rbb-Krise - Berliner und Brandenburger Parlamentarier fordern bessere Kontrollen

Mo 17.10.22 | 22:17 Uhr | Von Hanno Christ
  30
Ralf Roggenbuck (M), Vorsitzender des RBB-Rundfunkrates, spricht neben Katrin Vernau (r), Interims-Intendantin des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), und Dorette König (l), amtierende Vorsitzende des RBB-Verwaltungsrates, bei einer gemeinsamen Sitzung des Berliner Ausschusses für Engagement, Bundesangelegenheiten und Medien mit dem Hauptausschuss des Landtags Brandenburg im Abgeordnetenhaus von Berlin. (Quelle: dpa/C. Soeder)
dpa/C. Soeder
Video: rbb24 Abendschau | 17.10.2022 | D. Knieling/B. Hermel | Bild: dpa/C. Soeder

Ursprünglich wollten die Länderparlamente in einer gemeinsamen Ausschuss-Sitzung über einen neuen rbb-Staatsvertrag beraten. Stattdessen stand die Krise des rbb im Vordergrund. Mit dabei: Intendantin Vernau sowie Personalvertreter. Von Hanno Christ

Daniel Keller (SPD) hatte als Leiter der Ausschuss-Sitzung alle Hände voll zu tun, um die Flut an Anfragen zu bearbeiten, die die Abgeordneten aus Landtag und Abgeordnetenhaus an die Führung des rbb hatten. Mehrfach musste er die Fragenden unterbrechen und sie bitten, auf den Punkt zu kommen.

Es hatte sich sichtlich etwas angestaut in den vergangenen Monaten nach den Vorwürfen gegen Mitglieder der Senderspitze, gegen die Kontrollgremien, nach Bekanntwerden von Bonus-Zahlungen und üppigen Ruhestandsregelungen. Die Liste an Enthüllungen von rbb-Interna ist länger und länger geworden – und mit ihr das Informationsbedürfnis der Parlamente.

Krise als Chance?

Schon einmal hatte der Hauptausschuss des Brandenburger Landtages die Führung von Sender, Kontrollgremien und Rundfunkrat vorgeladen. Damals, im Juli, waren die Vorwürfe noch frisch, die für die rbb-Funktionäre vorgesehen Stühle blieben leer. Ein neuer Anlauf im August, diesmal mit rbb-Vertretern, warf mehr Fragen auf als er Antworten gab. Auch im Berliner Abgeordnetenhaus hatten rbb-Führungskräfte bereits Rede und Antwort gestanden.

Nun sollte ein neuer Aufschlag Klärung bringen, diesmal nicht nur mit Vertretern der rbb-Führung und Kontrollgremien, sondern auch mit Mitgliedern des Personalrates und der Freienvertretung. Der Berliner Ausschuss für Engagement, Bundesangelegenheiten und Medien des Abgeordnetenhauses und der Hauptausschuss des Brandenburger Landtages sind derzeit eigentlich damit befasst, eine Novelle des Rundfunkstaatsvertrages aufzulegen. Er ist die gesetzliche Grundlage für die Arbeit der Zwei-Länder-Anstalt. Die rbb-Affäre deckt nun Schwächen und Lücken der bisherigen Regelungen auf.

Für die einen ist es eine Novellierung zur Unzeit, für die anderen eine Chance, gerade jetzt vieles grundsätzlich besser zu gestalten. Offenheit gab es auch dafür, die Bezüge der Senderführung zum Beispiel an das Gehalt eines Ministerpräsidenten oder einer Regierenden Bürgermeisterin anzupassen. Derzeit liegt das Gehalt von Senderchefin Katrin Vernau bei 295.000 Euro, das ihrer Vorgängerin lag mit Zuschlägen noch einmal deutlich höher.

