Studie - Deutschland erreicht selbstgesteckte Ziele bei Wildnis-Gebieten nicht

Mo 09.12.24 | 21:04 Uhr
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Archivbild:Ein leerstehendes Gebäude am Weg zur etwa neun Hektar großen Binnendüne im Wildnisgebiet der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg im Wandergebiet Wurzelberg am 17.05.2020. (Quelle: picture alliance/dpa-Zentralbild/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.12.2024 | Schumacher, Heiko | Bild: picture alliance/dpa-Zentralbild/Soeren Stache

Auf zwei Prozent der Fläche Deutschlands soll sich die Natur wieder frei entfalten dürfen - das sieht die "Strategie zur biologischen Vielfalt" vor. Einer Studie zufolge ist dieser Wert längst nicht erreicht. Weit vorne liegt aber Brandenburg.

  • Deutschland will nach "Nationaler Strategie zur biologischen Vielfalt" mehr Wildnisgebiete einrichten
  • Bundesweit waren bis 2020 zwei Prozent Fläche vorgesehen
  • Laut Studie ist davon weniger als die Hälfte eingerichtet

In Deutschland sind einer Studie zufolge bislang nur 0,62 Prozent der Landesfläche als große Wildnisgebiete ausgewiesen. Damit habe die Bundesrepublik das 2007 gesteckte Ziel der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt [bmuv.de] verfehlt, heißt es in einer am Montag in Berlin veröffentlichten Bilanz mehrerer Naturschutzorganisationen. Demnach sollten bereits bis 2020 zwei Prozent der Landesfläche als Wildnisgebiete ausgewiesen werden.

Brandenburg und Mecklenburg stehen kurz vor Ziel

Der Geschäftsführer der Naturstiftung David, Adrian Johst, sagte, mit weiteren aktuell geplanten Flächen werde der Anteil voraussichtlich innerhalb von 30 Jahren auf 0,73 Prozent steigen. Laut Johst sind Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg kurz davor, das jeweilige Ziel für ihr Land zu erreichen. Mit dem Förderprogramm Wildnisfonds und dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz sei es inzwischen auch für Privatpersonen lukrativ, Wildnis zu schaffen.

Laut dem Leiter des Bereichs Biodiversität bei der Heinz-Sielmann-Stiftung, Heiko Schumacher, zeigten Hochrechnungen, dass sich auf weiteren 1,67 Prozent der Fläche in Deutschland großflächige Wildnisgebiete etablieren ließen. Damit könnte das Zwei-Prozent-Ziel sogar übertroffen werden.

Große und möglichst zusammenhängende Flächen benötigt

Auf Wildnisflächen könne sich die Natur vom Menschen weitgehend ungestört nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln, sagte Schumacher. Diese können einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt, zum Klima- und Hochwasserschutz, zu Wissenschaft und Forschung sowie Bildung und Erholung leisten.

Damit sich natürliche Prozesse wirksam entfalten könnten und Konflikte mit der angrenzenden Kulturlandschaft reduziert werden, seien möglichst große und zusammenhängende Gebiete als Wildnisflächen nötig, hieß es. Als Untergrenze hätten Bund und Länder eine Fläche von 1.000 Hektar definiert. Bei Auen, Mooren, Küsten und Seen liege die Untergrenze bei 500 Hektar.

Gegenwind bei Ausweisung von Waldflächen

Die Bilanz der Wildnisflächen für Deutschland wurde von der Heinz-Sielmann-Stiftung gemeinsam mit der Naturstiftung David und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt erstellt. Gefördert wurde das Vorhaben den Angaben zufolge mit 112.000 Euro durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU).

Das künftige Potenzial der Wildnisflächen sei auf Basis von Recherchen aus einzelnen Bundesländern für das Bundesgebiet hochgerechnet worden, hieß es. Dabei sei davon ausgegangen worden, dass Wildnisgebiete grundsätzlich nur auf Flächen im Besitz von Bund, Ländern und Kommunen eingerichtet werden.

Verstärkten Gegenwind gibt es laut Adrian Johst derzeit auch bei der Ausweisung natürlicher Waldflächen. Laut der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt sollen fünf Prozent der Waldflächen der natürlichen Entwicklung überlassen werden.

Sendung: Inforadio, 09.12.2024, 13:26 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Die Döberitzer Heide, hat ja auch mehr Touristen, als Havel-Park, Karls-Erlebnis-Dorf Elstal und Designer Outlet Center Berlin, zusammen - das ist das Beste, an Natur und Wildnis !!!

