Heizen mit Holz - Kamine und Öfen stoßen mehr Feinstaub aus als Autos

Mo 11.07.22 | 09:20 Uhr | Von Franziska Ritter
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Archivbild: Eine Frau legt am 07.03.2013 in ihrer Wohnung in Berlin Holzscheite in ihren Kachelofen. (Quelle: dpa/Monique Wüstenhagen)
Video: rbb24 | 11.07.2022 | Amira Rajab | Bild: dpa/Monique Wüstenhagen

Holz wächst nach und setzt beim Verbrennen nur so viel CO2 frei, wie der Baum einmal gebunden hat. Viele sehen in Holzheizungen deshalb eine saubere Lösung für die Energiewende. Für das Umweltbundesamt sind sie dagegen ein Klimakiller. Von Franziska Ritter

Holzheizungen erfreuen sich steigender Beliebtheit: Inzwischen gibt es hierzulande mehr als elf Millionen Kamin-, Pellet- und Kachelöfen, die einzelne Zimmer mit molliger Wärme versorgen. Dazu kommen rund 900.000 Holzkessel, die ganze Wohnungen heizen.

Das wirkt sich auf die Luftqualität aus: "Inzwischen wird durch Holzverbrennung mehr Feinstaub ausgestoßen als aus den Auspuffen von Pkw, Lkw und Bussen kommt", mahnt Patrick Huth von der Deutschen Umwelthilfe, der im Rahmen des von der EU geförderten Projekts Clean Heat auf die negativen Auswirkungen von Holzheizungen aufmerksam macht.

Feinstaub sei allein in Deutschland für 53.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich. "Ein weiteres Problem ist, dass der ausgestoßene Feinstaub Rußpartikel enthält. Ruß ist ein klimaschädlicher Stoff, der bis zu 3.200 Mal stärker auf das Klima wirkt als zum Beispiel CO2", rechnet er vor.

"Gar keine gute Idee"

Auch das Umweltbundesamt schlägt Alarm. Die oberste Fachbehörde in Umweltfragen rät seit Anfang des Jahres, auf Holzheizungen zu verzichten. "Das Heizen mit Holz ist in punkto Nachhaltigkeit nur begrenzt sinnvoll, und was die Emissionen von Luftschadstoffen angeht, gar keine gute Idee", sagt Christian Liesegang vom Umweltbundesamt.

Die Behörde will sich dafür einsetzen, dass Fördergelder für Holzheizungen gestrichen oder zumindest in ihrer Höhe gekürzt werden. Wer eine Ölheizung gegen eine zentrale Pelletheizung tauscht, kann sich dafür nämlich einen Zuschuss von bis zu 45 Prozent der Kosten sichern. Das Wirtschaftsministerium will bis zum Sommer eine Reform der Förderpraxis prüfen.

Lobby fordert differenzierte Betrachtung

Forst- und Holzwirtschaft sind über die Einschätzung des Umweltbundesamts empört und sprechen von akuter Panikmache. Elf Fachverbände aus der Branche haben im März einen Brief an den Chef des Umweltbundesamts geschrieben und fordern die Behörde zu einer differenzierten Betrachtung auf.

"Holz ist in dieser Zeit einer der wichtigsten Beiträge zur Versorgungssicherheit, aber auch zum Klimaschutz", sagt Andreas Lücke, der für die Initiative Holzwärme spricht, der neben Holzwirtschaft, Heizungsindustrie und Handwerksverbänden auch die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe angehört.

Die Verbände sehen in Holz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern ein großes Potenzial für die Energiewende und argumentieren, beim Verbrennen entstehe nur so viel Kohlenstoffdioxid, wie beim Wachstum der Pflanzen gebunden wurde. Doch das greift in den Augen von DUH-Referent Patrick Huth zu kurz: "Das CO2, das in dem Holz gebunden ist, wird beim Verbrennen sofort freigesetzt. Das wäre nicht der Fall, wenn man den Baum im Wald stehen lassen oder daraus langlebige Produkte wie Möbel machen würde."

Naturverbände wollen Wälder schützen

Naturschützer befürchten, dass die deutschen Wälder angesichts der steigenden Nachfrage nach Brennholz zunehmend unter Druck geraten könnten. Unter der Überschrift "Stoppt das Verheizen unserer Wälder" haben der NABU und andere Naturschutzverbände eine Petition ins Leben gerufen.

Damit wollen sie die Bundesregierung auffordern, sich auf EU-Ebene gegen Energie aus Waldholz einzusetzen und den Einbau von Holzheizungen im Land nicht länger zu fördern. Sie betrachten mit Sorge, dass sich vor allem Pelletheizungen wachsender Beliebtheit erfreuen. "Durch die gestiegene Anzahl dieser Anlagen besteht einfach die Gefahr, dass irgendwann Holz mit einer sehr fraglichen Nachhaltigkeitsbilanz importiert werden muss", so Patrick Huth von Clean Heat.

