Vorwurf der Sicherheitsverstöße - Polizei löst Tesla-Protestcamp endgültig auf

Di 19.11.24 | 16:37 Uhr
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Die Polizei hat das Protestcamp von Tesla-Gegnern im Wald in Grünheide am 19.11.2024 aufgelöst und verpserrt den Zugang.(Quelle:dpa/L.Deckwerth)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 19.11.2024 |Theresa Majerowitsch | Bild: dpa/L.Deckwerth

Seit Februar campieren Aktivisten in einem Wald bei Grünheide, um gegen die nahe Tesla-Fabrik zu protestieren - bis die Gemeinde eine Suche nach Munitionsresten veranlasste. Nun wird das Camp geräumt, doch die Polizei kommt nur langsam voran.

  • Polizei löst Tesla-Protestcamp auf, auch Folgeveranstaltungen sind verboten
  • Polizei spricht von Verstößen und Straftaten
  • Hintergrund: Aktivisten weigerten sich, Camp für Munitionssuche vorübergehend zu verlassen und sehen Angriff auf Versammlungsfreiheit
  • Auch am Dienstagabend noch Besetzer in den Bäumen, Räumung wird Mittwoch fortgesetzt
  • Protestler bewerten Räumung als unverhältnismäßig und wegen des Regens auch als gefährlich

Die Polizei räumt das Protestcamp von Tesla-Gegnern im Wald nahe der Autofabrik in Grünheide (Oder-Spree). Seit fast neun Monaten hielten sich dort Umweltaktivisten in einem Waldstück auf, um gegen das Autowerk von Elon Musk zu protestieren.

Die Polizei hatte die Versammlung der Tesla-Gegner am Dienstag um 10:17 Uhr offiziell aufgelöst. Das bestätigte Polizei-Sprecherin Beate Kardels dem rbb. "Die Entscheidung ist dauerhaft und auch unverzüglich", sagte sie am Mittag.

Das Camp sei aufgelöst worden, auch Folgeveranstaltungen seien verboten, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Abend in rbb24 Brandenburg aktuell. Stübgen zufolge befindet sich noch eine "einstellige Zahl von Protesterln" in den Bäumen. Die Räumung werde am Mittwoch fortgeführt.

Eine Sprecherin der Initiative "Tesla stoppen" kündigte an, der Protest werde weiter gehen. "Auf welchem Wege, das werden wir erst einmal sehen", sagte sie dem rbb.

Suche nach Munition - erster Polizeieinsatz am Montag

Vor der offiziellen Ankündigung am Dienstag, das Camp zu beenden, hatte es seit Montag einen Polizeieinsatz gegeben.

Die Gemeinde Grünheide will das Waldstück, in dem auch teilweise das Protest-Camp liegt, auf Kampfmittel untersuchen lassen. Dafür müssen laut Polizei eine Sondierungsfläche - sie ist 5.000 Quadratmeter groß - und ein 50-Meter-Sicherheitsradius geräumt sein.

Die Umweltaktivisten wurden daher am Montag aufgefordert, einen Teil ihres aufgebauten Camps für eine bestimmte Zeit zu räumen. Weil Aktivisten aber im eingerichteten Sperrgebiet blieben, holten Höhenretter sechs der Aktivisten aus den Bäumen, andere blieben aber in den Baumhäusern.

Zum Einsatz am Montag erklärte die Polizei zunächst, es handle sich nicht um eine Räumung, sondern um eine vorübergehende "Freimachung" des Geländes. Die Versammlungsfreiheit bleibe gewahrt, da die Campbewohner sich während der Sondierungen außerhalb des Sperrkreises aufhalten dürften.

Stübgen weist Vorwurft der "Taktik" zurück

Tesla-Gegner sahen in der Kampfmittelsuche jedoch einen Vorwand, das Gebiet von der Polizei räumen zu lassen und die Versammlungsfreiheit zu untergraben. Die Bürgerinititative Grünheide sieht in dem Polizeieinsatz eine Provokation. "Ich glaube, es ist so gewollt, dass sie es so eskalieren lassen wollten, dass das Camp jetzt geräumt wird", sagte Manuela Hoyer von der Initiative dem rbb.

