Kommentar | Monet-Gemälde mit Kartoffelbrei beschmiert - Tabubruch statt Klimaschutz

So 23.10.22 | 21:56 Uhr | Von Maria Ossowski
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Die Gemälde "Getreideschober in der Mittagssonne" (1890, l) und "Getreideschober" (1890) sind in der Ausstellung "Monet.Orte" im Museum Barberini zu sehen (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.10.2022 | Maria Ossowski | Bild: dpa/Soeren Stache

Unterstützer der "Letzten Generation" haben ein wertvolles Gemälde von Claude Monet im Potsdamer Museum Barberini mit Kartoffelbrei beworfen. Welchen Sinn hat solche Zerstörungswut? Ein Kommentar von Maria Ossowski

Er wollte farbenfrohe Stille malen. Er wollte malen, wie ein Vogel singt. Die Schönheit der Luft. Kunst nannte er seinen einzigen Lebenszweck. Claude Monet hat sein Atelier verlassen, um das Licht und die Farben unter freiem Himmel in Kunst zu verwandeln. Monet, einer der Begründer des Impressionismus, hat Augenblicke in der Natur in Ewigkeit gefasst.

Seine Gemälde, seine Seerosen, seine Pappeln, seine Heuschober sind so beliebt und so bewundert wie unersetzlich. Und nun ist eines dieser Weltkunstwerke beschmutzt, um, so die Kartoffelbrei-Schmeißer, die Natur zu retten.

Die Sprecherin der Gruppe "Letzte Generation" versucht, die Aktion zu rechtfertigen: "Monet liebte die Natur und hielt ihre einzigartige und fragile Schönheit in seinen Werken fest. Wie kann es sein, dass so viele mehr Angst davor haben, dass eines dieser Abbilder der Wirklichkeit Schaden nimmt, als vor der Zerstörung unserer Welt selbst, deren Zauber Monet so sehr bewunderte?"

Kultur gegen Natur

Das ist so überheblich wie falsch gedacht und so dreist wie strafbewehrt ausgeführt. Aus folgenden Gründen: Erstens spielen die Aktivisten hier Kultur gegen Natur aus. Sie wollen zumindest symbolisch Kunst zerstören, um die Natur zu retten. Sie konstruieren einen Gegensatz, der keiner ist, denn die Natur bei Monet ist seine Inspiration der Kunst. Monet war kein Umweltschwein. Im Gegenteil. Monets Heuschober mit Kartoffelbrei zu überschütten, das verachtet seine Kunst, seine und damit auch unsere Liebe zur Natur.

Monet war kein Umweltschwein. Im Gegenteil. Monets Heuschober mit Kartoffelbrei zu überschütten, das verachtet seine Kunst, seine und damit auch unsere Liebe zur Natur.

Maria Ossowski, ARD-Kulturkorrespondentin

Angst vor radikalen Ideologen

Zweitens: Wir haben nicht mehr Angst vor einem zerstörten Kunstwerk als vor der Klimakatastrophe. Das ist eine durch nichts belegte, unsinnige Behauptung. Wir haben vor vielem Angst: vor Kriegen, vor Atombomben, vor Naturkatastrophen. Wir haben jedoch auch Angst vor radikalen Ideologen, die Gemälde zur Zielscheibe ihrer Zerstörungslust machen.

Erinnern wir uns an Maos Kulturrevolution. Die Viererbande und deren Erfüllungsgehilfen haben um ihrer Phantasie einer gerechteren Welt willen alle Erinnerungen an die jahrtausendealte chinesische Kultur vernichtet. Das mag als Vergleich übertrieben klingen, aber der Tomatensauce auf van Gogh in London und dem Kartoffelbrei auf Monet in Potsdam könnten weitere Taten folgen, auch solche, bei denen Glas den Verlust eines Kunstwerks nicht mehr verhindert. Ob manche Museen deshalb nur noch Kopien zeigen werden? Welch ein Verlust wäre das.

Kartoffelbrei-Attacke in der Weltpresse

Drittens: Solche Attacken bewirken in der Öffentlichkeit genau das Gegenteil des Beabsichtigten. Skeptiker des Klimaschutzes reiben sich jetzt die Hände nach dem Motto: alles radikale Ideologen, die nun das Erbe der Menschheit zerstören. Und die anderen, die, die das Klima schützen wollen? Die meisten werden sich von solch destruktiven Aktionen distanzieren.

