Nahverkehr in Berlin - Überlastete Ämter und technischer Defekt sorgen für Verzögerungen beim Sozialticket

Do 06.04.23 | 16:36 Uhr
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Personen gehen auf der U-Bahn Station am Hauptbahnhof. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Video: rbb24 Abendschau | 07.03.2023 | Julia Kubowicz | Bild: dpa/Annette Riedl

Wer in Berlin Sozialleistungen bezieht, kann das Sozialticket beantragen. Damit dürfen Berlinerinnen und Berliner für neun Euro Busse und Bahnen in den Tarifbereichen A und B nutzen. Doch es gibt Probleme bei der Beantragung des Tickets.

In Berlin gibt es offenbar Probleme mit dem vergünstigten Sozialticket für neun Euro. Wie die Sozialverwaltung am Donnerstag mitteilte, erschweren Überlastungen in den Ämtern und ein technischer Defekt die Beantragung des Sozialtickets. Wann die Probleme behoben sein könnten, ist nicht bekannt.

Das Sozialticket steht Menschen zur Verfügung, die Sozialleistungen beziehen. Um das Ticket zu erhalten, benötigen sie zum einen eine VBB-Kundenkarte Berlin S und zum anderen einen Berechtigungsnachweis. Dieser bescheinigt, dass tatsächlich Sozialleistungen bezogen werden.

Bei beiden Nachweisen jedoch hakt es. So verzögere sich das Beantragen der VBB-Kundenkarte durch einen technischen Defekt bei einem Dienstleister der Berliner Verkehrbetriebe (BVG), heißt es in der Mitteilung der Sozialverwaltung.

Aber auch der Berechtigungsnachweis kann nur verzögert ausgestellt werden. Als Grund nennt die Sozialverwaltung die hohe Belastung der zuständigen Ämter wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine.

Das Problem zeichnete sich ab

Menschen, die Sozialleistungen beziehen, können mit dem Sozialticket für neun Euro monatlich den Berliner ÖPNV nutzen. Das Ticket gilt für die Tarifbereiche A und B. Bis zum Ende des Jahres 2022 benötigten Berlinerinnen und Berliner den Berlinpass um dieses Sozialticket zu bekommen. Es gab allerdings Kritik, die Abwicklung über den Berlinpass sei zu bürokratisch.

Deshalb löste der Berechtigungsnachweis am ersten Januar 2023 den Berlinpass ab. Berechtigte sollten dadurch nicht mehr mehrere Anträge bei verschiedenen Behörden stellen müssen. Stattdessen sollten sie künftig automatisch ein Schreiben zugeschickt bekommen, um Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Organisieren und versenden sollten es die Stellen, die auch die finanziellen Hilfen genehmigen.

Sozialstadträte klagten jedoch in einem Brief an den Senat bereits im Dezember 2022 über das neue Prozedere. Sie fürchteten Überlastungen bei den Sozialämtern und baten um Aufschub. Den gab es nicht. Nun sind die Ämter offensichtlich überlastet und der Berechtigungsnachweis wird nur verzögert ausgestellt - zum Nachteil derjeniger, die davon profitieren sollten.

Kulanz bei Kontrolleuren gefordert

Die Senatsverwaltung habe sich deshalb bei der BVG dafür eingesetzt, dass bei Fahrausweiskontrollen während der Übergangszeit kulant vorgegangen wird, heißt es von der Behörde. Fahrgästen, die von der Umstellung des Verfahrens betroffen seien, sollten keine Nachteile entstehen.

Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) kritisierte, Probleme mit dem Sozialticket beträfen die Menschen, die ohnehin am Rande oder unterhalb des Existenzminimums lebten. Eine mögliche Strafe von 60 Euro für fehlende Nachweise bei einer Kontrolle führe dann schnell in die Schuldenfalle oder dazu, dass in diesen Haushalten kein Geld für das Lebensnotwendige mehr zur Verfügung stehe.

Sendung: rbb|24 um6, 06.04.2023, 18:00 Uhr

34 Kommentare

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  1. 33.

    @Karsten Nilson hatte mich bereits darauf hingewiesen.
    Ich habe im Kommentar 27 um 14.28 Uhr bereits korrigiert.



