Protesttag gegen neue Vergütungsregeln - Rund 2.000 Arztpraxen bleiben am Mittwoch in Berlin geschlossen

Mi 07.09.22 | 11:37 Uhr
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Ein Arzt untersucht eine Patientin in seiner Praxis.(Quelle:dpa/R.Utrecht)
dpa/R.Utrecht
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Mehr Sprechstunden in den Arztpraxen - das war das Ziel der sogenannten Neupatientenregelung. Ärzte erhielten Geld, wenn sie neue Patienten aufnahmen. Damit soll Ende des Jahres Schluss sein - was "absolutes Unverständnis" auslöst.

Rund 2.000 der 6.500 Berliner Arztpraxen bleiben am Mittwoch geschlossen. Grund ist ein Protesttag gegen geplante neue Vergütungsregeln, wie die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin am Dienstag mitteilte. Zahlreiche niedergelassene Ärzte nehmen demnach am Mittwoch an einer Online-Veranstaltung der KV zu den Plänen des Bundes teil.

Die große Resonanz zeige, wie ernst die Lage in den Praxen sei, sagte die Vorsitzende der KV-Vertreterversammlung, Christiane Wessel, am Mittwoch zum Auftakt des Protesttags in einer HNO-Praxis in Charlottenburg.

Ärzte sollen Vertretung für Akutfälle organisieren

Die Ärzte seien aufgerufen, für Akutfälle eine Vertretung zu organisieren, hieß es weiter. Darüber hinaus werde der ärztliche Bereitschaftsdienst der KV Berlin an dem Tag seine Kapazitäten erhöhen. Außerdem öffnen den Angaben zufolge acht der elf KV-Notdienstpraxen an dem Tag außer der Reihe, um Patienten zu versorgen.

Konkret geht es bei dem Protesttag laut KV um Pläne des Bundesgesundheitsministeriums, die sogenannte Neupatientenregelung zu streichen. Die bietet Ärzten seit 2019 besondere finanzielle Anreize, damit sie in ihrer Praxis neben ihrer Stammkundschaft noch neue Patienten aufnehmen und kurzfristig zusätzliche Termine anbieten.

Wegfall von Regelung hätte massive Auswirkungen

Sollte die Regelung tatsächlich wegfallen, hätte das nach Darstellung der KV massive Auswirkungen: Die medizinische Versorgung gerade der Neupatienten sei dann nur noch eingeschränkt möglich. Die Patienten müssten wieder länger auf Termine warten. Und die Suche nach einer neuen Praxis werde sich deutlich schwieriger gestalten.

Ein solcher Schritt hätte laut KV zudem einen erheblichen Vertrauensverlust und erhebliche Frustration bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zur Folge.

HNO-Ärztin Kerstin Zeise wies darauf hin, dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte mit der Einführung der Regelung 2019 zugestimmt hätten, fünf zusätzliche Sprechstunden pro Woche anzubieten. "Wir erwarten von der Politik, dass sie diese Steigerung würdigt und entsprechend vergütet." Berlins KV-Vorsitzender Burkhard Ruppert ergänzte, bei den niedergelassenen Ärzten stoße es auf absolutes Unverständnis, dass der Gesetzgeber ausgerechnet bei den Praxen sparen wolle.

Sendung: rbb24, 07.09.2022, 13:00 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    " Vllz sollten wir geschlossen aus dem KV - System. Aussteigen. Dann muss neu gedacht werden. "

    gute Idee

  2. 23.

    " Neupatientenregelung zu streichen. Die bietet Ärzten seit 2019 besondere finanzielle Anreize, "

    ja, weil diese Leistungen außer dem Budget regulär abgerechnet werden konnten.Dadurch ist natürlich der Pat.Stamm der Praxen gewachsen, also noch mehr Arbeit. jetzt die Neupatientenregelung zu streichen bedeutet eine weitere Abstaffelung der Vergütung
    " Für Privat Patienten gibt es natürlich kürzere Wartezeiten. " klar, da kann ja auch nach GOÄ abgerechnet werden

  3. 22.

