Teltow-Fläming - Drohender Zwangsabriss von Haus in Rangsdorf – BGH entscheidet Mitte März

Fr 17.01.25 | 15:46 Uhr
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Die Beklagte (vorne) in der Verhandlung zu einer Grundstücksräumung in Rangsdorf wartet in einem Sizungssaal im Bundesgerichtshof (BGH) auf den Beginn der Verhandlung.
Video: rbb24 | 17.01.2025 | Bild: dpa

Der Bundesgerichtshof will am 14. März über den Zwangsabriss eines Hauses in Rangsdorf entscheiden. Seit Freitag wird verhandelt. Nach einer Versteigerung des Grundstücks und Hausbau kam heraus, dass es einen Eigentümer der Fläche gab.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe verhandelt seit Freitag einen jahrelangen Rechtsstreit um ein Grundstück in Rangsdorf (Teltow-Fläming). Das höchste deutsche Zivilgericht prüft, ob eine Familie nach einem schwerwiegenden Behördenfehler ihr Haus abreißen und das vor rund 15 Jahren ersteigerte Grundstück räumen muss. Der Rechtsstreit dauert damit inzwischen elf Jahre. Ein Urteil soll am 14. März fallen.

Die Familie hatte das Baugrundstück im Jahr 2010 bei einer Zwangsversteigerung erworben und darauf ihr Haus gebaut. 2014 entschied jedoch das Landgericht Potsdam, dass die Zwangsversteigerung fehlerhaft war. Das Amtsgericht Luckenwalde (Teltow-Fläming) habe nicht ausreichend nach dem Eigentümer gesucht - einem US-Bürger, der nicht in Deutschland lebt. Dieser hatte erst nach dem Zuschlag von der Zwangsversteigerung erfahren und das Grundstück zurückgefordert.

2023 urteilte das Brandenburger Oberlandesgericht schließlich, dass die Familie das Haus abreißen und das Grundstück räumen muss. Dagegen legte die Familie Revision am Bundesgerichtshof ein. Der Fall hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht.

Richterinnen und Richter unterschiedlicher Ansicht

Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte 2023 der Klage des ursprünglichen Eigentümers weitestgehend stattgegeben und die betroffenen Eheleute verurteilt, binnen eines Jahres das Haus abzureißen und das Grundstück zu räumen. Sie sollten eine Grundschuld über 280.000 Euro plus Zinsen für die Baukosten löschen und dem Eigentümer 6.000 Euro für die Grundstücksnutzung zahlen.

Das betroffene Ehepaar legte gegen das Urteil Revision ein, der Fall landete am BGH. Nach vorläufiger Einschätzung gehe auch der Fünfte Zivilsenat davon aus, dass die Familie durch die Aufhebung des Zuschlags 2014 das Grundstück endgültig verloren habe, sagte die Vorsitzende Richterin, Bettina Brückner, in der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe. Da dieser Beschluss rechtskräftig sei, komme es auch nicht darauf an, ob der Zuschlag damals zurecht aufgehoben wurde – woran die betroffene Familie W. zweifelt.

Richerin: "Gutgläubiger Besitzer" im Gesetz geschützt

In zwei Punkten waren die Richterinnen und Richter aber anderer Ansicht als ihre Kolleginnen und Kollegen in Brandenburg. So könnte der Kläger wohl keinen Anspruch darauf haben, dass die Familie ihr Haus auf eigene Kosten abreißt, sowie auf Löschung der Grundschuld. Das Paar müsse das Eigentum herausgeben – aber "so, wie es jetzt ist", fasste deren Anwalt zusammen.

Die Vorsitzende Richterin führte aus, ein unberechtigter Besitzer von Eigentum, der aber glaubt, der rechtmäßige Eigentümer zu sein, werde als sogenannter "gutgläubiger Besitzer" im Gesetz geschützt und müsse etwa keinen Schadenersatz zahlen. Von diesem Schutz sei im OLG-Urteil aber nichts zu erkennen. Die Familie verliere entschädigungslos alles, was sie investiert habe, und müsse noch obendrauf zahlen. Könne es richtig sein, dass hier nur die Interessen des Eigentümers zählen? Die Frage stehe auf dem Prüfstand, so Brückner.

Muss das Land den Schaden ersetzen?

Sollten das Verfahren im März rechtskräftig zum Abschluss kommen, hätte die Familie voraussichtlich Anspruch darauf, dass das Land Brandenburg ihnen den entstandenen Schaden ersetzt. Denn nach der sogenannten Amtshaftung muss in bestimmten Fällen, in denen ein Beamter eine ihm obliegende Amtspflicht verletzt, das Land als Dienstherr für den entstehenden Schaden aufkommen.