Eins jedoch haben die Mitglieder der Protestgruppe erreicht: Die Kartoffelbrei-Aktion schafft es in die Weltpresse. Die Aufmerksamkeit gilt allerdings dem Tabubruch, der versuchten Kunstvernichtung. Sie gilt NICHT einem nachhaltigen Schutz der Natur. Der so dringend notwendige Klimaschutz tritt ob der kriminellen Tat in den Hintergrund. Das großmundig behauptete Ziel ist nicht erreicht. Der Rest ist Sache des Staatsanwalts.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.10.2022, 08:40 Uhr

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55 Kommentare

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  1. 55.

    Der Vergleich hinkt aber gewaltig. LG zerstören keine Kunst, wie totalitäre Regime. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ein Bild mit Kartoffelbrei zu bewerfen und sich am Bildrahmen festzukleben oder eine bestimmte Kunstrichtung zu zerstören, deren Ausübung bzw. Besitz zu verhindern.
    Das Eine hat mit dem Andern nun überhaupt nichts zutun!!

  2. 54.

    Liebe "Aktivist*innen",
    (hab mir Klima- gespart, euer Anliegen ändert sich ja ständig). Je öfter ihr euren "Protest" in dieser Form zum Ausdruck bringt, je mehr verliert ihr die Menschen aber darum scheint es euch nicht zu gehen. Ziviler ungehorsam wie ihr sagt ... ahja. Das es euch nicht um die Sache geht, haben nun alle begriffen. Vielleicht wäre es ja schlau, zur Abwechslung mal ein paar konkrete Vorschläge auf den Tisch zu legen. Dann würde euch vielleicht sogar mal jemand zuhören ...

  3. 53.

    So eine Aktion soll wohl zeigen, dass gegenüber dem, was uns droht, wenn wir unsere Umweltzerstörung nicht endlich in den Griff bekommen, selbst ein unersetzliches Kunstwerk wertlos ist. Das weiss ich aber sowieso schon, und wer es nicht weiss, oder nicht wissen will, der wird es durch so eine Aktion auch nicht verstehen.

  4. 52.

    Wenn bei einer sogenannten Ölpest zehntausende Lebewesen qualvoll ersticken oder auf den Meeren ein kontinentgroßer Haufen Plastemüll schwimmt, wenn an fernen Gestaden hunderte Wale verenden, die im Meer, ihrem ureigenen Habitat die Orientierung verloren haben, wenn der Regenwald des Amazonas mutwillig niedergebrannt wird, damit u. a. hierzulande geschäftstüchtige Fooddesigner ,,veganes bacon" unter die Leute bringen können, dann zeigt man gerne auf andere und sagt, alleine können wir nichts tun.
    Diese jungen Menschen sind verzweifelt ob der immer gleichen Reden und Ausreden, mit denen ihren Fragen begegnet wird und nichts wird weiter getan. Ihre Aktionen wollen aufrütteln.
    Und Monet? Ein genialer Künstler einerseits, ein verwöhntes Großbürgersöhnchen aus Le Havre, der auch kein Problem damit hatte den ,,malerischen" Londoner Smog, wegen der Lichteffekte auf der Westminster Bridge abzumalen, andererseits? Ihn als Naturfreund darzustellen empfinde ich als originell.

  5. 51.

    Leider verstehen es viele im Guten nicht. Man ist für den Stopp des Klimawandels, solange man weiter in Bequemlichkeit und Überfluss leben kann. Ja, viele in Deutschland leben im Überfluss. So lange man weiß wo man ein sicheres unter kommt, einen sicheren Schlafplatz hat und wo man die nächste Mahlzeit her bekommt, geht es einem besser als 90% der Weltbevölkerung. Wir, in einem reichen Land, haben die Verantwortung Vorreiter zu sein. Wenn wir es nicht schaffen, schaffen es ärmere Länder definitiv nicht. Klimawandel geht uns alle an und ist keine Ideologie. Es sei denn man möchte nicht, dass die nachfolgende Generationen überleben. Dann geht die Welt nobel zugrunde. Denn nach uns die Sintflut.

  6. 50.

