Waldzustandsbericht 2022 - Nur noch 8 von 100 Bäumen in Brandenburg sind gesund

Mo 12.12.22 | 21:27 Uhr
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Ein wenig Schnee liegt in einem Wald in Ostbrandenburg. Der Tag begann in Brandenburg mit Schnee. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Audio: rbb24 Brandenburg aktuell | 12.12.2022 | Christoph Hölscher | Bild: dpa/Patrick Pleul

Trockenheit und Klimawandel richten bleibende Schäden im Brandenburger Wald an: 92 Prozent der Bäume haben Probleme - das zeigt der neue Waldzustandsbericht. Vor vier Jahren war dagegen noch knapp die Hälfte der Bäume gesund.

Für die Wälder in Brandenburg gibt es nach einem weiteren Dürrejahr keine Entspannung. Die Lage sei deprimierend, sagte Umwelt- und Klimaschutzminister Axel Vogel (Grüne) am Montag bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2022 in Potsdam. Nur noch acht Prozent der Waldbäume wiesen keinerlei Schäden auf und könnten als gesund eingestuft werden. 2018 - vor Beginn der aktuellen Trockenperiode - seien es noch 44 Prozent gewesen. Brandenburg fehle weiter die Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres.

Zugleich sei der Anteil von Bäumen mit deutlichen Schäden um zwei Prozent etwas zurückgegangen, hieß es weiter. Die Buche sei gefolgt von der Eiche die am meisten geschädigte Baumart. Jeder zweite Baum weise in der Stichprobe für den Waldzustandsbericht deutliche Schäden auf. Bei der Buche seien es 54, bei der Eiche 50 Prozent. "Unter den Bedingungen der Klimakrise" werde der Brandenburger Buchenbestand zurückgehen, heißt es in dem Bericht.

Selbst die trockentolerante Kiefer leidet

Auch Brandenburgs häufgister Baumart, der Kiefer, geht es schlechter. 15 Prozent weisen demnach deutliche Schäden auf, nur noch fünf Prozent gelten als gesund. Dabei waren im Jahr 2017 noch 51 Prozent der Kiefern ohne Schäden, 2021 immerhin noch 10 Prozent. Vogel zeigt sich alarmiert: "Dies ist ein deutliches Zeichen, wie extreme Witterungsereignisse und ihre Folgeschäden auch die Vitalität der bisher als trockentolerant geltenden Baumarten mindern."

Schädliche Insekten und Pilze haben den Bäumen im Trockenstress zusätzlich zugesetzt: Seit 2018 sind rund 4,1 Millionen Kubikmeter Schadholz angefallen. Durch Waldbrände, Stürme und Schadinsektenbefall sind seit 2019 rund 15.000 Hektar Kahlflächen entstanden, die wiederbewaldet werden müssen - der Fläche entsprechen rund 21 Fußballfelder.

Der Bericht [PDF, Seite 9 | mluk.brandenburg.de] unterscheidet nach unterschiedlichen Schadensgraden von 0 bis 4: Die beste Kategorie 0 umfasst gesunde Bäume. Ab Kategorie 1 liegen Schäden vor. Die können die Anzahl der Blätter beziehungsweise Nadeln betreffen: Ist diese verringert, sprechen Fachleute von "Kronenverlichtung". Verändert sein kann auch die Blattfärbung: Wenn die nicht mehr grün, sondern schon vor dem Herbst gelb ist, heißt der Schaden "Kronenvergilbung". Je stärker ein Baum vergilbt ist und je lichter seine Krone ist, desto höher die Schadenskategorie.

Mehr Diversität für Brandenburger Wald

Stärkstes Problem für die Wälder sei der Klimawandel, betonte Vogel. Auch die insgesamt 504 Waldbrände hätten auf mehr als 1.400 Hektar Fläche teils große Schäden angerichtet. Darunter seien vier Großbrände gewesen. Bei 480 der Waldbrände sei es gelungen, die Ausdehnung auf unter einen Hektar zu beschränken.

Der Minister kündigte zugleich weitere Anstrengungen zum Waldumbau an. Geplant sei unter anderem, künftig mindestens drei Baumarten auf den Flächen wachsen zu lassen. Auf über 70 Prozent der Waldflächen dominiert immer noch die Kiefer - häufig als Monokultur.

"Das ist keine Mehrgenerationen-Aufgabe"

Minister Vogel betonte am Montagabend in rbb24 Brandenburg aktuell, 500.000 bis 600.000 Hektar Wald müssten "sehr schnell" umgebaut werden. So sollen mehr Laubbäume in Nadelwäldern gepflanzt und Totholz entlang von Wegen entfernt werden. Außerdem sollen Brandriegel entstehen, die Flammen daran hindern, sich auszubreiten. Damit sollen Großbrände in Zukunft verhindert werden.

"Das ist auch keine Mehrgenerationen-Aufgabe mehr, sondern es muss in dieser Generation geleistet werden", sagte der Minister. "Und das heißt, hier müssen alle Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen ran."

