Kleingärten im Klimawandel - Dürre Zeiten für Laubenpieper

Gärtnern in trockenen Zeiten ist eine echte Herausforderung, vor allem für Laubenpieper. Sie müssen reichlich Obst und Gemüse anbauen, ob sie wollen oder nicht. Das verlangt das Bundeskleingartengesetz. Ist diese Vorschrift noch sinnvoll? Von Sylvia Tiegs
"Ich habe Kohlrabi, grüne Bohnen, Tomaten - und Zucchini und Erdbeeren!" - stolz zeigt Kleingärtnerin Marin Martin auf ihr selbst gezogenes Obst und Gemüse. Seit mehr als 50 Jahren hat die Berlinerin ihre Beete auf einer Parzelle in der Charlottenburger Kleingartenkolonie "Spreeblick". Schon die Eltern wühlten hier in den Beeten. "Ich kenne es nicht anders", sagt Marin Martin.
Die Trockenheit findet sie auch schwierig. Aber deshalb auf den Anbau von Obst und Gemüse verzichten, wenn es denn möglich wäre? Das müsse jeder selbst entscheiden, sagt die begeisterte Schrebergärtnerin, für sie sei das nichts: "Dann verkommt ja alles!"
Obst- und Gemüseanbau sind vorgeschrieben
Gartenexperten geben ihr Recht - und das Gesetz erlaubt es ohnehin nicht. Wer auf seiner gepachteten Schrebergartenparzelle nur Blumen und Rasen haben möchte, kann es vergessen: klarer Verstoß gegen das Bundeskleingartengesetz. Gleich in Paragraf 1 heißt es dort wörtlich:
"Ein Kleingarten ist ein Garten, der dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf (…) dient."
Diese Grundregel stammt noch aus einer Zeit, als frische Nahrungsmittel knapp und viele Bürger auf den Eigenanbau angewiesen waren. 2004 präzisierte der Bundesgerichtshof die Vorschrift zu einer Art Faustformel, die bis heute gilt und akzeptiert ist. Danach muss auf mindestens einem Drittel der Schrebergartenfläche Obst und Gemüse angebaut werden. Ausbleibender Regen oder allgemeiner Wassermangel spielen in der Gesetzgebung für Kleingärten keinerlei Rolle.
Dichte Bepflanzung hilft dem Boden
Gerade jüngere Schrebergärtner fragen sich, ob die Vorschrift noch sinnvoll ist. Wäre eine Lockerung in trockenen Jahren nicht umweltfreundlicher? Genügsame Wildblumen, statt durstiger Gurken?
"Vielleicht muss es ja nicht gerade die Schlangengurke sein, die man sich ins Beet holt", lacht Sandra von Rekowski. Die studierte Gartenbauerin arbeitet für den Bundesverband der deutschen Gartenfreunde, die Interessenvertretung der Kleingärtner. Sie empfiehlt, der zunehmenden Trockenheit eher mit dem Anbau genügsamerer Sorten zu begegnen: "Einfach mal was ausprobieren!"
Obst- und Gemüsebeete pauschal wegen Wassermangels abzuräumen, wäre in ihren Augen "total kontraproduktiv". Denn je reicher ein Boden bepflanzt sei, desto besser könne er Wasser speichern. Kleingärten seien dafür bekannt, dass sie Feuchtigkeit und kühle Luft abgeben. Müssten Laubenpieper nichts mehr anbauen, um Wasser zu sparen, wäre das demzufolge am falschen Ende gespart. Die Hitze würde sich in der Stadt noch viel stärker ausbreiten.
Expertin gibt Gießtipps
In der "Kolonie Spreeblick" ist der ausbleibende Regen natürlich dennoch ein Thema. Laubenpieper Peter Gauger war früher Landschaftsgärtner, und er weiß: "Den Rasen muss ich nicht sprengen, der kommt beim nächsten Guss von allein wieder!"
Für die Bewässerung der Himbeerbüsche hat er eine Drainage gelegt, die Erdbeeren und Tomaten aber muss er mit Wasser aus dem Hahn gießen. "Je weniger es regnet, desto höher ist meine Wasserrechnung", seufzt Gauger mit Blick auf seine schmale Rente. Nachbarin Angelika Steffen, schräg gegenüber, hat das Problem nicht: Sie besitzt einen Brunnen. Trotzdem spart sie Wasser, wo es nur geht: "Weil man ja Ungeziefer auch mit Spülmittel behandeln kann, kippe ich auch mein Spülwasser teilweise in die Beete rein – wenn es noch sauber ist."
Ihren Boden bedeckt sie mit reichlich Mulch, wie es Gärtner schon immer empfehlen. So verdunstet das Wasser nicht. Sandra von Rekowski vom Bundesverband der deutschen Gartenfreunde wiederholt dazu gerne auch die bekannten Gießtipps: Regen- und Nutzwasser auffangen, und klug einsetzen: "Frühmorgens gießen, bei starker Hitze die Pflanzen abdecken, und abends, wenn die Sonne untergeht, nochmal ein Schlückchen Wasser geben."
Anbauvorschrift passt – gerade in trockenen Zeiten
Kleingärtnerin Angelika Steffen hat auf ihrer Parzelle in der "Kolonie Spreeblick" auch gemacht, wozu Fachleute wie Sandra von Rekowski jetzt raten: hitzebeständigeres Obst und Gemüse anzubauen, wenigstens zum Teil. Und so wächst in einer Ecke von Angelika Steffens Schrebergarten seit zwei Jahren ein Feigenbäumchen. Früher undenkbar, heute einen Versuch wert, meint sie.
Als nächstes erwäge sie über den Anbau von Zitronen. Warum nicht, sagt Sandra von Rekowski. Der Bundesverband der deutschen Gartenfreunde denke überhaupt nicht daran, die “ein Drittel Obst und Gemüse“-Regel kippen zu wollen. Im Gegenteil: "Je mehr die Kleingärtner jetzt noch anbauen, desto besser!"
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