Start der Pilzsaison - Studieren geht über Krepieren: So sammeln Sie die richtigen Pilze
Experten gaben noch im August schlechte Prognosen ab: Für eine gute Pilzsaison sei es dieses Jahr zu trocken gewesen. Doch nun sprießen sie allerorten. Ein sonst selten Gesichteter findet sich besonders häufig. Alle wichtigen Infos zur Pilzsaison. Von Jenny Barke
Warum wachsen in diesem Jahr so viele Pilze?
Trotz langer Trockenheit und hoher Temperaturen im Sommer sprechen Experten dieses Jahr von einer guten bis sehr guten Pilzsaison. Lokal und regional gibt es Unterschiede, aber grundsätzlich gilt: Dort, wo es in Berlin und Brandenburg die vergangenen Wochen viel geregnet hat, sprießen jetzt viele Speisepilze. Der Grund: Die Mykorrhiza, die Pilzwurzeln, haben nach der langanhaltenden Wärme das Wasser im Boden aufgenommen und sich dadurch gekräftigt. Pilze brauchen Wasser, um ihre Fruchtkörper auszubilden, die Pilzfreunde gerne sammeln.
Welche Pilze finden sich besonders häufig?
Die "Könige der Pilze", die in den meisten Jahren eher selten gesehenen Steinpilze, entwickeln sich diesen Herbst "explosionsartig", hat Wolfgang Bivour, Vorsitzender beim Brandenburgischen Landesverband der Pilzsachverständigen, beobachtet. Sie sind wegen ihres würzigen Aromas sehr beliebt bei Sammlern.
Steinpilze mögen Bivours Erfahrung nach besonders trockene Sommer - wenn dann im Herbst Regen folgt. Auch die Krause Glucke, Maronen, Birken- und Butter- sowie Riesenschirmpilze fühlen sich unter den aktuellen klimatischen Bedingungen sehr wohl.
Welche Speisepilze erkennen sogar Laien?
Für den Einstieg empfiehlt Janna Einöder vom Nabu Berlin Röhrlinge. Das sind Pilze, die auf der Unterseite des Huts einen Schwamm haben. In Berlin und Brandenburg wachsen nur zwei Arten mit Schwamm, die ungenießbar oder giftig sind. Diese Hexen- oder Satanspilze erkennt man unter anderem am roten Stiel.
"Es gibt immer wieder Pilzvergiftungen, weil Leute mit irgendwelchen Apps und Büchern kommen. Aber da mahnen wir: Vorsicht ist geboten!", so Einöder. Wer unsicher ist, sollte die Pilze lieber stehen lassen oder sich beraten lassen.
Wo finde ich Rat, wenn ich unsicher bin?
In Brandenburg bietet unter anderem der Brandenburgische Landesverband der Pilzsachverständigen Beratungen an. Eine Liste pilzkundiger Berater hat der Verband auf seiner Webseite veröffentlicht [wp.blp-ev.de].
In Berlin bietet unter anderem der Botanische Garten [bgbm.de] kostenlose Pilzberatungen und Tipps zum Pilzesammeln an.
Was muss ich zum Pilzesammeln mitnehmen?
Um die Pilze zu transportieren, empfiehlt sich ein luftiger Korb. In Plastiktüten oder -gefäßen werden die sensiblen Fruchtkörper gequetscht. Werden sie luftdicht verpackt, können manche Arten zudem sogar giftige Stoffe ausbilden.
Zum Sammeln sollte man ein Messer verwenden, mit dem man den Fruchtkörper vom Stiel abschneidet. Reißt man den Pilz aus der Erde, verletzt man den Fuß, an dem unterirdisch das Pilzgeflecht hängt. Damit das Geflecht nicht austrocknet, die Stelle wieder mit Erde bedecken.
Wo finde ich Pilze?
Pilzsammler halten ihre guten Fundorte gerne geheim, denn einige Pilze sind standortgebunden und wachsen an selber Stelle im Folgejahr wieder. Für Brandenburg kann man aber allgemein sagen: überall dort, wo Niederschlag gefallen ist. Zum jetzigen Zeitpunkt empfiehlt Pilzexperte Bivour Touren in Laub- und Laubmischwäldern. In den Kiefernforsten gebe es bisher nur spärlich Pilze, deren Flora bilde sich dort erst in den kommenden Wochen aus.
Für Berlin wird Einöder vom Nabu Berlin recht konkret: "Am Müggelsee kann man vom Wege aus Pilze sehen, hier gibt es Riesenschirmlinge und Röhrlinge. Auch im Grunewald und auf Wiesen finden sich Pilze."
Wie viele Pilze darf ich mitnehmen?
Es gibt eine Sammelbeschränkung für Pilze. Demnach darf man nur geringe Mengen zum eigenen Verzehr aus dem Wald mitnehmen. Das sind in etwa ein bis zwei Kilo pro Tag und Person.
Was muss ich beim Pilzsammeln noch beachten?
Einöder und Bivour möchten dafür sensibilisieren, sich im Wald wie ein Gast zu verhalten. "Er wäre toll, wenn man ein paar Pilze für die Tiere stehen lässt", so Einöder. Zudem sollte man beim Querwaldein-Suchen darauf achten, möglichst keine Äste abzubrechen. Besonders trockene Waldgebiete sollte man meiden, da hier die Bäume geschwächt sind. In trockenen Gebieten finden sich sowieso weniger Pilze.
Einöder rät zudem dazu, auf den Wegen zu bleiben, man finde viele Pilze auch, ohne den Wald zu durchkämmen. Daneben gelten die üblichen Regeln im Wald: keinen Müll entsorgen, kein Feuer entfachen.
Zudem sollten Zäune und Gatter wieder geschlossen werden, falls man bei der Pilzsuche welche durchquert. Der Landkreis Dahme-Spreewald warnt aktuell vor einer möglichen Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest. Paarungswillige Wildschweine sind derzeit auf der Suche nach Partnern sowie Eicheln und legen dabei teilweise lange Strecken zurück.
Sendung: rbb24 Inforadio, 20.09.2022, 16:05 Uhr