Zu dem Vorwurf, die Munitionssuche sei nur Taktik, sagte Innenminister Stübgen: "Wir wissen es nicht genau, ob dort Bomben und andere Munitionsreste liegen. Aber wir müssen ausschließen, dass dort welche liegen könnten." Das sei Gefahrenabwehr. Im Umfeld des Protestcamps seien "erhebliche Munitionsmengen" gefunden worden. Stübgen sprach von zwei 250-Kilo-Bomben und weit über 1.000 Kampfmitteln, die allein im vergangenen Sommer in der Nähe gefunden worden seien.

Polizei begründet Auflösung mit Verstößen und Straftaten

Am Dienstagmorgen hatte die Polizei zunächst versucht, die noch verbliebenen Teilnehmer des Protestcamps aus dem Sperrkreis zu bringen. Wenig später wurden diese über die vollständige Auflösung des Camps informiert. Grund seien Verstöße gegen die Versammlungsauflagen, gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung, hieß es von der Polizei. Es habe keine Möglichkeit gegeben, über eine Versammlungsleitung Einfluss auf die Aktivisten zu nehmen. Grund für die Auflösung seien auch "Straftaten, die am gestrigen Tag verzeichnet worden sind, sowie der Ausblick, dass die Versammlung hier darauf ausgerichtet ist, die weiteren Sondierungsarbeiten dauerhaft zu behindern", sagte Polizeisprecherin Kardels dem rbb.

Nach Angaben von Reportern waren mehr als 100 Beamte vor Ort. Nach der offiziellen Auflösung durch die Polizei am Vormittag sei den Aktivisten noch Zeit eingeräumt worden, die Baumhäuser in dem Waldstück zu räumen und persönliche Dinge zu packen, hieß es.

Einige der Aktivisten, die sich in den Bäumen aufhielten, verließen diese im Laufe des Dienstags nach Aufforderung freiwillig, hieß es von der Polizei. Andere seien von Höhenrettern der Polizei "begleitet" worden. Nach AFP-Angaben wurden vier Personen vorübergehend festgenommen, unter anderem wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot.

Mit Einbruch der Dunkelheit am Dienstagnachmittag wurde der Einsatz der Höhenretter vorübergehend beendet, sagte eine Polizeisprecherin. Falls die Menschen die Bäume nicht über Nacht freiwillig verließen, werde der Einsatz am Mittwochmorgen fortgesetzt.

Laut Polizeisprecherin Kardels begannen Polizeikräfte am Dienstag auch mit ersten Abräumarbeiten im Camp.

"Es ist auf jeden Fall eine weitere Provokation und Eskalation"

Die Aktivisten selbst reagierten empört und mit Unverständnis auf die Räumung. "Es ist auf jeden Fall eine weitere Provokation und Eskalation. Für unseren Protest und Widerstand", sagte Sprecherin 'Mila' von "Tesla stoppen" dem rbb. Zudem sei die Situation für die Besetzer aufgrund des Wetters gefährlich. "Es regnet in Strömen. Menschen hängen in den Bäumen. Es wurden schon Traversen oder Walkways, wo Leute halt drin hingen, durchgeschnitten."

Die Sprecherin bezeichnet die Maßnahmen der Polizei als unverhältnismäßig und kündigte weiteren Widerstand an. Ein Widerspruch oder eine Beschwerde gegen die Räumung werde derzeit noch geprüft, hieß es weiter.

Die Initiative "Wasserbesetzung Tesla stoppen" monierte, Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg stellten für eine normale Waldnutzung keine Gefahr dar; die Beseitigung sei nur erforderlich, wenn Baumaßnahmen erfolgen sollten. Mit den Sondierungsmaßnahmen werde offensichtlich die Werkserweiterung von Tesla vorbereitet, obwohl dies nicht dem Willen der Grünheider Bürgerinnen und Bürger entspreche.

Tesla-Gegner kündigten kurz nach der Entscheidung zur Räumung einen "Waldspaziergang" am Samstag in Grünheide an.

Auflösung des Tesla-Protestcamps stößt auf Zustimmung im Landtag

Auf Unterstützung stieß die Auflösung des Camps bei Politikern im Brandenburger Landtag. "Es ist auch kein rechtsfreier Raum, hier muss die Polizei auch Recht und Ordnung durchsetzen", sagte SPD-Fraktionschef Daniel Keller in Potsdam. "Ob dann im Nachgang der Protest an der Stelle wieder fortgesetzt wird, das muss dann in Zukunft geklärt werden." Brandenburgs CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann sagte: "Die Protestierer haben den Pfad der Kooperation verlassen."

