Erste Bilanz in Brandenburg - Polizeibeauftragte hält zwei Drittel der Beschwerden gegen Beamte für begründet
Die Brandenburger Polizeibeauftragte hat im vorigen Jahr 53 Beschwerden über mutmaßliches polizeiliches Fehlverhalten erhalten. Teils sind die Vorwürfe schwerwiegend. Oft kommen die Beschwerden von Beamten selbst.
Die Brandenburger Polizeibeauftragte Inka Gossmann-Reetz (SPD) hat ihren ersten Tätigkeitsbericht vorgelegt
Die Beschwerden richteten sich vorwiegend gegen mutmaßliche "Verhaltensfehler" durch Polizeibeamte oder "Menschenfeindlichkeit"
Kritik übt die Polizeibeauftragte auch am Brandenburger Innenministerium
53 Beschwerden oder Eingaben sind im ersten Jahr bei der Brandenburger Polizeibeauftragten eingegangen. Das weist der Tätigkeitsbericht der neuen Beauftragten aus, der jetzt vorgelegt wurde. Er umfasst den Zeitraum von März 2023 - der Aufnahme der Tätigkeit der Polizeibeauftragten Inka Gossmann-Reetz (SPD) - bis Dezember 2023.
In mehr als zwei Dritteln der Fälle ging es um mutmaßliche "Verhaltensfehler" von Polizeibeamten. Der Bericht nennt als Beispiele "Unhöflichkeiten", "eine verunglückte Kommunikation gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern" oder "eine mangelhafte Dienstauffassung".
An zweiter Stelle, mit 17 Prozent, finden sich Beschwerden, die sich auf "extremistische oder gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" beziehen. Darunter fasst Bericht Verhaltensweisen und Äußerungen, die mutmaßlich "diskriminierend, beleidigend oder auf andere Weise feindselig gegenüber bestimmten Personen oder Gruppen" sind. Genannt werden "Rassismus, Sexismus, Homophobie oder andere Formen von Vorurteilen oder Diskriminierung".
Beschwerden wegen mangelhafter Transparenz
Laut Bericht seien 38 Prozent der Beschwerden oder Eingaben "begründet oder teilweise begründet", nur 9 Prozent "unbegründet" gewesen. Bei den übrigen Fällen sei eine Prüfung nicht möglich, die Polizeibeauftragte "nicht zuständig" gewesen oder sei es lediglich um eine Information oder Auskunft gegangen.
Jede zweite Beschwerde ist dem Bericht zufolge von Bürgern an die Polizeibeauftragte herangetragen worden. Ein weiterer großer Teil (38 Prozent) beruht auf Meldungen aus der Polizei.
Als Fazit hält der Bericht fest, dass viele Beschwerden auf mangelhafte Transparenz und Kommunikation bei der Polizei zurückzuführen seien. Es wird bemängelt, dass die beteiligten Polizeibediensteten "regelmäßig für ein Gespräch mit den Bürgern nicht zur Verfügung stehen".
Kritik am Innenministerium
Außerdem übt der Bericht Kritik daran, wie das Innenministerium seiner gesetzlichen Informationspflicht gegenüber der Polizeibeauftragten nachkomme. Diese bestehe bei Vorfällen, die "in außergewöhnlicher Weise geeignet sind, das Vertrauen in die Amtsausübung der Polizei zu beinträchtigen."
Auf zwei derartige Fälle sei die Polizeibeauftragen jedoch erst durch Medienberichte aufmerksam geworden: einen Todesfall bei einem Polizeieinsatz im April 2023 in Senftenberg sowie der ungeklärte Verbleib von fast 25.000 Schuss Munition bei den Sportschützen der Polizei. In beiden Fällen habe es keine "proaktive Information" des Innenministeriums gegeben. Das zeige laut Bericht die Notwendigkeit eines "fortlaufenden Aushandlungsprozesses" mit dem Ministerium hinsichtlich der "Interpretation und Auslegung der Gesetzeslage.
Der Tätigkeitsbericht wird am 4. Juli der Landtagspräsidentin übergeben. Die Stelle der Polizeibeauftragten in Brandenburg gibt es seit März 2023. Sie soll grundsätzlich das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit stärken und soll sowohl Bürgerinnen und Bürgern als auch Polizeibediensteten als Anlauf- und Beschwerdestelle dienen. Die SPD-Politikerin Inka Gossmann-Reetz wurde im Februar 2023 vom Landtag zur ersten Polizeibeauftragten gewählt.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 04.07.2024, 19:30 Uhr