Landgericht Berlin - Bruder gesteht Tötung seiner Schwester - Leiche in Koffer transportiert

Mi 07.09.22 | 18:27 Uhr
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Archivbild: Landgericht Berlin, Turmstraße Moabit. (Quelle: dpa/Joko)
Audio: rbb24 Inforadio | 07.09.2022 | Ulf Morling | Bild: dpa/Joko

Überraschend hat einer der beiden Brüder, die ihre Schwester umgebracht und deren Leiche im Koffer nach Bayern transportiert haben sollen, sein Schweigen vor Gericht gebrochen und die Tötung gestanden.

Nach sechsmonatigem Prozess vor dem Berliner Landgericht schilderte der 27-Jährige am Mittwoch einen Streit mit der 34-Jährigen, der eskaliert sei. Er habe seine Schwester nicht töten wollen, erklärte der Angeklagte über einen seiner Verteidiger. Die Staatsanwaltschaft geht von einem gemeinschaftlichen Mord aus.

Bruder bereut Tat

"Ich bereue meine Wut, die zu der Verletzung und schließlich zum Tod meiner Schwester geführt hat, aufrichtig", verlas der Anwalt für den 27-Jährigen. "Was passiert ist, tut mir sehr leid."

Es sei zu einer heftigen Auseinandersetzung gekommen, in der es um Geld für ihre Familie in der Heimat gegangen sei, hieß es weiter. Seine Schwester habe nicht gewollt, dass auch ihre Eltern von Afghanistan nach Deutschland kommen.

In der Berliner Wohnung seines mitangeklagten Bruders habe er die Schwester gepackt und ihren Kopf unter seinen Arm genommen. Als Kinder hätten sie oft derart gerangelt. "Doch sie wurde schwer und ging zu Boden." In Panik sei er auf die Idee gekommen, die Leiche nach Bayern zu bringen.

Sein Bruder sei bei dem Geschehen nicht in der Wohnung gewesen. Er habe lediglich geholfen, den Koffer zu transportieren - "weil der Koffer zu schwer war".

Laut Staatsanwaltschaft sollen die 27 und 23 Jahre alten Brüder ihre Schwester umgebracht haben, weil sich die zweifache Mutter Moralvorstellungen der afghanischen Familie nicht unterworfen und zudem eine Liebesbeziehung geführt habe. Die Anklage lautet auf gemeinschaftlichen Mord aus niedrigen Beweggründen.

Leiche per Rollkoffer nach Bayern gebracht

Die Brüder sollen ihre Schwester am 13. Juli 2021 an einem bislang nicht bekannten Ort getötet haben - laut Anklage starb die 34-Jährige durch Drosseln und Würgen, zudem wurde ihr die Kehle durchgeschnitten. Die Leiche sollen die Angeklagten in einem Rollkoffer mit einem Taxi zum Bahnhof Berlin-Südkreuz und dann per ICE nach Bayern gebracht haben.

Rund drei Wochen später wurde die Leiche - mit Klebeband an Händen und Füßen gefesselt, Mund und Nase mit Klebeband umwickelt - in einem Erdloch in der Nähe des bayrischen Wohnortes des älteren Angeklagten entdeckt.

Brutalstes Vorgehen geschildert

In der Erklärung des 27-Jährigen hieß es weiter, er habe sich am 13. Juli 2021 mit seiner Schwester getroffen, um für sie und ihre beiden Kinder eine Wohnung zu besorgen. Er habe zuvor noch 400 Euro an die Familie in Afghanistan überwiesen. Sein Ziel seien 5.000 Euro gewesen. "Ich wollte unbedingt, dass die ganze Familie hierherkommt."

Seine Schwester habe das nicht gewollt - "sie meinte, dass ihr die Eltern egal seien, dass sie nicht für uns gesorgt und uns nicht in die Schule geschickt hätten". Er habe das als "respektlos, ungerecht" empfunden und sei in Wut geraten.

Der 27-Jährige erklärte zu der durchgeschnittenen Kehle: "Ich holte den Koffer und habe gesehen, dass es mit dem Kopf nicht passen wird. Ich habe dann einmal am Hals geschnitten." Sein Bruder sei kurz danach in die Wohnung gekommen. "Er wollte einen Arzt rufen, ich verbot es." Er habe den 23-Jährigen aufgefordert, ihm Klebeband zu geben und ihm zu helfen, den Koffer zu transportieren.

