Hohe Kosten für Energie, Futter, Tierärzte - Brandenburger Tierschutzvereine sehen ihre Existenz bedroht

Sa 22.10.22 | 09:58 Uhr | Von Björn Haase-Wendt
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Katzen im Prignitzer Tierschutzverein in einem Käfig. (Quelle: rbb/Björn Haase-Wendt)
Audio: Antenne Brandenburg | 18.10.2022 | Björn Haase-Wendt | Bild: rbb/Björn Haase-Wendt

Gut 60 Tierheime und Tierschutzinitiativen betreuen in Brandenburg herrenlose und abgegebene Tiere. Doch sie schlagen Alarm. Nicht nur, dass sie maßlos überfüllt sind, jetzt kommen explodierende Kosten für Futter, Energie und den Tierarzt dazu. Von Björn Haase-Wendt

Mit großen Augen gucken die kleinen Kätzchen durch die Gehege des Prignitzer Tierschutzvereins. Anja Bandemer und ihre Ehrenamtlichen versorgen die Katzen und kommen eigentlich kaum hinterher, denn die Perleberger Auffangstation wird immer voller.

Eigentlich ist sie für maximal 50 Tiere ausgelegt, derzeit werden aber um die 80 Katzen versorgt. "Darunter sind 68 Kitten, kleine Katzen bis zu drei, vier Monate alt", sagt Anja Bandemer. Die hohe Auslastung aber vor allem die gestiegenen Preise bringen die Tierschützer an die Grenzen des Machbaren.

Alles wird teurer, rechnet die Vereinsvorsitzende vor – egal ob Energiekosten, Miete, Futter oder auch der Tierarztbesuch. So kommt der Prignitzer Tierschutzverein schnell auf monatliche Fixkosten von 4.000 bis 5.000 Euro. "Das steigt alles weiter ins Utopische, das ist nicht mehr zu schaffen", sagt die Prignitzerin.

Anja Bandemer vom Prignitzer Tierschutzverein mit einer Katze auf dem Arm. (Quelle: rbb/Björn Haase-Wendt)
Anja Bandemer | Bild: rbb/Björn Haase-Wendt

Tierarztkosten deutlich gestiegen

Sorgenvoll blicken Tierschützer wie Anja Bandemer und auch Rico Lange, der Vorsitzende des Landestierschutzverbandes Brandenburg, in den November. Dann gilt bundesweit die neue Gebührenordnung für Tierärzte. Eine Untersuchung einer Katze mit Beratung wird um mehr als 160 Prozent teurer. "Ja die Sätze wurden viele Jahre nicht angepasst und die Tierärzte haben ein Recht darauf – aber das kommt für uns gerade zu einer echt bescheidenen Zeit", sagt Lange, der fürchtet, dass einige Tierschutzvereine die nächsten Monate nicht überstehen werden.

Das sieht auch Peter Lenz aus Neuruppin so. Der Vorsitzende des Tierschutzvereins Ostprignitz-Ruppin sagt, dass der Verein im ersten Halbjahr dieses Jahres 50.000 Euro an Tierarztkosten aufbringen musste, hinzu kämen Kosten für Benzin für die Fahrzeuge, Futter und Co. Die Tierschützer aus Ostprignitz-Ruppin versorgen ebenfalls vorrangig Katzen, aber auch Hunde, Igel, Schwäne und sonstige Tiere, die niemand mehr haben will oder die verletzt aufgefunden wurden.

Peter Lenz vom Tierschutzverein Ostprignitz-Ruppin (Quelle: rbb/Björn Haase-Wendt)
Peter Lenz | Bild: rbb/Björn Haase-Wendt

Spendenbereitschaft sinkt

Die Tierschützer, die sich zum Großteil aus Spenden finanzieren, stehen vor einer weiteren Herausforderung. Durch die Inflation würde auch die Spendenbereitschaft sinken. "Wir hatten das schon einmal in der Coronazeit", sagt Peter Lenz. Wird die Entwicklung nicht bald gestoppt, müsste der Ostprignitz-Ruppiner Tierschutzverein die Reißleine ziehen. "Das ist ganz einfach, dann können wir einpacken."

Dabei sind die Neuruppiner Tierschützer schon in einer besseren Lage als etwa die Perleberger Ehrenamtler. Immerhin übernehmen Städte und Gemeinden wie Neuruppin, Kyritz oder Wusterhausen/Dosse einen Teil der Kosten. "Um die 20 bis 30 Prozent", sagt der Vereinsvorsitzende. Damit es für die Tierschützer weitergeht, gibt es derzeit Gespräche mit den Kommunen über eine mögliche Erhöhung der Unterstützung. Denn schließlich übernimmt der Tierschutzverein Aufgaben der Verwaltungen. "Es ist ja eine Aufgabe der Ordnungsämter die Versorgung von Fundtieren sicherzustellen", sagt Peter Lenz und fügt hinzu, wenn es den Tierschutzverein nicht mehr geben würde, dass die Kommunen das selbst übernehmen müssten. "Das können sie aber weder finanziell noch personell."

