Zu wenige Freiwillige - Obdachlosenzählung in Berlin erneut abgesagt

Do 24.11.22 | 10:16 Uhr
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Archivbild: 25.11.2018, Berlin: Ein Obdachloser liegt unter einer Decke im Eingang einer Kirche (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Audio: rbb24 Inforadio | 23.11.2022 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Paul Zinken

Wie viele Menschen leben obdachlos in Berlin? Das sollte eigentlich bereits im vergangenen Sommer ermittelt werden. Die Zählung musste nun erneut abgesagt werden, weil sich zu wenige Freiwillige gemeldet haben.

Die für Januar 2023 geplante Zählung von Obdachlosen in Berlin ist erneut abgesagt, weil sich nicht genug Freiwillige gefunden haben. Das bestätigte der Verband für sozial-kulturelle Arbeit (VskA) Berlin dem rbb. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet.

Bereits im Juni musste die sogenannte "Nacht der Solidarität" verschoben werden, weil sich damals mit 1.200 Menschen nur etwa die Hälfte der nötigen Freiwilligen gemeldet hatte.

Der geplante neue Termin am 31. Januar 2023 kann nun laut Verband ebenfalls nicht gehalten werden.

Verband legt Fokus auf zeitlich flexibles Gesprächsformat

Die "ehrenamtlich engagierten Menschen" in Berlin seien seit Beginn des Krieges in der Ukraine bereits "erheblich beansprucht", so der Verband zu den Gründen für die Absage. "Viele Freiwillige kümmern sich seit Beginn des Krieges um die geflüchteten Menschen aus der Ukraine."

Den Fokus will der Verband nun auf ein zeitlich flexibleres Gesprächsformat legen. Darin will er "die Bedürfnisse, Lebenslagen und Erfahrungen der in Berlin auf der Straße lebenden Menschen genauer in den Blick nehmen". Dies solle mit "freiwilligen, anonymen und qualitativen Befragungen mit obdachlosen Menschen" erreicht werden. Ende Januar 2023 werde zudem eine "Aktionswoche" zum Thema Wohnungs- und Obdachlosigkeit stattfinden.

Das Projekt "Zeit der Solidarität" begann im Sommer 2021, der Verband für sozial-kulturelle Arbeit Berlin koordiniert es. In Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales sowie der Freiwilligenagentur Marzahn-Hellersdorf sollten im Rahmen des Projekts auch Daten über obdachlose Menschen erhoben werden.

Rund 2.000 obdachlose Personen im Januar 2020 gezählt

Die erste Obdachlosenzählung dieser Art hatte die Sozialverwaltung im Januar 2020 mit knapp 3.000 Freiwilligen organisiert. Damals waren rund 2.000 Personen gezählt worden – deutlich weniger als erwartet.

Vorbild für die Berliner Erhebung war eine seit Jahren in Paris durchgeführte Straßenzählung. Auch mehrere Großstädte in den USA nutzen ähnliche Methoden, um die Lage der Wohnungslosen aufzuklären.

Sendung: rbb24 Abendschau, 23.11.2022, 19:30 Uhr

22 Kommentare

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  1. 22.

    Sie haben absolut recht. Die Bundesrepublik gibt derzeit 31% des BIP ausschließlich für Sozialleistungen aus. Die Struktur unserer über 120 Sozialleistungen ist weltweit einmalig, nirgendwo auf der Welt ist es möglich von der Geburt bis zum Tode Sozialleistungen zu beziehen.
    Für eine Beantragung benötigen sie nicht einmal eine Meldeadresse, nur eine Postanschrift ist notwendig. Die Berliner JC/Sozialämter sind z.B. auch nach Anfangsbuchstaben des Nachnamens sortiert. Ich habe Dutzenden sog. ofW (ohne festen Wohnsitz) Kunden, die SGB II Leistungen bekommen. Steht ein Bürger vor mir und drückt mir einen Zettel mit dem Wort Hilfe in die Hand, bin ich verpflichtet, dies als Antrag auf SGB II Leistungen umzudeuten und zu prüfen.

    Nirgendwo ist das Hilfsangebot so extrem niederschwellig wie in D.

  2. 21.

    Vielleicht gibt es einen Fachkräftemangel?
    Was die Staatsverschuldung angeht, wurde die DDR schon überholt.

  3. 20.

    Zugegeben hört man ja überall das gleiche, Personalmangel oder Lieferschwierigkeiten. Nur in der Politik gibt es kein Personalmangel, diese Republik ist mit Verlaub bald so runtergewirtschaftet wie die DDR. Bella Ciao

  4. 19.

    Schon mal gehört, dass die Berliner Verwaltung in allen Bereichen zu wenig Personal hat?

    Wenn Obdachlose gezählt werden müssen, soll der Aufwand auch lukrativ bezahlt werden.

    Für lau macht heute keiner mehr was

  5. 18.

