Förderprogramm geht ins zweite Jahr - Stipendien locken angehende Lehrkräfte aufs Brandenburger Land

Di 27.09.22 | 10:38 Uhr | Von Andreas B. Hewel
  1
Viertklässler einer Grundschule melden sich während des Unterrichts. Foto: Frank Molter/dpa
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 26.09.2022 | | Bild: Frank Molter/dpa

Seit einem Jahr lockt Brandenburg angehende Lehrerinnen und Lehrer mit einem Stipendium. 600 Euro gibt es im Monat, als Gegenleistung bleiben sie zunächst an den meist ländlichen Schulen. Das Programm ist begehrt. Von Andreas B. Hewel

Erstmal Platz machen. Fritz Fischer und seine 6a rücken die Tische an den Rand des Musikzimmers und stellen die Stühle im Kreis auf. Wer mit vielen gemeinsam Musik macht, soll sich sehen können und braucht Platz und Bewegungsfreiheit. Der angehende Musiklehrer Fischer macht erstmal ein paar Übungen. "Clap, snap. Clap, snap. Ratatatatatadam, that’s the way we do it. Do it like a drum."

Dabei klatschen die Schülerinnen und Schüler in die Hände, auf ihre Schenkel oder Schnippen mit den Fingern. Und dann das Ganze nochmal schneller. Alle machen mit und haben dabei sichtlich Spaß - auch Fischer, dessen Zukunft an der Grundschule in Premnitz gesichert ist.

600 Euro im Monat, dafür früh festlegen auf eine Schule

Fritz Fischer gehört zu den ersten, die sich vergangenes Jahr als Lehramtsstudentinnen oder -studenten um das Landlehrerstipendium in Brandenburg beworben hatten. Und er war einer von 25, die es bekamen.

Das heißt, er bekommt während des Studiums 600 Euro im Monat vom Land und verpflichtet sich im Gegenzug, direkt nach dem Studium mindestens so lange an einer bestimmten Schule in Brandenburg zu arbeiten, wie er das Stipendium bekommen hat. Für den 25-Jährigen, der in der Gemeinde Nuthetal bei Potsdam aufwuchs, war das ein Glücksfall. "Erstens, weil ich vorher immer neben dem Studium gearbeitet habe", sagt Fischer und schmunzelt. "Das ist schon mal schön, eine finanzielle Stütze zu haben. Und dann war für mich von Anfang an klar, ich bin auf dem Land aufgewachsen, dass ich auch später wieder aufs Land gehe."

Fischer hatte sich in dem Stipendienprogramm zwei Schulen aussuchen können, aus einer ganzen Reihe von Schulen, die das Ministerium vorgibt. Es sind Schulen, die Schwierigkeiten haben, freie Stellen für Lehrkräfte zu besetzen. Meistens sind es Schulen auf dem Land oder in kleinen Städten. Bei Fischer ist es die Grundschule am Dachsbau in Premnitz geworden.

Große Nachfrage von Studierenden und von Schulen

25 solcher Stipendien werden pro Jahr vergeben. Bildungsministerin Britta Ernst lässt es sich nicht nehmen, die Stipendiatinnen und Stipendiaten jedes Jahr persönlich zu Beginn zu begrüßen. Das Programm ist für sie ein Stein, den Mangel an Lehrkräften in Schulen zu beheben. "Wir wissen ja", räumt die Bildungsministerin ein, "dass wir in bestimmten Regionen des Landes Brandenburg Mühe haben, die freiwerdenden Stellen für Lehrerinnen und Lehrer zu besetzen. Und mit diesem Programm erreichen wir, dass sich Studierende für eine konkrete Schule entscheiden, an der sie sich dann auch verpflichtet haben zu arbeiten."

Die Nachfrage bei Schulen selbst, durch derart geförderte Studierende ihre Lücken füllen zu können, ist groß. 53 Schulen haben diese Jahr Bedarf angemeldet, doppelt so viele, wie Stipendien vergeben werden. Fast die Hälfte von ihnen sind Grundschulen, gefolgt von Förder- und Oberschulen. Nur eine Gesamtschule ist dabei, die Lausitzer Sportschule in Cottbus. An ihr hat die Lehramtsstudentin für Sport – und Englisch, Linda Kohl, ein solches Stipendium bekommen. Für Linda Kohl, die derzeit in Leipzig studiert, ist das fast ein Heimspiel. Sie kommt aus Wußwerk im Spreewald. Die Schule ist für sie wie maßgeschneidert. "Ich fand es einfach super, denn an der Sportschule, die wirklich besonders den Sport fördert", sagt sie strahlend, "das ist wirklich noch einmal was ganz anderes für jemand, der später Sportlehrerin machen will."

Sicherheit ist für viele wichtig

Sich schon früh auf eine Schule festlegen zu müssen, scheint für keinen der Studierenden ein Problem zu sein. Im Gegenteil, viele sehen darin einen Vorteil, schon während des Studiums zu wissen, wo sie die ersten Jahre in ihrem Beruf als Lehrerin oder Lehrer arbeiten werden.

Neben Brandenburg und Berlin kommen die Studierenden mittlerweile aus noch sechs anderen Bundesländern. Sich gegenseitig die Lehramtsstudierenden aus anderen Bundesländern abwerben, das beteuert Bildungsministerin Ernst, wolle man nicht. "Wir werben nicht aktiv ab", sagt sie. Aber man wirbt eben. Es gebe immer Menschen, so Ernst, die nach dem Studium das Bundesland wechseln wollten. Und der Mangel, auch wenn er weniger wird, wird erstmal bleiben. So wird das Stipendienprogramm auch in den kommenden Jahren weitergehen. Das größte Manko an dem Programm scheint eh sein Erfolg zu sein. Es könnten viel mehr Stipendienplätze sein, das wäre gut für die Studierenden und für die Schulen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 26.09.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Andreas B. Hewel

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Verfehlte jahrelange Bedarfsplanungen nach "Kassenlage", weit weg vom Zensus, werden jetzt richtig teuer. Da brauch man nicht so tun als ob... Es muss gesagt werden. Für die Studenten ist der Anreiz sehr gut. Noch besser: Wenn ohne Zeitverzug das Referendariat und die Übernahme, ohne auch nur einen Monat, erfolgt, statt wie bisher "preiswerte Hinhaltetaktik"...

Nächster Artikel