    Wir sollten uns einig sein in der Ärzteschaft. Vllz sollten wir geschlossen aus dem KV - System. Aussteigen. Dann muss neu gedacht werden. Ansonsten wird gar nichts passieren.
    In meinem Fach ist es auch so, dass das 2 / 3. Und jedes weitere Gespräch oder gar Untersuchung im Quartal für mich nichts einbringt. Ich arbeite gratis. Es gibt nicht einmal eine Abrechnungsmöglichkeit für ein Gespräch. Und trotzdem. Immer einfühlsam und verständnisvoll und immer da..... Akut Patienten werden immer angenommen
    Und ich habe noch keine Patientin abgewiesen. Ich finde es bevormundend und dreist, mir vorzuschreiben wie gute Versorgung geht.

  4. 21.

    Es wird falsch dargestellt: es gab kein zusätzliches Honorar. Im ersten Quartal werden alle Leistungen, die für einen neuen Patienten erbracht werden, vollständig vergütet. Schon ab dem 2. Quartal,in dem dieser behandelt wird, wird die Vergütung wieder abgestaffelt und nicht mehr voll ausgezahlt... wie für alle Patienten für einen Großteil unserer Leistungen, auch die Leistungen, zu denen wir verpflichtet sind. Seit Jahrzehnten (ich arbeite seit 1991 ambulant) wird unsere Arbeit regelhaft nicht vollständig bezahlt ! Wir sind verpflichtet worden, mehr Sprechstunden und telefonische Sprechzeiten (letztere werden überhaupt nicht bezahlt !) bereitzustellen. Aber das dann bitte nicht bzw. schlecht bezahlt. Das sagt kein Politiker oder Kassenvertreter laut ! Es wird auch gelogen darüber, dass in den Praxen verschiedener Fachgruppen zw. 5-15 % mehr neue Patienten und auch kurzfristig behandelt wurden...und behauptet, dass es nicht so sei.

  5. 20.

    Das Wort höre ich zum ersten mal. Seit meine Praxis doctolib eigeführt hat, muss ich geschlagene 10 Wochen auf einen popeligen Termin bei der Hausärztin warten.
    Beim Facharzt in der Praxis ist bis Weihnachten alles ausgebucht. Für Privat Patienten gibt es natürlich kürzere Wartezeiten.
    Mir wurde von meiner Hausärztin erzählt, das liege daran dass immer mehr Arztpraxen schließen und es keinen Nachwuchs dafür gibt.
    Mir wurde sogar angeraten, ich kann mir jederzeit eine neue Hausarztpraxis suchen.
    Was soll das denn für ein Anreiz sein, wenn immer mehr Neu Patienten in einer Praxis aufgenommen werden, aber die Altpatienten für einen völlig normalen Termin zehn Wochen warten müssen?
    Und wofür streiken jetzt die Hausarztpraxen, das ist dem normalen Patienten nicht zu vermitteln !


  6. 19.

    Wenn die Vergütung für uns niedergelassene Ärzte nicht endlich deutlich angehoben wird, siieht es mit der Grundversorgung noch schlimmer aus.

    Wir Ärzte sind nämlich auch Unternehmer.

    Viele Kollegen haben von den Schikanen der GKV die Nase voll und behandeln nur noch Privatpatienten und Selbstzahler

  7. 18.

    Mein Hausarzt schafft es ja noch nicht einmal während seiner mehrmaligen Jahresurlaube eine Urlaubsvertretung zu benennen, sondern verweist auf den ärztlichen Notdienst oder das nächste Krankenhaus.Nett oder?
    Praxis ist in der Nähe und ich war auch sonst zufrieden.

  8. 16.

    Kein Wort ist war....morgen früh ohne Termin beim Hausarzt in Biesdorf. Ich frage mich was Sie für Ansprüche stellen.

  9. 15.

    @Berliner, da muss ich mich ja bei Ihnen entschuldigen, dass ich (Biesdorferin), sehr alt, Ihnen einen Platz beim Arzt weggenommen habe. Ob es Ihnen passt oder nicht, dass in den Praxen viele ältere Patienten sind, ist nun mal der Natur geschuldet - mit dem Alter kommen die Zipperlein. Und, Pardon, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie 10 Jahre nach einem Arzt gesucht haben.

  10. 14.

