thomas Domres. So seien etwa Ersatzpflanzungen bei Fällungen von Alleebäumen verbindlich vorgeschrieben, doch werde das von der Straßenbauverwaltung oft nicht umgesetzt.

Brandenburg trotzdem weiterhin alleenreichstes Bundesland

Eine der großen Hürden für schnelle Nachpflanzungen ist etwa die Bedingung, dass Straßenbäume einen Sicherheitsabstand von 4,50 Meter von der Asphaltkante haben müssen. In diesem Abstand zur Straße aber gehöre das Land oft gar nicht mehr den Gemeinden, dem Land oder dem Bund.

Eine frühere Zählung der Straßenbäume ergab einem Bericht der Märkischen Allgemeinen zufolge, dass der Bestand der Alleen entlang von Bundes- und Landesstraßen seit 2009 von damals 2.287 Kilometern auf nur noch 1.737 Kilometer verringert wurde. Brandenburg ist nach Aussage der Landesregierung das noch immer "mit Abstand" alleenreichste Bundesland.

Zu den Problemen für den Bestanderhalt gehört aber zudem, dass es sehr schwierig ist, Jungbäume zwischen große bestehende Bäume zu setzen, weil sie dort oft nur eingeschränkte Überlebenschancen haben. Wenn allerdings neue Alleen mit durchgehend neuen Bäumen gepflanzt werden, sind diese Bäume oft erst nach Jahrzehnten in der Lage - vor allem aufgrund größerer Abstände als in den alten Alleen - auch den Alleecharacter wiederherzustellen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.07.2022, 17 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    Vor ein paar Jahrzehnten noch, waren alte Alleen ein alltägliches Bild in Brandenburg. Leider sind sehr viele Alleebäume und ganze Alleen, seither verschwunden.

  2. 12.

    "Die gesetzlichen Grundlagen in Brb. sind so gestaltet, dass die Alleenstraßen verschwinden."
    Können Sie das irgendwie nachvollziehbar erläutern, welche gesetzliche Grundlage Sie dafür geltend machen?

  3. 11.

    " Alleen mit Geschwindigkeitsbegrenzung für Autos,"
    Sie kommen mindestens 10 Jahre zu spät.
    https://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburg-bald-tempo-70-auf-vielen-alleen/4751908.html
    Die Antworten dazu sind interessant.

    Und jetzt mal weiter denken: Jeder zweite Baum weg, ist es keine Allee mehr.
    Keine Allee mehr? Dann auch keine Geschwindigkeitsbeschränkung!
    Freie Fahrt für freie Bürger.
    Die Büchse der Pandora aufmachend...

  4. 10.

    Viele schöne Alleen sind verschwunden, übrig geblieben ist ein heißes und trockenes Land Brandenburg voller Monokulturen der Landwirtschaft - Windschutzhecken auf den Feldern sind doch genauso verschwunden. Sträucher und Bäume an Radwegen fehlen oftmals auch.

  5. 9.

    Der Verlust der Alleen geht schleichend und seit Jahrzehnten vor sich. Statt kühlender Straßenbäume, gibt es nur noch heißen Asphalt - schade um alle ehemaligen Alleen und schade um unsere Natur und unser Klima.

  6. 8.

    Große Obstplantagen und sehr viele Alleen, um Potsdam und im gesamten Havelland, gleich nach der Wende, einfach plattgemacht - ist doch einfach nur traurig !!!

  7. 7.

    Richtig schöne und gesunde Alleen, zum Bsp. bei uns um Ketzin/Havel, sind nach der politischen Wende reihenweise abgeholzt worden. Der Grund war aber nicht kranke oder schadhafte Bäume, sondern sehr viele tödliche Unfälle mit den PS starken neuen Autos. Bis heute, keine Nachpflanzungen, dadurch Hitze und Trockenheit an und auf diesen Straßen. Der Verlust von Alleen, ist eine große Sauerei, in Brandenburg.

  8. 6.