  2. 32.

    Die Kulanz bzw. fehlende Kulanz ist ja aktuell das Problem. Das geplante Verfahren Berechtigungsnachweis -> Kundenkarte beantragen -> Kundenkartennummer in Fahrkarte eintragen funktioniert noch nicht flächendeckend und die Ersatzverfahren sorgen für Verwirrung, werden aber seitens S-Bahn und BVG wohl relativ kompromisslos durchgesetzt.

    Es wird seit Monaten auf die die Alternativen hingewiesen, aber man dringt offensichtlich nicht zu allen durch.

  3. 31.

    Auch hier nochmal ich. Das 9€ Ticket gibt es sehr wohl am Automat. Unter Zeitkarten und dann S Ticket. Ich besorge es jeden Monat mit jemandem . Das Sozialticket kostet aktuell weiter 9€ anstatt 27,50€.

  4. 30.

    Hallo „Ruth“,
    das ist zwar richtig. Und die Sache mit dem BerlinPaß wurde bis Ende Juni verlängert. Die Akzeptanz sollte ursprünglich Ende diesem Monats auslaufen. Aber nach Beschwerden aufgrund der massenhaft felenden QR-Codebestückten Bescheide die nochmalige Verlängerung. Aber scheinbar stößt es bei den Kontrolleuren der BVG auf eine Art Desinteresse.
    MfG und schöne Ostern

  5. 29.

    Hallo „sabi“,
    das Problem ist nicht das Ticket allein, sondern die sog. Trägerkarte die mit einem aktuellen Paßbild versehen ist. Dieses wird mit der Einsendung des Paßbildes in dieser Trägerkarte mit eingearbeitet. Und wie gesagt wissen die Fremdfirmenmitarbeiter im Außenkontrolldienst (so die richtige Bezeichnung der Kontrolleure)selber nicht was nun richtig ist und was nicht.
    Trotz allem wünsche ich Ihnen schöne Ostern

  6. 27.

    Ok, danke für die Info ... dies war mir neu ...
    dann nehme ich natürlich diesen Teil sofort zurück!

    Allerdings kann man doch zum Kundenservice gehen, wenn das Berlin Ticket S fehlt und ist dann auch nicht auf die Kulanz der Kontrolleure angewiesen, oder?

  7. 26.

    Hallo „sabi“,
    IRRTUM!!!! Das 9€-Ticket gibt es am Automaten der S-Bahn. Berlin AB->Zeitkarten->Berlin-Ticket S. Nix Abo. Und das Kundencenter will einen Bescheid MIT QR-Code sehen. Wo kein Bescheid mit QR-Code, da nix Kundenkarte. Das Problem liegt auch daran da niemand weiß welche Nummer dort eingetragen werden soll. Nach meiner Info ist dort die dementsprechende Nummer, die auf der BVG-Kundenkarte steht, einzutragen.

  8. 25.

    Ach,,unsere ganzen Ämter sind überfordert.

    Zivilversager

  9. 23.

    1. Es wurde in allen Medien bekanntgegeben, dass weder das 49- noch das 9-Euro-Ticket am Automaten erhältlich ist, sondern nur im Abo.

    2. Fehlt es mir an Vorstellungskraft, wie man einen Anspruch wegen "Bedürftigkeit" für das 9-Euro-Ticket an einem Automaten bewerkstelligen will.

    Für Nicht-Internet-Nutzer ist der Kundenservice an den verschiedensten Stellen nutzbar.

  10. 22.

    Hoch lebe die Digitalisierung in Berlin Amtsstuben. Der Bote der die Anträge weiter trägt ist krank der Andere hat Urlaub und schon bleib alles liegen.

  11. 21.

    Ich habe versucht ein 9€ Ticket für April am Automaten der BVG zu ziehen. Gibt es nicht !
    Nur in der BVG App erhältlich. Dazu benötige ich die VBB Kundennummer ! Die VBB- Kundenkarten Berlin S habe ich bis heute nicht erhalten. Ja ich habe bereits alles im Dezember beantragen wollen. Der Berechtigungsnachweis wurde erst mitte März an mich versandt. Seit dem 21. März ist die VBB Kundenkarten Berlin S auf dem Weg zu mir. 07.04. und noch nicht da. Seit 01. Januar aber gültig.
    Martin Behnke hat wohl nicht richtig mitbekommen das hier nichts richtig läuft. Verwechselt BG-Nr. mit VBB Kundennummer und verdreht etwas die Tatsachen.

