Keine türkische Staatsbürgerschaft - Berliner Behörde gibt zu: Hildmann hätte ausgeliefert werden können

Di 18.10.22 | 20:19 Uhr
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Demonstration der "Corona Info Tour" am 25.10.2020 vor dem Brandenburger Tour in Berlin. (Quelle: dpa/Eventpress Hoensch)
Video: rbb24 Abendschau | 18.10.2022 | N. Siegmund | Bild: dpa/Eventpress Hoensch

Attila Hildmann soll entgegen bisherigen Angaben doch nicht die türkische Staatsbürgerschaft besitzen. Entsprechend könnte er nach Deutschland ausgeliefert werden. Die Fahndungsmaßnahmen wurden erweitert.

Der wegen Volksverhetzung gesuchte Verschwörungsideologe und Rechtsextremist Attila Hildmann könnte doch nach Deutschland ausgeliefert werden. Das Magazin "Stern" berichtete am Dienstag unter Berufung auf die Berliner Generalstaatsanwaltschaft, Hildmann habe entgegen bisheriger Angaben doch nicht die türkische, sondern nur die deutsche Staatsbürgerschaft.

Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte rbb|24 auf Nachfrage, dass die Behörde seit April 2022 davon ausgehe, dass Hildmann nur im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sei. Demnach hatte die Staatsanwaltschaft bei der Senatsverwaltung für Inneres Unterlagen erbeten, die "das Bestehen der türkischen Staatsangehörigkeit neben der deutschen belegen und nicht lediglich eine Selbstauskunft des Betroffenen darstellen."

Keine Eintragungen im Melde- und Personalausweisregister

Im Melde- und Personalausweisregister seien aber keine entsprechenden Hinweise gefunden worden. Nach Auskunft des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten ist die türkische Staatsangehörigkeit im Melderegister zwar mindestens seit 2008 unverändert erfasst. "Wie und wann es zu diesem Eintrag gekommen ist, konnte mangels entsprechender Hinweise oder Protokolldaten aber nicht mehr nachvollzogen werden", teilte die Generalstaatsanwaltschaft weiter mit.

Anfang des Jahres stellte die Staatsanwaltschaft weitere Nachfragen bei den türkischen Behörden, die am 31. März 2022 über Interpol Ankara mitteilten, dass der Beschuldigte dort unter den angefragten Personalien registermäßig nicht erfasst sei.

Der Internationale Haftbefehl sei vor diesem Hintergrund und nach weiteren Ermittlungen im Juni angepasst worden. Zudem seien die Fahndungsmaßnahmen erweitert worden. Weitere Details nannte die Generalstaatsanwaltschaft nicht.

Hildmann ist seit Dezember 2020 auf der Flucht und hält sich seitdem in der Türkei versteckt. Dort schrieb er im März 2021 an seine Follower, er sei ein "stolzer, echter Nazi", er leugnete den Holocaust und hetzte gegen Jüdinnen und Juden [faz.net]. Seit Februar 2021 wird er per Haftbefehl wegen Volksverhetzung, Bedrohung und anderer Delikte von der Berliner Staatsanwaltschaft gesucht, er steht auf der Fahndungsliste von Europol und Interpol.

Auslieferungsgesuch offen

Vor einem Jahr hatte die Staatsanwaltschaft erklärt, Hildmann besitze neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit. Deshalb sei davon auszugehen, dass ihn die Türkei weder festnehmen noch ausliefern werde, hieß es damals.

Die angebliche türkische Staatsangehörigkeit wurde auch in einem dem rbb vorliegenden Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten angegeben sowie in mehreren vorherigen Beschlüssen desselben Gerichts aus dem Jahr 2020.

Irritation über Behördenverhalten

Der rechtspolitische Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus, Sebastian Schüsselburg, äußerte sich am Dienstag im rbb irritiert über die Causa Hildmann. Als Parlamentarier hätte er erwartet, dass alle Register gezogen werden, um zu versuchen, Attila Hildmann der hiesigen Justiz zuzuführen.

