5G-Drohne, Motorsegler und Löschraupe - Mit neuen Technologien gegen Waldbrände

Schlechte Funknetze, gefährliche Munitionsrückstände, teure Löschhubschrauber: Die Waldbrandbekämpfung in Brandenburg ist oft schwierig. Ein Zusammenschluss von Forschern und Unternehmern will der Feuerwehr mit neuer Technik helfen. Von Ludger Smolka
Für Brandenburg ist das eine gute Nachricht: "Wir hoffen, in den nächsten Monaten die Waldbrandbekämpfung für Feuerwehrleute zu erleichtern", sagt David Rieck. Er ist Luftfahrttechniker an der Technischen Hochschule in Wildau (Dahme-Spreewald). Zusammen mit seinen Forscher-Kollegen tüftelt er seit Monaten an einer neuen Löschtechnik.
Aladin [aladin-5g] heißt dieses neue System. Zentrales Element dabei: ein 5G-Funknetz.
5G? In Brandenburg? Tatsächlich gibt es gerade in ländlichen Regionen und insbesondere in den Wäldern des Landes oft nur schlechtes Mobilfunknetz, manchmal auch gar keines. Bei Waldbränden, wo viele Einsatzkräfte viel mobil kommunizieren müssen, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Netz-Ausfällen.
5G für stabile Kommunikation
Abhilfe schaffen könnte ein von den Forschern aus Wildau speziell für den Waldbrand-Einsatz entwickeltes 5G-Netz, das mit Hilfe eines Octocopters – einer speziellen Drohne – errichtet wird. "Dieser Copter trägt eine Antenne für das 5G-Netz. Die Besonderheit von unserem System ist, dass wir es vom Boden aus über ein Kabel mit Strom versorgen. An Bord des Octocopters ist lediglich eine kleine Pufferbatterie, damit, wenn die Stromversorgung mal ausfällt, der Copter in eine sichere Landung gebracht werden kann", sagt Professor Wolfgang Rüther-Kindel von Technischen Hochschule Wildau.
Er leitet ein Team aus Forschern, Unternehmern, Behörden und – natürlich – der Feuerwehr, das sich das neue System ausgedacht hat. Gefördert wird dieses Forschungsprojekt mit knapp vier Millionen Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) [th-wildau.de].

Fliegende Antenne in 60 Meter Höhe
In der Wildauer Hochschule hat man eine kleine Version eines solchen Fluggeräts bereits erfolgreich entwickelt. Bei der Firma Tholeg im brandenburgischen Welzow wird gerade eine professionelle Variante gebaut. Die wiegt mit Antennentechnik und Kabel etwa 60 Kilogramm und muss dafür entsprechend groß und stark sein. Außerdem soll sie über den Baumwipfeln in rund 60 Meter Höhe ihre Position konstant halten - allein gesteuert über optische Systeme. Noch gibt es so etwas nicht.
"Wir lassen die Einsatzkräfte bei ihrer gefährlichen Arbeit zu sehr alleine", kritisiert Tholeg-Firmenchef Thomas Zügel. Er weiß, dass beim Hochwasser im Ahrtal die Einsatzkräfte über mitgebrachte CB-Funktechnik kommunizierten. In Brandenburg überbringen bei Waldbränden schon mal Motorradfahrer wichtige Informationen. Zügel freut sich, dass mit seinem Octocopter zumindest dies der Vergangenheit angehören könnte. Zumal das Funknetz noch mehr leisten könnte.
Motorsegler sendet Live-Bilder
Was es auch braucht, sind aktuellere Luftbilder. Zurzeit würden die einfach zu spät ausgewertet, sagt Wolfgang Rüther-Kindel von der Hochschule in Wildau. "Einsatzkräfte haben uns die aktuelle Situation so übermittelt: Die Drohne landet, die Speicherkarte wird gezogen und dann händisch zur Einsatzzentrale gebracht. Da entsteht natürlich ein ganz massiver zeitlicher Verzug." Gerade bei bei sich schnell ausbreitenden Großfeuern würde sich die Lage schon mal schnell ändern.
Deshalb haben die Forscher aus Wildau einen unbemannten Motorsegler entwickelt, der mit Kameras und einem Sender ausgestattet ist, und so die Bilder mit Hilfe des 5G-Netzes über den Octocopter direkt, das heißt live und ohne zeitlichen Verzug, in eine Einsatzzentrale übermitteln kann.
Ein weiterer Vorteil ist die extrem lange Flugzeit des Motorseglers. Bis zu acht Stunden könne die Messdrohne in der Luft bleiben, sagt TH-Wildau-Forscher Rüther-Kindel. Sie habe eine große Spannweite und dadurch einen relativ geringen Widerstand. "Und: Unsere Drohne fliegt voll automatisiert, das heißt, die Wegpunkte können vom Boden aus gesetzt werden. Um die Steuerung muss man sich dann nicht mehr kümmern."

Unbemannte Löschraupe im munitionsverseuchten Gelände
Allerdings hilft ein permanentes Lagebild auch nicht immer weiter: Wenn nämlich die Feuerwehr zwar genau weiß, wo das Feuer gerade wütet, es aber gar nicht löschen kann, weil es in einem munitionsbelasteten Gebiet brennt. Und von denen gibt es in Brandenburg viele. Da kommt eine weitere Idee der Forscher ins Spiel: eine unbemannte Löschraupe, die mit Hilfe des 5G-Netzes ebenfalls ferngesteuert wird.
Die Raupe soll einen langen Schlauch hinter sich herziehen, über den die Wasserversorgung gesichert wird. Einsatzgebiet: munitionsverseuchtes Gelände, wo Löscharbeiten mit Lebensgefahr verbunden sind.

Bislang kommen dort Hubschrauber zum Einsatz, die pro Stunde zwei- bis dreitausend Euro kosten. Da kommen schnell riesige Beträge zusammen, weshalb Behörden in der Vergangenheit oft zögerten, die großen Fluggeräte frühzeitig anzufordern. Manchmal führte das dazu, dass sich Brände erst recht ausbreiten konnten.
Wolfgang Rüther-Kindel von der TH Wildau kann die Kosten für das neue System noch nicht seriös beziffern, schätzt aber die Waldbrandbekämpfung per Hubschrauber zehnmal so teuer ein. "Eines darf man aber dabei nicht vergessen", schränkt er ein, "auch eine Drohne ist nicht ohne Personal zu betreiben. Manche haben vielleicht das Bild, die Drohne fliegt völlig automatisiert. Ja, das ist richtig, trotzdem brauche ich eine qualifizierte Mannschaft am Boden, die das ganze überwacht und zum Einsatz bringt."
Noch experimentieren die Luftfahrttechniker von der Technischen Hochschule. Die Löschraupe ist wahrscheinlich erst im Herbst fertig, die fliegende Antenne wahrscheinlich erst im nächsten Jahr. Alle Beteiligten sind sich aber sicher, dass das System Aladin zum Einsatz kommt.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 10.07.2022, 19:30 Uhr