Panke teilweise ausgetrocknet - "Dit haben wir noch nie erlebt"

Do 04.08.22 | 08:40 Uhr | Von Raphael Knop
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Eine Dame steht an der ausgetrockneten Panke. (Quelle: rbb)
Raphael Knop/ rbb
Video: rbb|24 | 30.07.2022 | Grit Lieder | Bild: Raphael Knop/ rbb

Die Panke in Panketal trocknet aus. Für die Einwohner an der Berliner Stadtgrenze ist das ein ungewohntes Gefühl, das Konsequenzen hat. Trinkwasser muss nun eingespart werden. In Berlin hingegen führt die Panke mehr Wasser - zumindest noch. Von Raphael Knop

Martina Schiefer aus Panketal (Barnim) fährt fast täglich mit ihrem Fahrrad über die kleine Brücke, die über die Panke Richtung S-Bahnhof Zepernick führt. Seit mehr als 50 Jahren macht Martina Schiefer das - Tag um Tag. Was sie bei ihren Radtouren zu sehen bekommt, hatte sich in den vergangenen 50 Jahren nicht geändert. Martina Schiefer auf der Brücke, fließendes Wasser unter der Brücke.

Seit diesem Jahr ist allerdings einiges anders. Statt sprudelndem Wasser fließt unter Martina Schiefer nichts mehr. Schon seit April sei es hier so trocken, erzählt sie: "So früh im Jahr. Dit haben wir noch nie erlebt". Traurig sei sie. Früher, zu DDR-Zeiten, sei ihr Vater in der Panke geschwommen und sie selber sei im Winter auf der Panke Schlittschuh gefahren. Das allerdings ist kaum vorstellbar beim derzeitigen Anblick.

In Berlin fließt die Panke wieder

Die Panke ist eigentlich ein fließendes Gewässer, rund 30 Kilometer lang. Sie entspringt auf dem Barnim bei Bernau und ist Berlins drittlängster Fluss nach Spree und Havel. Im Nordhafen in Wedding mündet die Panke schließlich in den Spandauer Schifffahrtskanal. Insgesamt fließt die Panke neun Kilometer durch Brandenburg und zwanzig Kilometer durch Berlin. Der Bezirk Pankow trägt den Fluss sogar in seinem Namen.

Kurios: Direkt an der Berliner Stadtgrenze plätschert wieder Wasser im Flussbett. Kleine Stichlinge schwimmen hektisch umher, als seien sie auf der Flucht. Denn tatsächlich: Je weiter es Richtung Süden geht, desto mehr Wasser fließt in der Panke. "Das liegt an den unterschiedlich hohen Grundwasserschichten", erklärt Andreas Krone vom Wasser- und Bodenverband Finowfließ. Die kleine Gemeinde Panketal, in der auch Martina Schiefer lebt, liegt hingegen auf über 60 Metern Höhe und damit fast doppelt so hoch wie die Hauptstadt. "Der Grundwasserpegel in der Gemeinde ist auf einem sehr niedrigen Stand", sagt Krone.

Andreas Krone, Mitarbeiter Wasser- und Bodenverband <<Finowfließ>> kniet im leeren Flussbett der Panke. (Quelle: rbb)Andreas Krone vom Wasser- und Bodenverband kniet in der leeren Panke.

Die Spree fließt rückwärts

Selbst wenn die Auswirkungen des niedrigen Wasserstandes noch nicht überall zu sehen seien - "besonders dramatisch" seien sie dennoch, gibt Krone zu bedenken. Der Grund: Die Trinkwasserversorgung wird wesentlich aus dem Grundwasser sowie der Spree und der Havel gedeckt. Da die Speicher jahrzehntelang durch den Kohleabbau leergepumpt wurden und auch der Spreewald an Hitzetagen bis zu sechs Kubikmetern Wasser verdunstet, entsteht ein Teufelskreis. "Genau dann haben wir den Effekt, dass die Spree rückwärts fließt", erklärt Andreas Krone. Zu bemerken sei das am Wasserwerk in Müggelsee. Genau dann, wenn mehr Trinkwasser gezogen wird als in die Spree nachfließt.

Neben der Wasserversorgung sorgen er und seine Kolleginnen und Kollegen vom Wasser- und Bodenverband sich aber auch noch um die Flora und Fauna in den heimischen Gewässern. "Wenn ein Fluss erst einmal austrocknet", argumentiert Krone, "dauert es Jahrzehnte bis sich bestimmte Pflanzen oder Kleinsttiere wie Flusskrebse wieder ansiedeln können."