Vernau: Nicht jeder will seine Boni hergeben

Vernau ist seit wenigen Wochen als Interimsintendantin im Amt, für ein Jahr beurlaubt von ihrem Job beim WDR. Sie habe ein Haus vorgefunden "mit einer gebeutelten Belegschaft". Nun arbeite man daran, dass so etwas wie in den vergangenen Jahren nie wieder passieren könne, aber auch an einer arbeitsfähigen Führungsmannschaft. Das Dienstverhältnis des ehemaligen stellvertretenden Intendanten Hagen Brandstäter soll vorzeitig beendet werden, andere hingegen würden "aus organisatorischen und finanziellen Gründen" fortgeführt. Die Justitiarin ist derzeit freigestellt.

Auf Nachfragen des Brandenburger CDU-Fraktionsvorsitzenden Jan Redmann und des Berliner AfD-Abgeordneten Ronald Gläser sagte Vernau, das umstrittene Bonus-System sei abgeschafft worden, einzelvertragliche Regelungen seien aber noch nicht außer Kraft. Weil aber klar sei, dass nun "ein Zeichen hermüsse", habe man alle Boni-Empfänger einzeln abgefragt, ob sie für einen freiwilligen Verzicht auf Extra-Zahlungen bereit seien. 20 der insgesamt 25 Empfänger hätten einen ersatzlosen Verzicht erklärt, zwei davon hätten seien dazu aber nicht bereit. Bei dreien gäbe es noch keine Erklärung.

Alle rufen nach mehr Kontrolle

Laut Vernau würden nun interne Kontrollmechanismen überarbeitet, das System für Hinweise aus der Belegschaft über etwaige Missstände verbessert, ebenso wie die Transparenz vor allem bei den Finanzen und bei der Vergütung der Mitarbeiter. Sie trete für einen Kulturwandel in der Belegschaft des rbb ein, so die Intendantin.

Die amtierende Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König räumte ein, dass die sogenannten Compliance-Regeln bislang nicht ausreichend seien. Nun hoffe man auf ARD-weite Standards, die derzeit auf einer gemeinsamen Tagung der Intendanten beraten würden. Für eine bessere Kontrolle – etwa durch den Verwaltungsrat – bräuchte es aber nicht nur neue Regeln, sondern auch eine professionellere Aufstellung durch Mitglieder mit wirtschaftlichem und juristischem Sachverstand. Dann müsse aber auch eine andere Vergütung gezahlt werden.

Ähnlich äußerte sich Ralf Roggenbuck, seit mehr als drei Jahren Mitglied im Rundfunkrat und seit einigen Wochen Vorsitzender des Gremiums. Auch er plädierte für eine kompetentere Besetzung des Rundfunkrates und warb für eine bessere finanzielle Ausstattung der Gremien. Roggenbuck gab sich auf Nachfragen nach persönlichen Verfehlungen selbstkritisch. Er habe persönlich das Gefühl, nicht professionell gearbeitet zu haben. "Wir haben Fragen nicht gestellt, weil sie sich nicht aufgedrängt haben." Da seien Dinge hinter dem Rücken des Rundfunkrates passiert.

Personalvertreter: "Selbstbedienungsmentalität"

Kritisch äußerten sich auch die rbb-Personalvertreter wie Sabine Jauer vom Personalrat und Freien-Sprecher Christoph Reinhardt. Jauer sagte, die Enthüllungen über die Ruhegehälter der derzeit freigestellten Juristischen Direktorin Susann Lange sorgten für viel Unruhe im Haus. Kollegen sprächen von "Sittenwidrigkeit". Durch rbb-interne Recherchen war bekannt geworden, dass Lange auch nach Vertragsende mit einem üppigen Ruhegehalt rechnen kann, ihre Familie mit einer zusätzlichen Versorgung.

Freienvertreter Reinhardt sprach von einer "Selbstbedienungsmentalität" und "empörenden Regelungen". Er bemängelte die mangelnde Transparenz in der Aufklärung, sowie fehlende Kompetenzen in Rundfunkrat und Verwaltungsrat. "Bitte verlangen sie mit dem neuen Staatsvertrag mehr vom rbb", appellierte er an die Mitglieder der Parlamente. Der bisherige Staatsvertrag sei "naiv" gewesen.

