Interview | Lange Nacht der Wissenschaften - "Es ist spannend, das eigene Herz schlagen zu sehen"

Sa 02.07.22 | 08:16 Uhr
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Herzspezialistin Dr. Cheng-Ying Chiu (Quelle: privat)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.07.2022 | Hans Ackermann | Bild: privat

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften bietet die Berliner Charité einen Workshop an, in dem Besucher:innen ihr eigenes Herz 3-D sehen können. Im Interview erklärt die Kardiologin Cheng-Ying Chiu, wie das funktioniert.

rbb|24: Dr. Chiu, was genau machen Sie an der Charité?

Cheng-Ying Chiu: Ich bin Oberärztin an der Charité Campus Mitte und behandle in der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie und Angiologie akute und chronische Herzerkrankungen. Im Alltag arbeite ich im Herzkatheterlabor an der Darstellung von Herzkranzgefäßen und an Therapien mit sogenannten Stents, die bei uns minimal-invasiv über eine Arterie eingesetzt werden. Mein Schwerpunkt ist die Interventionelle Kardiologie, das wäre die korrekte Bezeichnung.

Was können die Besucherinnen und Besucher zwischen 17.00 und 23.00 Uhr in Ihren jeweils halbstündigen Workshops bei der Langen Nacht der Wissenschaften erleben?

Chiu: Unsere Idee beim Workshop ist, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu zeigen, was sich mit der modernen Ultraschall-Technik alles darstellen lässt. Für uns ist das ein wichtiges diagnostisches Tool, das wir in unserem klinischen Alltag benutzen und das sich in den letzten Jahrzehnten enorm weiterentwickelt hat. Man kann damit das Herz in sehr hoher Auflösung und sogar in 3-D darstellen. Wir wollen den Teilnehmern mit dem Ultraschall zeigen, wie es aussieht, wenn ihr eigenes Herz schlägt – damit sie ein besseres Verständnis bekommen. Und es ist natürlich einfach spannend, wenn man sein eigenes Herz schlagen und funktionieren sieht.

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Wir reagieren denn Menschen erfahrungsgemäß, wenn sie ihr eigenes Herz in 3-D und Farbe auf dem Bildschirm sehen?

Chiu: Die meisten sind einfach absolut begeistert. Wir geben am Ende auch ein Bild mit, aber das ist nur ein Standbild aus dem Herz-Zyklus, den wir im Workshop aufzeichnen. Um das Herz wirklich dreidimensional zu sehen, muss unser Ultraschallgerät das dann alles umrechnen und erst dann sieht man das in 3-D auf dem Monitor. Viele kennen die Ultraschalluntersuchung aus der Geburtshilfe. Das ist zwar durchaus vergleichbar, aber wir bewegen uns im Bereich des Oberbauches und der linken Körperhälfte. Dort suchen wir mit einem kleinen und höher auflösenden Ultraschall-Kopf nach dem Herzen, und stellen das Organ dann in verschiedenen Schnittebenen dar. Das ist einfach sehr interessant, wenn die Leute hier bei uns erleben, wie intensiv der Ultraschall in der Kardiologie und Angiologie genutzt wird.

Welche Erkrankungen können Sie denn im Ultraschall erkennen?

Chiu: Das ist sehr spannend, denn man kann sehr viel sehen. Man kann zunächst die Herzfunktion beurteilen, ob sie normal oder eingeschränkt ist. Dann kann man sich die Herzklappen genauer anschauen, um zu sehen, ob sie verengt oder undicht sind, also ob eine Stenose oder Insuffizienz vorliegt oder ob bakterielle Auflagerungen bestehen. Und man kann sich auch die Herzwände anschauen, ob sie im Rahmen einer angeborenen Herzerkrankung eventuell verdickt sind.

Wenn man jetzt bei der Langen Nacht der Wissenschaften aktiv als "Proband" an einem Ihrer Workshops teilnimmt, kann es also auch passieren, dass man eine Diagnose bekommt?

Chiu: Das haben wir in früheren Langen Nächten der Wissenschaft tatsächlich schon einige wenige Male erlebt. Gottseidank waren das keine akuten Erkrankungen, sondern nur Zufallsbefunde, die aber einer weiteren ärztlichen Überwachung bedurften. Wir haben denjenigen beziehungsweise diejenige dann aufgeklärt und zur weiteren ambulanten Behandlung geschickt.

Das Herz-Ultraschall, so wie Sie es beschreiben, ist natürlich zuallererst ein visuelles Verfahren. Aber kann man dabei eigentlich auch etwas hören? Können Sie den Zustand eines Herzens womöglich auch akustisch beurteilen ?

Chiu: Ja, unbedingt. Um zum Beispiel im Ultraschall den Zustand der Herzklappen deuten zu können, hören wir auch auf die Herzschläge, auf die Geräusche, die beim Durchfluss durch das Herz entstehen. Und man hört dann auch an der Akustik manchmal schon, dass da etwas nicht stimmt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mit Cheng-Ying Chiu sprach Hans Ackermann für rbb|24.

Sendung: rbb24 Abendschau, 01.07.2022, 19:30 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Nach dreimaligem flüchtigen Ansehen des Bildes bin ich jetzt über was gestolpert. Wo ruht die rechte Hand des Patienten,

    Ultraschall ist eine sehr effektive und schonende Untersuchungsmethode, im Vergleich zur Röntgendiagnostik. Man kann auch feste Körper (Gallen- oder Nierensteine) erkennen.

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