Berlin und Brandenburg im Prepper-Modus - Brennholz ist das neue Klopapier

So 10.07.22 | 08:18 Uhr
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Symbolbild: Gerodete Bäumen liegen am 16.02.2020 gestapelt auf der Einfahrt zum Gelände für die geplante Tesla-Fabrik. (Quelle: dpa/Britta Pedersen)
Audio: Antenne Brandenburg | 10. Juli 2022 | Tina-Marlu Karmhoeller | Bild: dpa/Britta Pedersen

Während der Lockdowns wurden noch vor allem Klopapier und Pasta gehamstert. Doch seit Kriegsbeginnn in der Ukraine rüsten viele Berliner und Brandenburger richtig auf. Mit Kaminöfen samt Brennholz, Radiatoren und Notstrom-Aggregaten.

Sonnenblumenöl und Mehl, die zu Kriegsbeginn teils schwer zu bekommen waren, sind (meistens) inzwischen wieder zu haben in den Supermärkten der Region. Wenn auch mit deutlich mehr finanziellem Aufwand.

Mangelware ist jedoch Brennholz für den Kaminofen. Ganz zu schweigen von Kaminöfen selbst. Aber auch Radiatoren und Gasflaschen sind extrem gut nachgefragt. Das zeigt: Die Menschen in der Region bereiten sich vor auf den Notfallplan Gas in all seinen Eskalationsstufen [tagesschau.de].

Brennholz

Die Nachfrage nach Brennholz ist stark gestiegen. Bei Kaminholz-Breuer in Berlin-Mahlsdorf heißt es, sie sei "so hoch wie fast noch nie, nicht in den kältesten Wintern", so Disponent Winfried Schneider. Auch die Preise habe man anheben müssen. Denn auch die Produzenten hätten sie binnen der vergangenen Jahre um etwa 100 Prozent angehoben. "Das ist dramatisch für den kleinen Geldbeutel", sagt Schneider weiter.

Auch bei "Naturbrennstoffe 24" mit Sitz in Breddin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) verzeichnet man eine "exorbitant hohe Nachfrage". Geschäftsführer Matthias Wilke spricht gar vom "Ausnahmezustand". Betroffen sei nicht nur Brennholz, sondern alle feste Brennstoffe, als auch Briketts und Pellets. Er sagt, es gäbe auch einen "Run auf Kohlen, den kann man sich nicht vorstellen". Die Lieferzeit kann mehrere Monate dauern zur Zeit. Die Preise werden, wie die Holzpreise allgemein, weiter steigen.

Auch die Nachfrage nach dem Selbsterwerb von Brennholz mittels einer Motorsäge im Wald ist in Brandenburg "deutlich gestiegen und hält unvermittelt an", so der Landesbetrieb Forst Brandenburg. Einzelne Reviere führten Wartelisten. Einfach mitnehmen darf man Holz – auch in Kleinstmengen - übrigens keinesfalls, es gehört dem Besitzer des Waldes.

Der Bundesverband Brennholz warnt beim Kauf von Brennholz sogar vor Betrug. Es würden immer wieder Fälle gemeldet, bei denen Interessenten Holz im Internet vorab bezahlt – aber nie erhalten hätten. Der Bundesverband rät, nicht in Vorkasse zu gehen, sondern auf Rechnung zu bestellen oder bei der Lieferung des Holzes bar zu bezahlen.

Kaminöfen

Bei "Kamin Berlin Brandenburg" in Adlershof berichtet ein Mitarbeiter, es gebe eine sehr große Nachfrage nach Kaminöfen. Die gebe es zwar schon seit Pandemiebeginn, "jetzt aber noch viel mehr". Es käme deshalb für viele Kamine zu "sehr langen Wartezeiten". Tatsächlich können viele Händler ihre derzeit noch angegebenen Lieferzeiten für Kaminöfen gar nicht halten. Auf explizite Nachfrage erhöht sich ein Lieferzeitraum von vier bis sechs Wochen schnell auf Termine im kommenden Jahr. Wer ein spezielles Modell sucht, muss unter Umständen Lieferzeiten von über einem Jahr in Kauf nehmen.

