Berlin und Brandenburg im Prepper-Modus - Brennholz ist das neue Klopapier

Während der Lockdowns wurden noch vor allem Klopapier und Pasta gehamstert. Doch seit Kriegsbeginnn in der Ukraine rüsten viele Berliner und Brandenburger richtig auf. Mit Kaminöfen samt Brennholz, Radiatoren und Notstrom-Aggregaten.
Sonnenblumenöl und Mehl, die zu Kriegsbeginn teils schwer zu bekommen waren, sind (meistens) inzwischen wieder zu haben in den Supermärkten der Region. Wenn auch mit deutlich mehr finanziellem Aufwand.
Mangelware ist jedoch Brennholz für den Kaminofen. Ganz zu schweigen von Kaminöfen selbst. Aber auch Radiatoren und Gasflaschen sind extrem gut nachgefragt. Das zeigt: Die Menschen in der Region bereiten sich vor auf den Notfallplan Gas in all seinen Eskalationsstufen [tagesschau.de].
Brennholz
Die Nachfrage nach Brennholz ist stark gestiegen. Bei Kaminholz-Breuer in Berlin-Mahlsdorf heißt es, sie sei "so hoch wie fast noch nie, nicht in den kältesten Wintern", so Disponent Winfried Schneider. Auch die Preise habe man anheben müssen. Denn auch die Produzenten hätten sie binnen der vergangenen Jahre um etwa 100 Prozent angehoben. "Das ist dramatisch für den kleinen Geldbeutel", sagt Schneider weiter.
Auch bei "Naturbrennstoffe 24" mit Sitz in Breddin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) verzeichnet man eine "exorbitant hohe Nachfrage". Geschäftsführer Matthias Wilke spricht gar vom "Ausnahmezustand". Betroffen sei nicht nur Brennholz, sondern alle feste Brennstoffe, als auch Briketts und Pellets. Er sagt, es gäbe auch einen "Run auf Kohlen, den kann man sich nicht vorstellen". Die Lieferzeit kann mehrere Monate dauern zur Zeit. Die Preise werden, wie die Holzpreise allgemein, weiter steigen.
Auch die Nachfrage nach dem Selbsterwerb von Brennholz mittels einer Motorsäge im Wald ist in Brandenburg "deutlich gestiegen und hält unvermittelt an", so der Landesbetrieb Forst Brandenburg. Einzelne Reviere führten Wartelisten. Einfach mitnehmen darf man Holz – auch in Kleinstmengen - übrigens keinesfalls, es gehört dem Besitzer des Waldes.
Der Bundesverband Brennholz warnt beim Kauf von Brennholz sogar vor Betrug. Es würden immer wieder Fälle gemeldet, bei denen Interessenten Holz im Internet vorab bezahlt – aber nie erhalten hätten. Der Bundesverband rät, nicht in Vorkasse zu gehen, sondern auf Rechnung zu bestellen oder bei der Lieferung des Holzes bar zu bezahlen.
Kaminöfen
Bei "Kamin Berlin Brandenburg" in Adlershof berichtet ein Mitarbeiter, es gebe eine sehr große Nachfrage nach Kaminöfen. Die gebe es zwar schon seit Pandemiebeginn, "jetzt aber noch viel mehr". Es käme deshalb für viele Kamine zu "sehr langen Wartezeiten". Tatsächlich können viele Händler ihre derzeit noch angegebenen Lieferzeiten für Kaminöfen gar nicht halten. Auf explizite Nachfrage erhöht sich ein Lieferzeitraum von vier bis sechs Wochen schnell auf Termine im kommenden Jahr. Wer ein spezielles Modell sucht, muss unter Umständen Lieferzeiten von über einem Jahr in Kauf nehmen.
Das bestätigt auch eine Mitarbeiterin von Klose Ofenbau in Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark). Sie sagt dem rbb, die Nachfrage sei im Vergleich zu vor der Energiekrise um mehr als 100 Prozent gestiegen. Wer einen Kaminofen wolle, so die Mitarbeiterin, suche sich am besten einen aus, der vor Ort im Kaminstudio verfügbar sei. Aber selbst dann blieben immer noch die lange Wartezeit für den Anschluss und die ebenfalls langen Lieferzeiten für die benötigten Teile. Manche der Teile seien sogar gar nicht lieferbar.