Gespeist mit gefiltertem Wasser aus Klärwerken

Noch hat die Panke in Berlin also noch genügend Wasser, auch weil sie mit gefiltertem Wasser aus Klärwerken gespeist wird. Doch das trockene Flussbett rückt auch in der Hauptstadt immer näher. Kurze Regenschauer füllen die Flussbetten nämlich nicht mehr.

Als Konsequenz hat die Gemeinde Panketal bereits ein Bewässerungsverbot verhängt. Zwischen 17 und 21 Uhr dürfen weder Gärten oder Rasenflächen gegossen, noch Pools befüllt werden. Auch auf die Wasserentnahme aus privaten Grundwasserbrunnen sollte verzichtet werden, damit die Grundwasserspiegel nicht noch weiter absinken.

Ein solches Verbot gilt in Berlin noch nicht. Allerdings rät Krone auch hier, durch einen sparsameren Trinkwasserverbrauch einen Beitrag zur derzeitigen Wasserknappheit zu leisten.

Ein leeres Flussbett in Zepernick.

Das Klima wird mediterraner

Der Wassermangel wird die Region auch künftig beschäftigen. Das Klima in Berlin und Brandenburg wird immer mediterraner. Der Juli war heiß und trocken. Die Wetterstation in Berlin-Buch registrierte am 20. Juli mit 38,3 Grad laut Deutschem Wetterdienst sogar einen Stationsrekord. Gleichzeitig hat es in den beiden Bundesländern wenig geregnet. In Brandenburg fielen nur 35 Liter Regen pro Quadratmeter - fast 20 Liter weniger als zu DDR-Zeiten. Berlin kommt sogar nur auf 30 Liter pro Quadratmeter - fast die Hälfte weniger als zwischen 1961 und 1990.

"Ob das jetzt alles mit dem Klimawandel zu tun hat? - So ganz stehe ich nicht dahinter", sagt Martina Schiefer aus Panketal. Aber es sei schon sehr auffällig, wie trocken die Bäume seien und dass zwar die Straßen nach Regenschauern überschwemmt würden, dann aber die Flüsse weiter trocken blieben. "Auch früher war die Panke hin und wieder mal trocken", erinnert sie sich, räumt dann später aber ein: "So schlimm wie jetzt war es, soweit ich mich erinnern kann, noch nie."

Sendung: rbb 88.8, 04.08.2022, 7:50 Uhr

Beitrag von Raphael Knop

10 Kommentare

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  1. 10.

    Berlin liegt im Durchschnitt 53 m über Normalnull und damit kann Panketal mir seinen 60 m nicht "doppelt so hoch" liegen.

  2. 9.

    "Baden" evtl. ein wenig übertrieben, aber "planschen" kenne ich auch noch und habe es recht gesund überlebt ;-)

  3. 8.

    "Baden in der Panke zu DDR Zeiten"?!! Na lecker!!
    Gruß ausm Wedding!

  4. 7.

    Das ist nachvollziebar. MP Woidke will seinen Ostsee, um dort später als Schiffsführer Touren anzubieten.

  5. 6.

    Zumindest hat die DDR gemeinsam mit der BRD den Grundstein für die jetzige Trockenheit gelegt. Wenn der Boden ca. 1,80m tief ausgetrocknet ist, so ist das nicht das Ergebnis der letzten 3 Jahre. Schuld ist die Melioration (Oberflächenentwässerung) im Osten und Flurbereinigung im Westen. Bei beiden wurde dafür gesorgt, dass das Wasser möglichst schnell in Ost- oder Nordsee abfließt. Das muss rückgängig gemacht werden. Aber das kostet Geld. Immerhin hat Ministerpräsident Woitke schon erkannt, dass man das Wasser zurück halten muss.

  6. 4.

    Gerade an Rasensprengern vorbei gelaufen, die in praller Sonne einen öffentlichen Rasen bewässern im Wedding :(

  7. 3.

    Mit jedem Grad Temperaturanstieg kann die Luft 7% mehr Wasser aufnehmen. Wer Zinseszins kennt, weiß was das heißt.
    Regen ist wirklich nur noch Mau. Ich kann mich an keinen Regen dieses Jahr erinnern, der den Boden gut gewässert hat. Die letzten haben noch nicht einmal geschafft die Straße nass zu machen.
    Natürlich sind das Konsequenzen des Klimawandels und wir sind immer noch am Anfang dessen.

  8. 2.

    Fehlt noch die Feststellung, dass in der DDR alles besser war!

  9. 1.

    Ich keine die Panke mit vielen Wasser aus meiner Kindheit aber würde dann als Müllkippe der Leute

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