Die Meldebehörden müssten erklären, warum Hildmann einfach eine falsche Staatsbürgerschaft angeben konnte und das jahrelang nicht auffiel. Außerdem müsse sich die Berliner Generalstaatsanwaltschaft fragen, warum sie nicht sofort den Auslieferungsantrag auf den Weg gebracht habe, nachdem sie von Interpol erfahren hatte, dass Hildmann kein türkischer Staatsbürger sei.

GdP hält den Fall Hildmann für "hochgradig peinlich"

"Die Causa Hildmann ist hochgradig peinlich", erklärte der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei Berlin - Benjamin Jedro, "auch weil wir hier über eine Person reden, die ihre Öffentlichkeit dafür genutzt hat, mittels Verschwörungstheorien unseren demokratischen Rechtsstaat zu diskreditieren und Anhänger für schwere Straftaten zu mobilisieren". Die GdP hätte erwartet, "dass man sich nicht mit einfachen Aussagen zur Staatsangehörigkeit zufrieden gibt und derart narren lässt, sondern akribisch ermittelt und auch mit länderübergreifender Zusammenarbeit intensiv an der Vollstreckung des internationalen Haftbefehls arbeitet.“

Der Kochbuchautor Attila Klaus Peter Hildmann wurde 1981 in West-Berlin als Kind türkischer Eltern geboren. Diese gaben ihn als Baby zur Adoption frei, er wuchs bei deutschen Adoptiveltern auf.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.10.2022, 8 Uhr

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26 Kommentare

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  1. 26.

    Hier kann sich die Verwaltung so richtig austoben. Als ob ein Massenmörder gesucht würde! Ach wäre man doch überall so eifrig!

  2. 25.

    Auch eine sehr gute Option.
    Sie haben recht, warum sollen wir Steuerzahler für den Unterhalt aufkommen.

  3. 24.

    "Hier verursacht er doch nur Kosten -- Prozess, Haft " Rechtsprechung nach Kassenlage? Eine denkwürdige Einstellung.

  4. 23.

    Da keine der im Haftbefehl aufgeführten mit mehr als 5 Jahren Haft bestraft wird, beträgt die Frist für die Verfolgungsverjährung fünf Jahre (§ 78 (3) Nr. 4 StGB).

    Solange er im Ausland nicht greifbar ist ruht die Verjährung allerdings (§ 79a StGB)

  5. 22.

    Kann man Herrn Hildmann nicht einfach die deutsche Staatsangehörigkeit aberkennen und ihm dann ein lebenslanges EInreiseverbot nach Deutschland auferlegen. Das wäre doch besser als ihn jetzt hier mit aller Gewalt zurückholen zu wollen.

  6. 21.

    Die Gewaltenteilung in Deutschland gibt es nicht wie theoretisch beschrieben.
    Die Judikative wird, anders wie in anderen Ländern nicht gewählt sondern von der 2. Gewalt der Exekutive berufen. Und zwar lebenslang. Richter sind die Götter in unserem System, und zwar durch Berufung.

  7. 20.

    Von Reimann kommen sonst auch gerne mal eher rechte Kommentare. Umso unverständlicher ist daher auch die geäußerte Kritik an einem Vorgehen gegen den Rechtsextremisten Hildmann. In Wirklichkeit dürfte es also nur darum gegangen sein, mal wieder komplett ohne jegliche Grundlage über den Senat zu schimpfen, wie es die Rechten mit Vorliebe machen.

  8. 19.

    „Einen Deutschen nicht nach Deutschland einreisen lassen geht doch wohl nicht, oder?“

    Einreisen dürfte er schon – als international gesuchter Straftäter dann aber auch direkt festgenommen werden … Von daher ist wohl eher nicht davon auszugehen, dass er das vor Ablauf der Verjährungsfrist versuchen dürfte. Hat zufällig jemand eine Ahnung, wie lange das ist?

  9. 18.

