Zum Schutz von Nutztieren - EU-Kommission will Schutzstatus des Wolfes herabsetzen

Do 21.12.23 | 08:15 Uhr
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Der Jäger Wolfgang Wernicke in Wäldern von Brandenburg Herzberg (Mark) am 30.10.2014. (Quelle: Picture Alliance/Robert Schlesinger)
Bild: Picture Alliance/Robert Schlesinger

"Geschützt" statt "streng geschützt": Die EU-Kommission schlägt vor, den Schutzstatus des Wolfes zu lockern. Hintergrund ist die steigende Population des Raubtieres in Europa. Immer mehr Nutztiere seien in Gefahr, erklärte Kommissionspräsidentin von der Leyen.

  • EU-Kommssion will den Schutzstatus des Wolfes von "streng geschützt" auf "geschützt lockern - Abschüsse von Wölfen würden erleichtert
  • Bundesumweltministerin Lemke sagte: "Wir sollten nicht so tun, als ob der Wolf Müll ist und weg kann"
  • Änderung der Berner Konvention würde Jagd auf Wölfe erlauben, wenn Erhalt von Populationen nicht gefährdet wird

Die Europäische Kommission will die strengen Schutzregeln für Wölfe lockern. Man schlage vor, den Status des Wolfs von "streng geschützt" auf "geschützt" herabzusenken, teilte die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit. Dies würde es erlauben, die Jagd auf Wölfe zu genehmigen, wenn dadurch nicht der Erhalt von Populationen gefährdet wird.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte zu dem Vorstoß, die Rückkehr des Wolfs sei eine gute Nachricht für die Artenvielfalt in Europa. Die Dichte der Wolfsrudel in einigen europäischen Regionen sei inzwischen jedoch zu einer echten Gefahr geworden, insbesondere für die Nutztierhaltung.

Von der Leyen ermutigt Kommunen zum Abschuss

"Die lokalen Behörden fordern größere Flexibilität für das aktive Management kritischer Wolfspopulationen", sagte von der Leyen. "Dies sollte auf europäischer Ebene erleichtert werden, und der von der Kommission eingeleitete Prozess ist ein wichtiger Schritt dahin." Von der Leyen hatte Kommunen bereits zuvor aufgefordert, die derzeitigen Spielräume für den Abschuss von problematischen Wölfen mutig zu nutzen.

Die EU-Kommission hatte im September angekündigt, dass sie auf der Grundlage von neuen Daten entscheiden will, ob aus ihrer Sicht der Schutzstatus des Wolfs geändert werden sollte.

Nun ist es an den Mitgliedstaaten, über den Vorschlag zu entscheiden. Sollte er angenommen werden, müsste er dann auch noch den anderen Vertragsparteien des sogenannten Berner Übereinkommens zur Zustimmung vorgelegt werden. Dieses soll in ganz Europa und darüber hinaus die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume sichern.

Lemke: "Nicht so tun, als ob der Wolf Müll ist"

In Deutschland soll nach Vorschlag von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) 21 Tage lang nach einem Nutztierriss auf einen Wolf geschossen werden dürfen, der sich im Umkreis von einem Kilometer um die Rissstelle aufhält. Voraussetzung dafür ist weiterhin eine Abschussgenehmigung, außerdem geht es um "zuvor festgelegte Regionen mit erhöhtem Rissvorkommen" und der Wolf muss "zumutbare Herdenschutzmaßnahmen" überwunden haben. Gleichzeitig mahnte sie: "Er ist der naheste Verwandte eines unserer beliebtesten Haustiere, dem Hund, und deshalb sollten wir nicht so tun, als ob der Wolf Müll ist und weg kann."

Im EU-Recht sind Wölfe bislang durch die FFH-Naturschutzrichtlinie besonders geschützt. Diese Richtlinie beruht auf den Vereinbarungen der Berner Konvention für den Erhalt wildlebender Pflanzen und Tiere in Europa und kann deshalb nicht auf alleinige Initiative der EU geändert werden. Dem Vorschlag der Kommission müssen alle 51 Unterzeichner der Konvention zustimmen, darunter unter anderem die Türkei und Belarus.