    Also ich würde nicht so weit gehen, dass mir Obdachlose völlig egal sind, aber ansonsten gebe ich Ihnen völlig Recht. In Deutschland muss wirklich niemand auf der Straße leben!

  6. 17.

    Wieso kann man nicht wie bei den Wahlhelfern 240.-Euro zahlen?

  7. 16.

    Die "experten" #8 #10 #12 sprechen wohl aus eigener Erfahrung? Und haben sich aus der nicht notwendigen eigenen Obdachlosigkeit locker und zackig befreit weil angeblich niemand obdachlos sein sollte???

  8. 15.

    Genau. Das kann man nachschlagen in Buch "Der Beamte - Aufzucht und Pflege".
    Irgendwie ist dieses Berufsbeamtentum doch stark überholungsbedürftig.

  9. 14.

    Es hat sich wohl noch nicht überall herumgesprochen, dass beim Land Berlin chronischer Personalmangel herrscht und keine zusätzlichen Aufgaben übernommen werden können. Daher braucht es für eine solche Aktion Unterstützung durch Freiwillige, ansonsten würde der Bearbeitugnsstau bei Perso-Ausstellung, Wohngeldbescheid oder Schließung von Sozial- und Bürgerämtern noch länger andauern, das kann wohl kaum gewollt sein, zumal die Beamt:innen gerade die Wiederholungswahl und den Volksentscheid vorbereiten.

  10. 12.

    ".... für Menschen die sich selbst nicht am Solidarprinzip beteiligen zu wollen." DAS ist der Punkt: JEDE/R, der Leistungen in Anspruch nehmen möchte, muss sich registrieren, warum kann man das nicht auch von Obdachlosen erwarten? Weil man danach vielleicht gefunden wird, was man nicht möchte? Ich verstehe jeden, vor allem Frauen, der sich nicht in diesem Milieu aufhalten möchte, das disqualifiziert mich in keinster Weise!

  11. 11.

    Ich verstehe nicht wieso Freiwillige die Mitarbeiter//innen vom Ordnungsamt haben doch genügend Zeit.

  12. 10.

    Ja, das stimmt. Wir leben in einer sehr sozialen Demokratie. Die Hilfe muss man sich allerdings selbst beim Amt holen. Man muss noch nicht einmal schreiben können, es wird einem komplett geholfen. Wenn man sieht, dass der Etat der Bundesregierung für Arbeit und Soziales von Herrn Hubertus Heil am Größten am gesamten Staatsbürger ist, dann weiss man, dass wirklich Niemand in Deutschland auf der Strasse leben muss. Es ist wohl sehr oft eine selbst gewählte Entscheidung. Einen Sinn in einer Zählung sehe ich nicht!

  13. 8.

    Ich bin ehrlich: Obdachlose in D sind mir völlig egal, da bei uns niemand auf der Strasse leben muss. In Deutschland muss der Hilfebefürftige nur einen Satz sagen: "Ich brauche Hilfe" und man bekommt alles, was man benötigt, was auch gut und richtig ist. Aber diesen einen Satz sagen wird einem niemand abnehmen. Dafür zahle ich auch meine Steuern: um genau solche Leute nicht auf der Strasse zu sehen.

  14. 7.

    Zitat: " Warum kann Berlin die Zählung nicht mit Beamten durchführen" ? Tja, weil diese ehrenwerten Leute dazu keinen Bock haben. Habe ich selbst erlebt beim Zensus 2022 zu dessen Durchführung ich mich freiwillig gemeldet hatte. Auf meine Frage warum das nicht durch Beamte durchgeführt werden könnte wurde mir entgegnet: "Dafür werden wir nicht (ausreichend) entlohnt" und Achtung: " teils zu gefährlich". Noch Fragen?........

  15. 6.

    Sie sprechen mir aus der Seele. In den Kommentarspalten immer die große Solidarität und Empathie mit obdachlosen Menschen betonen und wie besorgt man um sie sei - aber wenn es dann um praktische Hilfe geht (und das ist so eine Aktion hier, um überhaupt zu wissen, wieviel Hilfe notwendig wäre), dann ist es zuhause bequemer und man macht in Wahrheit gar nichts. Und ja, ich mache übrigens mit und nein, ich halte mich deshalb nicht für irgendeinen moralisch besseren Menschen oder fordere dasselbe von allen anderen ein. Das wird ja Kritik gerne sofort reflexartig entgegnet, damit man sie entwerten kann.

  16. 5.

    Erstaunlich. Dafür das so viele von sich behaupten für Hilfe für Obdachlose zu sein oder auch Sozialhilfe für Menschen die sich selbst nicht am Solidarprinzip beteiligen zu wollen.
    Wenn keine Kamera dabei ist, zeigt sich die Wahrheit in der Realität.

  17. 4.

    Ich helfe nur gegen Geld.

  18. 3.

    Warum kann das Land Berlin die Zählung nicht mit Beamten organisieren?
    Es ist beschämend!

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