189 derzeit in Betrieb - Brandenburg genehmigt nur wenige Neugründungen Freier Schulen

Mi 13.07.22 | 20:47 Uhr
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Leeres Klassenzimmer der freien Schule in Müncheberg © Michael Lietz/rbb
Audio: rbb24 Inforadio | 13.07.22 | Amelie Ernst | Bild: Michael Lietz/rbb

Einige haben in Brandenburg die Ambition eine Freie Schule zu gründen. Doch die Hürden sind hoch, viele Anträge werden abgelehnt, mitunter auch kurz vor Schuljahresbeginn – so wie in Müncheberg. Von Christoph Hölscher

Die Räume sind eingerichtet, Lehrer eingestellt, Kinder angemeldet. Der Verein LiMo e.V. in Müncheberg (Märkisch-Oderland) wollte im August eigentlich mit 16 Schulkindern starten. Doch dann liegt mitten in den Ferien der Ablehnungsbescheid im Briefkasten. Knapp sechs Wochen vor dem ersten Schultag.

Laut Webseite des Vereins sollte der Schulalltag "durch Versammlungen und selbstführende Teams von Schüler*innen, Mitarbeiter*innen und Eltern" bestimmt sein. Die "Schüler*innen erarbeiten den Lernstoff weitestgehend selbst", heißt es dort. Doch daraus wird nun erstmal nichts.

Müncheberg schon zum zweiten Mal gescheitert

Sie sei vor allem "traurig und enttäuscht" sagt Daja Ziefuß, Vorstandsmitglied von Limo e.V. und selbst Mutter von vier Kindern. Sie hatte bis zuletzt gehofft, dass es eine Genehmigung geben würde. Der Verein hatte sich schon im vergangenen Jahr vergeblich um die Zulassung der Schule bemüht, habe inzwischen die damals beanstandeten Mängel abgearbeitet. Der erneute Ablehnungsbescheid beruhe vor allem auf "Missverständnissen, nicht auf wirklichen Gründen", ist Ziefuß überzeugt.

Ministerium: Keine Zulassung ohne Prüfung

"Wer in Deutschland eine Schule betreiben will, muss auch in der Lage sein, die notwendigen Anträge auszufüllen", stellt dagegen Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) fest. Schulen in "freier Trägerschaft" dürften in ihren Lehrzielen und in der Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen. Außerdem müssten geeignete Räume und eine tragfähige Finanzierung vorhanden sein, sonst dürfe das Ministerium keine Genehmigung erteilen, so Ernst.

Dass diese Hürden nicht leicht zu nehmen sind, zeigen die aktuellen Zahlen des Ministeriums: Demnach wurden für das kommende Schuljahr 22 Anträge auf Genehmigung einer Freien Schule gestellt – nur drei davon genehmigte das Ministerium. Die anderen Anträge wurden abgelehnt, zurückgezogen, eingestellt oder auf das nächste Schuljahr verschoben. Insgesamt wird es 189 Freie Schulen im Schuljahr 2022/23 in Brandenburg geben.

Beelitz: Eltern unter Schock

Auch der Antrag der Kinderwelt GmbH aus Potsdam, eine Freie Schule in Beelitz-Heilstätten zu gründen, wurde abgelehnt. Der Bescheid kam Mitte Juni – ein Schock vor allem für die rund 40 Familien, die ihre Kinder für die neue Schule angemeldet hatten.

Er sei "wahnsinnig enttäuscht", sagt Vater Jens-René Wischnat und wünscht sich "kurzfristige Lösungsbereitschaft" vom Ministerium: "Zu Schuljahresbeginn am 22. August steht hier eine Schule, die dringend gebraucht wird und keiner geht hin, weil keine Betriebserlaubnis da ist."

Immerhin gibt es für die betroffenen Kinder nach Angaben des Ministeriums schon Plätze an staatlichen Schulen. Der Träger Kinderwelt GmbH hat seine eingereichte Klage gegen den Ablehnungsbescheid nach eigener Aussage wieder zurückgezogen.

Freie Schulträger für mehrstufiges Verfahren

Tilo Steinbach von der "Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen" in Brandenburg (AGFS) findet es richtig, dass Schul-Neugründungen vom Staat streng geprüft werden. Er denke auch nicht, dass die Kriterien zu streng seien. Immerhin gehe es um "unsere Kinder", da sei es wichtig, dass pädagogische Qualitätsstandards eingehalten würden.

Allerdings wünscht er sich im Prüfverfahren mehr Transparenz, klare Fristen und "Zwischenstationen", damit die Antragsteller die Gelegenheit haben nachzubessern. Wenn der ablehnende Bescheid erst acht bis sechs Wochen vor Schuljahresbeginn komme, fallen "alle Beteiligten aus den Wolken".

Da die Zahl der Anträge in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sei, bräuchte es im Ministerium auch mehr Personal, um die Antragsteller gut zu begleiten und die Anträge fristgerecht zu prüfen, so Steinbach.

