Interview | Bäume stehen in Borkenfetzen - Warum die Berliner Platanen gerade die Hüllen fallen lassen
Sie stehen inmitten von Rindenfetzen und sehen mächtig gerupft aus: die Berliner Platanen. Alles gar kein Problem, sagt der Naturschutzexperte Derk Ehlert im Interview.
rbb|24: Hallo Herr Ehlert. Die Berliner Platanen sehen derzeit ziemlich gerupft aus, denn sie stehen vielfach inmitten von massenweise Rindenfetzen. Wie geht es den Platanen?
Derk Ehlert: Den Berliner Platanen geht es gut – auch wenn es im Augenblick nicht danach aussieht. Zumindest, wenn man unter den Platanen steht und die Rinde sieht, die da so herumliegt.
Die Bäume haben also, obwohl sie so viel Rinde abwerfen, keine Krankheit und auch keinen Pilz, wenn Sie sagen, es geht ihnen gut?
Es handelt sich hier tatsächlich um ein ganz normales Phänomen, das die Bäume zeigen. Wir haben das etwa alle sechs bis acht Jahre. Das letzte mal kam das 2018 vor.
Das sind ja teils richtig große Rindenstücke, die da abfallen. Geht von denen irgendeine Gefahr für irgendwen aus?
Nein, das ist wirklich unproblematisch. Auch Bäume müssen mal ihre Rinde wechseln. Wir haben ja auch Hautschuppen, die wir abschmeißen. Und das machen die Platanen eben auch regelmäßig. Die vermeintliche Rinde, die um diese Bäume herumliegt, ist eigentlich Borke. Die schmeißen sie ab, weil sie im Augenblick wachsen. Sie hatten im Frühjahr viel Feuchtigkeit und die Temperatur passte auch – da fangen die Bäume an, auch in die Breite zu wachsen, und dabei schmeißen sie ihre Rinde ab. Bei anderen Bäumen zieht es die Borke eher nach außen und sie bleibt haften. Die Platanen lassen sie fallen.
Die fallengelassene Borke ist also nicht gefährlich, sondern man kann sie, im Gegenteil, für den eigenen Garten nutzen. Man kann sie sammeln und als Rindenmulch, also als Auflage, irgendwohin packen. Sie schützt dann den Boden vor Austrocknung.
Bildet sich, wenn die Bäume alles losgeworden sind, was sie loswerden wollen, dann einfach neue Borke?
Ja. Man sieht das bei den Platanen auch sehr schön. Unter dem abgeblätterten sieht es ganz hell aus, da ist die Rinde noch sehr jung. Im Sommer saugen diese Bäume sehr viel Wasser aus dem Boden, dadurch wird der Stamm der Platane tagsüber ein ganz klein wenig schmaler. Das kann man nicht sehen, aber messen. Nachts dehnt sich der Stamm dann aus zu seiner normalen Dicke. Und dieser Unterschied macht so viel Bewegung, dass die Platane sich von der überschüssigen Borke trennt und sie – das ist typisch für diese Bäume – fallen lässt.
Und das passiert nur alle sechs bis acht Jahre, weil nur so selten die Bedingungen derart optimal sind?
Genau. Das passiert nicht jedes Jahr, sondern immer nur dann, wenn wir ein gutes, sattes Regenjahr hatten. 2023 war so eines. Wenn es dann im Folgejahr ausreichend Feuchtigkeit und Wärme gibt, sodass die Platanen gut wachsen können, dann fällt die Borke.
In der Regel haben wir ja zu trockene Jahre. Sodass die Rinde der Platanen nicht abplatzt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24