    Dass die Berliner Generalstaatsanwaltschaft Nazis schützt ist doch hinlänglich bekannt und nicht erst seit der Neuköllner Terrorserie.

    "Nun hat die Berliner Generalstaatsanwaltschaft gegenüber dem stern einen peinlichen Fehler eingeräumt. Und musste kurz darauf einen weiteren einräumen. "

    Ein paar auffällige "Fehler" und "Pannen" zuviel.

  10. 17.

    Und wen interessiert sowas?

  11. 16.

    Lasst ihn doch da wo er ist, da passt er hin.

  12. 15.

    Sie sollten Ihr Wissen unbedingt der Staatsanwaltschaft mitteilen! :-))))
    Wenn ich in die Türkei in den Urlaub fliege, habe ich auch keinen türkischen Pass und wer kontrolliert, ob und wann ich das Land wieder verlassen habe?

  13. 14.

    Gewaltenteilung ?
    Senat von Berlin,
    Senator für Inneres von Berlin,
    Senator für Justiz von Berlin,
    Staatsanwaltschaft von Berlin.
    Alles Berlin,
    welche Gewalt,
    welche Teilung meinen Sie ?
    Welche Unfähigkeiten wurde kritisiert,
    die nicht im Verantwortungsbereich des
    Abgeordnetenhaus von Berlin liegen ?

  14. 12.

    Das war für mich kein Rechtsextremist, sondern ein abgehobener Spinner mit Intelligenzdefiziten. Soll er bleiben, wo der Pfeffer wächst. Ich finde sogar, dass ihm viele folgen sollten!!!

  15. 11.

    Von mir aus kann der bleiben wo der Pfeffer wächst.

  16. 9.

    Für ein Einreiseverbot müsste man ihn erst einmal für Staatenlos erklären. Einen Deutschen nicht nach Deutschland einreisen lassen geht doch wohl nicht, oder?

  17. 8.

    Natürlich hat Hildmann die türkische Staatsbürgerschaft und ist auch mit einem türkischen Pass eingereist. In die Türkei mit einem dt. Pass einreisen und dann untertauchen ist mehr als unglaubwürdig. Laut türkischem Recht bekommt jeder türk. Staatsbürger auf Antrag seinen Pass zurück, wenn er diesen zB. für eine dt. Einbürgerung abgeben musste. Termin machen und fertig, bekommt keine deutsche Behörde mit.

  18. 7.

    Und schon wieder gehen deutsche Behörden fehlerhaft gegen Rechtsextremisten vor. Wo sind denn jetzt die, die immer einen starken Staat fordern? Wohl auf dem rechten Auge blind...

  19. 6.

    Dieser Senat versagt auf allen Ebenen.

  20. 5.

    Warum denn wieder nach Deutschland kommen ?? Hier verursacht er doch nur Kosten -- Prozess, Haft ..... Soll er bleiben, wo auch immer er sich verkrochen hat, seine Anhänger werdens verkraften, und zu Erdogan passt er viel besser.

  21. 4.

    .....zieht dem das Vermögen ein, soweit welches da ist und der Staat Zugriff darauf hat. Verschont die eh schon überlastete Justiz uns stellt sicher das dieser Bursche den Boden von Deutschland nicht mehr betritt.

  22. 3.

    Ich denke er ist wohl nicht die Mühe wert. Außerdem macht er es den Ermittlern oft einfach seine Spur zu verfolgen und er wird regelmäßig von Anhängern veraten. Er ist vielleicht nützlich um andere Anhänger zu Identifizieren. Außerdem ist er inzwischen ein Aushängeschild für die Idiotie von Schwurblern. Vielleicht schreckt er so mehr Leute ab als im Gefängnis.

  23. 2.

    Warum denn?? Damit er auf unsere Kosten hier in den Knast kommt? Soll bleiben, wo der Pfeffer wächst und bitte nie wieder nach Deutschland kommen dürfen.

  24. 1.

    Warum wird es dann nicht schleunigst gemacht bevor er sich in ein Land absetzt welches NICHT ausliefert??

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