Angekündigte Schließung - Beschäftigte in Golßener Gurkenproduktion sollen in acht Wochen Klarheit haben

Di 04.02.25 | 12:19 Uhr
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Produktion von Spreewaldgurken in Golßen (Bild: dpa)
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Audio: rbb24 Brandenburg Aktuell | 03.02.2025 | Daniel Friedrich | Bild: dpa

Bei der Spreewaldgurken-Produktion in Golßen laufen die Verhandlungen über einen Sozialplan für die Beschäftigten. Die Geschäftsleitung betont, dass die angekündigte Schließung nicht das Ende der Spreewaldgurke ist. Kritik kommt von der Gewerkschaft.

Nach der angekündigten Schließung der Spreewaldgurken-Produktion in Golßen (Dahme-Spreewald) sollen die Beschäftigten in etwa acht Wochen Klarheit über ihre Zukunft haben. Das sagte der Geschäftsführer der Spreewaldkonserve GmbH, Till Alvermann dem rbb. Nun würden Gespräche zwischen Gewerkschaft, Betriebsrat und Unternehmen über einen Sozialplan für die Mitarbeiter stattfinden. Auch die Bürgermeisterin, Andrea Schulz ist am Mittwoch bei einem Gespräch dabei, wie sie dem rbb sagte.

Golßen ist als Gurkenstadt bekannt. Jährlich zieht beispielsweise der Gurkentag, das Stadtfest, tausende Menschen an. "Niemand, der hier in Golßen wohnt, kann sich Golßen ohne den Geruch von Gurken, Sauerkraut, Apfelmus oder Rotkraut vorstellen", so Bürgermeisterin Schulz. Teilweise seien die Mitarbeiter im Werk in dritter Generation beschäftigt.

Unterdessen hat Geschäftsführer Alvermann die Gründe für die Schließung weiter ausgeführt. Dem rbb sagte er, dass die Produktion in Golßen nie profitabel gewesen sei und bestenfalls eine "schwarze Null" erreicht habe. Der Inhaber - das französische Unternehmen Andros - habe die Verluste der letzten Jahre ausgleichen müssen, damit das Unternehmen nicht in die Insolvenz rutscht.

Spreewaldgurken soll es in Golßen weiterhin geben

Ursache seien die Krisen der letzten Jahre seit der Corona-Pandemie und die damit deutlich gestiegenen Energiekosten und Kosten für die Rohware. Weil der Markt zudem gesättigt sei, habe es keine Möglichkeit gegeben, diese Preissteigerungen an die Kunden weiterzugeben. Die gesamte Branche habe Probleme, weil der Markt für eingelegtes Gemüse generell geschrumpft sei.

Alvermann betonte, dass nicht geplant sei, die Spreewaldgurken-Produktion generell einzustellen. Sie soll ab dem kommenden Jahr im benachbarten Schöneiche "fokussiert" werden. Die Marke "Spreewaldhof" des Unternehmens soll dabei weitergeführt werden und sich unter anderem auf die Gurken konzentrieren. Streichungen gebe es bei anderen Produkten des Herstellers, etwa Eigenmarken von Handelsunternehmen, die das Golßener Werk ebenfalls herstellt. Dazu gehört beispielsweise Rotkohl im Glas oder Sauerkrautkonserven.

Kleinere Produktion und Saisonkräfte

In Schöneiche hat das Unternehmen bereits einen Produktionsstandort, allerdings einen kleineren. Die Entscheidung zukünftig dort zu produzieren, sei aufgrund der geringeren Kosten gefällt worden. Außerdem liege die Produktion dort "mitten im Anbaugebiet", so Alvermann. Der Standort Golßen werde weiterhin genutzt, aber lediglich für die Logistik. Während der Erntezeit sollen zukünftig Saisonarbeitskräfte eingesetzt werden, während es nur noch eine kleine Stammbelegschaft gibt. Aktuell sind an beiden Standorten rund 260 Menschen beschäftigt - noch einmal 200 kommen laut Alvermann in der Saison dazu. Demnach verbleiben ab dem kommenden Jahr noch etwa 40 Mitarbeitende dauerhaft im Werk in Schöneiche.

Laut Alvermann glaubt das Unternehmen weiter an eine Zukunft des Standorts und will die Traditionsmarke "Spreewaldhof" erhalten.