Das bestätigt auch eine Mitarbeiterin von Klose Ofenbau in Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark). Sie sagt dem rbb, die Nachfrage sei im Vergleich zu vor der Energiekrise um mehr als 100 Prozent gestiegen. Wer einen Kaminofen wolle, so die Mitarbeiterin, suche sich am besten einen aus, der vor Ort im Kaminstudio verfügbar sei. Aber selbst dann blieben immer noch die lange Wartezeit für den Anschluss und die ebenfalls langen Lieferzeiten für die benötigten Teile. Manche der Teile seien sogar gar nicht lieferbar.

Auch Schornsteinfeger Stefan Karrasch, zuständig für den Kehrbezirk 320 in Pankow, berichtet rbb|24, die Anfragen für Abnahmen von Kaminöfen, den Einbau oder die Beratung hätten deutlich zugenommen. Die Schornsteinfeger-Innung konkretisiert, die Nachfrage sei "explodiert" und das vor allem in der Innenstadt. Doch etwa 90 Prozent der Anfragen müssten abgelehnt werden, weil die Häuser nicht den nötigen Bedingungen entsprechen. Damit es nicht zu illegalen Einbauten kommt, will sich die Innung für eine Notverordnung einsetzen.

Wer schon einen Ofen betreibt, sollte dringend überprüfen, ob dieser überhaupt noch betrieben werden darf. Sonst drohen Stillegung und 50.000 Euro Bußgeld.

Gasflaschen

Auch die Nachfrage nach Propangasflaschen ist seit der Krise gewachsen. "Seit Kriegsbeginn sind die Verkäufe an sich deutlich gestiegen". Bei Kraftgase in Falkensee berichtet man rbb|24 von Privatleuten und Gewerbetreibenden, die beim Kauf besorgt nachfragen, ob auch künftig genug Gas da sein wird. Auch versuchten Menschen, Gasflaschen zu "hamstern", berichtet die Mitarbeiterin.

Bei Gastaxi in Kyritz (Prignitz) beobachtet man ebenfalls, dass "die Leute sich vorbereiten". Die meisten nähmen seit etwa Anfang Juni nicht nur eine, sondern gern auch eine zweite und dritte Gasflasche mit. 333 Kilo dürften Privatmenschen lagern, da komme man mit zwei bis drei Elf-Kilo-Flaschen aber noch nicht an eine erlaubte Grenze.

Eine Elf-Kilogramm-Flasche zu füllen, kostete 2020 noch etwa 15 Euro. Inzwischen liegen die Preise bei bis zu 25 Euro pro Füllung – Tendenz steigend.

Radiatoren

Fiele die Gasheizung aus oder kann nicht mehr auf die persönliche Wohlfühltemperatur hochgedreht werden, könnte nicht nur ein Kaminofen, sondern auch ein mit Strom betriebener Radiator für eine warme Wohnung sorgen. Folgerichtig sind auch Radiatoren und andere elektrische Heizungen derzeit vermehrt nachgefragt, wie das Unternehmen Hornbach rbb|24 berichtet.

Energieberatung

Um die eigene Heizsituation zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren und so Energie zu sparen, wird geraten, einen Energieberater hinzuzuziehen. Auch hier gibt es eine große Nachfrage aufgrund der aktuellen Lage. "Unsere Energieberater sind relativ ausgebucht und werden sehr stark in Anspruch genommen", berichtet Henning Kunz von der Verbraucherzentrale Berlin rbb|24. Ungefähre Wartezeiten will er nicht nennen.

Die Verbraucherzentrale Brandenburg ist dahingehend auch "gut ausgebucht". Die Energieberater seien sehr hoch nachgefragt, sagte Lucienne Böhm rbb|24.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beteiligt sich an den Kosten der Energieberatung mit 80 Prozent der förderfähigen Beraterkosten. Das sind für Ein- und Zweifamilienhäuser maximal 1.300 Euro und für ein Mehrfamilienhaus 1.700 Euro maximale Förderungssummen.