Minister will Waldgesetz ändern

Das Land will deshalb auch das Waldgesetz überarbeiten. Damit sollen im äußersten Fall auch ohne Zustimmung der Besitzer Maßnahmen in den privaten Wäldern durchgeführt werden können. 60 Prozent des brandenburgischen Waldes gehören nach Angaben des Ministers Privatpersonen. Das sei ein großes Problem.

"Häufig kommen wir an diese Waldbesitzer und Waldbesitzerinnen nicht ran. Sie haben den Zugang zu ihrem Eigentum verloren. Viele wissen überhaupt nicht mehr, wo ihr Wald sich genau befindet", sagte der Minister. Es handele sich demnach um Erbengemeinschaften, von denen kaum noch ein Ansprechpartner vor Ort sei. Auch fehle das Interesse. Man wolle bei diesen Besitzern das Bewusstsein für die Verantwortung schaffen, die sie damit für die Gesellschaft hätten.

Brandenburg verfügt nach Ministeriumsangaben über rund 1,1 Millionen Hektar Wald. Dies entspricht 37 Prozent der Landesfläche. Der Waldzustand wird seit 1991 nach einem bundeseinheitlichen Verfahren erhoben. Dafür wurde in Brandenburg eine Stichprobe von 4.740 Bäumen untersucht.

Sendung: rbb24 Inforadio, Nachrichten, 12.12.2022, 10:20 Uhr

28 Kommentare

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  1. 28.

    Schon gewusst: Die Aufheizung durch eine bodennahe Freiflächen-PV-Anlage ist vergleichbar mit einer gleich großen Rasenfläche oder Maiskultur.

  2. 27.

    Die Rückwirkung im ersten Fall verändert das Umfeld nicht zum negativen, jedoch sollten keine lebenswichtigen Biotope, wie beispielsweise Wälder für Solarparks oder Windräder, beseitigt werden.
    Und sie haben schon einen Punkt, dass man es intelligent anpacken muss, aber das gilt für alle jetzt einzuleitenden Gegenmaßnahmen, denn sonst erleben wir den eingeschwungenen Zielzustand garnicht erst. Aber das setzt ausschließlich evidenzbasiertes wissenschaftliches und nicht ausschließlich profitorientiertes Handeln voraus.

  3. 26.

    Haben Sie, Kommentar 21 überhaupt gelesen, auf den Ich, geantwortet habe ???
    Kommentar 21 beschreibt, das Klimaschutz auch nach der Art und Weise, hinterfragt werden muss und dazu noch in die falsche Richtung gehen kann.
    Märkische Landschaften auf tausende Hektar, mit reflektierenden Photovoltaik Anlagen zuzupflastern, wird auch nicht der Beste Klimaschutz sein und dazu noch tausende Windräder, die auf, vorher von der Landwirtschaft selbst, ausgedörrten Äckern, gestellt werden.
    Naturschutz/Klimaschutz, muss auch in einer Demokratie, hinterfragt werden dürfen.

  4. 25.

    Nach dem Motto: Ich bin Jung, linker Grüner, studiert und bekomme 4000 Euro im Monat.
    Ja genau: Klimaschutz beruht auf Einsparungen und nicht auf immer neue Gesetze, Regelungen und Steuern, wodurch immer mehr verdient werden muss und der Gesellschaftliche Aufwand an Energie steigt.
    Deshalb steigt ja der Bestand an Kraftfahrzeugen in Brandenburg/Berlin auch immer mehr, um schön an fette Kohle und gute Arbeit zu kommen.
    Geheizt wird am Besten mit Holz und Kohle, das es im Winter nur so qualmt/stinkt und Silvester wird privater Feinstaub für ein gesamtes Jahr freigesetzt, usw.
    Das ist Klimaschutz made in Deutschland.

  5. 24.

    Gut sie können offenbar weder in Zusammenhängen denken noch Dinge richtig priorisieren.
    Denn mit ihren Vorstellungen fahren wir mit Vollgas gegen die Wand. Und auf der letzten Wegstrecke fliegt ihnen auch jede Form der Demokratie auseinander.

  6. 23.

    In einer demokratischen Gesellschaft muss es nicht unbedingt und zwangsläufig, um den Klima-Natur-und Umweltschutz gehen.
    Eine Demokratie benötigt immer eine Mehrheit und dazu braucht es Wähler, die man von irgendeiner Meinung überzeugen muss - eine Demokratie, möchte immer nur, wiedergewählt werden.
    Klimaschutz, der nur auf Verteuerung der Lebensumstände abzielt- setzt eine Preis-und Lohnspirale in Gang, die immer mehr und immer mehr Energie benötigt und letztendlich zum Klimakollaps führt.

  7. 21.