Künftig klare Antragsfristen

Immerhin: Klare Fristen soll es künftig geben, kündigt auch Bildungsministerin Ernst an. Wenn die erforderlichen Unterlagen bis März nicht vorliegen, werde es keine Genehmigung für das darauffolgende Schuljahr mehr geben, so Ernst gegenüber dem rbb. Möglicherweise bedeute das mehr Zeitdruck für die Antragsteller, gäbe aber allen Beteiligten bei einer Ablehnung auch mehr Zeit, nach Alternativen zu suchen.

Klare Fristen und vor allem eine verbesserte Kommunikation mit dem Bildungsministerium wünschen sich auch die verhinderten Schulgründer von LiMo e.V. in Müncheberg. Auch nach dem zweiten erfolglosen Versuch wollen sie nicht aufgeben, kündigt Vorstandsmitglied Daja Ziefuß an. Man werde "Mittel und Wege" finden, um die Freie Schule an den Start zu bringen – möglichweise mit einer Klage gegen den Ablehnungsbescheid, ansonsten wohl mit einem dritten Antrag für das Schuljahr 2023/24.

Sendung: Radioeins, 13.07.22, 15:15 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    In "unserer" Schule haben die Eltern z.B. bestimmt (und mitfinanziert), dass in allen Klassenzimmern, Luftfilter installiert werden.
    Nur ein Bsp., was "käufliche Schule" schafft. Die Eltern übernehmen Mitverantwortung. Auch in Form von Arbeits-Stunden... Kleine Klassenverbände, sehr motivierte u. engagierte Lehrer. Umsere Kinder gehen gern in die Schule, sie freuen sich auf's Lernen... Staatliche Schulen sind auch wichtig, aber ...

  2. 17.

    Wollen Sie sehen, dass beide Schulformen wichtig sind? Darauf zielen meine Kommentare ab. „Käuflich“ steht in Anführungszeichen und signalisiert: Wer zahlt, der bestimmt, das Eine oder Andere.

    Es geht mir um die Bedingungen, damit die Lehrer ihren Auftrag bestmöglich erfüllen können.

  3. 16.

    Hallo Wossi. Sie sind es, der hier verallgemeinert u. voreingenommen gegen die Privaten / Freien argumentiert. Nicht zum ersten Mal bleiben Sie bei diesem Thema, die Zahlen, welche die besseren Abschluss-Ergebnisse der Schüler belegen, schuldig... "käufliche Schulen..." , dazu sage ich nichts. Thema Drogen : Vielleicht befassen Sie sich mal mit "Brennpunkt-Schulen", es ist in diesem Zusammenhang auch sehr interessant, sich die Abschluss-Ergebnisse in diesen Schulen genauer anzusehen. U.s.w.

  4. 15.

    Diese Erfahrung teile ich nicht. Ich habe 2005 beginnend erfolgreich inzwischen an 3 Schulgründungen in Sachsen-Anhalt und Berlin gewirkt. Ich teile die Meinung von Frau Ernst. Wer noch nicht einmal alle Unterlagen vollständig für einen Antrag zusammenstellen kann, hat bewiesen, daß er/sie erst recht keine Schule führen kann.
    In Deutschland wird Niemand gehindert eine Schule zu gründen, vorausgesetzt er/sie ist qualifiziert dafür.

  5. 14.

    Was Sie nicht differenzieren, ist, dass es erfolgreiche Privatschulen gibt aber die staatlichen Schulen bessere Lernergebnisse in Summe vorweisen. Die Kinder sind auf das Leben einfach besser vorbereitet (im Durchschnitt, einzelne Ausnahmen gibt es). Bessere Lehrer/Schulen, die "nicht käuflich " sind und andere Organisationsformen sind der Grund. Diese Aussagen beruhen auf Vergleichsarbeiten/Tests und vergleichende Sozialkompetenzen. Eine Schule, privat oder staatlich, ist dann besser als andere, wenn dort die Lehrer ihren Berufsethos am besten verwirklichen können. Denn deshalb sind die Lehrer geworden.

    P.S. Das mit den Dogen ist von Ihnen doch sehr gewagt...

  6. 13.

    Na da hat Frau Ernst sich mal richtig durchgesetzt. Sonst fehlt es auch an Entscheidungswillen, siehe das Hin und Her bei Corona und den Schulen. Frau Ernst muss sich allerdings die Frage gefallen lassen, warum immer mehr Eltern ihre Kinder auf eine Privatschule schicken möchten? Und ob sich alle Privatschulen auf das Niveau einer staatlichen Schule begeben möchten ist zu bezweifeln. Siehe Lehrkräftemangel, Stundenausfälle und der bauliche Zustand der Schulen. Nun hat Frau Ernst Stärke gezeigt, aber auch zum Vorteil der betroffenen Kinder und Eltern?

  7. 12.

    Auch an den meisten öffentlichen Schulen ist es nicht an der Tagesordnung Messer oder Drogen mitzubringen.

  8. 11.

    Private - u. freie Schulen sind nicht automatisch "Elite-Schulen". Mein Enkelkind lernt auf einer Privaten. Für das Schul-u. sonstige Geld kommt die Familie auf u.liebe Freunde geben was dazu. Wir sind nicht reich. Viele andere Familien, deren Kinder auf diese Schule gehen,auch nicht !! Die Schule ist technisch+hygienisch sehr gut aufgestellt. Home-Scooling, kein Problem. Sehr engagierte Lehrer + Eltern.Tolle Lern-Ergebnisse (auch in der Pandemie). Keine Drogen, keine mitgebrachten Messer...