Protest seit Februar

Die Umweltschützer protestieren bereits seit Februar in dem Wald gegen die geplante Erweiterung des Werks, weil dafür Bäume gefällt werden und aus ihrer Sicht das Trinkwasser gefährdet wird. Am 15. Oktober erteilte das Brandenburger Umweltministerium eine erste Teilgenehmigung für die Erweiterung.

Tesla will perspektivisch seine Produktion in Grünheide auf eine Million Fahrzeuge pro Jahr verdoppeln. Auch die Produktionskapazität der Batteriezellfertigung soll von derzeit 50 auf dann 100 Gigawattstunden pro Jahr steigen. Dazu teilte Tesla die Genehmigungen in mehrere Teilabschnitte auf.

Die Prüfungen nach Kampfmitteln in dem Wald laufen bereits seit dem Sommer. Bereits vor Monaten waren im Zusammenhang mit Untersuchungen auf der geplanten Erweiterungsfläche des Tesla-Geländes zwei Weltkriegsbomben entdeckt und entschärft worden.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 19.11.2024, 19:30 Uhr

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37 Kommentare

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  1. 37.

    Die Versammlungsfreiheit stellt ja auch niemand in Frage. Diese umfasst aber eben nicht, an jedem gewünschten Ort, zu jeder gewünschten Zeit und mit allen gewünschten Mitteln demonstrieren zu dürfen. Auch Demonstrierende haben sich an Regeln zu halten. Tun sie das nicht, darf die Versammlung aufgelöst werden.

  2. 36.

    die Aktivisten werden voraussichtlich ihren Baumhütten und ihren Müll einfach zurücklassen... richtig wäre es, wenn sie die Kierfernschonung rückstandsfrei verlassen müssten. Ich erwäge, gegen die Personen Anzeige wegen Umweltverschmutzung zu erstatten, sollte dies nicht geschehen?

  3. 35.

    "..es geht um den Konflikt mit Musk und dessen Projekten..." Genau genommen geht es sogar noch weiter. Es geht im Grunde, wie Sie ja selbst angedeutet haben, um den grundsätzlichen Konflikt gegen alles Nicht-Linke, Liberale und Kapitalistische. Musk steht nur als prominente Feindfigur im Fokus, da er genau das vertritt, was diesen Linken nicht gefällt. Wobei freilich anzumerken ist, dass gar nicht alle Linke diese Meinung teilen, denn hier gibt es quasi die Alt-Linken und die Neu-Linken. Letztere sind es, die den gesamten gesellschaftlichen Diskurs bestimmen wollen und deshalb auch so angefressen reagieren, weil Musk ihnen bei einem ihrer wichtigsten Onlinekanäle mal eben die Spielregeln wieder gerade gerückt hat. Bei "Hass und Hetze" nehmen sich nämlich beide Seiten nichts, nur jetzt dürfen eben die Rechten auch wieder mitspielen, wobei Reichweite und Relevanz von X im Alltag ohnehin überbewertet wird.

  4. 34.

    Es ist kein Tesla-Grundstück. Musk darf da zwar spazieren gehen und auch Pilze suchen. Wenn er höflich fragt, dann darf er vielleicht auch in einem der Baumhäuser nächtigen. Ich befürchte, dass er dort nicht sehr willkommen sein würde, d.h. das Waldcamp wird ja gegenwärtig entgegen der richterlichen Verfügung durch die Polizei zerstört, sodass Musk keine Chanse mehr hat dort unterzukommen.
    Wer hier Rechtsverstöße begeht ist erst noch zu prüfen. Die Waldcampbewohner hielten sich jedenfalls ganz legal dort auf. Wer die Polizei befehlen konnte, brutal gegen die Campinsassen vorzugehen ist zu klären. Gestern erklärte mir die Pressereferentin der Polizei, dass sie nur die Aufgabe haben, das Versammlungsrecht im Camp zu wahren. Außerdem erfuhr ich, dass die Polizei von Politikern keine Befehle annehmen. Hat die Frau mich nun belogen oder wer war so mächtig anzuordnen, das Camp zu räumen.

  5. 33.

    Meine volle Zustimmung. Die Protestierer haben durch ihr Verhalten die Räumung selbst provoziert.

  6. 31.