    Wow! Eine so kurz gedachte und engstirnige, das menschliche Kulturgut völlig außer Acht lassende Sichtweise ist ja schon wieder fast beeindruckend. Es muss doch auch ein Stück weit anstrengend sein, sich selbst und die vermeintlichen Belange dieser Generation über alles andere und jeden zu stellen.

  7. 49.

    Es geht LG nur um maximale Aufmerksamkeit für ihre Proteste und Ziele. Das kann man schlimm, entartet, nicht zielführend oder was auch immer finden.
    Aber eines ist es ganz sicher nicht, die von Maria Ossowski behauptete Assoziation zwischen Monet, (Raffael) oder irgendeinem anderen Künstler und seiner Kunst zum Klimawandel. Obwohl ich ihren Schmerz gut verstehen kann, denn die Aktivisten suchen sich natürlich die wertvollsten bzw. bekanntesten Werke für ihre Aktionen aus.

  8. 48.

    Haben die nicht mal früher die Strassen blockiert um gegen Lebensmittelverschwendung zu demonstrieren?
    Jetzt werden mit Lebensmitteln Gemälde beschmiert, wissen die eigentlich noch, um was es bei ihnen noch geht?

  9. 47.

    " Die Scheibe hat es geschützt, zerstört zu werden.......und wäre diese nicht davor gewesen, wäre der Aufschrei riesig gewesen, wie ein so teures Gemälde zerstört werden konnte."
    Tja nochmal Glück gehabt! Sollte jedoch ein teures Gemälde irreparabel beschädigt werden wäre es interessant wenn der Besitzer die Verursacher verklagen würde, z.B. auf 110 Millionen Euro.

  10. 46.

    Danke Dagmar, wie Recht Sie haben! In meinem Kopf war auch der erste Gedanke: Bilderstürmerei!
    Leider hat die Menschheit schon viel Kunst durch Kriege und in der Gegenwart durch derart abstruse Aktionen verloren. Ob Kartoffelbrei oder nicht, Tomatenketchup o. nicht!Diese jungen Leute kommen mir so weltentrückt vor, dass sie gar nichts mehr achten: Friede, Rücksicht, Kunst, u. Lebensmittel. Einfach nur Egoisten, die alles geflissentlich übersehen, was der akt.Politik bereits abgerungen wurde.... Nur muss sie zügiger handeln! Und man darf nicht außer Acht lassen, dass diese unsägl. Aktivitäten eine Tatsache ausblenden, näml. dass ein Oligarch(!)u. Politiker in Osteuropa gerade dabei ist, Böden, Landschaften, Wasser, Luftreinheit die Schutzgüter des Umweltschutzes, an dessen letzten Position die menschliche Gesundheit steht, auf Jahre zu verseuchen, zu schädigen. Menschen, ihr Wissen, ihre Kultur(Werte!!!) von der Erdoberfläche zu tilgen....Dann doch lieber einen Hasso Plattner!

  11. 44.

    Monet ruht. Das Bild hängt. Sein Wert ist virtuell verhandelt. Das Klima schweigt, der Wind nicht. Es ist traurig, wenn die artikulierte Machtlosigkeit der stabilen alternativen Minderheit nicht erkannt wird, die doch nur aus dem Gefühl der Entmachtung durch Konsum von Massen von Menschen einer anderen Mehrheit ausgelöst wird. Gleichzeitig reflektieren Heere von Intellektuellen, was zu tun ist, und ein MiV Verbot für Privatbesitzer könnte zB Dienstwagen und Firmenwagen nicht umfassen und bald hätten wir dann alle vorigen privaten MiV Fahrer auch Firmenwagen. Es würde wenig ändern. Nicht einmal können wir also so leicht rechtlich-politisch den Kampf gegen das klimaschädliche Verhalten der Mehrheit der Bürger hin bekommen.

    Ich selbst sehe in den Klagen der DUH noch ein wenig Hoffnung. Ich befürchte auch die Radikalisierung des Protestes. Liegt doch "Politik" faktisch längst in der Hand der konsumierenden Bürger. Der Appell an sie verhallt aber meist. Deshalb der Frust der Aktivisten.

  12. 43.

    " Die Scheibe hat es geschützt, zerstört zu werden.......und wäre diese nicht davor gewesen, wäre der Aufschrei riesig gewesen, wie ein so teures Gemälde zerstört werden konnte."
    Tja nochmal Glück gehabt! Sollte jedoch ein teures Gemälde irreparabel beschädigt werden wäre es interessant wenn der Besitzer die Verursacher verklagen würde, z.B. auf 110 Millionen Euro.