  9. 10.

    " Wenn dabei das Niveau der ehemaligen DDR erreicht wird, ist schon viel gewonnen" - Und übertroffen, wenn es gelingt durch kleinere Klassen den Lehrern eine echte Begabtenförderung zu ermöglichen. (ähnl. dem Leistungssport)

    "ein einheitliches Bildungsniveau" - ist schädlich... für Bayern und Finnland, wenn Bln/Brb und Bremen alle anderen "runterziehen".
    Trotzdem ist Ihre Sorge berechtigt. Wählen Sie die, die echt mehr für Bildung ausgeben würden statt es nur zu behaupten. (Steuererhöhungen für Bildung fordern, dann aber für eignen Diäten u.a. verwenden ist legal)

  10. 9.

    Das BM muss gesetzlich für Schulvielfalt sorgen, will es aber nicht und bedient sich mächtiger (Verwaltungs-)Mittel. Da dem BM kein Schaden entsteht geht das Ganze so weiter und immer wieder von vorne los. Was machen?

  11. 8.

    Zu diesem Thema, das immer mal wieder diskutiert wird, habe ich mich schon einmal geäußert. Ich bin gegen die Zunahme von Privatschulen und deren staatliche Förderung. Eliteschulen wird es jedoch immer geben. Schafft endlich die notwendige Erhöhung des Standards der staatlichen Schulen in ihrer Gesamtheit. Wenn dabei das Niveau der ehemaligen DDR erreicht wird, ist schon viel gewonnen. Vor allem für die Eltern, die sich um eine gute schulische Ausbildung sorgen. Und so lange jedes Bundesland seine eigene Bildungspolitik macht, wird es in D. nie ein einheitliches Bildungsniveau geben. Da hilft auch die Verbeamtung der Lehrer nicht weiter. Das trifft auch ähnlich für die Berufsausbildung zu. Nur zur Information, ich habe in den 70er Jahren einen Abschluss an der PH Potsdam erworben u. sehe als Senior mit großer Sorge dieses Dilemma.

  12. 7.

    Fr. Ernst findet Privatschulen unnötig, das hat sie schon mehrmals geäußert. Es ist daher wenig verwunderlich, dass unter ihrer Führung praktisch keine neuen Freien Schulen genehmigt werden.
    So verhindert sie seit Jahren eine gerechte Finanzierung der Freien Schulen.
    Diese Bildungsministerin ist eine Katastrophe!

  13. 6.

    Im GG steht, dass das LernZIEL dasselbe sein muss. Das MBJS beanstandet jedoch die Konzepte - da liegt sehr wohl viel Ermessensspielraum. Oder wie sich Ministerin Ernst ausdrückte: „Würden sich die freien Schulen ganz auf den Rahmenlehrplan stützen, könnten sie auch einfach eröffnen.“
    Natürlich ist es wichtig, dass Schulen auf einer soliden Basis stehen. Jedoch ist es zermürbend, wenn durch die „Mängel“ des Ablehnungsbescheids der Eindruck entsteht, der Antrag wurde nicht gelesen.

  14. 5.

    Nein, es gibt nicht genug Schulen mit genug Plätzen und es ist wichtig alternativ Modelle auf den Weg zu bringen. Es tut sich zu wenig in den staatlichen Schulen, bis auf wenige Ausnahmen.

  15. 4.

    Das muss so sein. Ohne, dass man die Lehrkräfte und ein Interesse von genügend Eltern und Kindern nachweist, darf man nicht eröffnen. Da beißt sich die Katze gehörig in den Schwanz.
    Wenn dann die Genehmigung da ist, hat man nur ein halbes Jahr bis zur Aufnahme des Betriebs, ansonsten verfällt die Genehmigung. Die freien Träger müssen also mit sehr viel Geld und Aufwand in Vorleistung gehen, um am Ende doch aus fadenscheinigen Gründen nicht eröffnen zu können.

  16. 3.

    Freie/priv. Schulen sind in DL nicht gewünscht. Da werden den Freien/Privaten,schon mal Steine in den Weg gelegt.Meine Erfahrungen diesbezügl., möchte ich gar nicht aufzählen. Wenn die Behörden,die staatl.Schulen mit den selben Kriterien kontrollieren würden, die hier an Freie/Private angelegt werden,müssten dann einige staatliche Schulen geschlossen werden ???Im direkten Vergleich sind die Freien/Privaten bisher gut durch die Pandemie gekommen! Unsere Schüler können lesen, schreiben, rechnen...

  17. 2.

    Mir erschließt sich nicht, wie man Lehrer einstellen und Schüler anmelden kann, bevor eine Betriebsgenehmigung vorliegt. Ein Arzt kann auch keine Patienten ohne zugelassene Praxis behandeln.

  18. 1.

    Es gibt doch nun wirklich genug Schulen in alle möglichen Richtungen

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