Zukunft des Medienhauses bleibt offen

Der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler, Péter Vida, sprach von einem "Skandal pyramidalen Ausmaßes", forderte auch mehr Mitspracherecht von Zuschauern bei Postenbesetzung und Programm etwa durch einen Publikumsrat. Auch Alexander King (Die Linke) sprach sich für mehr Publikumsbeteiligung aus.

Noch offen blieb in der Sitzung, wie es mit der Zukunft des Digitalen Medienhauses aussieht. Der geplante Neubau steht derzeit nach einer befürchteten Kostensteigerung auf Halt und wird erneut geprüft.

Rundfunkrat erwartet Zwischenbericht

Am Donnerstag berät der Rundfunkrat in einer Klausursitzung einen Zwischenbericht der Anwalts-Kanzlei Lutz-Abel. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die Compliance-Beauftragte des rbb eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. Wie die Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König auf Nachfrage mitteilte, seien dafür bis Ende August Kosten in Höhe von rund 250.000 Euro aufgelaufen.

Parlamentarier kritisierten, dass sie von den Untersuchungsergebnissen erst drei Tage nach der gemeinsamen Sitzung am Montag erfahren werden. Die parlamentarische Aufarbeitung geht unterdessen weiter. Am 11. November kommen Parlamentarier aus Landtag und Abgeordnetenhaus zur zweiten Sitzung der länderübergreifenden Parlamentarischen Konferenz zusammen. Auch dann soll es wieder um den rbb gehen – und diesmal dann womöglich hauptsächlich um den rbb-Staatsvertrag.

Sendung: rbb24, 17.10.2022, 21:45 Uhr

Beitrag von Hanno Christ

30 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 30.

    Von welchem Niveau reden Sie bitte? RBB Fernsehen pro Tag 20 Stunden Wiedeholungen. Einschaltquoten von 40 bis 50 Tsd, außer Brandenburg Aktuell/Abendschau. Bei 6 Millionen EW in beiden Bundesländern verschwindend gering. Warum gucken viele Zuschauer andere Programme? Weil der RBB so hochwertiges Fernsehen produziert? Vielleicht hilft Ihnen ein selbstkritischer Blick auf das Programm und den Quoten. Und warum wehrt sich der RBB auch Zuschauer in die Gremien mit einzubinden? Angst vor der Wahrheit?

  2. 29.

    Heißt also, dass alle, die es sich nicht leisten können, zukünftig nur noch werbefinanzierte Privatsender sehen und hören dürfen, die dann irgendwann auch Geld haben wollen? Vom Niveau ganz zu schweigen!

  3. 28.

    Wie? Sie nutzen die rbb-App, bei der man diverse Recherchen zu den Vorgängen beim rbb nachlesen kann und behaupten nun, es gäbe wenig Aufarbeitung durch den öffentlich rechtlichen Rundfunk? Merken Sie den Widerspruch? Das mit der Linkslastigkeit können Sie auch mal lassen. Es nervt. Was ist denn links? Ist es links, wenn man Fakten aufdeckt?

  4. 27.

    Die Alternative sind dann die profitorientierten Privatmedien mit Werbung bis zum Abwinken und primitiven Formaten? Ich möchte keine Verhältnisse wie in den USA mit Abos locker über 100 Dollar im Monat und Sendern wie Fox News.

  5. 26.

    Frau Jauer ist als Personalratsvertreterin nicht abstimmungsberechtigt, darf also über die Sitzungsvorlagen nicht abstimmen!

  6. 25.

    Es geht bei der Bezahlung bei Rundfunk-und Verwaltungsrat um die Zahlung von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld, die monatlich für ein einfaches Mitglied bei ca. 500 Euro liegen plus 50 Euro pro Teilnahme an Sitzung, unversteuert!

  7. 24.

    @Eiskalle
    Hat Ihre Tastatur kein Komma? Sonst nutzen Sie es doch bitte. Dann wäre da noch Ihr ewiger Kampf mit dem dass oder das. Vielleicht sollten Sie mal den Duden nutzen.

  8. 23.