Notstromaggregate

Die Bundesregierung empfiehlt Unternehmen – insbesondere solchen die kritische Infrastruktur betreiben -, sich wegen der Gaskrise mit Notstrom-Aggregaten einzudecken. Doch zur Nutzung eines Notstrom-Aggregats sind bauliche Maßnahmen notwendig, die gesetzlichen Vorgaben unterliegen. Außerdem muss Treibstoff bevorratet werden, der aber nur eine begrenzte Haltbarkeit hat und wegen des Brandschutzes richtig gelagert werden muss.

Claudia Mehrl, Geschäftsleiterin des Feinkost-Unternehmens Lindner in Berlin, sagte rbb|24, dass sei für sie bei insgesamt 45 Filialen nicht möglich. Auch die Bäckerei selbst werde mit Gas betrieben und könne nicht auf einfach so auf eine Not-Variante mit Strom umorientiert werden. Man prüfe allerdings derzeit, ob man die Kühlung der Lagerbestände in Teilbereichen mit Notstromaggregaten ausstatten könne.

Bei Hornbach jedenfalls heißt es, auch Notstrom-Aggregate seien zuletzt zeitweise schon "stark nachgefragt" gewesen.

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39 Kommentare

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  1. 39.

    Ich würde dem berufslosen Habeck, einige sagen, er war Kinderbuchschreiber, keine besondere Qualifikation zuschreiben. Was er so von sich gibt, etwa in Sachen Wärmepumpe, zeugt von erschreckender Ahnungslosigkeit. Die Empfehlung der Bundesregierung, also auch von Habeck, Notstromaggregate zu kaufen, zeigt immerhin, wie ratlos inzwischen die Ampel rumhampelt.

  2. 38.

    Hat in Berlin ja auch jeder einen Kamin in seiner Mietwohnung. Also, wer profitiert?

  3. 37.

    Das kommt dabei raus, wenn Menschen, die eine geringfügige Erhöhung von Parkplatzgebühren, eine kleine Nachtemperaturabsenkung oder, Gott bewahre, ein Sonntagsfahrverbot als Untergang des Abendlandes oder Schlimmeres bezeichnen, damit alles das o.g. vermieden werden kann, so aus der Hüfte eine Deportierung ganzer Bevölkerungsteile diskutieren.
    Ist mal wieder Zeit für Max Liebermann: Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte.

  4. 36.

    Herr Habeck will das Problem mit "Wärmepumpen" lösen. Hat ihm noch niemand gesagt, dass eine Wärmepumpe sich für 90 % der Bestandswohnungen nicht rechnet, da wegen der baulichen Gegebenheiten die Leistungszahl zu gering ist?
    Eine Wärmepumpe macht nur bei einem Neubau Sinn, wo die phsikalsichen Voraussetzungen (Fußbodenheizung, gedämmt nach neuesem Standard, Erdsonde und PV) für den Einsatz einer Wärmepumpe erfüllt sind.
    Das weitere Problem, wer soll denn dann 500.000 Wärmepumpen pro Jahr herstellen und einbauen, wäre dann als nächstes zu lösen.

  5. 35.

    Wenn einem von der Realpolitik keine andere Wahl gelassen wird... #Energiesanktionen #Kernenergie
    "Eigenverantwortung" liegt da scheinbar ganz im Sinne der "links-liberalen" Regierung. #Duschfans

  6. 34.

    Zitat:"...einfach mal ein bisschen sparsamer sein..."

    Genau da sehe ich zurzeit das größte Problem. Obwohl noch nicht mal die Heizungen benötigt werden, regen sich die Interessenvertretungen der MieterInnen auf, dass es ja auch bei 20Grad tagsüber in der Wohnung reicht.

    Ich spare schon geraume Zeit beim Warmwasser. Wenn ich allerdings so manche Menschen lesen/hören muss, fehlt mir so ein wenig der Sinn für deren Solidarität. Manche sollten sich bewußt machen:
    "Sparst du in der Zeit, hast du in der Not."