Landestierschutzbund fordert mehr Unterstützung

Auch der Brandenburger Landestierschutzbund fordert von den Städten und Gemeinden, den Kreisen und vom Land mehr finanzielle Unterstützung. Der Landesvorsitzende Rico Lange erlebt derzeit ein hin- und herschieben der Verantwortung zwischen den unterschiedlichen Ebenen. "Uns ist es fast schon egal, wo das Geld herkommt. Wir übernehmen die Aufgabe und das muss bezahlt werden – das findet derzeit nicht statt", ist Lange empört. Dabei gebe es Initiativen, die zeigen, dass unkomplizierte Hilfe möglich sei.

Der Landkreis Dahme-Spreewald ist aus Rico Langes Sicht ein Vorzeigebeispiel. Erst vor wenigen Wochen hatte der Kreistag dort beschlossen, die örtlichen Tierheime ab dem kommenden Jahr insgesamt mit bis zu 50.000 Euro zusätzlich zu unterstützen. Damit sollen die Personalkosten abgedeckt werden. Außerdem gibt es zusätzliche Gelder für die Tierschutzvereine zur Kastration von freilebenden herrenlosen Katzen. "Dahme-Spreewald hat das Problem deutlich erkannt und da passiert eine Menge, das sieht in anderen Landkreisen aber schon ganz anders aus", sagt Rico Lange.

Auch das Land müsse aus Sicht des Landestierschutzverbandes unkomplizierter helfen. Zwar gebe es Förderungen für Investitionen in den Tierheimen oder Kostenerstattungen für die Kastration von Katzen. Allerdings seien diese für die Ehrenamtler oft zu kompliziert und bürokratisch: "Wo unsere Tierschützer, die an der praktischen Basis sitzen, acht bis zwölf Seiten ausfüllen müssen, um an 1.000 Euro ranzukommen. Das ist natürlich sehr umfangreich", kritisiert Lange.

Ministerium will Hilfen in den Blick nehmen

Das Brandenburger Sozial- und Verbraucherschutzministerium, das für den Tierschutz zuständig ist, ist sich der angespannten Situation der Tierheime durchaus bewusst und denkt über Lösungen nach, etwa im Rahmen des von der rot-schwarz-grünen Koalition angekündigten Brandenburg-Paketes. Mit rund zwei Milliarden Euro soll damit zur Entlastung der Brandenburger aufgrund der steigenden Energie beigetragen werden. "In der Erarbeitung werden wir auch die Tierheime in den Blick nehmen", sagte ein Ministeriumssprecher. Allerdings seien noch Abstimmungen mit dem Bund notwendig, damit es keine doppelten Förderstrukturen gebe.

Die Brandenburger Tierschutzvereine und -initiativen hoffen indes auf schnelle Hilfen, denn in einem sind sie sich sicher: In den kommenden Monaten werden sie noch stärker gefragt sein, wenn sich viele Brandenburger aufgrund der Lebenshaltungskosten ihr Haustier nicht mehr leisten können.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.10.2022, 15:30 Uhr

Beitrag von Björn Haase-Wendt

34 Kommentare

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  1. 34.

    Richtig so Heidekind, wer sich nicht artgerecht, verantwortungs-und liebevoll um sein Tier kümmert, sollte keines halten. Wer Tiere liebt, aber dazu nicht bereit ist, könnte ja Geld an den Tierschutz spenden.

  2. 33.

    Hab ich, und ich möchte nicht von Fremden geduzt werden, hat was mit Anstand zu tun.

  3. 32.

    Wenn ich manchmal so sehe, wie sog. Haustiere in der Stadt gehalten werden. Die Gassirunde als täglich Highlight, die Stoffmaus als Spiel - ich bin mir sicher, ich würde mir keines anschaffen.

  4. 31.

    Wir haben seit knapp 30 Jahren Katzen aus dem Tierheim und die einzige unkomplizierte Vermittlung fand statt, als das Tierheim Berlin noch in Lankwitz war. Die Katze lebte fast 20 Jahre bei uns. Ihre Hausgenossin leider nur 13 Jahre, weshalb wir - am neuen Standort - einen neuen Begleiter suchten, ruhig älter oder auch mit Behinderungen. Es wurde verneint, da wir keine zwei Katzen nehmen wollten! Es sollten dann auch noch ganz junge sein. Wir wollten weder drei Katzen, noch für unsere Ältere zwei ganz neue „Konkurrenten“. Kurz, es wurde trotz mehrerer Besuche nichts draus, obwohl es genug einzelne, auch vergesellschaftungsfähige gegeben hätte. Ebenfalls so in einem Brandenburger Tierheim…. Schließlich half Ebay Kleinanzeigen.
    Diese Katze lebt seit 14 Jahren bei uns. Und deren neue Begleitung war auch nur mit viel Hartnäckigkeit zu bekommen, mit vielen Telefonaten, Mails und Besuchen… da ist Kinderkriegen fast leichter….

  5. 30.

    Ich hätte so so sooooooo gerne eine Katze, weil ich ich ich - doofes EGO!
     
