Kitas in Brandenburg - Deutlich mehr Verdachtsfälle von Kindeswohlgefährdung

Mi 01.03.23 | 12:04 Uhr
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Symbolbild: Kind schaukelt auf einem Spielplatz (Bild: imago images/Kirchner Media)
Bild: imago images/Kirchner Media

Die Zahl von Verdachtsfällen von Gefährdung des Kindeswohls in Kindergärten und -horten Brandenburgs ist im vergangenen Jahr sprunghaft gestiegen.

Wie das Sozialministerium in Potsdam auf eine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 245 Vorkommnisse in den Einrichtungen gemeldet, 76 mehr als ein Jahr zuvor. Das führte zu 33 Strafanzeigen, sechs mehr als im Jahr 2021. Die mutmaßlichen Opfer waren Kinder, jünger als acht Jahre alt.

Ministerium sieht anderes Meldeverhalten

Die Angaben stammen aus der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Demnach registrierten die Behörden im Jahr 2012 nur acht Vorkommnisse, die alle zu einer Strafanzeige führten. 2018 waren es bereits 136 Meldungen und 12 Strafanzeigen. Von 2012 bis zum vergangenen Jahr wurden insgesamt 1.234 Ereignisse gemeldet, die zu 236 Strafanzeigen führten.

Den Schub im vergangenen Jahr führt das Ministerium auf das seit Juni 2021 geltende Kinder- und Jugendstärkungsgesetz zurück, "das offenbar zu einer Änderung des Meldeverhaltens der Einrichtungsträger und der Jugendämter geführt hat".

Wie das Ministerium erläutert, sind alle Träger von Kindertageseinrichtungen verpflichtet, sogenannte Vorkommnisse zu melden, die das Wohl der Kinder beeinträchtigen können. Dazu gehörten auch Kita-Leitungen und mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz auch die Jugendämter der Landkreise und kreisfreien Städte.

Bei den gemeldeten Angaben handele es sich um Verdachtsfälle, mutmaßlich begangen von Mitarbeitern in Kindertageseinrichtungen. Das Ministerium habe statistisch nicht ausgewertet, ob bei diesen Meldungen Straftatbestände erfüllt worden seien, hieß es.

AfD: "Ministerium fehlt der Überblick"

Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Dennis Hohloch, kritisert das. "Dem Ministerium fehlt der Überblick darüber, wie viele Erzieher Tatverdächtige sind, wie viele Straftaten in den Kitas begangen wurden", sagte Hohloch. Er forderte, dass das Ministerium eine eigene Statistik darüber führen müsse, um Handlungsschwerpunkte in der Prävention zu erkennen.

Derweil mahnte Elske Hildebrandt, Sprecherin für frühkindliche Bildung der SPD-Fraktion, eine Stärkung des Kinderschutzes durch qualifizierte Fachkräfte an. Sie betonte, dass verbindliche Schutzkonzepte in Kitas wichtig seien. Diese müssten seit Sommer 2021 nach einer Bundesgesetzesreform alle Kita-Träger vorlegen, um eine Betriebserlaubnis zu erhalten.

Auf und Ab bei Gewalttaten

Laut Polizeilicher Kriminalitätsstatistik gab es bei den Gewalttaten in Kindergärten und -horten in den letzten Jahren ein ständiges Auf und Ab. Im Jahr 2012 lag ihre Zahl bei 37, das waren drei Fälle mehr als 2021. Angaben für das vergangene Jahr werden erst im März veröffentlicht.

Zudem entsprechen die Zahlen der ans Jugendministerium gemeldeten Fälle von Gewalt gegen Kita- und Hortkinder nicht der Zahl erfasster Fälle in der Polizeilichen Kriminalstatistik des Landes. Die liegt niedriger und schwankte in den vergangenen Jahren in einem mittleren zweistelligen Bereich. Die höchste Zahl erfasster Fälle lag 2019 bei 57 Gewaltdelikten, die niedrigste lag 2014 bei 31 Taten. Unter die laut Polizeilicher Kriminalstatistik erfassten Delikte fallen etwa Körperverletzungen, sexueller Missbrauch, Misshandlungen oder die Verletzung der Fürsorgepflicht.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 28.02.2023, 19:30 Uhr

3 Kommentare

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  1. 2.

    Zugegeben sind die Zahlen (auch) in diesem Artikel recht verwirrend dargestellt. Einen "spürbaren" Anstieg der Strafanzeigen kann ich dort jedoch nicht erkennen: 2022 gab es mit 245 Stück etwa 50% mehr _Meldungen_ als 2021. Hieraus folgten mit 33 Stück jedoch nur 22% mehr _Strafanzeigen_ als 2021. M.E. lässt sich dies völlig plausibel mit einem veränderten Meldeverhalten erklären. Wenn es zur Strafanzeige kommt, gehe ich auch davon aus, dass ermittelt wird. Einen Hinweis, dass hier die "Augen zu" gemacht würden und tatenlos "auf das Beste gehofft" würde, kann ich dem Artikel nicht entnehmen.

  2. 1.

    Ein derartiger Ausreißer bzw. sprunghafter Anstieg ist mit hoher Wahrscheinlichkeit und entgegen der Beschwichtigung des Ministeriums nicht von einem veränderten Meldeverhalten getrieben, insbesondere da auch die Zahl der Strafanzeigen spürbar zugenommen hat. Hier müssen zum Wohle der Kinder dringend die Ursachen ermittelt werden. Möglicherweise ist dies ein Ausdruck von zunehmender Überforderung von Erziehern. Einfach Augen zu und das Beste hoffen, kann keine Lösung sein!

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