Gewerkschaft fordert Rücknahme der Entscheidung

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) forderte das Unternehmen unterdessen auf, die angekündigte Schließung der Produktion zurückzunehmen. Die Gewerkschaft sei von der Ankündigung völlig überrascht worden, wie Rebecca Rahe von der NGG dem rbb sagte. "Da war niemand vorab informiert, insbesondere das Betriebsratsgremium wurde komplett übergangen", so Rahe. Noch Tage vor der Verkündung der Entscheidung sei noch die Rede von Investitionen und einer Ausweitung der Produktion gewesen. Die Entscheidung der Geschäftsleitung sei eine Wende um 180 Grad.

Die Gründe für die geplante Schließung hält die Gewerkschaft nicht für glaubwürdig. Die Herausforderungen, wie zum Beispiel gestiegene Kosten, hätten auch alle Mitbewerber, nicht nur der Golßener Standort. Bevor Mitarbeiter entlassen werden, sollte das Unternehmen alle Alternativen prüfen, so Rahe. Außerdem forderte sie die Politik auf, sich für die Beschäftigten einzusetzen.

Gurkenbauern spüren rückläufige Nachfrage

Weniger überrascht zeigt sich Gurkenbauer Christoph Frehn aus Schöneiche. Er ist einer der Zulieferer für die Produktion von "Spreewaldhof". Wie er dem rbb sagte produzierte er noch bis 2021 rund 6.000 Tonnen Gurken jährlich - im letzten Jahr seien es noch 2.400 Tonnen gewesen. "Wir haben eigentlich schon damit gerechnet, dass es zu irgendwas kommen wird", so Frehn, dass die Entscheidung so schnell gekommen sei habe ihn dennoch überrascht. Für dieses Jahr strebt er die gleiche Produktionsmenge wie im letzten Jahr an, wie es danach weitergeht weiß er noch nicht.

Auch Frehn sieht eine rückläufige Nachfrage bei den Verbrauchern. "Die Hardliner kaufen wirklich noch Spreewaldgurken, weil es Spreewaldgurken sind", so Frehn. "Die meisten essen aber kein Glas Gurken mehr am Abendbrottisch, sondern schnippeln die in den Kartoffelsalat. Und ob das Spreewaldgurken sind oder nicht schmeckt man nicht wirklich", so der Gurkenbauer.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 03.02.2025, 19:30 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    Sehr schade, meine Lieblingsgurken. Da wird einfach Konkurrenz aus dem Markt genommen. Das ist die Realität der Globalisierung, dieses Landes und seiner Marktwirtschaft.

  2. 15.

    Ich vermute auch, dass es daran liegt, dass die Gewürzgurken zur Süßspeise verkommen sind.
    Zu viel Zucker und noch zusätzliche Süßstoffe ist NICHT die oft beworbene traditionelle Rezeptur.
    Die Tradition hatte mit der Übernahme durch westliche Investoren ihr Ende.
    Betrifft nicht nur Gurken, auch Fisch(marmeladen)produkte.

  3. 14.

    Harte Arbeit für alle Angestellten aber sichere Arbeitsplätze und ein "zu Hause" für viele Langjährige. Ein Traditionsunternehmen, dass nach der Wende mit viel Herzblut vom ehemaligen Eigentümer in und auch für Golßen aufgebaut wurde. Eine Schande ist das, aber leider fast absehbar,was hier(und nicht nur hier) passiert.

  4. 13.

    Sorry, aber spreewaldhof ist nicht der einzige Gurkenproduzent. Seit einigen Jahren hat sich der Geschmack bei Gurken vom Spreewaldhof auch verändert. Ich hole sehr oft jetzt meine Gurken in Lübben bei Gurken Markus oder in Boblitz bei Rabe. Da schmecken die Gurken auch. Es ist trotzdem ein Schlag ins Kontor mit der Schließung des Werks in Golßen.

  5. 12.

    Wenn Sie doch richtig lesen würden!
    Der Spreewald Bauer hat gesagt, dass man den Unterschied zwischen Spreewaldgurke und anderen im Kartoffelsalat nicht wirklich schmeckt. Die Frage ist also, wie bei anderen Obst- und Gemüsekonserven, bei denen die Nachfrage sinkt, sind es geänderte Essgewohnheiten, oder ist es der Preis.
    Und es ist schon was dran, dass die Verbraucher weniger Gewürzgurken pur als Beilage essen, als noch vor 10, 20 Jahren. Heute nimmt der Verbraucher eher gefüllte, oder eingelegte Antipasti. Ich für meinen Teil esse ganz gerne mal Gewürzgurke, weil ich süß-sauer mag. Und wenn ich Gewürzgurken esse, dann von einer Spreewaldmarke.

  6. 11.

    Ich habe schon so gut wie alle Arten von Gewürzgurken der Spreewaldgurken-Hersteller durchprobiert. Sind meistens zu süßlich und schlapp gewürzt. Jetzt bin ich geschmacklich wieder bei KNAX von Hengstenberg gelandet.