    Das Problem ist er das es um einen Gesellschaftlichen Konflikt geht der sich in Musk und der Teslafabrik kanalisiert. Es geht schon lange nicht mehr primär um ein Stückchen Wald oder Wasser es geht um den Konflikt mit Musk und dessen Projekten. Die Landesregierung/Telsa ist hieran nicht unschuldig, viele Prozesse waren und sind bis heute intransparent. Was immer von der Landesregierung verneint wurde trat am Ende teilweise auch ein und dann wurde so getan als ob es diesen Konflikt nicht gäbe. Was da passiert ist das Ende von Null vertrauen in politische Prozesse und die Polizei muss als Prügelknabe das Problem lösen. Soll doch die Landesregierung ihren Hintern dorthin bewegen und mit den Leuten reden! Es gibt nur wenige die bisher den Mut hatten sich der Kritik zu stellen, die meisten schicken die Polizei vor und das ist der eigentliche Skandal.

  7. 29.

    Sie meinen es gäbe gute und schlechte Stausteher??
    Verbrenner schalten sich auch ab. Das heißt Start-Stopp
    Automatik, seit Jahren bekannt.
    Ich meine , das Staus insgesamt nicht gut sind, dass sollte eigentlich auch jede/r wissen.

  8. 28.

    Sie habe recht. Arbeitsplätze sind wichtig und das zieht die Menschen an. Die Tesla Arbeitsplätze können von ungelernten Person erledigt werden. Die sind froh über die Einstellung.
    Es wäre wünschenswert, wenn diese Stellen in einem
    Bereich entstünden, der nicht in Individualverkehr tätig ist. Die Arbeitsplätze bei Tesla sind auch stark gefördert von der Regierung und ich finde, dass das Unternehmen nicht unbedingt förderungswürdig ist.
    Dabei denke ich an den Besitzer, Missbrauch der Medien etc

  9. 27.

    Die Polizei macht was ihr gesagt wird. Sie richtet nicht.
    Sie hingegen beurteilen den Einsatz zum Glück nur mit einer unzulänglichen Meinung ohne Relevanz für die Gesellschaft. Das sollte auch so bleiben – zu 100%.

  10. 25.

    Wenn e-Autos im Stau stehen, stehen sie ohne jegliche Belastung. Ein Verbrenner läuft und läuft und läuft.

  11. 24.

    Ich versuche herauszufinden, was das "Tesla-Protestcamp" sein könnte. Es ist offenbar ein Grundstück im Eigentum von Tesla, wo vermummte Kriminelle ohne Rechtsgrundlage eingedrungen sind.

  12. 22.

    Die sind dort auch schnell wieder weg auf dem Weg zum Kunden

  13. 21.

    Es war doch zu erwarten das jene Gelegenheit genutzt würde die Veranstaltung aufzulösen. Was haben die Protestler denn erwartet wenn sie der Räumung nicht folgen? Beistand der Bevölkerung? Es passiert genau das was die Polizei angekündigt hatte und wo es seitens der Behörden auch hinaus laufen sollte.

    Hätte man das Camp widerstandslos verlassen wäre kein legale Möglichkeit das Camp aufzulösen vorhanden. Auch die Auflösung vor Gericht zu verhindern wird mit den gestrigen Tag sehr schwer. Ohnehin gibt es keine Sachlichen Argumente den Nutzwald zu besetzen. Da geht es um andere Konflikte die so von der Politik nicht gelöst werden und es ist ja nicht nur jenes Beispiel wie Protest niederwalzt wird wenn er im Wege steht. Auf die Idee zunächst eine Gerichtliche Entscheidung über das Camp herbei zuführen, kam man nicht. Es muss wo es sonst sehr langsam voran geht Plötzlich sehr schnell gehen. So wird man den Konflikt um Tesla jedenfalls nicht lösen!

  14. 20.

    Die Auflösung des Protestcamps ist mehr als überfällig. Wielange sollten wir als Anwohner diese Umweltverschmutzung noch ertragen. Die Polizei wird an anderer Stelle gebraucht.

  15. 19.

    Recht so, Recht so: endlich wird die Anarchie selbsternannter Bessermenschen beendet. Viel zu lange werden regelmäßig diese Camps geduldet und ein rechtsfreier Raum geschaffen und leider eben auch zu lange geduldet.

  16. 18.

    100% richtig.

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