    Stimme Ihnen voll zu. Nur ein Fakt fehlt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien trägt auch zum Waldsterben bei. Die über riesige Flächen sich ausdehnenden Photovoltaikanlagen produzieren nicht nur Strom, sie reflektieren auch die aufprallende Wärme u. mit dem Aufheizeffekt wird das Klima der Region negativ verändert. Kommen Waldrodungen für erneuerbare Energien dazu, potenzieren sich die Baumschäden. Flora u. Fauna sterben auf Raten! Damit schießen sich die Klimaretter ins eigene Knie, wollen es nur nicht wahrhaben.

  8. 20.

    Da auch die Eingriffe für Gewerbe und Industrie und nicht nur dem privatem Hausbau ausgeglichen werden müssen und zudem ggf. auch noch zusätzliche Maßnahmen wie Waldumbau oder Anlagen von Hecken etc. angeordnet werden, kann sich daraus ggf. eine Win-Win-Situation ergeben.

  9. 19.

    Ja dann fangt doch an und schafft alle eure Handys Und PC`s ab ! Das wär doch mal ne Maßnahme ! Tut es für die Bäume Ich bin sehr gespannt wieviel dann noch von der Umweltliebe übrig bleibt .

  10. 18.

    Und es wirklich nicht besser mit dem Wald, da immer mehr Waldflächen in Gewerbegebiete umgewandelt werden und der Waldumbau zu langsam stattfindet. Leider hat es die Brandenburger Landesregierung noch nicht verstanden. Profit steht im Vordergrund.

  11. 17.

    Ja Ja, Erst wenn man gar nicht so schnell die Bäume nachpflanzen kann, wie Diese absterben, wird es schlimm - aber wahrscheinlich ist es dann auch schon zu spät - Alles Klar.

  12. 16.

    Der größte amtlich geförderte Waldvernichte rist und bleibt in Brandenburg TESLA:

  13. 15.

    @Karl-Heinz
    Würde es ihnen z.B.helfen, wenn da stände die Kiefern haben
    Dothistroma? Melampsora pinitorqua ist auch eine Kiefernkrankheit .

  14. 14.

    Nichts verstanden....was solls ?
    Wenn von 100 Bäumen nur noch 8 intakt sind erholt sich nichts mehr und bei der zunehmenden Dürre sind auch Neupflanzungen sinnlos.
    Was muss noch passieren bis den Klimawandelleugnern ein Licht aufgeht?

  15. 13.

    Da spricht wieder ein Experte. Ne, so einfach ist das eben nicht. Und nein,ist auch kein Jammern,sonder Besorgnis. Aber ich nehme an das sie 60+ sind.Früher war alles besser und es gab keinen Klimawandel.

  16. 12.

    Niemand ! Aber man muß es auch nicht dramatisieren . Bäumen ging es früher auch schon schlecht , aber in der Regel erholen die sich auch wieder oder werden neu gepflanzt. Also ,kein Grund rumzujammern .

  17. 11.

    Das ist das gleiche Thema wie mit dem Wolf und seinem tatsächlichen vielfach nicht verstandenen Beitrag zur Artenvielfalt und Biotopstabilisation. Genauso verhält es sich mit den Wäldern. Vielfalt und alt werdende Bäume, kurz Urwälder, stabilisieren und nicht ständiges aus- und aufforsten. Dahinter steckt die weit verbreitete irrige und längst widerlegte Annahme, dass in Naturwäldern nach einer kurzen Phase des Vorratsaufbaus der Zuwachs stagniere und sich eine natürliche Balance zwischen Kohlendioxid-Aufnahme (Wachstum) und -Abgabe (Verrottung) einstelle.
    Tatsächlich reichern ungenutzte Wälder über Jahrhunderte hinweg weiteren Kohlenstoff an und erfüllen dabei zahlreiche weitere Funktionen (analog zum Wolf).

    Zur Wahrheit gehört aber auch, dass unsere CO2-Emission Dimensionen erreicht hat, die alleine durch Wälder, welcher Form auch immer, nicht mehr kompensierbar sind.

  18. 10.

    Axel Vogel,
    Könnte mehr tun.
    Förster um 75% reduziert, 1 von vier Förstern nur noch im Außeneinsatz, Beratung für Waldbauern praktisch Null.
    Förderprogramme für Waldumbau stark eingestampft ....
    Für die Waldbranche sind Axel Vogel, P. Wohlleben, ... einfach unkonstruktiv peinlich.

  19. 9.

    Lieber User, der Bericht unterscheidet nach unterschiedlichen Schadensgraden von 0 bis 4: Die beste Kategorie 0 umfasst gesunde Bäume. Ab Kategorie 1 liegen Schäden vor. Die können die Anzahl der Blätter beziehungsweise Nadeln betreffen: Ist diese verringert, sprechen Fachleute von "Kronenverlichtung". Verändert sein kann auch die Blattfärbung: Wenn die nicht mehr grün, sondern schon vor dem Herbst gelb ist, heißt der Schaden "Kronenvergilbung". Je stärker ein Baum vergilbt ist und je lichter seine Krone ist, desto höher die Schadenskategorie. Mehr können Sie nachlesen unter https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Waldzustandsbericht-2022.pdf (Seite 9). Die Redaktion

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