  7. 33.

    "Am besten haben es da die Rentner: Ab für 6 Monate auf die Kanaren und dem Winter entfliehen!"
    Naja so ganz unrecht hat der Günther nun auch nicht. Jeder Rentner, der im Süden überwintert, verbraucht keine Energie in Dtschl., also trägt er zum sparen bei! Was ist nun besser, hier sein Geld buchstäblich verbrennen oder fürs Geld die "alten Knochen" in der Sonne wärmen lassen?
    Holzprobleme? Da ist der Deutsche erfinderisch, man denke bloß daran wie der Tiergarten 1946/47 ausgesehen hat. ;-)


  8. 32.

    Die Bundesregierung empfiehlt...? Ich empfehle der Bundesregierung einen sofortigen Stopp der Sanktionen gegen Russland, Inbetriebnahme von Nord Stream 2 und eine Verlängerung der AKW's inklusive der Kohlekraftwerke. Was will man uns eigentlich noch alles zumuten? Eine Regierung die seinem Volk erzählt das es kalt Duschen muss und eine kalte Wohnung haben wird aus Sympathie für ein Land? Nein liebe Regierung, es reicht!

  9. 31.

    Am besten haben es da die Rentner: Ab für 6 Monate auf die Kanaren und dem Winter entfliehen!"
    Ach, die (soziale) Kälte würde schon nachlassen, wenn einige aufhören würden, alles das, was ihnen so durch den Kopf geht, ins Netz zu schreiben.

  10. 30.

    So wird es kommen. Aus Angst vor einem Gas-Lieferstopp decken sich viele Haushalte in diesem Jahr früh mit Braunkohlebriketts ein. Der Absatz ist laut Sächsischem Brennstoff- und Mineralölhandelsverband (SBMV) gegenüber dem Vorjahr um fast 50 Prozent gestiegen. Vor allem in Ostdeutschland und Bayern sei die Nachfrage groß. »Unsere Händler haben sehr viele Anfragen von Stammkunden, die oft die doppelte Menge an Briketts ­bestellen, aber auch von vielen Neukunden«. So berichte der Spiegel am 8.7.22. Und bei einer erheblichen Verteuerung des Lebensunterhalts werden auch faire Arbeitsbedingungen und Tierwohl nicht mehr so wichtig sein.

  11. 29.

    Vollkommen richtig, wer eine schöne Rente bekommt/ und davon gibt es einige, muss auf Strom und Heizung keine Rücksicht nehmen. Oder ab in den Süden- ganz meine Meinung. Sparen ist was für Arme, die nicht richtig arbeiten/gearbeitet haben oder einfach zu wenig verdienen/verdient haben.

  12. 28.

    Anfangs hat uns die Regierung aufgefordert auf alternative Heizsystheme umzurüsten. Wußte denn dort niemand, dass es 2022 und 2023 weder Bauteile noch Monteure für Wärmepumpen und Kamine gibt ? Oder sind sie alle weltfremd ?

  13. 27.

    Alles klar
    Leider kann sich dass nur der Rentner leisten ,der eh genug Geld zum heizen hat.

  14. 25.

    Am besten haben es da die Rentner: Ab für 6 Monate auf die Kanaren und dem Winter entfliehen!

  15. 24.

    Ich lese ein wenig Sarkasmus.
    Trotzdem für die kommende Heizsaison ist der Holzdrops gelutscht. Alles was jetzt noch im Wald senkrecht steht, ist für diesen Winter nicht mehr verheizbar oder nur mit der entsprechenden Belästigung der Nachbarn.

  16. 23.

    Mal sehen wann es die ersten Gasexplosionen gibt, wer will denn kontrollieren, wann Was und Wo gelagert wird ?

  17. 22.

    Mehr Sorge macht mir die erhöhte Nachfrage nach Propangas...."333 Kilo dürften Privatmenschen lagern, ...."

  18. 20.

    Diese Panikmache geht mir auch schon auf den Senkel - einfach mal ein bisschen sparsamer sein und abwarten, was passiert.

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