Sendung: rbb24, 17.01.2025, 13:00 Uhr

97 Kommentare

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  1. 97.

    Es war aber definitiv ein Behördenfehler !!!.....ergo sollte die Behörde den Schaden,den der Käufer nun hat,
    ihm schleunigst ersetzen ! Kin Bürge ist schuld, wenn die Behörde versagt !

  2. 96.

    Die aktuellen Besitzer müssen räumen und sich was anderes suchen. Eine Amtshaftung lässt sich nicht nachweisen.

  3. 95.

    Sie verstehen den Sachverhalt nicht. Warum soll der Bodeneigentümer, auf dessen Grund und Boden widerrechtlich gebaut wurde, dafür die Grundschuld und die Immobilie übernehmen?

  4. 94.

    ....und zu diesen politisch Weitsichtigen hätte bestimmt "Herr Helmut Krüger" gehört.Schade das soviel Weisheit nicht den Weg in die Politik findet. Ist wahrscheinlich doch zu anstrengend.

  5. 93.

    Nein, eben nicht. Der "Staat" hat den "Erwerber" zu entschädigen und dem rechtmäßigen Grundstückseigentümer das Verfügungsrecht über SEIN Grundstück zu verschaffen. Warum soll ein Eigentümer wegen Behördenversagen sein Eigentum verlieren ? Zwar wäre hier eine für alle Seiten vernünftige Einigung sicherlich sinnvoll aber vermutlich nicht erzwingbar.

  6. 92.

    Wenn die Familie als *gutgläubige Besitzer* rechtlich geschützt ist (was ja wohl das mindeste ist; die haben ja auch nichts falsch gemacht), dann muss der Eigentümer sich zur Behebung der Abrisskosten eben mit der Partei auseinandersetzen, die verantwortlich ist - ergo: das Amt und damit das Land. Dass dadurch nun der Fehler einer Einzelperson (oder eines Amts) finanziell der Gemeinschaft aufgelastet wird, liegt nun mal im System der Dinge. Solange kein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit der bearbeitenden Beamt*in nachgewiesen werden kann.
    Fehler passieren. Wir sind alle nur Menschen. Das dass eine Familie seit mehr als einer Dekade so unter einem Behördenfehler leidet, dass ist traurig. Sowrit zumindest mein (Laien)Bauchgefühl.

  7. 91.

    Dann scheinen wohl die neueren Erkentnisse nach über einem Jahr der Prüfung und Vorbereitung recht kurzfristig beim Amtsgericht eingegangen sein. Das macht natürlich Sinn, da bin ich ganz bei dir.

  8. 90.

    Das Land muss überhaupt nichts und das ist der springende Punkt. Denn wäre die Sache geradlinig, ethisch korrekt verlaufen, hätte man sich im Vorfeld über die strittigen Punkte längst verglichen.
    Der Bodeneigentümer hätte sein Eigentum beräumt zurück erhalten und die Familie wäre vom Land Brandenburg zu 100% entschädigt worden.
    Stattdessen werden alle zuständigen Fachgerichte bemüht, über eine Frage zu entscheiden, die von vornherein entschieden war, anstatt sich nicht mit der viel wichtigeren Frage der Landesentschädigung zu befassen. Denn hier herrscht große Rechtsunsicherheit und hier sollte der BGH endlich verbindliche Leitplanken einziehen.

  9. 88.

    Was ist daran merkwürdig? Wenn das Amt neue Erkenntnisse gewonnen hat, wonach etwas nicht versteigert werden darf, so ist eine Absage des Versteigerungstermin rechtlich erforderlich und völlig normal.

  10. 87.

    Es ist kaum zu fassen, wie ein Behörden-Versagen hier auf dem Rücken einer Familie, die in gutem Glauben an diese Behörden, ein Haus gebaut hat, ausgetragen wird.

    Die Familie tut mir unendlich leid. Sie hat NICHTS falsch gemacht.

  11. 86.

    Lesen sie bitte den Artikel. Der BGH hat überhaupt nicht vor den Eigentümer zu entschädigen. Im Gegenteil. Gehts nach dem BGH, erhält der Bodeneigentümer das zurück, was ihm sowieso schon immer gehörte, aber zusätzlich ein Haus nebst Grundschuld, was ihm nie gehörte. Das heißt er darf über sein Eigentum nicht frei entscheiden und soll zukünftig für eine Immobilie blechen, die er selbst so nie wollte oder gebaut hätte.
    Bei allem Respekt für den BGH, aber hier werden geraden die Füße auf den Kopf gestellt.