Reaktionen zum Vorstoß der EU-Kommission

Aus Bayern kamen bereits positive Reaktionen auf die Ankündigung der EU-Kommission. Die agrarpolitische Sprecherin der CSU-Fraktion, Petra Högl, erklärte: "Die Verunsicherung in der Landwirtschaft ist groß und die Schäden mittlerweile beträchtlich." Keiner wolle den Wolf ausrotten, aber eine Entnahme sei mittlerweile mehr als gerechtfertigt. Der umweltpolitische Sprecher der Partei, Alexander Flierl, sagte: "Ohne eine aktive Bestandsregulierung ist nicht der Wolf gefährdet, sondern die Weidetierhaltung und der Erhalt unserer Kulturlandschaft." Er forderte die Bundesregierung zum Handeln auf.

Auch die Deutsche Wildtier Stiftung begrüßt den Vorschlag zur Lockerung des Schutzstatus. "Die Herabstufung des Schutzstatus würde dieses faszinierende Wildtier nicht grundsätzlich zum Abschuss freigeben", erklärte Stiftungsvorstand Klaus Hackländer. Man würde vielmehr den Weg frei machen für ein langfristiges Miteinander von Wildtier und Mensch. Hackländer mahnt zudem zu einer weiterhin engmaschigen Überwachung der europäischen Wolfspopulation, um jederzeit Maßnahmen ergreifen zu können.

Mehr als 1.000 Vorfälle in Deutschland

Allein in Deutschland ist die Zahl der Wolfsübergriffe auf Nutztiere nach einem Bericht im vergangenen Jahr deutlich auf mehr als 1.000 Fälle gestiegen. Dabei wurden mehr als 4.000 Nutztiere getötet oder verletzt.

Zuletzt sorgte ein Fall in Brandenburg für Aufruhr, bei dem ein Mann und sein Hund in einem Waldstück im Landkreis Elbe-Elster von einem Tier angefallen worden waren, im Verdacht stand ein Wolf. Der Mann erlitt dabei schwere Verletzungen. Eine DNA-Analyse ergab allerdings, dass es sich bei dem Angreifer nicht um einen Wolf, sondern einen Hund gehandelt hat. Die Polizei sucht jetzt nache dem Hundehalter.

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 20.12.2023, 19:30 Uhr

57 Kommentare

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  1. 57.

    Ja nun, vielleicht sollten Sie es den Hunden und Katzen vorlesen. Wenn ich irgendwo einen Hund sehe, den ich nicht kenne, versuche ich, ihn einzufangen. Telefoniere herum und versuche, Hilfe zu bekommen. Und ich las gerade, dass der Hauptgrund für den Rückgang der Bodenbrüter die Intensivierung der Landwirtschaft ist. Nicht, dass ich es nicht schlimm finde, dass es in unserem Land viele verwilderte Katzen gibt und immer noch Menschen, die sinnlos zwei mal im Jahr Katzenbabys produzieren und sich dann nicht kümmern. Aber das Jagdgesetz können sie nicht lesen.

  2. 56.

    Sie möchten Beispiel? Gerne! Da wären z.B. Nachzucht- und Wiederansiedlungsprojekte für die Europäische Sumpfschilkröte. Für die Bestandserhaltung dieser vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Art ist es dabei unerlässlich, die Waschbären als einen Hauptprädator effektiv zu bekämpfen. Das ist aufwendig und verlangt hinreichenden Personaleinsatz. Ein anderes Beispiel wären Maßnahmen zur Biotopoptimierung für Feldhühner (Rebhuhn, Wachtel) nebst Prädatorenkontrolle. Ein weiteres Beispiel wäre die Einrichtung hinreichend breiter Schutzstreifen um Kleingewässer zum Schutz von Kammmolch, Rotbauchunke und Laubfrosch. Hier wäre insbesondere auch die Landwirtschaft für Nutzungsausfälle zu entschädigen.

  3. 55.

    Sie möchten Beispiel? Gerne! Da wären z.B. Nachzucht- und Wiederansiedlungsprojekte für die Europäische Sumpfschilkröte. Für die Bestandserhaltung dieser vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Art ist es dabei unerlässlich, die Waschbären als einen Hauptprädator effektiv zu bekämpfen. Das ist aufwendig und verlangt hinreichenden Personaleinsatz. Ein anderes Beispiel wären Maßnahmen zur Biotopoptimierung für Feldhühner (Rebhuhn, Wachtel) nebst Prädatorenkontrolle. Ein weiteres Beispiel wäre die Einrichtung hinreichend breiter Schutzstreifen um Kleingewässer zum Schutz von Kammmolch, Rotbauchunke und Laubfrosch. Hier wäre insbesondere auch die Landwirtschaft für Nutzungsausfälle zu entschädigen.

