Statistisches Bundesamt - Totgeburten sind in Berlin und Brandenburg wahrscheinlicher als im Rest des Landes

So 24.07.22 | 08:22 Uhr | Von Oliver Noffke
Symbolbild: Eine trauernde Frau (Quelle: dpa/Thomas Imo)
Bild: dpa/Thomas Imo

Die Zahl der Kinder, die tot geboren werden, ist in den vergangenen Jahren in der Region angestiegen. Ihr Anteil an den Geburten insgesamt blieb allerdings relativ stabil. Betroffene Mütter sind im Osten Deutschlands jünger als im Westen. Von Oliver Noffke

Der Anteil totgeborener Kinder, sogenannter "Sternenkinder", lag in Brandenburg und insbesondere in Berlin im vergangenen Jahr klar über dem Bundesschnitt. Das geht aus Berechnungen des Statistischen Bundesamts hervor, die rbb|24 vorliegen.

Als totgeboren gelten in Deutschland Kinder, bei denen außerhalb des Mutterleibs weder ein Herzschlag, eine pulsierende Nabelschnur noch das Einsetzen der natürlichen Lungenatmung festgestellt werden konnte. Zudem muss das Gewicht mindestens 500 Gramm betragen oder die 24. Schwangerschaftswoche erreicht werden.

Demnach kamen 2021 in Brandenburg 85 Kinder tot zur Welt. Das entspricht einem Anteil von 4,4 Totgeburten je 1.000 Geborenen. In Berlin waren es 184 "Sternenkinder", was einem Wert von 4,7 je 1.000 Geborenen entspricht. Bundesweit waren es 4,3 Totgeborene je 1.000 Geburten, insgesamt 3.420 Kinder kamen laut der Statistik im vergangenen Jahr in Deutschland nicht lebend zur Welt.

Stets höher als im Bundesschnitt

In beiden Ländern liegt der Anteil Totgeborener seit Jahrzehnten über dem Bundesschnitt - zum Teil deutlich. So lag die Quote der Totgeborenen in Brandenburg seit 2001 nur ein einziges Mal unterhalb des Gesamtwertes für Deutschland. Im Jahr 2007 gab es in Brandenburg im Durchschnitt 3,0 Totgeborene je 1.000 geborener Kinder, deutschlandweit waren es 3,5.

Zwei Jahre später lag der Wert für Berlin exakt auf dem Gesamtniveau (3,5 je 1.000), unterboten wurde der Bundesschnitt seit 2001 nie.

Quote stabil, aber Zahl der Fälle steigt tendenziell

Die Quote der Totgeburten für ganz Deutschland nimmt seit 2010 tendenziell leicht zu. Für Berlin und Brandenburg ist ein Trend hingegen weniger eindeutig zu erkennen. Beide Länder zeigen in einzelnen Jahren leichte Ausschläge nach oben oder unten, bleiben im Mittel allerdings relativ stabil.

Die absoluten Zahlen an Totgeborenen sind im gleichen Zeitraum hingegen zum Teil deutlich angestiegen - insbesondere in Berlin. Dass sich die Quote nicht ebenfalls verschlechtert hat, ist durch die wachsende Bevölkerung in der Region zu erklären. Die Zahl der Geburten ist in den vergangenen Jahren in beiden Ländern kontinuierlich angestiegen.

Vergangenes Jahr wurden in Berlin 184 "Sternenkinder geboren, zehn Jahre zuvor waren es 145. Den niedrigsten Wert gab es in der Hauptstadt im Jahr 2006 (110 totgeborene Kinder).

In Brandenburg kamen vergangenes Jahr 85 Kinder tot zur Welt, fünf Fälle mehr als noch im Jahr 2011. Jedoch wurden 2017 in der Mark 100 Totgeburten registriert, die wenigsten gab es 2007 (55).

Betroffene Mütter im Osten jünger

Totgeburten sind generell im Osten der Republik wahrscheinlicher. Seit der Wiedervereinigung lag die Quote in den östlichen Bundesländern samt Berlin durchgehend höher als der Durchschnittswert für den Westen, teilte das Statistische Bundesamt bereits Mitte Juli mit [destatis.de].

Warum im Osten Totgeburten wahrscheinlicher sind, lässt sich aus den Zahlen der Behörde nicht ablesen. Das zunehmende Alter von Müttern scheide als Grund jedoch aus, heißt es. In den vergangenen Jahren ist demnach die Quote an Totgeburten in allen Altersgruppen der Mütter angestiegen. Zudem sind den Daten zufolge Frauen, die eine Totgeburt durchleben mussten, in Ostdeutschland mit einem Alter von durchschnittlich 31,6 Jahren zuletzt jünger gewesen, als das im Westen (32,3 Jahre) der Fall war.

Den höchsten Wert gab es im vergangenen Jahr für Mecklenburg-Vorpommern (6,1), der niedrigste zeigte sich in Hamburg (3,7). Im Jahr 2020 bildete Bremen das Schlusslicht (7,1), nirgends im Land lag die Quote damals niedriger als im Saarland (2,9).

Hilfe und Beratung für betroffene Eltern und Familien bieten unter anderem:

- Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V.

- TABEA e.V.

- TrauerZeit Waisenhilfe Berlin e.V.

- Initiative Regenbogen Glücklose Schwangerschaften e.V.

Zudem existieren in Berlin und Brandenburg mehrere Selbsthilfegruppen und Vereine, die Austausch unter Betroffenen organisieren.

Sendung: radioeins, 24.07.2022, 16 Uhr

Beitrag von Oliver Noffke

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