rbb exklusiv | Berliner ÖPNV - Neun-Euro-Ticket: Deutlich weniger Menschen ohne Fahrschein erwischt

Mo 04.07.22 | 19:09 Uhr
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Archivbild: Fahrgäste steigen am 13.08.2021 am U-Bahnhof Friedrichstraße ein und aus. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Audio: rbb24 Inforadio | 04.07.2022 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Christoph Soeder

Die Zahlen sind drastisch: Seit Einführung des Neun-Euro-Tickets Anfang Juni sind zehn Mal weniger Menschen ohne Ticket im Berliner Nahverkehr erwischt worden als im Vorjahreszeitraum. Die Linke will das Angebot auch deswegen verlängern. Von Sebastian Schöbel

Die Zahl der Fahrgäste, die ohne Ticket im Berliner Nahverkehr erwischt wurden, ist seit Einführung des Neun-Euro-Tickets stark gesunken. Das geht aus einer noch unveröffentlichten parlamentarischen Anfrage der Linken hervor, die dem rbb exklusiv vorliegt.

Demnach hatten zwischen dem 1. und dem 24. Juni bei rund 300.000 Kontrollen in S-Bahnen etwas mehr als 2.100 Fahrgäste kein gültiges Ticket. Vor genau einem Jahr, im Juni 2021, lag die Zahl mehr als zehn Mal so hoch bei knapp 23.000. Ähnlich sieht es bei der BVG aus: Demnach wurden zwischen dem 1. und 26. Juni bei rund 442.000 Kontrollen rund 5.350 Menschen ohne Fahrschein erwischt. Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr waren es gut 27.000. Im vergangenen Jahr zählten S-Bahn und BVG im Schnitt monatlich rund 50.000 Personen ohne Fahrschein.

Linke sieht "enormen sozialen Erfolg"

Das Neun-Euro-Ticket sei damit "auch ein enormer sozialer und rechtspolitischer Erfolg", sagte der rechtspolitische Sprecher der Linken, Sebastian Schlüsselburg, der die Anfrage gestellt hatte. Nun müssten auch weniger Menschen ins Gefängnis, weil sie die fürs Fahren ohne Ticket verhängten Gebühren und Geldstrafen nicht bezahlen könnten. "Das Neun-Euro-Ticket muss fortgesetzt werden und das Erschleichen von Beförderungsleistungen aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden", so Schlüsselburg.

Fahren ohne Ticket entkriminalisieren?

Die Linken fordern schon länger, dass Fahren ohne Ticket entkriminalisiert wird. Aus ihrer Sicht ist die Ersatzfreiheitsstrafe bei nicht bezahlten ÖPNV-Tickets nicht angemessen, trifft vor allem sozial benachteiligte Menschen und ist außerdem zu teuer. Laut Justizverwaltung kostete ein Häftling das Land Berlin im Jahr 2021 durchschnittlich 216 Euro am Tag. Die Länder Berlin und Bremen waren zuletzt allerdings auf Bundesebene mit dem Vorstoß gescheitert, das Fahren ohne Ticket zu entkriminalisieren.

Bund will Strafen fürs Fahren ohne Ticket überprüfen

Immerhin: Die Ampel-Koalition im Bund hat sich vorgenommen, die Sinnhaftigkeit von Ersatzfreiheitsstrafen zu überprüfen. Zuletzt hatte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) angekündigt, die Entkriminalisierung des Fahrens ohne Ticket zu erwägen.

Die Berliner S-Bahn hat 2021 11.319 Strafanzeigen wegen "Erschleichens von Leistungen" – also Fahren ohne Ticket – gestellt; bei der BVG waren es 3.235 – wobei die BVG Strafanzeige erst stellt, wenn jemand innerhalb von zwei Jahren dreimal ohne gültigen Fahrausweis erwischt wurde.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.07.2022, 17:26 Uhr.

70 Kommentare

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  1. 70.

    Mitleser, wieso verbreiten Sie Unwahrheiten?

    Sie können ja nicht mal Tatbestandsmerkmale erkennen, auslegen und die entsprechenden Rechtsprechung einfügen.

    Berthold hat Recht. Ein Haftplatz kostet im Durchschnitt 120 Eur. Das sind nun mal Fakten.

    Wer kein Ticket hat, muss halt zu Fuß gehen. Jeder kann sich ein Ticket leisten.

    Aber das Begehen von Straftaten scheint für Sie ja völlig okay zu sein?

    Etwas mehr Fachkenntniss würde Ihnen bestimmt gut tun.

  2. 69.

    Ein Platz kostet in einer Berliner JVA durchschnittlich 120 Eur.

    Sie sollten sich auf richtige Fakten berufen.

  3. 68.

    "Ein Hafttag kostet etwa 120 Eur."
    Legen Sie mal noch ne Schippe drauf.
    Und das sind nur die Unterbringungskosten. Ein Hafttag, gerade bei von Ihren benannten "Hartzern" - ihre abfällige Schreibweise lässt Abgründe aufgehen - kommt da noch einiges mehr dazu.

    Vielleicht hilft Ihnen aber auch sonst zu Ihrer Erhellung folgender Beitrag.
    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2021/12/bvg-sbahn-fahrerlaubnis-straftat-justizvollzugsanstalt-berlin-initiative-freiheitsfonds.html

  4. 67.

    "Versuch ist strafbar. "
    Ja und?
    Das bedingt weiterhin, das die Absicht aus (1) zutrifft.

  5. 66.

