3.600 Verfahren seit Oktober 2017 - Illegale Autorennen in Berlin sind meist Fluchtfahrten vor der Polizei

Mi 13.07.22 | 12:19 Uhr
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Symbolfoto: Ein illegales Autorennen in Berlin, aufgenommen am 14.10.2019. (Quelle: dpa/Rolf Kremming)
Audio: rbb 88,8 | 13.07.2022 | Kirsten Buchmann | Bild: dpa/Rolf Kremming

Im Schnitt zwei Mal pro Tag beschäftigen verbotene Kraftfahrzeugrennen Berliner Behörden. Eine Antwort auf eine parlamentarische Anfrage gewährt jetzt Einblicke, worum es sich bei diesen Delikten konkret handelt - und wie sie geahndet werden.

Wegen illegaler Autorennen sind in Berlin seit Oktober 2017 fast 3.600 Verfahren bei Staats- und Amtsanwaltschaft eingegangen. Das wären durchschnittlich zwei Fälle pro Tag. Die Zahlen gehen aus der Antwort der Justizverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des Linken-Abgeordneten Sebastian Schlüsselburg hervor, die dem rbb exklusiv vorliegt.

Mehr als 500 Mal gab es in Berlin demnach Geldstrafen wegen illegaler Autorennen. Ihre Höhe lag meist bis 2.500 Euro, teils aber auch bei bis zu 10.000 Euro. Hinzu kommen rund 40 Freiheitsstrafen ohne und rund 80 mit Bewährung. Nach Jugendstrafrecht wurden acht Personen ohne Bewährung verurteilt und sechs mit Bewährung.

Polizeifluchten kommen am häufigsten vor

An illegalen Autorennen müssen nicht mehrere Autofahrer beteiligt sein. Auch wer allein mit seinem Fahrzeug mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs ist und dabei andere gefährdet, erfüllt den Tatbestand eines illegalen Autorennens.

Solche "Alleinrennen" seien auch die überwiegende Zahl der Fälle, wie es in der Antwort weiter heißt. Dabei spiele insbesondere die "Polizeiflucht" eine große Rolle, also jene Fälle, "bei denen die Beschuldigten sich beharrlich und hartnäckig mit waghalsigen Fahrmanövern dem Zugriff der Polizei entziehen wollen."

Schlüsselburg fordert schärfere Regeln für Fahranfänger

Schon am Tatort werden bei verbotenen Autorennen Führerscheine und unmittelbar nach der Tat Fahrzeuge zur Überprüfung der Fahrzeugdaten beschlagnahmt. Die Beschuldigten empfänden das als einschneidend spürbare Maßnahmen, so die Justizverwaltung.

Trotzdem steigen die Zahlen, betont der Rechtspolitiker Schlüsselburg. Berlin müsse daher einen neuen Anlauf nehmen, damit Fahranfänger keine hochmotorisierten Fahrzeuge mehr mieten dürfen. Die Zahlen zeigten, dass die Ablehnung der Berliner Bundesratsinitiative dazu im vergangenen Jahr ein Fehler gewesen sei.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13. Juli 2022, 12:40 Uhr

36 Kommentare

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  1. 36.

    Zitat: "Speziell innerorts muss abgewägt werden, ob eine Verfolgung eher schadet oder nutzt und auch wenn eine Verfolgung stattfindet muss ggf. ein Abbruch eben dieser in Erwägung gezogen werden . . ."

    Dies muss nicht ggf. in Erwägung gezogen werden, wie Sie es anraten, sondern ist gängige Praxis, Mathias.

  2. 35.

    Gott sei Dank gibt's inzwischen eine gesicherte Rechtsprechung des BGH zum Thema illegale Autorennen und getötete unbeteiligte. Der BGH hat vor einigen Jahren zwei junge Raser, die einen unbeteiligten Autofahrer töteten, wegen Mord und versuchtem Mord verurteilt

    Wer an einem illegalen Autorennen teilnimmt, nimmt den Tod unbeteiligter in Kauf

    Übrigens darf die Polizei im Einsatz rasen oder aber auch als Agent provocateur tätig werden.



  3. 33.

    Wie wär's, wenn die Autos beschlagnahmt wurden? Damit würde mehr bewirkt werden als mit den hier genannten Strafen.

  4. 32.