    Was für eine Geldgeile Führungskräfte "Sippschaft"beim RBB und bei der Gesamten ARD.Es Macht mich Sprachlos.Ich bin Gespannt,was weiter Passiert.

  9. 22.

    Selbst Netflix bietet 3 Varianten an: 1. Ohne Werbung, dann monatlich teurer 2. Mit Werbung, dann günstiger 3. Gar nicht nutzen, nichts bezahlen. Es geht also technisch bereits. Also Beitragsservice und Zahlzwang sollte angesichts der heute technischen Möglichkeiten beenden. Pay per view ist möglich. Die informative Grundversorgung könnte über einen Kanal, der über einen Teil der Mehrwertsteuer finanziert wird, gewährleistet werden. Alle Bürgerinnen würden sofort spürbar entlastet werden.

  10. 21.

    Das war eine Ausschuss-Sitzung, wo in der Regel nur die von den Fraktionen entsandten Abgeordneten anwesend sind.

  11. 20.

    Frau Vernau spricht von 25 ATlern im rbb. Dies ist falsch. Es gibt weit mehr ATler, nur dass lediglich 25 Führungskräfte mit einem AT-Vertrag diese Boni erhalten bzw. zukünftig erhalten sollten. Es ist schon peinlich, dass die Intendantin mit solchen unkorrekten Aussagen vor die Parlamente tritt.

  12. 19.

    Zwei Personen wollen den Boni nicht abgeben? Wer?
    Auch das wird rauskommen. Da bin ich sicher.

  13. 18.

    Auf dem Bild sieht man recht deutlich, wie wenig Parlamentarier das Thema tatsächlich interessiert. Die gehen auch lieber ihren Nebentätigkeiten nach und streichen die Abgeordnetendiäten für nix ein.

  14. 17.

    Ich glaube sie sprechen mit ihrem Kommentar vielen Menschen aus dem Herzen. Es wird alle höhste Zeit das bei den Landesanstallten bei der ARD der Eiserne Besen durch geht. Das Programm wird immer schlechter nur noch Wiederholungen aber die Herrschaften in den Führungsetagen füllen sich die Taschen mit üppigen Gehältern.

  15. 16.

    Na super, die Frauenquote ist erfüllt !! Das rechtfertigt aber
    NICHT DIESE SCHWEINEREI oder ??

  16. 15.

    Offenbar verwechseln Sie links mit rechts, auch den rbb zu einen privaten Selbstbedienungsladen zu verwandeln liegt ganz auf Linie einer wirtschaftsliberalen kapitalistischen Ordnung.

  17. 14.

    Man muss auch das positive an der ganzen Affäre sehen: Die Frauenquote wurde erfüllt und die Genderregeln eingehalten!

  18. 13.

    Letztens erst gesehen dass die Schlesinger ja sogar mal das Panorama Magazin moderiert hat, da hätte sie ja jetzt über sich selbst recherchieren können oder kommt deswegen so wenig von den öffentlich-rechtlichen an Aufarbeitung?
    Da sieht man mal wo zu viel links hinführt, sicherlich nicht auf die gute Seite der Welt.
    Das schlimme ist, mir wäre das ja völlig egal wenn ich nicht monatlich dafür Abdrücken müsste.

  19. 12.

    Finanzierung umstellen auf einen Teil der MwSt. wie in Frankreich und dann mit offener Budgetierung und Rechnungslegung. Schluss mit der SB-Mentalität beim Beitragszahler, der überhaupt keinen Einfluss auf das Angebot hat und diese Leistung abnehmen und bezahlen muss ob er will oder nicht. Das ist nicht okay.

  20. 11.

    Ich kann nicht mehr,... noch mehr Kontrolle? Was bringt das? Keinen Einblick in Verträge, geschwärzt Seiten? Der Aufsichtsrat hat jetzt schon die Verträge der sogenannten Führungsetage, besser Abkassieretage, nicht sehen dürfen, Geheimnisse, ... rbb und die anderen Dritten abschaffen, spart auch Strom.

Nächster Artikel