  12. 85.

    Da gibts deswegen nichts zu verstehen, weil Regeln immer Löcher haben.
    Z.B. haftet der Staat nur dann, wenn das Handeln eines Richters ein Straftatbestand verwirklicht. Aber das war hier keineswegs die Fall. Will sagen hier müsste man bei Amtshaftung früher ansetzen und das sind eben strittige Ermessensspielräume.
    Es hat ja erst viel Öffentlichkeitsarbeit durch die Familie bedurft, bis das Land Brandenburg überhaupt einlenkte.

    Deswegen wird sich auch der Ami ohne gleichzeitigen rechtsverbindlichen Zusicherung auf vollumfänglichen Schadensersatz durch das Landes Brandenburg, nicht so einfach mit der Grundschuld und der Kreditübernahme abfinden und sehr wahrscheinlich Beschwerde beim BVerfG einlegen. Der Fall ist daher in Teilen wahrscheinlich noch längst nicht entschieden.

  13. 84.

    Kaum zu glauben, was hier abläuft. Der Staat hat vollumfänglich durch Aneignung und Veräußerung profitiert. Für mich nur logisch, dass hier sofort und konsequent einer der Eigentümer entschädigt werden müsste, schon allein um nach außen Glaubwürdigkeit zu vermitteln.
    Auch ich wollte im Dezember ein kleines Grundstück ersteigern, der Versteigerungstermin war über ein Jahr festgesetzt. Nach geleisteter Bietsicherheit etc..... wurde der Termin 2 Stunden vor der Versteigerung aufgehoben. Das auch sowas rechtlich möglich ist finde ich merkwürdig.

  14. 83.

    Falsch. Die Gemeinde Rangsdorf hat auch geschludert. Der Alteigentümer hat seine Grundsteuer nicht gezahlt. Die Adresse wäre nicht zu ermitteln. Daraufhin wurde auf Betreiben das Grundstück zur Zwangsversteigerung freigegeben. Das zuständige AG Luckenwalde hätte noch mals recherchieren müssen. Spätestens zur Eintragung im Grundbuch, wo vorher die Gemeinde eine Stellungnahme abgegeben muss, hätte der Fehler endlich entdeckt werden müssen. Komisch dann tauchte der Ami auf der "spurlos "weg war ,wieder auf Grundsteuer nicht zahlen, aber Ansprüche anmelden

  15. 82.

    Analogie = Ähnlichkeit, Gleichwertigkeit, die ist im geringstem nicht gegeben.
    Da fehlt mir wirklich die Fantasie, im einem Bundesligaspiel und einem Gerichtsverfahren etwaige Ähnlichkeiten oder gar Gleichwertigkeit zu entdecken.

  16. 81.

    Ich schlage vor, nicht den Eigentümer zu entschädigen. Stattdessen sollte die ersteigernde Familie die Kosten für Kauf, Bau und Abriss erstattet bekommen. Dies erscheint mir als gerechtere Lösung. Der Fokus sollte auf der Unterstützung der Familie liegen, die durch die Situation erhebliche finanzielle Belastungen erlebt hat. So können wir die entstandenen Schäden bestmöglich kompensieren.

  17. 80.

    Meiner Meinung nach sollte die Verantwortung bei der Person liegen, die den Fehler verursacht hat. Es ist wichtig, dass Fehler Konsequenzen haben. Gleichzeitig sollten Menschen die Möglichkeit haben, sich zu entschuldigen und aus ihren Fehlern zu lernen. Vergebung und Verständnis sind wichtige Bestandteile eines respektvollen Miteinanders. Niemand ist perfekt und Fehler passieren.

  18. 79.

    Leute ick lach mich tot, watt hier abgeht. Hier hat doch eindeutig eine Behörde versagt, die ihre Arbeit nicht richtig gemacht hat und der kleine Bürger wird wiedermal in unserem tutti deutsche Land bestraft. Es ist zum Kotzen was mittlerweile hier angeht.

  19. 78.

    Warum wird nicht einfach der Alteigentümer vom Land entschädigt? Schließlich hat das Land den Fehler gemacht und das Geld für die Zwangsversteigerung eingesteckt. Der Familie, die das Grundstück im guten Glauben ersteigert hat, den schwarzen Peter zuzuschieben find ich echt fies. Das kann nich recht sein!

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