  13. 42.

    Danke für diesen Beitrag, Frau Ossowski. Er spricht mir aus der Seele. Und dabei ist es völlig unerheblich, ob das Gemälde hinter einer Glasscheie geschützt war oder nicht. Der Akt als solcher allein ist schon verwerflich. Zeigt er mir doch, dass es sich hier um ungebildete, sich nur selbst darstellende Raudis handelt, die keinen Respekt vor Kunst und dem Eigentum anderer haben. Von der Lebensmittelverschwendung ganz zu schweigen. Offensichtlich haben die Eltern bei deren Erziehung versagt, wenn Verschmutzung/Zerstörung und Festkleben die einzigen Mittel sind, ihr Ziel (welches auch immer) zu erreichen. Mein Vorschlag: Lasst sie kleben, ohne Getränke/Essen, ohne WC, auf Straßen, an Wänden, wo auch immer. Macht eine Absperrung um sie herum und stellt ein Schild auf: Füttern verboten! Vielleicht wäre das einmal heilsam. Entfernung durch die Polizei und geringe Ordnungsstrafen scheinen nichts zu nutzen.

  14. 41.

    Trafverfolgung und Empörung sind sicher gerechtfertigt. ABER:

    Es behauptet doch niemand, dass Monet ein Umweltschwein war. Es gibt aber Zugtausende Kunstliebhaber, die wiederum Abertausende Euros und Stunden in ihre "Liebe" zur Kunst und stecken, die ohnehin in einigen Jahrzehnten womöglich keinen Platz mehr in einer notleidenden menschlichen Gesellschaft haben wird.

    Ihr Kommentar, Frau Ossowski, verkennt das Verlangen dieser Generation, das so vergleichbar ist mit dem Verlangen Monets.

  15. 40.

    Je mehr Aktionen mit irrerationalen Argumenten begründet werden des so geringer wird wahrscheinlich die Zustimmung zu diesen Beschädigungen.
    Je mehr Menschen von Blockaden und Nötigungen persönlich behindert werden des so größer wird die Abneigung gegen diesen Personenkreis und ihre Ziele.
    Wenn bis zu den Teilneuwahlen im Frühjahr 2023 mehrere hunderttausende Berufspendler aktiv behindert wurden besteht die Hoffnung dass diese – bisher teilweise unpolitischen - Menschen die Berliner Regierung für ihre zu nachlässige Haltung gegenüber Gesetzesbrechern an der Wahlurne bestrafen.
    Dann wird grün-rote Verkehrspolitik vielleicht abgewählt. Das ist dann ein gerechtes Zeichen an die selbstgerechten Verächter parlamentarischer Demokratie.

  16. 39.

    Ob nun Scheibe vor dem Bild oder nicht. Die Scheibe hat es geschützt, zerstört zu werden.......und wäre diese nicht davor gewesen, wäre der Aufschrei riesig gewesen, wie ein so teures Gemälde zerstört werden konnte.

  17. 38.

    Die Forderungen dieser Straftäter (die leider allzuoft noch als „Aktivisten“ tituliert werden) zeichnen sich vor allem durch zunehmende Beliebigkeit aus. Das unterstreicht den Eindruck, dass es v.a. um Selbstdarstellung und -Verwirklichung geht, für die das vermeintliche Ziel nur als Feigenblatt herhalten muss.

  18. 37.

    ich Sammle Kunst nicht als Geldanlage. Es gibt genug Sammler, die Kunst sammeln um sie nicht wieder auf den Markt zu werfen.

  19. 36.

    Na, da haben es wir, in diesen Zeilen wird die Kunst zum "Spielzeug" für die Reichen erklärt, tja, jeder Ideologe findet einen anderen Grund, um die Kust geringzuschätzen und zu missbrauchen.

    Noch eins, wer die Menschen liebt, der achtet grundsätzlich die Kunst, ohne wenn und aber!

    In der Geschichte haben sich Menschenverächter besonders gerne an Kunstwerken vergriffen und diese aus dem öffentlichen Raum entfernt oder gar vernichtet, warum sie es taten, darüber lohnt sich nachzudenken.

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