Interims-Intendantin gewählt - Katrin Vernau will den rbb schnellstmöglich aus der Krise führen

Mi 07.09.22 | 22:13 Uhr
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Dr. Katrin Vernau - Interimsintendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg. (Quelle: rbb/WDR/Annika Fußwinkel)
Video: rbb24 Abendschau | 07.09.2022 | Bild: rbb/WDR/Annika Fußwinkel

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat eine Übergangsintendantin gefunden. Im zweiten Wahlgang haben die Mitglieder des Rundfunkrates Katrin Vernau zur rbb-Interimsintendantin gewählt - nun steht ein Kassensturz im Sender an.

Interimsintendantin Katrin Vernau will den Rundfunk Berlin-Brandenburg so schnell wie möglich aus der Krise führen. Sie werde sich die nächsten zwölf Monate mit vollem Engagement einbringen, sagte die bisherige WDR-Verwaltungsdirektorin am Mittwochabend in der Sondersendung "rbb spezial – Der Talk". "Ich werde mir jetzt angucken, wie die Situation tatsächlich ist. Ich kenne sie ja tatsächtlich auch nur von außen und aus der Presse. Und dann werde ich mir ein Führungsteam zusammenstellen, mit dem ich denke, dass ich die Aufgaben, die hier anliegen, bewältigen kann".

Zur Kritik, dass sie nicht aus der Region kommt, erklärte die 49 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftlerin, aus ihrer Sicht spiele es keine Rolle, woher man komme, sondern was man könne. "Was ich mitbringe, ist genau das, was der rbb jetzt braucht. Ich habe Managementerfahrung und ich bin immer dann in Organisationen hereingekommen, wenn es etwas aufzuräumen gab und gleichzeitig die strategische Neuorganisation vorangetrieben werden musste."

Vernau will Glaubwürdigkeit wiederherstellen

Auf die Frage, was das maßgebliche Problem im Rundfunk Berlin-Brandenburg sei, sagte Vernau, sie habe den Eindruck, dass es ein Abheben der Führungsriege von der Belegschaft gegeben habe. Dadurch sei eine Kluft entstanden - und weil es bereits gebrodelt habe, sei deswegen kein Rückhalt da gewesen und all diese Dinge seien nach außen getragen worden anstatt sie intern zu klären.

Daher wolle sie auch ins Gespräch mit der Belegschaft kommen: "Ich denke, dass wir jetzt parallel auf zwei Ebenen arbeiten müssen. Das eine ist die kulturelle und das andere ist die inhaltliche Ebene. Auf der kulturellen Ebene wird es darum gehen, wieder Ruhe in die Belegschaft zu bringen und auch Zuversicht." Dazu werde man Foren schaffen, wo die Dinge, die passiert sind, verarbeitet werden können, um dann auch nach vorne zu blicken.

Was die Ausgestaltung des Programms angehe, da müsse sie erst einen Kassensturz machen, um zu wissen, wie die Rahmenbedingungen seien und wo es Spielräume gebe. Eine grundsätzliche Krise im Programm sehe sie aber nicht. Der Finanzrahmen müsse verlässlich eingehalten werden. Das werde alles transparent gemacht, denn es gehe schließlich um öffentliche Gelder.

Wahl im zweiten Anlauf

Der Rundfunkrat des rbb hatte Vernau am Mittwoch in Potsdam im zweiten Wahlgang mit einer deutlichen Mehrheit von 16 von 20 Stimmen zur Interims-Intendantin des Senders gewählt. Drei Mitglieder stimmten mit Nein, es gab eine Enthaltung. Eine Findungskommission hatte Vernau als einzige Kandidatin für die Interimsintendanz vorgestellt.

Im ersten Wahlgang hatte die WDR-Managerin die notwendige Zweidrittelmehrheit noch verpasst (Ja=12, Nein=7, Enthaltung=1). Nach ihrer Wahl sagte sie, "ich freue mich über das Vertrauen und auf die vor mir liegende Herausforderung. Nun gilt es den rbb gemeinsam mit den Mitarbeitenden wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen und ihn zu einer starken Landesrundfunkanstalt für Brandenburg und Berlin zu machen."

