Angekündigte Schließung - Beschäftigte in Golßener Gurkenproduktion sollen in acht Wochen Klarheit haben
Bei der Spreewaldgurken-Produktion in Golßen laufen die Verhandlungen über einen Sozialplan für die Beschäftigten. Die Geschäftsleitung betont, dass die angekündigte Schließung nicht das Ende der Spreewaldgurke ist. Kritik kommt von der Gewerkschaft.
Nach der angekündigten Schließung der Spreewaldgurken-Produktion in Golßen (Dahme-Spreewald) sollen die Beschäftigten in etwa acht Wochen Klarheit über ihre Zukunft haben. Das sagte der Geschäftsführer der Spreewaldkonserve GmbH, Till Alvermann dem rbb. Nun würden Gespräche zwischen Gewerkschaft, Betriebsrat und Unternehmen über einen Sozialplan für die Mitarbeiter stattfinden. Auch die Bürgermeisterin, Andrea Schulz ist am Mittwoch bei einem Gespräch dabei, wie sie dem rbb sagte.
Golßen ist als Gurkenstadt bekannt. Jährlich zieht beispielsweise der Gurkentag, das Stadtfest, tausende Menschen an. "Niemand, der hier in Golßen wohnt, kann sich Golßen ohne den Geruch von Gurken, Sauerkraut, Apfelmus oder Rotkraut vorstellen", so Bürgermeisterin Schulz. Teilweise seien die Mitarbeiter im Werk in dritter Generation beschäftigt.
Unterdessen hat Geschäftsführer Alvermann die Gründe für die Schließung weiter ausgeführt. Dem rbb sagte er, dass die Produktion in Golßen nie profitabel gewesen sei und bestenfalls eine "schwarze Null" erreicht habe. Der Inhaber - das französische Unternehmen Andros - habe die Verluste der letzten Jahre ausgleichen müssen, damit das Unternehmen nicht in die Insolvenz rutscht.
Spreewaldgurken soll es in Golßen weiterhin geben
Ursache seien die Krisen der letzten Jahre seit der Corona-Pandemie und die damit deutlich gestiegenen Energiekosten und Kosten für die Rohware. Weil der Markt zudem gesättigt sei, habe es keine Möglichkeit gegeben, diese Preissteigerungen an die Kunden weiterzugeben. Die gesamte Branche habe Probleme, weil der Markt für eingelegtes Gemüse generell geschrumpft sei.
Alvermann betonte, dass nicht geplant sei, die Spreewaldgurken-Produktion generell einzustellen. Sie soll ab dem kommenden Jahr im benachbarten Schöneiche "fokussiert" werden. Die Marke "Spreewaldhof" des Unternehmens soll dabei weitergeführt werden und sich unter anderem auf die Gurken konzentrieren. Streichungen gebe es bei anderen Produkten des Herstellers, etwa Eigenmarken von Handelsunternehmen, die das Golßener Werk ebenfalls herstellt. Dazu gehört beispielsweise Rotkohl im Glas oder Sauerkrautkonserven.
Kleinere Produktion und Saisonkräfte
In Schöneiche hat das Unternehmen bereits einen Produktionsstandort, allerdings einen kleineren. Die Entscheidung zukünftig dort zu produzieren, sei aufgrund der geringeren Kosten gefällt worden. Außerdem liege die Produktion dort "mitten im Anbaugebiet", so Alvermann. Der Standort Golßen werde weiterhin genutzt, aber lediglich für die Logistik. Während der Erntezeit sollen zukünftig Saisonarbeitskräfte eingesetzt werden, während es nur noch eine kleine Stammbelegschaft gibt. Aktuell sind an beiden Standorten rund 260 Menschen beschäftigt - noch einmal 200 kommen laut Alvermann in der Saison dazu. Demnach verbleiben ab dem kommenden Jahr noch etwa 40 Mitarbeitende dauerhaft im Werk in Schöneiche.
Laut Alvermann glaubt das Unternehmen weiter an eine Zukunft des Standorts und will die Traditionsmarke "Spreewaldhof" erhalten.
Gewerkschaft fordert Rücknahme der Entscheidung
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte das Unternehmen unterdessen auf, die angekündigte Schließung der Produktion zurückzunehmen. Die Gewerkschaft sei von der Ankündigung völlig überrascht worden, wie Rebecca Rahe von der NGG dem rbb sagte. "Da war niemand vorab informiert, insbesondere das Betriebsratsgremium wurde komplett übergangen", so Rahe. Noch Tage vor der Verkündung der Entscheidung sei noch die Rede von Investitionen und einer Ausweitung der Produktion gewesen. Die Entscheidung der Geschäftsleitung sei eine Wende um 180 Grad.
Die Gründe für die geplante Schließung hält die Gewerkschaft nicht für glaubwürdig. Die Herausforderungen, wie zum Beispiel gestiegene Kosten, hätten auch alle Mitbewerber, nicht nur der Golßener Standort. Bevor Mitarbeiter entlassen werden, sollte das Unternehmen alle Alternativen prüfen, so Rahe. Außerdem forderte sie die Politik auf, sich für die Beschäftigten einzusetzen.
Gurkenbauern spüren rückläufige Nachfrage
Weniger überrascht zeigt sich Gurkenbauer Christoph Frehn aus Schöneiche. Er ist einer der Zulieferer für die Produktion von "Spreewaldhof". Wie er dem rbb sagte produzierte er noch bis 2021 rund 6.000 Tonnen Gurken jährlich - im letzten Jahr seien es noch 2.400 Tonnen gewesen. "Wir haben eigentlich schon damit gerechnet, dass es zu irgendwas kommen wird", so Frehn, dass die Entscheidung so schnell gekommen sei habe ihn dennoch überrascht. Für dieses Jahr strebt er die gleiche Produktionsmenge wie im letzten Jahr an, wie es danach weitergeht weiß er noch nicht.
Auch Frehn sieht eine rückläufige Nachfrage bei den Verbrauchern. "Die Hardliner kaufen wirklich noch Spreewaldgurken, weil es Spreewaldgurken sind", so Frehn. "Die meisten essen aber kein Glas Gurken mehr am Abendbrottisch, sondern schnippeln die in den Kartoffelsalat. Und ob das Spreewaldgurken sind oder nicht schmeckt man nicht wirklich", so der Gurkenbauer.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 03.02.2025, 19:30 Uhr