Auch Schornsteinfeger Stefan Karrasch, zuständig für den Kehrbezirk 320 in Pankow, berichtet rbb|24, die Anfragen für Abnahmen von Kaminöfen, den Einbau oder die Beratung hätten deutlich zugenommen. Die Schornsteinfeger-Innung konkretisiert, die Nachfrage sei "explodiert" und das vor allem in der Innenstadt. Doch etwa 90 Prozent der Anfragen müssten abgelehnt werden, weil die Häuser nicht den nötigen Bedingungen entsprechen. Damit es nicht zu illegalen Einbauten kommt, will sich die Innung für eine Notverordnung einsetzen.
Gasflaschen
Auch die Nachfrage nach Propangasflaschen ist seit der Krise gewachsen. "Seit Kriegsbeginn sind die Verkäufe an sich deutlich gestiegen". Bei Kraftgase in Falkensee berichtet man rbb|24 von Privatleuten und Gewerbetreibenden, die beim Kauf besorgt nachfragen, ob auch künftig genug Gas da sein wird. Auch versuchten Menschen, Gasflaschen zu "hamstern", berichtet die Mitarbeiterin.
Bei Gastaxi in Kyritz (Prignitz) beobachtet man ebenfalls, dass "die Leute sich vorbereiten". Die meisten nähmen seit etwa Anfang Juni nicht nur eine, sondern gern auch eine zweite und dritte Gasflasche mit. 333 Kilo dürften Privatmenschen lagern, da komme man mit zwei bis drei Elf-Kilo-Flaschen aber noch nicht an eine erlaubte Grenze.
Eine Elf-Kilogramm-Flasche zu füllen, kostete 2020 noch etwa 15 Euro. Inzwischen liegen die Preise bei bis zu 25 Euro pro Füllung – Tendenz steigend.
Radiatoren
Fiele die Gasheizung aus oder kann nicht mehr auf die persönliche Wohlfühltemperatur hochgedreht werden, könnte nicht nur ein Kaminofen, sondern auch ein mit Strom betriebener Radiator für eine warme Wohnung sorgen. Folgerichtig sind auch Radiatoren und andere elektrische Heizungen derzeit vermehrt nachgefragt, wie das Unternehmen Hornbach rbb|24 berichtet.
Energieberatung
Um die eigene Heizsituation zu überprüfen und gegebenenfalls zu optimieren und so Energie zu sparen, wird geraten, einen Energieberater hinzuzuziehen. Auch hier gibt es eine große Nachfrage aufgrund der aktuellen Lage. "Unsere Energieberater sind relativ ausgebucht und werden sehr stark in Anspruch genommen", berichtet Henning Kunz von der Verbraucherzentrale Berlin rbb|24. Ungefähre Wartezeiten will er nicht nennen.
Die Verbraucherzentrale Brandenburg ist dahingehend auch "gut ausgebucht". Die Energieberater seien sehr hoch nachgefragt, sagte Lucienne Böhm rbb|24.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beteiligt sich an den Kosten der Energieberatung mit 80 Prozent der förderfähigen Beraterkosten. Das sind für Ein- und Zweifamilienhäuser maximal 1.300 Euro und für ein Mehrfamilienhaus 1.700 Euro maximale Förderungssummen.
Notstromaggregate
Die Bundesregierung empfiehlt Unternehmen – insbesondere solchen die kritische Infrastruktur betreiben -, sich wegen der Gaskrise mit Notstrom-Aggregaten einzudecken. Doch zur Nutzung eines Notstrom-Aggregats sind bauliche Maßnahmen notwendig, die gesetzlichen Vorgaben unterliegen. Außerdem muss Treibstoff bevorratet werden, der aber nur eine begrenzte Haltbarkeit hat und wegen des Brandschutzes richtig gelagert werden muss.
Claudia Mehrl, Geschäftsleiterin des Feinkost-Unternehmens Lindner in Berlin, sagte rbb|24, dass sei für sie bei insgesamt 45 Filialen nicht möglich. Auch die Bäckerei selbst werde mit Gas betrieben und könne nicht auf einfach so auf eine Not-Variante mit Strom umorientiert werden. Man prüfe allerdings derzeit, ob man die Kühlung der Lagerbestände in Teilbereichen mit Notstromaggregaten ausstatten könne.
Bei Hornbach jedenfalls heißt es, auch Notstrom-Aggregate seien zuletzt zeitweise schon "stark nachgefragt" gewesen.
Die Kommentarfunktion wurde am 10.07.2022 um 20:02 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.