  12. 20.

    Das Ticket an sich ist übrigens in jedem zweiten Lottoladen erhältlich ! Also woran haperts denn nun genau ? Zumutbar gepflegt für die Umwelt an einem Tag mal zwei Schuhe anzuziehen, und sich das Ding einfach mal zu kaufen ?

    Ich frage mich ernsthaft, wie es einige der Beschwerdeführer hier jemals schaffen sollen, eine (einfache) Steuererklärung zu fertigen !

    9 Euro bezahlen, Kopie des Bescheides in die Börse (BG-Nr. ins Ticket schreiben) und fertig !

    Wie einfach denn bitte noch ? Mit der Senfte zum Geldautomaten und dann mit dem Taxi zur Lotto-Klitsche ?

    Um dem (für mich schockierenden) Anspruchsdenken einiger mal Missverständnissen vorzubeugen: Man muss 9 Euro für das Ticket zahlen wenn man den ÖPNV nutzt, man bekommt keine 9 Euro ! Da wird auch niemand stigmatisiert (passend zum heutigen Tage)

  13. 19.

    Ein Leistungsbescheid passt in jede Geldbörse ! Leistungsempfänger, bei denen das nicht geht, denen unterstelle ich mal Leistungsmissbrauch, die müssten ja Tausende von Euros in bar mitführen, damit da nicht mal mehr EIN einziger Zettel reinpasst, den JEDER Betroffene (falsches Wort, ich ersetze es lieber durch PRIVELIGIERTE) hat !

    Klar, via Copyshop werden hier sicher wieder Fälschungen zurechtgeschmiert (und seit der Pandemie halte ich nichts mehr für unmöglich, was mit dem Bereich Betrug/Erschleichung von (Sozial-) Leistungen zu tun hat)... also obliegt es wohl Kontrolleuren, sich hier im zweifelsfall ein Original nachreichen zu lassen. (also besser keine Schokoflecken, ist das zumutbar?)

    ca. 20% der Anspruchsberechtigten sind übrigens Analphabeten, denen die Praxis via QR-Code recht wenig bringt, aber die haben idR BETREUER ! Da ist weder bei der BVG noch beim Senat nen Fehler zu suchen. Wenn, dann am ehesten noch darin, überhaupt die Option online anzubieten.

  14. 18.

    Danke Frau Kipping, dass Sie sich so für die "ARMEN" einsetzen, die, die 24 / 7 Zeit haben sich um das Sozialtiket zu kümmern, während die, die dafür sorgen dass Sie das Geld der Leistungsträger an die "ARMEN" verteilen, mit 60€ bestraft werden, die "ARMEN" aber nicht.

  15. 17.

    Nach dem großen HURRA folgt das noch größere BUH.

  16. 16.

    Unfähigkedit, Realitätsfern oder Gehässig. Ich mutmaße, diese Vorgehensweise ist vorsätzlich beschlossen worden. Wer es nicht erlebt, kann es nicht glauben. So wird man zum Spielball zwischen den betreiligten Behörden. Das die BVG die persönlichen Daten (Ausweis, Foto) erhält ist garantiert nicht vom Datenschutz gedeckt. Nun heißt es auch noch diese Daten würden in die Hände von irgendeinem "Dienstleister" geraten. Super! Zusätzlich werden die armen Menschen gegen Geflüchtete ausgespielt. Meisterlich!

    https://www.berliner-zeitung.de/open-source/soziales-armut-buergergeld-bvg-ersatzverfahren-fuer-ermaessigte-eintritte-und-fahrkarten-behoerdenchaos-statt-berlin-pass-das-neue-berlin-ticket-s-li.312718

  17. 15.

    Man kann kaum etwas finden in dieser Stadt, was überhaupt mal auf Anhieb klappt.

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