Brennholz trotz Waldsterben

Auch den Wäldern in der Region geht es nicht gut. Brandenburg hat Jahre der Trockenheit erlebt, dem Borkenkäfer sind enorme Fichtenbestände zum Opfer gefallen. Andreas Lücke ist optimistisch, dass die Verluste mit Aufforstung wieder wettzumachen sind. "Das hat aber mit der thermischen Verwertung überhaupt nichts zu tun", erklärt er, weil Brennholz in der Regel aus Resthölzern gewonnen werde, die zum Beispiel in Sägewerken anfallen.

Zugleich ist klar: Die deutschen Wälder können nicht mehr Brennholz hergeben. Das räumt selbst die Initiative Holzwärme ein. Andreas Lücke sieht allerdings noch viel Potenzial bei der Effizienz der Brennanlagen. "Hier kann sehr viel getan werden mit moderner Technologie und gleichzeitig können die Feinstaubemissionen damit massiv abgesenkt werden", sagt er.

Auf den Blauen Engel achten

Das Umweltbundesamt empfiehlt, Kamine und Öfen so selten wie möglich zu nutzen. Die Lösung der Energiekriese liegt nach Einschätzung der Behörde vielmehr im Dämmen von Gebäuden, dem Einbau von Wärmepumpen und Ausbau von Wärmenetzen sowie im Energiesparen.

Wer dennoch mit Holz heizen möchte, sollte nach Einschätzung von Clean Heat nur Brennstoffe aus nachhaltigen Quellen beziehen und Feinstaubfilter in die Anlage einsetzen lassen. Patrick Huth rät zu Kaminöfen, die das Umweltzeichen "Blauer Engel" tragen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gibt eine Liste mit Pelletöfen heraus, die nur wenig Feinstaub in die Luft abgeben.

Sendung: Inforadio, 11.07.2022, 12:00 Uhr

 

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Beitrag von Franziska Ritter

49 Kommentare

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  1. 49.

    Dumpfer Populismus. Hauptsache Sie erörtern beim Stammtisch auch mal, wieso die Solar- und Windenergieindustrie in Deutschland eingegangen ist, wer da eigentlich Schuld hat, und wie sehr das am Ende mit der eigenen Entscheidung alle 4 Jahre zusammenhängt und einen selbst in die Verantwortung zieht.

  2. 48.

    Mich würde echt mal interessieren, wie diese Zahl von elf Millionen Öfen zustande kommt, bei gerade mal vierzig Millionen Haushalten im Land. Schließlich wohnt ja nun doch ein beträchtlicher Anteil der Deutschen in der Stadt in Mietwohnungen, wo man eher keinen Kamin hat.
    Ebenso wie diese Zahl ist aber auch das hier ein alter Hut, der immer wieder hervorgeholt wird: "...wird durch Holzverbrennung mehr Feinstaub ausgestoßen als aus den Auspuffen ... kommt." Aus den Auspuffen, ja, aber Foristen weisen dann ja immer darauf hin, dass auch der Abrieb der Reifen eine große Rolle spielt, wenn nicht sogar eine größere.
    Egal wie, auch hier wäre interessant, wie diese Zahlen ermittelt werden. Scheint einem Laien wie mir nicht gerade einfach, würde mich also interessieren.

  3. 47.

    In diesem ansonsten wunderbaren Land gibt es immens viele Behörden, Institutionen, Organisationen, Vereine usw. deren "Weisheit" sich ausschließlich darin begründet, den (noch mündigen?) Bürgern zu erklären,was nicht geht bzw. den Menschen verboten werden sollte bzw. muss. Selten oder nie erklären genau diese fachlichen Superhirne, auf welche Alternativen, vor allem realistische und bezahlbare Möglichkeiten wir zurückgreifen können. Insbesondere ich bin hiervon absolut genervt. Es ist wie mit dem Plastikmüll. Alle wissen,es ist falsch und gehört verboten...... trotzdem passiert nix. Warum???

  4. 46.

    Nun gut abgelagertes Buchenholz oder schnell brennende Birke sind das A&O. Schaut man aber was als Brennholz verkauft wird, das ist meistens Kammergetrocknet und enthält somit mehr Feuchtigkeit.
    Zudem kommt es auch noch darauf wie man die Verbrennungsluft in die Flammen leitet, gut geschichtete Hölzer im Ofen auf einem entsprechenden sauberen Rost verbessern die Verbrennung.

  5. 45.

    "Ich versuche mir aber nicht zu genau vorzustellen, wie es wäre, wenn die Rote Armee auf der Stalinallee paradiert."
    Die Zeit scheint bei ihnen schon vor 1961 stehengeblieben zu sein denn in diesem Jahr wurde die Straße in Karl-Marx-Allee umbenannt. Ansonsten ist ihre Vorstellung von russischen Panzern in Berlin an den Haaren herbeigezogen.
    Die Gas verknappen hat allein schon ausgereicht das Land in Panik zu versetzen, dazu braucht man keine Panzer!