  4. 54.

    Hunde und Katzen werden nur in Ausnahmefällen erlegt wenn es zum Schutz von Wildtieren erforderlich ist.

  5. 53.

    Ein Blick ins Jagdgesetz erleichtert die Rechtsfindung.
    Man kann sich nicht einerseits darüber ärgern, dass der Bestand an Bodenbrütern stetig abnimmt und dann streunende Katzen verschonen, die Nester ausräubern. Für streunende Hunde, die Wild jagen, gilt das auch. Der Jäger ist auch Heger. Er hat beim Schießen einen Mindestabstand von 200 m zu Menschen und zu Siedlungen einzuhalten. Es geht also nicht um den Hund, der ohne Leine mal vorprescht. Die Verantwortung für das Haustier liegt beim Halter.

  6. 52.

    Ein Blick ins Jagdgesetz erleichtert die Rechtsfindung.
    Man kann sich nicht einerseits darüber ärgern, dass der Bestand an Bodenbrütern stetig abnimmt und dann streunende Katzen verschonen, die Nester ausräubern. Für streunende Hunde, die Wild jagen, gilt das auch. Der Jäger ist auch Heger. Er hat beim Schießen einen Mindestabstand von 200 m zu Menschen und zu Siedlungen einzuhalten. Es geht also nicht um den Hund, der ohne Leine mal vorprescht. Die Verantwortung für das Haustier liegt beim Halter.

  7. 51.

    Warum werden dann so viele Hunde und Katzen von Jägern erschossen? Ich finde so etwas weder sachkundig noch umsichtig noch verantwortungsbewusst.

  8. 50.

    Also mir persönlich würde genügen, wenn sich die Menschen ans BGB hielten.

  9. 49.

    Sie führen kein einziges nachhaltiges Beispiel für die bessere Verwendung der Gelder zur Artenerhaltung an. Alles Nebelkerzen, jeder den es interessiert weiß, dass die einzigen sich ausbreitenden Tierarten, das Nutzvieh ist, aber nicht zum Tierwohl sondern ausschließlich zur industriellen Verwertung.
    Stattdessen wollen sie dazu beitragen, dass sich die einzelnen rein wirtschaftlichen Interessengruppen einfach durchsetzen.
    Sie behaupten der Wolf breitet sich in Europa aus. Richtig ist, dass der Wolf lediglich in seine Heimat zurückkehrt und das er dieses Nahrungsangebot vorfindet liegt an ihren so „umsichtigen“, nur den Tierbestand im Sinn habenden Jägern.
    Stattdessen wird seit Jahrzehnten ein riesen Geschäft mit Jagdveranstaltungen und Wildfleischverarbeitung betrieben und das ist der Grund, warum man den Wolf auch in der „Naturlandschaft“ wieder verdrängen wird.
    Was hat man eigentlich gedacht, dass der Wolf sich streng ans BGB hält?

  10. 48.

    Sie entsprechen ja den Tatsachen oder wollen Sie behaupten, dass der Wolf in Mitteleuropa vom Aussterben bedroht ist? Da hilft dann ein Blick in die aktuelle Rote Liste, wo der Wolf auf den Status „Gefährdet“ herabgestuft wurde. Ein strenger Schutz ist folglich nicht mehr erforderlich, es genügt, ihn unter besonderen Schutz zu stellen. Ihre Ängste, dass dies zur Ausrottung des Wolfes führen wird, sind unbegründet, denn anders als hier wiederholt behauptet, besteht die Jägerschaft nicht aus schiesswütigen Waffenträgern sondern handelt sachkundig, umsichtig und verantwortungsbewusst. Speziell an der Sachkunde der Jägerschaft könnte sich die Wolfslobby ein Beispiel nehmen.

  11. 46.

