Nick aus Döbern seit einem Jahr vermisst - "Man hat immer die Hoffnung, dass er nochmal auftaucht"
Seit genau einem Jahr fehlt von Nick F. aus Döbern jede Spur. Der 22-Jährige war als Tourist nach Südafrika gereist und dort überfallen worden. Fünf Verdächtige waren schnell ermittelt - doch Anhaltspunkte für Nicks Verbleib gibt es nach wie vor nicht.
15. Februar 2023. Ein junger Mann aus Döbern (Spree-Neiße), 22 Jahre alt, verlässt eine Unterkunft in einem Vorort von Kapstadt und wird danach nicht mehr gesehen. "Südafrikanische Rettungskräfte suchen vermissten Touristen aus Brandenburg", berichtet rbb|24 eine knappe Woche später.
Vermisstenmeldungen gibt es in Kapstadt häufig. Doch für die Familie des vermissten Nick F. begann im Februar 2023 ein Drama - denn noch immer fehlt von ihm jede Spur, auch ein Jahr nach seinem Verschwinden.
Schnell Verdächtige ermittelt
Auch wenn noch immer nicht bekannt ist, wo genau der Döberner abgeblieben ist, hat sich in dem Jahr nach seinem Verschwinden einiges getan. Rettungskräfte und Freiwillige begannen schnell mit der Suche nach dem Vermissten. Der Vorort von Kapstadt, Hout Bay, und die Umgebung sind beliebte Wanderziele bei Touristen. Zunächst stand der Verdacht im Raum, Nick könnte einen Unfall gehabt haben.
Der 22-Jährige hatte am 15. Februar seine Unterkunft verlassen - Wertgegenstände und einige Kleidungsstücke ließ er zurück. Am Tag darauf war er für einen Surfkurs angemeldet, bei dem er allerdings nie auftauchte. Das brachte die Suche nach Nick ins Rollen.
Im Zuge der Ermittlungen rund um sein Verschwinden konnten relativ schnell fünf Verdächtige gefasst werden. Schon Anfang März 2023 gaben drei von ihnen zu, Nick überfallen und ausgeraubt zu haben. Mit seinem Verschwinden wollten sie hingegen nichts zu tun gehabt haben.
Lange Ermittlungen, keine Ergebnisse
Die weiteren Ermittlungen verzögerten sich im Anschluss deutlich. Nach Einschätzungen von ARD-Südafrika-Korrespondent Richard Klug verfolgten die Ermittlungsbehörden die Taktik, das Schweigen des jüngsten Angeklagten zu brechen und erhofften sich, dass er seine Mitangeklagten belasten würde. Dazu kam es allerdings nicht - der Angeklagte ist mittlerweile sogar wieder auf freiem Fuß.
Zudem stand lange die Frage im Raum, so Klug, ob es zu einer Anklage wegen Mordes kommt. Das ist aber bislang noch nicht geschehen. Laut den Ermittlern gibt es dafür zu wenig Anhaltspunkte.
Mittlerweile befasst sich ein übergeordnetes Gericht mit dem Fall, die übrigen Angeklagten schweigen noch immer. Zwei von ihnen sind laut Korrespondent Richard Klug bekannte Mitglieder einer gewaltbereiten Gang.
Im Laufe des letzten Jahres gab es zahlreiche Prozesstermine, die meisten davon endeten ergebnislos. Der nächste Termin ist für den 22. Februar angesetzt. Der Fall wird derzeit als sogennanter "Pre Trial" behandelt, als eine Art Vorprozess, in dem geprüft wird, ob es genügend Beweise gibt.
Laut Klug spielt der Fall in der Öffentlichkeit Südafrikas kaum noch eine Rolle, trotz der anfänglichen Anteilnahme und Suchaktionen von Einheimischen. Lediglich in Hout Bay selbst, also dort, wo Nick verschwunden sein soll, ist sein Verbleib noch ein Thema - in landesweiten Medien hingegen nicht.
Familie gibt Hoffnung nicht auf
Anders ist das in Döbern, Nicks Heimatstadt. Die Familie des 22-Jährigen gibt die Hoffnung nach einem Lebenszeichen nicht auf, wie ein Familienmitglied im Gespräch mit dem rbb sagt. Es gebe reglmäßigen Austausch mit den südafrikanischen Behörden und mit der Polizei.
"Man hat immer die Hoffnung, dass er nochmal auftaucht", so der Angehörige, der namentlich nicht genannt werden will. Geschürt wurde diese Hoffnung auch nach einem Bericht, laut dem eine Touristin Nick 400 Kilometer von Kapstadt entfernt erkannt haben will. Auch die Behörden hatten diese Spur verfolgt, aber keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Laut der Urlauberin hatte sie einen Mann gesehen, der ihr verwirrt und obdachlos erschienen war, der allerdings auch der Beschreibung Nicks entsprach und Deutsch gesprochen haben soll.
Die Familie denke täglich an den 22-Jährigen, einige Angehörige würden die Öffentlichkeit mittlerweile meiden, um Nachfragen anderer Döberner zu entgehen.
Weiter Anteilnahme in Nicks Heimatstadt
Auch nach einem Jahr ist die Anteilnahme in Döbern groß. Einwohner hatten hier an einem sogenannten Hoffnungsmarsch teilgenommen, organisiert von der ehemaliger Lehrerin Beate Enger. "Man hat sich von diesem Jahr eigentlich mehr erhofft", sagt sie dem rbb. "Ich bin selbst Mutter, man fühlt unheimlich mit seiner Mutti mit, aber auch mit der ganzen Familie, die seit dem vergangenen Jahr Kopf steht", erzählt sie.
Auch bei der örtlichen Feuerwehr ist man in Gedanken noch bei Nick, dem Kameraden. Ein Bild von ihm hängt hier an der Pinnwand. Es war eine schwere Entscheidung, aber mittlerweile ist der Spind des 22-Jährigen leergeräumt. Seit seiner Kindheit ist Nick Mitglied bei der Feuerwehr.
"Er ist immernoch bei uns im Kopf, für uns ist es immernoch ein Anzeichen, wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben", sagt Robert Pult von der Döberner Feuerwehr.
Nicks Mutter sei mittlerweile wieder für die Freiwillige Feuerwehr tätig, betreue die Jugend. Das Bild von ihrem vermissten Sohn sieht sie deshalb regelmäßig an der Pinnwand hängen. Für die Kamerade sei es schwierig zu entscheiden, ob es aus Rücksicht lieber abgenommen werden sollte, so Pult. Für viele Feuerwehrleute sei es aber noch immer ein Hoffnungszeichen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 14.02.2024, 19:30 Uhr