Der Vorsitzende des Rundfunkrates, Dieter Pienkny, sprach nach der Wahl von einer klaren Mehrheit für Vernau. "Wir haben eine exzellente Kandidatin gekürt. Ich bin sehr froh darüber, dass damit die Hängepartie im rbb endlich zu Ende ist", sagte Pienkny. Vernau verfüge über ausgezeichnete Management-Qualitäten. Außerdem sei er optimistisch, "dass die wunde Seele der Belegschaft in den nächsten Wochen und Monaten behandelt wird", so der Rundfunkratsvorsitzende. "Wir wünschen Frau Vernau alles Glück und einen langen Atem für ihre sehr schwere Aufgabe im rbb."

Kritik im Vorfeld der Wahl

Dorette König, amtierende Vorsitzende des Verwaltungsrats, sagte über die neue Intendantin, sie sei eine "exzellente Managerin", die über vielfältige und umfangreiche berufliche Erfahrungen verfüge und verschiedene Restrukturierungsaufgaben erfolgreich gemeistert habe.

Vernau war von einer vom Rundfunkrat beauftragten Findungskommission für den Posten vorgeschlagen worden. Sie hatte sich am Dienstagabend den Rundfunkratsmitgliedern bereits in einer Videoschalte vorgestellt.

Vor der geplanten Wahl war Kritik von Sendermitarbeitern aufgekommen. Mitarbeitervertretungen stießen sich daran, dass nur eine Kandidatin ausgewählt wurde und keine Auswahl zur Verfügung gestanden habe.

Die Wahl eines Intendanten beziehungsweise einer Intendantin ist im rbb-Staatsvertrag geregelt. Danach muss die Position ausgeschrieben werden, eine Amtszeit dauert fünf Jahre. Nur vor dem Hintergrund der aktuellen rbb-Führungskrise war die Wahl einer Übergangsintendantin möglich.

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Sendung: rbb24 Abendschau, 07.09.2022, 19:30 Uhr

70 Kommentare

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  1. 70.

    Nach den Skandalen im WDR, dem NDR und dem RBB fällt der ARD nur eine Personalrochage ein?
    Damit hat die zwangsgebührenfinanzierte ARD und ihre Meinungs- und Haltungsanstalten, jeglich Glaubwürdigkeit verloren.
    Und ich gebe zur Aussicht, dass es nur noch schlimmer werden kann, in dem man uns dann Tina Hassel als Intendantin vorsetzt, dem servilen Sprachrohr der Grünen.

  2. 69.

    Noch ein/zwei Wahlgänge und sie hätte mit absoluter Mehrheit die "Wahl" gewonnen.
    Ohne Gegenkandidaten war das keine Wahl - nicht der Rundfunkrat hat die Interimsintendantin gewählt, sondern die Findungskommission hat die ihnen genehme Persönlichkeit auf den Posten gehievt.
    Keine guten Voraussetzungen für einen ernstgemeinten Neuanfang.

  3. 68.

    Also schüchtern und zurückhaltend ist die Dame nach ihrem großspurigen Auftreten jedenfalls nicht. Danach ist sie die beste Wahl gewesen und wird jetzt alles verbessern! Erinnert irgendwie an Wahlkampfaussagen von Politikern.

  4. 67.

    Worthülsen hat Se druff!

  5. 66.

    Aber Entschuldigung!
    Der ÖRR ist doch normalerweise bei Diversität verbal ganz vorne mit dabei und trägt jetzt erneut dazu bei, dass es zu wenig Ostdeutsche in Führungspositionen gibt?
    Ebenso wäre es ein starkes Signal gewesen zu sagen, wir geben jetzt erst mal ein Jahr lang kein Geld für die Nachbesetzung von Spitzenposten aus.
    Wo bleiben die massiven Sparmaßnahmen beim ÖRR in den Personalstrukturen?
    Und nächstes Jahr erzählt man uns dann wieder, die Gebühren müssen steigen, damit man weiterhin so ein tolles Programm machen kann.

  6. 65.

    Ich kenne diese Dame nicht und kann mir kein Urteil über ihre Qualifikation erlauben, aber warum wird diese Stelle überhaupt nachbesetzt?
    Wir sollen alle den Gürtel enger schnallen und sparen, woimmer es geht, aber beim ÖRR werden alle Stellen im oberen Segment nachbesetzt?

  7. 64.

    Mit dieser Personalie ist ein Neuanfang nicht möglich.

  8. 63.

