Deutsche Post stellt Dienst ein - Das letzte Telegramm

Fr 30.12.22 | 18:10 Uhr | Von Marcus Latton
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Archivbild: Eine Mitarbeiterin nimmt am 07.01.1994 im Fernmeldeamt Erfurt ein Telegramm entgegen. (Quelle: dpa/H. Hirndorf)
Audio: rbb24 Inforadio | 30.12.2022 | Anne Burghard | Bild: dpa/H. Hirndorf

Es ist das historische Ende einer Kommunikationsform: Nur noch bis zum 31. Dezember 2022 lassen sich mit der Deutschen Post Telegramme verschicken. Ein Selbstversuch kurz vor Schluss. Von Marcus Latton

"Habe das Geld erhalten. Dein Sohn." Oder: "Mutter liegt im Krankenhaus. Komme schnell nach Hause!" Knapp und mit wenigen Wörtern werden Telegramme verfasst. Damit sind sie quasi kommunikative Vorreiter - lange bevor die Zeichenbegrenzungen bei SMS und Social-Media-Plattformen wie Twitter die zusammengestauchte Kurzformulierung als Massenphänomen markierten. Denn seit der Einführung des Telegramms im 19. Jahrhundert musste für jedes verschickte Wort gezahlt werden. Geschwätzigkeit kam einem teuer zu stehen.

Vor der Erfindung von Telefon und E-Mail war das Telegramm meist die einzige Möglichkeit, jemanden schnell zu kontaktieren und dringende Nachrichten zu übermitteln. Es war ein mehrstufiges Prozedere: Der Absender diktierte einem Beamten die zu übermittelnde Nachricht im Post- oder Telegrafenamt und bezahlte dafür. Die Daten wurden daraufhin per Fernschreiber und mit Hilfe elektronischer Signale an ein anderes Postamt in der Nähe des Empfängers gesendet. Dort wurde die Nachricht aufgenommen, auf ein Kärtchen notiert und von einem Boten innerhalb weniger Stunden zum Ziel gebracht.

Eines der letzten in Deutschland verschickten Telegramme - die Deutsche Post stellt den Telegramm-Dienst zum Ende des Jahres ein. (Quelle: rbb)
Eines der letzten in Deutschland verschickten Telegramme - die Deutsche Post stellt den Telegramm-Dienst zum Ende des Jahres ein. | Bild: rbb

Kaum noch Nachfrage

Mit der Augenblicklichkeit digitaler Kommunikationskanäle geriet das Telegramm zunehmend ins Abseits. 2018 stellte die Deutsche Post das internationale Telegramm-Geschäft ein. Zum 1. Januar 2023 ist nun auch im Inland Schluss. "Es hat kaum noch jemand benutzt", sagt Hans-Christian Mennenga, Pressestelle Nord bei der Deutschen Post DHL Group. Die wenigen verbliebenen Kunden des Dienstes waren neben Nostalgikern Unternehmen, die ihren Belegschaften scherzhaft Glückwunsch-Telegramme zusendeten. "Selbst als Nischenprodukt ist das mittlerweile zu klein. Deshalb nehmen wir es vom Markt", sagt Mennenga.

Selbstversuch: noch ein letztes Telegramm

Wie geht man vor, möchte man kurz vor Schluss ein wenig Telegramm-Kultur erleben? Die Deutsche Post bietet auf ihrer Webseite den Dienst an [deutschepost.d]. Die günstigste Variante, das klassische Telegramm, kostet 12,57 Euro und bietet Platz für 160 Zeichen – genauso viel wie in einer SMS. Aufgegeben wird das Ganze online oder in der Postfiliale.

rbb|24 hat den Versuch gestartet und einer Kollegin aus dem Team ein Telegramm geschickt: "Das Artensterben geht weiter. Hier eines der letzten Telegramme seiner Art. Ab 1. Januar 2023 ist in Deutschland Schluss damit." Gegen 17 Uhr wurde der Telegramm-Text versendet. Per Post kam das Schreiben am Folgetag um 14 Uhr an. Keine schlechte Lieferzeit, wenngleich weit entfernt von den zwei Stunden, die Postboten früher dafür gebraucht haben. Wer kurz vor Neujahr noch zuverlässig und schnell seinem Empfänger etwas mitteilen möchte, sollte also auf E-Mail, Messenger, Telefon oder den persönlichen Hausbesuch zurückgreifen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.12.2022, 18:00 Uhr

Beitrag von Marcus Latton

7 Kommentare

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  1. 7.

    Wollte die letzte Möglichkeit nutzen und per Online ein letztes Telegramm zu versenden. DENKSTE! Ab 20.00 Uhr nur noch Fehlermeldung. Soll heißen, der Service wurde bereits vorfristig eingestellt.

  2. 6.

    Hallo, mein Selbstversuch ist leider gescheitert und außer den Kosten von 17,10€ habe ich nichts erhalten...

  3. 5.

    Ein Transportmittel der Nachrichten ,besonders in Berlin, haben Sie vergessen:Die Rohrpost. Sie hatte im Vorkriegsberlin
    ein enges Netz, später in Ost-und West-Berlin natürlich getrennt und wurde für den Telegrammtransport genutzt.

  4. 3.

    Eine SMS für 12,57€, die dann erst einen Tag später ankommt, braucht wirklich niemand mehr. ;-)

  5. 2.

    Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.

    Die härtesten Nostalgiker waren wohl die Deutsche Post selber...

  6. 1.

    Ja, Fernschreiber. Da kommen Erinnerungen hoch :-). Als ich als Lehrpieps angefangen hatte, stand im Büro ein "Wechselstromtelegrafiegerät" mit Lochstreifen. Letzterer wurde vor Silvester (nicht nur) von den Gesellen oft stark strapaziert. Die kleinen "Stanzabfälle" waren das übelste Konfetti das ich je gesehen habe. Man fand es noch zu Weihnachten - im nächsten Jahr. In dem Sinne
    Einen guten Rutsch und möge das kommende Jahr besser wie das Zuendegehende werden.

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