    "Studieren Sie lieber Jura."
    "Jeder Schwarzfahren umgeht den Kauf eines Tickets absichtlich."
    Vielleicht nochmal von vorn.
    Lesen Sie, was der Tatbestand des 265a ist.
    Ihre Kausalkette ist schon falsch.
    Soviel dazu.

  6. 65.

    Können Sie gern so sehen, wenn Sie einfach mal Absatz 2 weglassen:

    §265a StGB:
    (2) Der Versuch ist strafbar.

    Soviel dazu.

  7. 64.

    Die BVG gehört ja mir ... Und Ihnen ... Uns Allen ... Die Justiz aber auch ... Mir, Ihnen uns Allen ... Somit suchen wir sozusagen "betriebsintern" eine Optimierung ... Das ist doch o.k.

  8. 63.

    Kontrollen in den Öffis im Juni? Keine gesehen. In den Monaten zuvor regelmäßig 4-5 mal monatlich.

  9. 62.

    ...die BVG könnte Einnahme bei der Nicht-Einhaltung der Maskenpflucht gut verdienen. Z.B.

  10. 61.

    Nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich!

    Mehr fällt mir zu Ihrem Text wirklich nicht ein! Äpfel und Birnen verrühren und dann meckern, dass es nicht nach Pflaumen schmeckt...

    Beste Grüße

  11. 60.

    Erschreckend ist, wieviele Personen hier das Begehen von Straftaten okay finden.

    Monatskarte kann sich jeder leisten, ansonsten gibt's sogar ein Sozialticket

    Wer natürlich vor Fahrtantritt nicht in der Lage ist, ein richtiges Ticket zu lösen, dem ist nicht mehr zu helfen.

    Natürlich muss man sich vorher erkundigen welches Ticket das richtige ist. Sogar Hilfsschüler können richtige Tickets lösen

  12. 59.

    Bisher ist es so, dass Leute, die ohne Ticket erwischt werden, ein "erhöhtes Beförderungsentgelt" zu zahlen haben. Weigern sie sich beharrlich das zu zahlen (oder können es schlicht nicht zahlen), erstatten S-Bahn/Bahn/BVG eine Strafanzeige wegen "Erschleichen von Leistungen nach § 265 a StGB".
    Und spätestens ab hier zahlen wir alle via Steuern ein Verfahren.
    Dieses Verfahren nimmt nun seinen Lauf, an dessen Ende im Falle, dass der Aufenthaltsort des Beschuldigten bekannt ist, ein Haftbefehl zugestellt wird. Überlegen Sie einmal, was das Ganze allein bis hier gekostet hat! Sollte der Beschuldigte die Haftstrafe antreten (ob freiwillig oder nicht spielt kostentechnisch keine allzu große Rolle), können Sie pro Hafttag nochmal ca. 150 EUR drauf rechnen. Das erhöhte Beförderungsentgelt ist damit abgegolten.
    Und nun kommen Sie, werte Nicole, daher und wollen dass das so bleibt und begründen das mit finanziellen Ausfällen.
    Das klingt für mich nicht sonderlich durchdacht!
    Beste Grüße

  13. 58.

    Vielleicht sollte sich ein Tourist vor Benutzung des ÖPNV schlau machen? Ich bin selbst oft auf Reisen und muss mich auch ggf erst in einer unbekannten Stadt orientieren

  14. 57.

    >"Bei den ganzen Preisdschungel(Verbundräume) sieht doch keiner richtig durch!"
    Was ist denn da so schwierig? Wir hier habens noch gut mit einem einheitlichen VBB in Brandenburg und Berlin. Das ist doch simpel: Fahrt Anfang und Ziel und zack... Preis und Ticket. Da muss man doch nicht lange überlegen, welche Tarife wo gelten. Fahren Sie mal nach McPom! Da wissen sie, was Tarifdschungel ist. Jeder Landkreis kocht seine eigene Tarif- und Fahrplansuppe und dann noch das Land mit den Regionalbahnen. Wir habens hier mit dem VBB echt gut und komfortabel so von der Organisation her.

  15. 54.

    Echt jetzt, kontrollieren ob 9 € gezahlt wurde!?

  16. 53.

    Ein Hafttag kostet etwa 120 Eur.

    Irrsinnige Tagessätze? Nö! Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schwere der Tat und die Höhe nach dem Einkommen. Beim Hartzer sind mindestens 15 Eur anzusetzen

    Wer kein Geld für ein Ticket hat, darf den ÖPNV nicht nutzen. Macht er das trotzdem, handelt er vorsätzlich und somit begeht er eine Straftat

    Übrigens: jeder kann sich ein Ticket leisten

  17. 52.

    Seien sie nicht zu sicher, daß sie mal keine Schwarzfahrerin werden! Man kann nämlich schneller einer werden als man denkt! Eine falsche Fahrkarte gezogen und schon ist man ein Schwarzfahrer! Bei den ganzen Preisdschungel(Verbundräume) sieht doch keiner richtig durch!

  18. 51.

    Wer schwarz fährt, macht dies willentlich und wissentlich. Es ist vorher klar, dass das entrichten des Fahrpreises umgangen werden soll.

    Studieren Sie lieber Jura. Es gibt allein in Berlin jährlich hunderte Verurteilungen wegen Erschleichen von Leistungen (Schwarzfahren)

    Jeder Schwarzfahren umgeht den Kauf eines Tickets absichtlich. Ebenso muss man sich vor Fahrtantritt informieren

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