    Der Wolf stirbt aber nicht aus sondern dehnt sein Verbreitungsgebiet unter beständiger Bestandszunahme aus. Daher ist eine Einstufung als streng geschützte Art nicht mehr notwendig. Mittel, die der Schadensregulierung von Wolfsrissen dienen, wären dringend für aktive Schutzmaßnahmen zugunsten wirklich bedrohter Arten notwendig.
    Und noch einmal: Eine Rückstufung des Schutzstatus bedeutet nicht, dass der Wolf ausgerottet wird.

  12. 45.

    Mein Wolfsmanagement sieht folgendermaßen aus, nicht in der Dämmerung weiter als 10 m aus dem Haus gehen. Immer umschauen und Gegend observieren, nie allein draußen spazieren, denn bei uns gibt es nicht nur Natur pur, sondern auch Wölfe, die sich einfach zu sehr an Menschen gewöhnt haben und selbst bei Menschen wie uns, verbunden mit Fuchs, Waschbär und Dachs, reges Unbehagen auslösen. Das Bewusstsein kam nach 2 Wolfsrissen, ein Reh, ein Kitz und dem Wolf, der zu seiner Beute wollte. Schauen Sie sich einen Wolfsriss in der Natur an, erst da wird einem klar, wer der Wolf tatsächlich ist und ein gesundes Verhältnis zur Natur des Wolfes täte manch einem gut. Die Risse und das Ausweiden erinnern etwas an Horror und macht einem klar, welche Kräfte da walten. Die Begegnung mahnte mich zur Vorsicht.

  13. 44.

    Ha ha selten so gelacht. Also eine natürliche Inzucht ohne trennendes Naturereignis?! Wahrscheinlich ist der Eisbär auch selber Schuld, dass er gerade ausstirbt??
    Schauen sie mal weniger auf die Landkarte als auf die Abschussquoten bzw. den daraus resultierenden jahrelangen Restbestand!

  14. 43.

    Ja gut ich hatte es x-mal beschrieben. Natur funktioniert nicht wie Elektrotechnik. Man kann nicht einfach irgendein erträgliches Wolfsmaß am Poti einstellen. Auch in Schweden funktioniert das nicht, auch wenn die Interessenverbände das ständig behaupten.
    Wölfe sind Spitzenprädatoren und keine pflanzenfressenden Beutetiere.

  15. 42.

    Sie haben aber irgendwie eine Blockade, merken Sie das nicht? Niemand will etwas „ausrotten“. Ihre radikale Sprache ist erschreckend, einseitig und wenig zielführend. Einfach noch einmal lesen, das geschriebene Wort. Auf Augenhöhe. Es hat niemand etwas gegen den Wolf, man will jedoch dann eingreifen können, wenn er erwiesenermaßen sehr gefährlich ist, eine Gefahr darstellt und auch das unterliegt hohen Hürden, eh dann da wohl eingegriffen wird. Also, nichts mit „ ausrotten“.

  16. 41.

    Ein Blick auf die Landkarte sollte zeigen, warum der Genpool der schwedischen Wölfe eher eintönig ist. Es bleibt nur die eine Landverbindung und ich habe bisher weder in Sassnitz noch auf Fehmarn einen Isegrim übersetzen sehen. Dies "schwedische Vorbild" ist eine geografische Folge - mehr nicht.

  17. 40.

    Ich bin doch kein Experte, mein Kommentar war doch diesbezüglich vollkommen klar, aber gegen Schlagworte wie "Management" bin ich diesbezüglich allergisch, oder sind Sie der Meinung, dass die Natur vorbildlich "gemanagt" wurde ?

  18. 39.

    Wo wird denn SIGNIFIKANT irgendetwas gegen bedrohte Tierarten getan?! Und nun erzählen sie mir nichts vom Igel des Jahres.
    Und weil sich die Wolfspopulationen in Westeuropa erholen, darf man sie nun einfach wieder dezimieren, also in einer Art Evolutions-Poti die Jäger- und Bauernverträglichkeit einstellen?
    Nur so lässt sich weder Natur noch der Wolf hintrimmen. Dieser Logik folgend wird man den Wolf in Westeuropa nach schwedischen Vorbild (Inzucht) defacto wieder ausrotten.

  19. 38.

    Vielleicht sollte man auf Ihre Expertenmeinung zurückgreifen, wenn es die anderen alle nicht wissen. Wäre das was für Sie?

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