  7. 10.

    Ich kaufe nur Spreewalderzeugnisse .Auch weil ich Ossi bin.Die anderen Hersteller schmecken auch nicht.Wenn der Gurkenbauer der Meinung ist, es gibt keinen Unterschied zwischen Hen.... und Kü zur Speewaldgurke, dann hat er noch keine probiert.Ein Armutszeugnis.

  8. 9.

    Dann macht doch lieber die 0815- Gurkenhersteller dicht, statt solche Traditionsunternehmen. Aber es ist doch immer wieder dasselbe, dann werden sie "übernommen" und alles schmeckt wie einheitsbrühe.

  9. 8.

    So ist das nun mal leider, wenn man sich nicht an den Markt anpasst. Ich liebe saure Gurken, viele Leute aber nicht und grade unter jüngeren sind sie nicht sonderlich beliebt.
    Das altbackene Image wird nicht besonders hilfreich gewesen sein. Hätte man versucht die Gurke als zeitgemäßes, gesundes (Vitamine, Mineralstoffe, Wasser), lokales und nachhaltiges Produkt beworben, wäre vielleicht ne Renaissance möglich gewesen. Aber so sind die Spreewälder Gurken nur eine unter vielen. Und der Spreewald hat jetzt auch nicht das beste Image, lahme Kahnfahrten bei überteuertem Kuchen und rassistischen Sprüchen sind kein Verkaufsmerkmal.

    Meine ausländischen Kollegen trauen sich zumindest nicht, übers Wochenende nach Lübbenau zu fahren und dort ihr Geld auszugeben, weil sie sich nicht willkommen fühlen.

  10. 7.

    Ich für meinen Teil habe zielgerichtet nur Spreewaldhof Gurken gekauft. Und es gab auch Zeiten, da war die Sorte garnicht im Regal. Aber wenn der Gurkenbauer keinen Unterschied zu den anderen Chemieeinlegegurken rausschmeckt, dann wird er bald zumachen. Anstatt an die Marke zu glauben und diese zu unterstützen, buddelt er fleißig mit am Grab.

  11. 6.

    Nun hat sich die Bürgermeisterin zum Stellenabbau geäußert. Wenn sie es nicht getan hätte, dann wäre Ihre Frage bestimmt gewesen: "Wo ist die Bürgermeisterin, warum bekennt sie sich nicht zu dem Golßener Standort?"
    Wenn von den 260 Arbeitsplätzen 220 wegfallen ist das für jede Gemeinde Stadt schon gravierend.

  12. 5.

    Wieder einmal stellen sich die Golßener Bürger die Frage, welche Rolle eine Bürgermeisterin hier spielen soll. Jahrzehnte der Gurkenblüte sind nicht ihr Verdienst. Hier werden Entscheidungen von großen Konzernen getroffen. Das veranstaltete Drumherum ihrerseits wirkt da eher überheblich. Oder nun doch nicht abspalten? Lieber doch vom Kuchen der anderen Gemeinden naschen und kein eigenes Süppchen kochen?

  13. 3.

    Der Golßener Betrieb ist wirklich ein Traditionsbetrieb. Es wird kritisch beleuchtet, wie sich der Verbraucher-Gechmack wandelt. Ich denke mal, ja, denn Erbsen plus Möhren, das gefällt nicht jedem. Auch könnte ich mir vorstellen, dass es nicht unbedingt die Blechdose sein müsste, die als Verpackungsmaterial dient. Gleichwohl ich einräume, dass helles Glas den Inhalt von Lichteinfluss nicht genüg.abschirmt. Ist die Metalldose wirklich kostengünstiger als Glas, wenn man z.B. das beachtliche Aufkommen von Altglas einbezieht? Viellt müsste man die sehr hehren Anforderungen der Margen runterdrehen, soweit es hygienische Gründe zulassen. Aber ich stelle ebenfalls fest, dass beim Obst z.B. eben zuckersüße Sachen doch schwer gängig geworden sind.
    Wobei die traditionelle Spreewaldgurke halt ihr eigenes Würzrezept hat!

  14. 2.

    Ja, eine simple Aufforderung, aber das ist die einfache Lösung, die zudem auch noch wirkt. Nicht auf Subventionen / Förderungen warten, sondern das Mögliche selber tun. Nach den Wende sind viele Ost-Betriebe kaputt gegangen, weil alle nur noch West-Waren wollten, daraus kann man doch im positven Sinne lernen.

  15. 1.

    Brandenburger, esst mehr Gurken aus Golßen!

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