Heizen mit Holz - Kamine und Öfen stoßen mehr Feinstaub aus als Autos

Holz wächst nach und setzt beim Verbrennen nur so viel CO2 frei, wie der Baum einmal gebunden hat. Viele sehen in Holzheizungen deshalb eine saubere Lösung für die Energiewende. Für das Umweltbundesamt sind sie dagegen ein Klimakiller. Von Franziska Ritter
Holzheizungen erfreuen sich steigender Beliebtheit: Inzwischen gibt es hierzulande mehr als elf Millionen Kamin-, Pellet- und Kachelöfen, die einzelne Zimmer mit molliger Wärme versorgen. Dazu kommen rund 900.000 Holzkessel, die ganze Wohnungen heizen.
Das wirkt sich auf die Luftqualität aus: "Inzwischen wird durch Holzverbrennung mehr Feinstaub ausgestoßen als aus den Auspuffen von Pkw, Lkw und Bussen kommt", mahnt Patrick Huth von der Deutschen Umwelthilfe, der im Rahmen des von der EU geförderten Projekts Clean Heat auf die negativen Auswirkungen von Holzheizungen aufmerksam macht.
Feinstaub sei allein in Deutschland für 53.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich. "Ein weiteres Problem ist, dass der ausgestoßene Feinstaub Rußpartikel enthält. Ruß ist ein klimaschädlicher Stoff, der bis zu 3.200 Mal stärker auf das Klima wirkt als zum Beispiel CO2", rechnet er vor.
"Gar keine gute Idee"
Auch das Umweltbundesamt schlägt Alarm. Die oberste Fachbehörde in Umweltfragen rät seit Anfang des Jahres, auf Holzheizungen zu verzichten. "Das Heizen mit Holz ist in punkto Nachhaltigkeit nur begrenzt sinnvoll, und was die Emissionen von Luftschadstoffen angeht, gar keine gute Idee", sagt Christian Liesegang vom Umweltbundesamt.
Die Behörde will sich dafür einsetzen, dass Fördergelder für Holzheizungen gestrichen oder zumindest in ihrer Höhe gekürzt werden. Wer eine Ölheizung gegen eine zentrale Pelletheizung tauscht, kann sich dafür nämlich einen Zuschuss von bis zu 45 Prozent der Kosten sichern. Das Wirtschaftsministerium will bis zum Sommer eine Reform der Förderpraxis prüfen.
Lobby fordert differenzierte Betrachtung
Forst- und Holzwirtschaft sind über die Einschätzung des Umweltbundesamts empört und sprechen von akuter Panikmache. Elf Fachverbände aus der Branche haben im März einen Brief an den Chef des Umweltbundesamts geschrieben und fordern die Behörde zu einer differenzierten Betrachtung auf.
"Holz ist in dieser Zeit einer der wichtigsten Beiträge zur Versorgungssicherheit, aber auch zum Klimaschutz", sagt Andreas Lücke, der für die Initiative Holzwärme spricht, der neben Holzwirtschaft, Heizungsindustrie und Handwerksverbänden auch die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe angehört.
Die Verbände sehen in Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern ein großes Potenzial für die Energiewende und argumentieren, beim Verbrennen entstehe nur so viel Kohlenstoffdioxid, wie beim Wachstum der Pflanzen gebunden wurde. Doch das greift in den Augen von DUH-Referent Patrick Huth zu kurz: "Das CO2, das in dem Holz gebunden ist, wird beim Verbrennen sofort freigesetzt. Das wäre nicht der Fall, wenn man den Baum im Wald stehen lassen oder daraus langlebige Produkte wie Möbel machen würde."
Naturverbände wollen Wälder schützen
Naturschützer befürchten, dass die deutschen Wälder angesichts der steigenden Nachfrage nach Brennholz zunehmend unter Druck geraten könnten. Unter der Überschrift "Stoppt das Verheizen unserer Wälder" haben der NABU und andere Naturschutzverbände eine Petition ins Leben gerufen.
Damit wollen sie die Bundesregierung auffordern, sich auf EU-Ebene gegen Energie aus Waldholz einzusetzen und den Einbau von Holzheizungen im Land nicht länger zu fördern. Sie betrachten mit Sorge, dass sich vor allem Pelletheizungen wachsender Beliebtheit erfreuen. "Durch die gestiegene Anzahl dieser Anlagen besteht einfach die Gefahr, dass irgendwann Holz mit einer sehr fraglichen Nachhaltigkeitsbilanz importiert werden muss", so Patrick Huth von Clean Heat.
Brennholz trotz Waldsterben
Auch den Wäldern in der Region geht es nicht gut. Brandenburg hat Jahre der Trockenheit erlebt, dem Borkenkäfer sind enorme Fichtenbestände zum Opfer gefallen. Andreas Lücke ist optimistisch, dass die Verluste mit Aufforstung wieder wettzumachen sind. "Das hat aber mit der thermischen Verwertung überhaupt nichts zu tun", erklärt er, weil Brennholz in der Regel aus Resthölzern gewonnen werde, die zum Beispiel in Sägewerken anfallen.
Zugleich ist klar: Die deutschen Wälder können nicht mehr Brennholz hergeben. Das räumt selbst die Initiative Holzwärme ein. Andreas Lücke sieht allerdings noch viel Potenzial bei der Effizienz der Brennanlagen. "Hier kann sehr viel getan werden mit moderner Technologie und gleichzeitig können die Feinstaubemissionen damit massiv abgesenkt werden", sagt er.
Auf den Blauen Engel achten
Das Umweltbundesamt empfiehlt, Kamine und Öfen so selten wie möglich zu nutzen. Die Lösung der Energiekriese liegt nach Einschätzung der Behörde vielmehr im Dämmen von Gebäuden, dem Einbau von Wärmepumpen und Ausbau von Wärmenetzen sowie im Energiesparen.
Wer dennoch mit Holz heizen möchte, sollte nach Einschätzung von Clean Heat nur Brennstoffe aus nachhaltigen Quellen beziehen und Feinstaubfilter in die Anlage einsetzen lassen. Patrick Huth rät zu Kaminöfen, die das Umweltzeichen "Blauer Engel" tragen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gibt eine Liste mit Pelletöfen heraus, die nur wenig Feinstaub in die Luft abgeben.
Sendung: Inforadio, 11.07.2022, 12:00 Uhr
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