    Ich rief bei unserem Kinderarzt an , weil unser Sohn wiederholt Ohrenschmerzen mit Fieber hatte. Antwort:” Es ist aber sehr voll , es wird lange dauern !” Nicht schlimm , ich ging hin ,10 Minuten Fußweg.
    Eine Mutter mit Kind saß im Wartezimmer !
    Keine Lust gehabt ???

  11. 13.

    Rentner bekommen ebenfalls Steuern und Krankenkassenbeiträge abgezogen. Dies ist uns jungen Menschen oft nicht bekannt. Selbst Arbeitslosen und Langzeitkranken werden weiterhin Sozialabgaben vom schmalen Taler abgetrotzt

  12. 12.

    Hätte ich das mal gewusst, bei der Suche nach einem Hausarzt wurde ich in Siemensstadt und Charlottenburg-Nord von fast sämtlichen Praxen abgelehnt aufgenommen zu werden…

  13. 11.

    "Weil wenn es mehr Kohle gibt, scheint ja Zeit zu sein" ja, WARTEzeit. Beim Orthopäden, den ich bisher hatte, geht trotz Termin nix unter zwei Stunden Wartezeit (dafür nur 5 Minuten Sprechzeit - Wundkontrolle aus 3 m Entfernung vom Schreibtisch aus). Im Wartezimmer bekommt man die Gespräche vom Empfang mit... neue Patienten ohne Ende.

  14. 9.

    Lol versuche seit 10 Jahren einen Hausarzt im Berliner Osten (Biesdorf Kaulsdorf Mahlsdorf) zu finden, no chance.
    Egal was für eine Facharzt Richtung, es gibt so viele ältere Patienten die sämtliche Plätze besetzen so dass man als junger arbeitender Mensch der dieses GesundheitsSystem überhaupt finanziert trotzdem keine Chance hat.
    Naja gibt's halt bald einen Beitragszahler weniger.

  15. 8.

    Bisher ist die Abrechnung als Neupatient auch möglich, wenn der Patient 2 Jahre nicht in der Praxis war möglich. Das ist ja nicht wirklich ein Neupatient.

  16. 7.

    Arztpraxis geschlossen? Dann also auf den Weg in die Rettungsstelle, sollen wir zwar auch nicht, aber irgendwo muss man ja behandelt werden
    Die 116117 ist dann mit Sicherheit bei 12 Stunden Wartezeit. Einfach assozial was hier abgeht.

  17. 6.

    Neupatienten müssen ja jetzt schon, wenn sie dazu noch gesetzlich versichert sind, auf einen Facharzttermin bis zu 2 Jahre warten. Zumindest bei den Dermatologen in Weißensee. Ein "Hoch" auf unser Gesundheitswesen.

  18. 5.

    Das was hier steht ist doch der Oberhammer. Da steht doch ganz klar, dass das Problem nicht die Zeit oder Anzahl der Patienten ist. Weil wenn es mehr Kohle gibt, scheint ja Zeit zu sein. Also irgendwas haut doch da nicht hin.

  19. 4.

    Hat mein Schwiegersohn auch schon probiert, leider ohne Erfolg. Da haben Sie wohl Glück gehabt, aber danke für den Tipp

  20. 3.

    Hallo wohne auch in Marzahn probiere es mal am Sana Klinikum ich hatte da Glück nach meinem Umzug.
    Ist am Helene-Weigel-Platz 10

  21. 2.

    Aus eigener leidlicher Erfahrung weiss ich, daß so mancher Hausarzt es nicht schafft eine Urlaubsvertretung zu besorgen und anstatt dessen auf auf die 116117 oder das nächste Krankenhaus verweist.Nett für den Patienten,der so im Regen stehen gelassen wird und sich dann bei einem anderen Hausarzt dessen Unmut anhören darf.

  22. 1.

    Der finanzielle Anreiz, neue Patienten aufzunehmen, hat aber bisher nicht gegriffen. Es ist hier in unserem Kietz (Biesdorf, Kaulsdorf) nicht möglich, bei einem niedergelassenen Allgemeinmediziner als Patient angenommen zu werden. Ein unhaltbarer Zustand, den ich aus meiner Familie leider kenne. Mich würde interessieren, ob seitens des Senates Änderungen angestrebt werden.

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