    Schade um die schönen Alleen. Stammen noch aus Zeiten, in denen es noch keine Autos gab, sondern Kutschen und Fußgänger. Bäume vertragen Autos nicht und Autos keine Bäume. Deshalb sollte hier ein Umdenken passieren. Alleen mit Geschwindigkeitsbegrenzung für Autos, ggf. auch mit Maßnahmen zur Einhaltung. Nutzung der Alleen für Radwege und Wanderwege. Dann vertragen sich Bäume mit Autos wieder.

  9. 5.

    Die gesetzlichen Grundlagen in Brb. sind so gestaltet, dass die Alleenstraßen verschwinden. Man hat fas Gesetz wie genannt? Fällt da was Typisches auf? Zielerreichung und erfolgloses Agieren wird immer dann gut sichtbar, wenn man nachmessen/zählen kann. Es muss doch mal ein Ranking geben, wo man, durch echten Verdienst, nicht zu den Letzten gehört. Wenn nicht muss man was ändern...

  10. 4.

    "Begründung war, dass die meisten Unfälle durch Kollisionen mit Alleebäumen verursacht wurden."
    Und warum? Nicht angepasste Geschwindigkeit, Selbstüberschätzung, und - sorry für das Klischee - das fahren ohne Striche rechts, links und in der Mitte mit gleichzeitiger Nichtfeststellung, das die Spur etwas schmaler war.
    Ich kann mich noch gut daran erinnern, das gerade Kennzeichen B immer wieder an den Bäumen hingen. Auf gerader Strecke.
    Tja.
    Und an Stelle heute im Zuge von Ersatzpflanzungen dafür zu sorgen, das Lücken geschlossen und schon vorausschauend Pflanzungen angelegt werden, werden dafür lieber Gelder eingesammelt.

  11. 3.

    Alleen gehen in Quantität & Qualität zurück, seit 1990. Der Verlust ist höher als der "Zuwachs"! Die Forderung, die von Herrn J. Peters gestellt wurde, ist richtig, aber so neu nun auch wieder nicht! Leider!!! Man fragt sich, wieviele Jahrzehnte es nun noch braucht, bis wir endlich vorwärts kommen. Lt. gesetzlicher Grundlagen, die existieren, dürftes es sich lediglich um theoretische Fälle handeln. Nein, da immer wieder Begründungen gefunden werden, Schlupflöcher nutzen zu können, wird so allerhand abgenickt! Das Grundübel ist der sogenannte vorauseilende Gehorsam bei der Schaffung der Lichtraumprofile, die zwar nur für Bundesfernstraßen gelten, aber locker auf das gesamte Straßennetz "angewandt" werden. Stehen nur noch "Stangen " an der Straße, ist es zu spät! Dann kann man rufen: Geld, es fehlt das Geld. Auch die `Pflegeausführung` der sog. Baumpflegebetriebe lässt viele Fragen offen. Alle Alleen sind per Gesetz geschützt! Schade, schade, schade!

  12. 2.

    Ich würde mal sagen, daß einfach die Entwicklung in ehemaligen Westdeutschland schrittweise nachgeholt wird. Ich kenne von einigen Bekannten aus dem ehemaligen Westdeutschland die Bewunderung für unsere Alleen und das Beauern, daß dort die Anzahl der Alleen schon lange stark zurückging. Als Hauptargument gegen Alleen habe ich dabei immer wieder Verkehrssicherung und Straßenausbau gehört und genau diese Argumente werden ja auch hier immer wieder angeführt als alternativlos. Einige Neupflanzungen befinden sich dabei in viel zu großem Abstand von der Straße, können also auch in 100 Jahren niemals ein typisches Blätterdach mit nahezu vollständiger Verschattung der Straße bilden, werden also niemals eine richtige Allee werden.

  13. 1.

    Ich glaube .ich erinnern zu können, dass kurz nach der Wende vermehrt Stimmen aufkamen, die Alleen abschaffen wollten. Begründung war, dass die meisten Unfälle durch Kollisionen mit Alleebäumen verursacht wurden. Sollte das ein Grund sein, dass Bepflanzung verzögert bzw verhindert werden??

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