  2. 13.

    Wie cool ist das denn, da schafft es einer nicht mal ansatzweise auf den rbb-Beitrag einzugehen oder das Thema Wildnis-Gebiete zu streifen.
    Uckermark I + II + III
    Oberhavel III + IV
    Barnim I + II + III
    Märkisch-Oderland II + III + IV
    Plus 11 weitere Wahlkreise haben was gewählt?

  3. 12.

    Dank der Heinz Sielmann Stiftung konnte der Truppenübungsplatz Dallgow-Döberitz bereits mit Spenden finanziert zum Naturreservat erhalten werden. An die AfD war zu dieser Zeit nicht zu denken :-)

  4. 11.

    Wenn jeder, der auch nur entfernt die Möglichkeit dazu hätte, dieses "Bisschen" machen würde wäre es ein gewaltiger Schritt. Danke dafür.

  5. 10.

    Wundert sich da noch jemand!?

  6. 9.

    Wir schaffen nicht einmal 1%! Menschen sind so geil, Krone der Schöpfung!

  7. 8.

    Vor mehreren Jahren/Jahrzehnten, waren die Alleen in unserer Region, wie andernorts auch, schon die reinste Wildnis, die reinste Natur.
    Jede Straße hatte dicke alte Alleebäume, mit dichten Kronen, die ein geschlossenes schützendes Blätterdach über die gesamte Straße, bildeten - das allein, war schon Natur pur - und auch gut, für unser Klima.
    Dann kamen nach der politischen Wende, viele tödliche Autounfälle, neue Gesetze und die Vernichtung vieler alter Alleen - Schade.

  8. 7.

    Nee Berlin ganz klar. Aber bei den Vorstellungen vieler und der Politik bezüglich der Flächenversiegelung und-vernichtung sind diese lächerlöichen 2 Prozent immer eine Fiktion.

  9. 6.

    Leider zeigt sich hier, dass die Menschen mal wieder nicht verstehen, was Wildnis ist.

    Wobei in den Augen der Spießer ungepflegte Stadt Bezirke tatsächlich schön sind.
    Das ist ja der einzige Grund, warum hier Menschen zugezogen sind. Langeweile gibt es schon genug in Deutschland.

  10. 5.

    >"Die Prozentangaben sind nach meinem Empfinden völlig falsch, ist doch ganz Brandenburg eine große Wildnis!"
    Und wenn man die ungepflegten Flächen in den Städten als Wildnis umwidmet, hat Brandenburg den Plan übererfüllt. ;-))

  11. 4.

    In welchem Wahlkreis, in welcher Stadt, in welcher Kommune, hat denn die AfD nun tatsächlich gewonnen - Wissen Sie das genau - Wer, Wo, Was, Wie, abgestimmt hat ???
    Unsere Stadt, unser Wahlkreis, hat SPD gewählt - als Erststimme und als Zweitstimme, Viele Grüße.
    Und, sehr viele andere Städte, Kommunen, Wahlkreise in Brandenburg, haben ebenso, die SPD und MP Woidke gewählt.

  12. 3.

    Die Prozentangaben sind nach meinem Empfinden völlig falsch, ist doch ganz Brandenburg eine große Wildnis!

  13. 2.

    Weit vorne liegt aber Brandenburg. - wie schafft das die AfD-Hochburg denn? Potsdam-Stadt kann es ja nicht sein.

  14. 1.

    Mir ist egal, wer welche Größe als Wildnisfläche definiert. Jahrelang wird Schulkindern vorgeschwafelt, wie wichtig Insektenhotels sind und ich hatte selbst eins, allerdings war von Vielfalt nichts zu sehen. Zufällig erfuhr ich, dass z.B. Bienen lieber unter sich bleiben. Hotel weg, löchrige Holzpfosten hin und schon bald waren Holzbienen eingezogen. 20% des Gartens sind Blühwiese, werden nicht bearbeitet, die Thujahecke endete als Friedhofsgrün zu Totensonntag und wurde schon vor Jahren durch heimische Sträucher ersetzt. Es gibt einen kleinen Teich und einen Haufen Feldsteine, vor Waschbären und Katzen sichere Nistkästen in verschiedenen Größen und eine Ecke mit Reisig und Laub als Winterquartier für Igel. Das ist mein Beitrag, nicht viel und wahrscheinlich nicht genug, doch Schotter liegt zwischen den Bahngleisen und in meinem Garten fährt kein Zug.

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