    Ganz schlechte Wahl.
    Herr Burow wird sich freuen!
    Frau Dr. Vernau kann dann ihre hervorragenden Erfahrungen aus der Zeit in einer "Unternehmensberatung" nutzen.
    Viel Spass den Beschäftigten!

  9. 62.

    Absolut richtig. Der erste Schritt wäre jetzt die Struktur des RBB neu zu definieren.
    Verwaltungsrat+Rundfunkrat das könnte man zusammenführen und schlanker gestalten.

  10. 61.

    Sie haben das sehr gut kommentiert nur nach dem ganzen Sumpf darf man ja wohl misstrauisch sein.
    Ich sehe das genauso wie Sie.
    Nun soll die Dame ihre Chance nutzen.

  11. 60.

    So jetzt hat ein Neuanfang begonnen jetzt können sich die RBB Mitarbeiter*innen wieder auf ihre Arbeit konzentrieren und die Sonderberichterstattung einstellen Auch rbb24 kann ihre Sonderrubrik abschalten.

  12. 59.

    Diese Wahl ist eine klare Entscheidung für weiter so und bloß nicht zu viel an die Öffentlichkeit gelangen lassen, damit es nicht zum Flächenbrand in der ARD wird.

  13. 58.

    Und wo sind ihre Antworten? Sie haben keine!
    Es ist an der Zeit die Sender des ÖRR zu reduzieren. Für regionale Programme gibt es Zeitfenster (Beispiel NDR). Verschlankung der Leitungen. Echte Kontrollgremien, auch mit Bürgerbeteiligung. Absolute Obergrenzen der Kosten für Ausstattung und Entlohnung der Leitungen. Regeln für die Nutzung der Ausstattungen der Leitungen… Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. So, nun sind sie dran! Zeigen sie uns ihre Vision der Zukunft des ÖRR.

  14. 57.

    Da sehen Sie mal wie unterschiedlich die Menschen sind. Ich finde MDR und BR altbacken. Man kann es nicht allen immer recht machen. Ich finde das Angebot des ÖRR im großen und ganzen gut. Klar gibt's immer was zu verbessern. Es gibt ja neben den Dritten auch noch einige andere ÖR-Sender.

  15. 56.

    Ossi, Wessi. Wo sind Sie zeitlich stehengeblieben? Die Welt hat sich weiter entwickelt und Sie haben es nicht bemerkt.

  16. 55.

    Wird ja wieder jemand aus dem Westen und dazu auch noch vom WDR genommen, wieder kam keiner aus Berlin oder Brandenburg zum Zuge. Was soll das? Das ist der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen anregt ...

  17. 53.

    Ich bin sehr dafür, das dieser aufgeblähte Apparat Namens ARD abgewickelt werden sollte. Dieses scheint nicht der Fall zu sein. Es wird wohl nur ein reförmchen. Also fangen wir bei den Gehalt der Interims Intendantin an. 120.000 Euro im Jahr genügen! Frank Athmer

  18. 52.

    Das mit den WDHs ist bei anderen Sendern nicht anders! Das Geld muss ja auch da für die Gehäter gespart werden weil die GEZ-Gebühren zu niedrig sind ;-) Und die Sender wechseln sich ja ab ob Krause, Mord mit Aussicht, Heiland, Die Kanzlei, Monk, Vormittags, Nachmittags etc, mal Folge 3 mal Folge 5 u. viel Prominte bei Quiz, Quiz, Quiz u. Länder v. oben, unten, links u. rechts

  19. 51.

    Der vielfach und nachdrücklich geäußerte Wunsch nach einer Führungskraft mit regionaler Verankerung und Authentizität ist durchaus legitim und einer Abwertung unwürdig. Die sonstigen Qualifikationsmerkmale sind sicher genauso wichtig, aber eben nicht hinreichend. Die Entfremdung zwischen Gebührenzahler und RBB ist immens (vielleicht abgesehen vom sehr speziellen, selbstgefälligen grün-urbanen Radio-1-Milieu), ein Zustand der weder dem ÖR-Auftrag gerecht wird noch eine Gesellschaft zusammenhält. Der "Fall Schlesinger" ist im Tieferen auch das journalistische Desinteresse des RBB an weiten Teilen des Sendegebietes, der Unwille eine publizistisch-authentische Klammer über die verschiedenen Milieus zu ziehen. Dass die Personalie Vernau hier kaum einen positiven Beitrag leisten kann / wird, liegt leider auf der Hand.

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