Pandemie-System soll abgeschafft werden - Abgeordnetenhaus fordert Rückkehr zu Barbezahlung von Bus-Tickets

Do 22.09.22 | 15:48 Uhr
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Menschen tragen in einem Bus der BVG Masken gegen das Coronavirus. (Quelle: dpa/Wolfram Steinberg)
Bild: dpa/Wolfram Steinberg

Das Berliner Abgeordnetenhaus ist fraktionsübergreifend dafür, den Fahrscheinkauf in Bussen mit Bargeld wieder zu ermöglichen. Fünf der sechs Fraktionen forderten bei einer Debatte am Donnerstag die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) auf, die vor zweieinhalb Jahren wegen der Pandemie abgeschaffte Bezahlmöglichkeit mit Münzen und Geldscheinen schnellstmöglich wieder einzuführen.

Die Praxis, nur bargeldlose Zahlung beim Busfahrer zu erlauben, grenze Menschen von Mobilität aus, argumentierten mehrere Redner. Zudem widerspreche das den Tarifregelungen innerhalb des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB). Die AfD sieht außerdem Einnahmeverluste für die BVG, weil etliche Kunden nun eben ohne Fahrschein im Bus unterwegs seien und auch beim Umsteigen auf S- oder U-Bahn keinen Fahrschein mehr lösten.

Nur CDU will am bargeldlosen Bezahlen festhalten

Die CDU schloss sich den Forderungen derweil nicht an. "Berlin hat andere Probleme, ob bar zahlen möglich oder nicht möglich ist", sagte ihr Verkehrsexperte Oliver Friederici. "95 oder sogar 99 Prozent" der BVG-Kunden hätten eine Karte oder zahlten mit dem Handy. Von Ausgrenzung könne keine Rede sein, schließlich könne an Ticket- Automaten bar gezahlt werden. Solche Automaten gibt es allerdings nicht an Bushaltestellen, sondern etwa auf U- oder S-Bahnhöfen.

Die BVG hatte die Möglichkeit zur Barzahlung im März 2020 abgeschafft, um Busfahrer vor Corona-Ansteckung zu schützen. Ein weiteres Argument gegen Bargeld im Bus ist, dass die Fahrerinnen und Fahrer Zeit und Nerven sparen. Möglich ist die Zahlung zum Beispiel per EC- oder Kreditkarte, Handy oder mit einer aufladbaren Geldkarte der BVG.

VBB-Lücke: Passagiere ohne Ticket müssen befördert werden

Vor kurzem hatte auch die Senatsverwaltung für Verkehr deutlich gemacht, dass Barzahlung im Bus nach der Ausnahme wegen der Pandemie nun wieder möglich sein müsse. Sie führe dazu Gespräche mit der BVG. Das Thema ist auch im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und Linken verankert.

Außerdem wurde kürzlich bekannt, dass durch eine Lücke in den Tarif-Regeln der Verkehrsbetriebe Berlin-Brandenburg (VBB) Fahrgäste - zumindest theoretisch - die BVG-Busse in Berlin auch ohne Ticket nutzen können. In einer Antwort der Senatsverwaltung für Verkehr auf eine Anfrage der AfD hieß es, es sei die "Einschätzung des Senats (…), dass Fahrgäste, die nicht bar zahlen können, trotzdem zu befördern sind".

Nach Ansicht der Verkehrsverwaltung muss die BVG diese Fahrgäste auch ohne Ticket befördern - und verweist dazu auf die geltenden VBB-Beförderungsbedingungen, die auch für die BVG gelten. "Die VBB-Tarifbestimmungen implizieren, dass in den Bussen Bargeldverkauf möglich ist", teilte Sprecher Jan Thomsen rbb|24 mit. "Ist dies nicht der Fall, gilt dennoch die Beförderungspflicht."

Sendung: rbb24 Abendschau, 22. September 2022, 19:30 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Da fällt mir gerade ein schönes Erlebnis in der Bahn ein. Unterwegs Richtung Nordsee, Zug hält auf freier Strecke. Durchsage vom Zugführer: rechts kein Bahnsteig, links kein Bahnsteig, das kann nicht der Hauptbahnhof Bremerhaven sein.