  6. 44.

    Alternativ ....könnte man "auch"....prüfen, wie viel "Feinstaub" durch unsinnige Posts im "Netz".......verursacht "werden".

  7. 43.

    Nun, mir ist das Hemd näher als die Hose.
    Wenn jemand für mich mit frieren will und sich der vom Ex-Bundespräsidenten und Ex-DDR-Desidenten Gauck ins Leben gerufene „Frieren für die Freiheit“-Bewegung anschließen will/muss: BITTE.

  8. 42.

    Es kommt tatsächlich auf die Art des Ofens an. Moderne Öfen erzeugen weniger Feinstaub.

  9. 41.

    Die Belastung der Luft mit Schwermetallen ist das bedeutend akutere Problem. Ich versuche mir aber nicht zu genau vorzustellen, wie es wäre, wenn die Rote Armee auf der Stalinallee paradiert.

  10. 40.

    Ich stelle mir gerade vor, wie ein Kreuzfahrtschiff durch die Leipziger Straße fährt und die die Meßgeräte für die Feinstaubmessung danach erneuert werden, weil niemand dem ermittelten glauben will - sofern es nicht einer der LNG-Schiffe von Aida ist.

  11. 39.

    Nach jüngster Verschärfung der Normen dürfen Ofen viel weniger Schadstoffe wie Feinstaub ausstossen, alte Öfen ohne Nachweisplakette werden stillgelegt ! Größter Feinstaubverursacher ist übrigens der Wald, wenn die Bäume im Frühjahr blühen ! Schaffen wir deshalb den Wald ab und schaffen "Kulturlandschaften" wie im Schwabenland ? Hoffentlich nicht. Zwischen Waldsterben und Kaminfeuer besteht kein Zusammenhang, denn das sind Fichten und die verwendet man eher nicht als Brennholz. Viel entscheidender ist gut abgelagertes Holz mit niedrigem Feuchtigkeitsgehalt ! Wieviele Haushalte haben denn überhaupt einen aktiven Kaminofen in Berlin? das ist.. statt mal einen aufklärenden Artikel über Abluftfilter und optimale Brennbedingungen wieder nur Artikel der alten Platte "böser Kaminbrand" ... und die Platte hat nen Sprung langsam

  12. 38.

    "stoßen mehr Feinstaub aus als Autos" - können diese Forderer nicht endlich den Feinstaub durch Krieg verbieten? Oder noch besser hinfahren und vor Ort den Feinstaub bekämpfen... Festkleben kann helfen?

  13. 37.

    Ja was denn nun- nachhaltig bewirtschaftete Wälder oder Waldumbau/Mischwald. Auf einmal ist das Brennholz schuld am Abholzen., nicht etwa das verstärkte Bauen von Holzhäusern. Der NABU u.ä. haben aber auch immer was zu mosern. Heute so und morgen so. Dabei wird doch auch das Holz im Wald sammeln, korrekt geregelt.
    Erstmal Panik machen, dabei ist die Nordstream Turbine unterwegs, die Russen wollen vertragsgemäß liefern, also erstmal ein Tee trinken.

  14. 36.

    Da haben Sie aber Glück, dass Sie in einem Gebäude wohnen dass man nicht heizen muss.
    Ist vermutlich das einzige in Deutschland.
    Ich kenne jedenfalls niemanden der nicht heizen muß.

  15. 35.

    Die Leute heizen wieder mit Kohle, der SPIEGEL berichtet von einem regelrechten Kohleboom.

    Und das, obwohl wir über 120 GW Wind- und Fotovoltaik-Anlagen in Deutschland installiert haben.

    Das ist doch der Beweis, dass Wind- und PV-Anlagen keine gesicherte Leistung zur Verfügung stellen und daher konventionelle Kraftwerke nicht ersetzen können.

  16. 34.

    Holz wird geschlagen ohne Ende. Von wegen es gibt kein Holz. Das von Borkenkäfer befallene Holz muß ja auch weg, warum nicht verbrennen? Hat mal jemand nachgesehen wo das Holz bleibt? Es wird zu zigtausenden Kubikmetern nach China geschippert, der begrenzende Faktor ist da nicht die Sorge um den Wald, sondern die Zahl der zur Verfügung stehenden Container.

  17. 33.

    Na dann liebe grüne,Kamine sofort verbieten. Das könnt ihr doch am besten.

  18. 32.

    Hoffentlich wird es noch mehr Veröffentlichungen geben, aus denen hervorgeht, dass das Auto nur für einen Bruchteil des CO2- Ausstoßes verantwortlich ist, damit endlich Schluss sein kann, dass man die Stadt mutwillig weiter in ein Verkehrschaos führt.

  19. 30.

    "Hat schon mal jemand überlegt, wieviel Feinstaub
    In der Ukraine grad entsteht?"
    Oder zZt. in Berlin durch unsinniges festkleben auf der Straße um den Vekehr zu behindern? :-(

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