    Ich könnte sie nicht artgerecht halten (man braucht min 2 Stück + Garten!), das Rind oder Schwein das ich an diese verfüttern würde hat mir überhauptnichts getan, dazu die Ökobilanz die durch die schiere Masse (30 Millionen Hunde und Katzen alleine in DE - während in der Umwelt von einigen Arten nur noch hundert Exemplare existieren)

    Das passt alles hinten und vorne, nicht, wäre schön, die anderen EGOs könnten auch mal nen Gang runterschalten!

  6. 28.

    Sorry, aber lieber spende ich für die Tafel und die Arche als für Tiere.....ich habe und ich brauche auch kein Haustier

  7. 27.

    Schlimm was in diesem Land passiert. Lieber Spende ich für Tiere als an fremde Länder!

  8. 26.

    Wir zahlen für Hunderegister sowie Hundesteuer. Wie wäre es, dieses Geld für die Tierheime zu nutzen?
    Schön, dass Gelder für ukrainische Tiere sofort fließen, warum nicht für die anderen Tiere?
    Aber das Staatsziel Tierschutz ist ja ebenso ein Lacher…. traurig traurig

  9. 25.

    studier Du doch 5.5 Jahre plus 7 Jahre Erfahrung bis zur klinischen Reife um dann null Lohn plus Schulden für nicht bezahltes Material zu haben und die ganzen medizinischen Geräte

  10. 24.

    Da fasse ich mir allerdings auch an den Kopf und wundere mich. Von den bereits jetzt an das Projekt "Flussschwimmbad" ausgzahlten Gelder wäre z.B. das Tierheim in Berlin mit den 1400 Schützlingen für lange Zeit finanziert.

  11. 23.

    Da staune ich aber. Wann haben sie das letzte Mal eine Dose davon aufgemacht und hineingesehen? Schulkinder in Deutschland bekommen definitiv besseres Fleisch als Vierbeiner. Ok, es mag Menschen geben, die ihrer Katze feinstes Tartar füttern. Von "oftmals" möchte ich da nicht sprechen. Es wäre übrigens auch eine grobe Fehlernährung.
    Es gibt seit einigen Jahren "BARF", eine Ernährungsrichtung für Hund und Katz, die auf rohes Fleisch baut. Mit Sicherheit sind da Schlachtabfälle drin, was ja eine sehr sinnvolle Sache ist. Man kann es in Läden kaufen, roh oder tiefgefroren.

  12. 20.

    Da die Aktivisten oft am Ziel vorbeischießen (An Kunstwerke ankleben oder Flüsse grün einfärben) wird das wohl kaum passieren.
    Aber Aufklärung ist angebracht.
    Gerade Hund und Katze werden mit oftmals besserem Fleisch als manche Schulkinder versorgt.
    Und welchen Effekt Fleischzucht fürs Klima und Wasserhaushalt hat, ist ja bekannt.
    Verpackungsmüll kommt noch dazu.
    Geht ja kaum noch jemand zum Metzger und holt sich Schlachtereste für das häusliche Getier. Muss ja das gute Zeug aus der Dose sein. Ob Tierheime das dürften weiß ich nicht aber billiger und ökologischer wäre es allemal.

  13. 19.

    Ich meine, dass wir einen wirkl. sehr hohen Lebensstandard haben, auch wenn sich ältere Personen melden, die sich in der Lage fühlen, Tierfutter zu kaufen u.die nötigen Arztkosten zu bezahlen. Dann kann es uns doch nicht so schlecht gehen, wie man in diesen Wochen oft hört. Ich würde mir kein Tier halten wollen, weil die Wohnung in einem Mehrfamilienhaus viel zu klein ist u. ich auch nicht das Geld hätte, neben meinen Zusatzkosten für ärztl. begründete vorsorgl. Untersuchungen noch Kosten aufzubringen, die notwendig sind, ein Tier gesund sowie artgerecht zu nähren. Ich glaube nämlich, dass das zieml. unterschätzt wird. Wenn in Deutschland so viele Tiere in städtischen Haushalten leben, dann sind wir wirkl. ein reiches Land. Die ständigen Probleme, weil der Staat nicht für die enorme Anzahl ungeliebter Haustiere in Tierheimen aufkommen kann, sind doch nicht neu. Also muss man die sicher positiven Wirk. der Haustiere auf den Einz. echt hinterfragen. Wo bleibt d. Verantwortung?

  14. 18.

    Wenn ich lese, welche Organisationen finanziell in Not sind - Tafel, Essenshilfe, Tierheime etc. und gleichzeitig Millionensummen für fragwürdige "Flussbäder" vorhanden sind, fasse ich mich an den Kopf.
    Es ist wirklich blamabel, dass ein solch reiches Land wie D sich nicht schämt, überhaupt die Unterstützung der o.a. Einrichtungen in Frage zu stellen, bzw. nicht die Mittel bereitstellt. Mit den "Boni" vieler überbezahlten Leute könnte man das alles mühelos deckeln. Unfassbar!

  15. 16.

    Dann werden sich bald die ersten "Klimaaktivisten" an Bello und Mizzi ankleben.

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