  2. 13.

    Klar hat fast jeder eine EC-Karte - aber die brauche ich höchstens, wenn ich mal einen neuen Fernseher bezahlen will. :-)
    Also schleppe ich die normalerweise nicht mit mir herum.
    Und jetzt soll ich damit anfangen, weil etwas mit einem Mal ein Riesenproblem ist, was vor Corona problemlos ging?
    Digitalisierung ist ja nun kein Wert an sich, dem alles geopfert werden muss...

  3. 12.

    Nur damit die Barzahler dann wieder versuchen mit ihren großen Scheinen zu bezahlen und dann doch kostenlos mitgenommen werden, weil nicht gewechselt werden kann... oft genug mitbekommen. Deutschland ist so rückständig. Das ist eine Regelung für eine Minderheit, die die Beförderung für alle verlangsamt. Besonders nervig, wenn man eh schon wie in der Sardinenbüchse gequetscht unterwegs ist. Außerdem ist Corona nicht vorbei.

  4. 11.

    Wir müssen doch auch mal mit der Zeit mitgehen und uns Neuerungen anpassen . Fast jeder hat doch eine EC-Karte und wer sie nicht hat, kann sich eine Prepaid Karte besorgen. Kein Wunder, daß Deutschland bei der Digitalisierung nachhinkt.

  5. 10.

    Rückkehr zur Barzahlung? Echt jetzt? Warum nicht 3% Rabatt bei Handyticket wie z.B. in Hamburg schon seit Jahren üblich? Berlin sollte innovativer sein, nicht immer Rückschritt in die Vergangenheit machen. Weniger Papier bedeutet auch Umweltschutz? Wegfall des Bargelds erhöht auch die Sicherheit der FahrerInnen. Was ist nur los im Berliner Abgeordnetenhaus? Umwelt, Menschen - alles egal?

  6. 9.

    EC Karte drauflegen Punkt! Fertig!

  7. 8.

    Wenn ich ab und an mit Öffis unterwegs bin, wünsche ich mir in der Tat den Schaffner oder den Zugabfertiger zurück. Ein freundliches "Noch jemand ohne Fahrschein?" oder ein "Zuuuuuuuuuuuurückbleiben", vll. noch mit einem saloppen Spruch gepaart - ja das hatte was. Aber die Zeit der saloppen Sprüche ist ja auch vorbei. Heutzutage fühlt sich ja gleich jede(r) angepieselt.

  8. 7.

    Ich will nicht mit Karte oder Smartphone bezaheln. Und das brauche ich auch nicht! Bargeld ist ein akzeptiertes Zahlungsmittel. Und die BVG hat es anzunehmen. Alternativ muß sie mich kostenlos befördern. Hat die Abendschau von RBB 24 nicht gelesen?

  9. 6.

    "...sagte ihr Verkehrsexperte Oliver Friederici. '95 oder sogar 99 Prozent' der BVG-Kunden hätten eine Karte oder zahlten mit dem Handy."
    Macht natürlich Eindruck, mal einfach so eine Zahl in den Raum zu werfen - 99 Prozent, Donnerwetter!
    Aber - woher weiß er das? Wer hat das wann und wie ermittelt? Welche Daten hat er dazu?
    Und warum fragt ihn sowas keiner mal?

  10. 5.

    Gute Idee. Dann gibt es auch endlich keine Schwarzfahrer mehr. Problem gelöst

  11. 4.

    Das wäre natürlich prima.
    Ich persönlich finde Barzahlung gut, weil ich selten und wenn, dann sehr spontan die Öffis nutze. Für die Fahrerinnen ist es jedoch total nervig mit dem Bargeld.

  12. 3.

    Das wird ja auch langsam Zeit, denn manchmal sind die Wege zu einer Verkaufsstelle recht weit und beschwerlich.
    Sich auf Vorrat welche zu kaufen ist nur sinnvoll wenn man öfter den ÖPNV nutzt.

  13. 2.

    Sehr guter Gedanke.....das sollte schnellstmöglich umgesetzt werden.

  14. 1.

    Macht doch den ÖPNV kostenlos - dann entfällt auch die Diskussion um die Barzahlung!

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