    Es gibt auch eine Verhältnismäßigkeit. Was glauben Sie wie groß der Aufschrei ist, wenn Unbeteiligt gerade AUFGRUND der Verfolgung zu Schaden gekommen sind.
    Speziell innerorts muss abgewägt werden, ob eine Verfolgung eher schadet oder nutzt und auch wenn eine Verfolgung stattfindet muss ggf. ein Abbruch eben dieser in Erwägung gezogen werden, wenn Unbeteiligte einer zu großen Gefahr ausgesetzt werden.

  5. 31.

    Also bei uns im Kiez, Schöneberg Nord gibts ne Menfe von diesen Rennen, nur leider oft unentdeckt.

  6. 30.

    Vorschlag an den Senat: die bekannten Wettrennstrecken mit Blitzer ausstatten. Das hilft zumindest gegen Poser-Rennen und die Attraktivität fürs Kräftemessen für manche „Heizer“ lässt spürbar nach.

  7. 26.

    Dann sollte die Polizei das lassen. Damit provozieren die Autorennen. Vielleicht ist sogar noch racial profiling im Spiel.

  8. 25.

    Flucht heißt, man weiß, dass man Regeln verletzt hat und will keine Verantwortung übernehmen. Das scheint für einige Leute immer stärker akzeptabel zu werden, ist aber schlichtweg nur asozial

  9. 24.

    Auch nicht verstanden..."dass die Polizei offensichtlich gewisse Autofahrer durch die Stadt jagt" nein, dass Sie Fahrern folgt, die sich einer Kontrolle entziehen! Sie tun ja gerade so, als würde die Polizei die Leute in den Tod treiben. Legalisieren Sie Straftaten, indem Sie der Polizei was krudes a la Hollywood unterstellen?

  10. 23.

    Es wird allerhöchste Zeit, das analoge Autofahren endgültig und unwiderrufbar zu beenden, nur noch für Feuerwehr, Kranken-, Rettungs- und Notarztwagen und Polizei, THW, Bundeswehr.

  11. 22.

    "Hat man das Recht sich einer Polizeikontrolle zu entziehen?" Ja, das darf man, wenn man z. B. nachts in einer stockfinsteren Gegend anhalten soll.... dann darf man bis in die nächste Ortschaft oder zur nächsten Wache fahren, nicht rasen.

  12. 21.

    und wenn der Anmieter den Wagen gar nicht selber fährt sondern einer anderen Person überlässt ?

  13. 20.

    "... Bei Leihwagen ist der Verleiher selber schuld, wenn er Autos an nicht geeignete Fahrer vermietet. ..."
    So ein Quatsch!
    Erkennt man nicht geeignete Fahrer an der Augenfarbe oder am Namen oder an der Kreditkarte?

  14. 19.

    Womöglich hilft es nur, wenn man den Führerschein nicht nur einzieht, sondern ihn komplett neu machen lässt, denn wer noch immer nicht verstanden hat, dass man bestimmte filmische Inhalte nicht im echten Leben nachspielen darf, muss das von der Pike auf neu erlernen. Das kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern auch das Ansehen im Freundes- und Familienkreis. Alternativ könnte man auch das Alter, in dem man einen Führerschein machen darf, einfach hochsetzen.

  15. 18.

    Zitat: "Es geht nicht darum ob man Recht hat, sondern um die Realitäten."

    Aha, dann soll die Polizei also Fahrzeuge, die bsw. mit 120 durch die Innenstadt brettern gewähren lassen, weil man ja Zugriff auf die Datenbank zum registrierten Kennzeichen hat? Was wäre nun aber, wenn der PKW gestohlen; das Kennzeichen gefälscht; durch die Flucht Straftaten verdeckt werden sollen oder überhaupt der Fahrer nicht berechtigt ist, das KFZ zu bewegen - und im Nachgang aufgrund verschleiernder Aussagen nicht verifiziert werden kann?

    Und mal abgesehen davon, dass die bewusste Nichtverfolgung von (mutmaßl.) Straftaten erhebliche Konsequenzen für die Beamten zeitigen könnte, wäre ein Zuschadenkommen Unbeteiligter aufgrund unterlassener Verfolgung eines sog. "Alleinrennens" dem Bürger, der sich üblicherweise an Recht und Gesetz hält, nur schwer vermittelbar. Meinen Sie nicht, Sandra?

  16. 17.

    Für mich haben solche Menschen, ob mit oder ohne Polizei Verfolgung, nicht die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeuges. Das Tatfahrzeug ist einzuziehen, ob Eigentum oder geliehen. Bei Leihwagen ist der Verleiher selber schuld, wenn er Autos an nicht geeignete Fahrer vermietet.

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