Der Fall hatte eine Debatte um den Begriff "Ehrenmord" ausgelöst. Die Frau und die Brüder waren vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Von ihrem afghanischen Mann hatte sie sich 2018 scheiden lassen. Das Opfer hatte zwei Kinder im Alter von 10 und 14 Jahren. Die Verhandlung wird am 12. September fortgesetzt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 07.09.2022, 12:22 Uhr

12 Kommentare

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  1. 10.

    Boa war der gut, wäre ich fast drauf reingefallen. Hier durfte man schon so einiges lesen, was in die Richtung geht und tatsächlich ernst gemeint ist.

  2. 9.

    Ehre kann nur jemand haben, den man verehrt. Habenichtse, Dumpfbacken und Versager haben bestimmt keine Ehre, auf die sie sich berufen können!

  3. 8.

    Nein, es war kein Femizid, es war offenbar ein Ehrenmord und den soillte man auch so benennen und nicht durch falsche Definitionen verharmlosen. Ursache war nicht das Geschlecht an sich sondern ganz offensichtlich das in den Augen der Familie "unehrenhafte" Verhalten. Femizide finden statt, wenn weibliche Föten oder Babies allein wegen ihres "falschen" Geschlechts umgebracht werden, weil man sich schließlich einen Jungen wünscht. Die Ermordete hatte nicht das falsche Geschlecht sondern angeblich das falsche Verhalten. Das ist ein Unterschied.

    @RBB: Ich wäre sehr dankbar, wenn diese Klarstellung nicht wieder dem politischen Filter zum Opfer fällt.

  4. 7.

    Ein Streit, der eskaliert sei. Ein Gerangel wie damals als Kinder.
    Das schreit geradezu nach der Verteidigungsstrategie: Totschlag in einem minderschweren Fall oder Körperverletzung mit Todesfolge.
    Ich hoffe, dass das Gericht, insbesondere die Schöffen, das durchschauen.

  5. 6.

    Man kann nur Menschen integrieren, die das auch zulassen. Nicht wenige verachten uns, nur unser Geld nicht. Aktuell das Tötungsdelikt beim CSD. Sind wir an anerzogenem Hass auf Homosexuelle oder Menschen jüdischen Glaubens auch Schuld? Sie machen es sich verdammt einfach.

  6. 5.

    Das war ein Femizid und sonst gar nichts. Ehrenmord ist der falsche Begriff, denn er wirkt stigmatisierend. Das Problem sind Männer generell, ihr Verhalten, ihr Selbstverständnis. Das ist das, was man das Patriarchat nennt.

  7. 4.

    Wir als Mehrheitsgesellschaft haben nicht genug getan, um diese Menschen zu integrieren. Diese Tat, so schrecklich sie auch sein mag, geht auf unser Konto. Mit dem Islam hat das nichts zu tun. Wer so argumentiert, offenbart nur seine rassistische, rechte Gesinnung.

  8. 3.

    Wer im Namen einer angeblichen Ehre sowas macht, der hat nichts verstanden, angefangen von der Akzeptanz der Kultur und des Rechts des Landes, in dem man lebt und das ihn mit offenen Armen empfangen hat.
    Wofür?
    Dafür, was er rechtfertigen ließ?
    Ich habe keinen Zweifel, dass seine Einlass blanke Unwahrheit ist, um eine harte Strafe zu umgehen. Ich verstehe solche Verteidiger auch nicht, wie können diese noch in ihren Spiegel sehen......
    Im Zweifel auch mal gegen den Angeklagten.
    Ich meine damit auch alle anderen Unehrenhaften, nicht nur den/die hier Angeklagten.

  9. 2.

    Das glaube ich ihm never ever. Somit möchte er eine Mordanklage abwenden und mit ein paar Jahren Gefängnis für Schwere Körperverletzung mit Todesfolge rausschlagen. Warum stehen Menschen nicht zu ihren Taten, wenn sie doch so überzeugt davon sind, richtig im Namen der Ehre gehandelt zu haben. Becor ihr jetzt alle die Keule schwingt - natürlich weiß ich es nicht, ich war nicht dabei. Es scheint mir nur einfach so glasklar zu sein, was da geschehen ist. Aber - im Zweifel immer für den Angeklagten - ich weiß...

  10. 1.

    schöne hesdhichte des verteidigers, um lebenslänglich abzuwenden.
    ich hoffe das gericht durchschaut dies.

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