Messerverbotszonen ab 15. Februar - Warum eine Wassermelone den Unterschied machen kann

Sa 15.02.25 | 10:10 Uhr | Von Helena Daehler
  88
Ein Mann schneidet eine Wassermelone mit einem Messer. (Quelle: dpa)
Video: rbb|24 | 11.02.2025 | Bild: dpa

Wegen steigender Gewaltdelikte mit Messern und Schusswaffen gelten in Berlin ab Samstag drei Orte als dauerhafte Waffen- und Messerverbotszonen. Eine Reihe von Ausnahmen könnte der Polizei die Durchsetzung allerdings etwas erschweren. Von Helena Daehler

Dieser Text wurde erstmals am 11.02.2025 veröffentlicht.

Ab dem 15. Februar gelten in Berlin erstmals drei dauerhafte Waffen- und Messerverbotszonen: Görlitzer Park und Kottbusser Tor in Kreuzberg und der Leopoldplatz im Wedding. Alle drei Gebiete sind als Kriminalitätsschwerpunkte bekannt. Ziel der neuen Regelung ist es, Gewaltkriminalität einzudämmen.

Mit Inkrafttreten der Verordnung am Samstag darf die Polizei in den Verbotszonen verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen. Wer verbotene Waffen oder Messer mit sich führt, muss mit einer Strafe rechnen. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und können mit bis zu 10.000 Euro Bußgeld belegt werden. Zudem dürfen Waffen und Messer eingezogen werden. Das Verbot umfasst nicht nur klassische Waffen, sondern jede Art von Messer, also auch Taschen- und Küchenmesser.

Liste von Ausnahmen

Die Rechtsverordnung, die die Regeln in der Waffen- und Messerverbotszone festlegt, sieht allerdings eine lange Liste von Ausnahmen vor. So ist das Mitführen von Messern beispielsweise erlaubt, wenn diese nicht "zugriffsbereit" sind.

"Zugriffsbereit bedeutet, dass das Messer mit weniger als drei Handgriffen zum Einsatz bereit ist", erklärt der Waffensachverständige Dirk Schöppl. Das heißt: Ein Schweizer Taschenmesser in der Hosentasche ist verboten, im Rucksack ist es erlaubt. Und wer ein Küchenmesser gekauft hat und es verpackt durch eine Messerverbotszone transportiert, kann auch nicht belangt werden.

Eine andere Ausnahme: Messer dürfen weiterhin mitgeführt werden, wenn sie einem "allgemein anerkannten Zweck" dienen. Waffenexperte Schöppl erklärt es so: "Wenn jemand ein großes Messer dabei hat plus eine Wassermelone, wird die Polizei wahrscheinlich nicht eingreifen. Das Mitführen eines langen Messers ohne Wassermelone hingegen könnte die Polizei auf den Plan rufen.“

Definitionslücke in der Verordnung

Klar definiert sei der "allgemein anerkennte Zweck" allerdings nicht, sagt Schöppl: "Da ist einfach die Lücke." Bisher fehlten natürlich auch Präzedenzfälle vor Gericht.

Während der bevorstehenden Grill- und Picknicksaison im Görlitzer Park könnte es also vielleicht hier und da Diskussionen mit der Polizei geben, denn beim Grillen geht es ohne Messer oftmals nicht.

Ebenfalls vom Verbot ausgenommen sind laut der Rechtsverordnung Rettungskräfte, Beschäftigte von Pflegediensten, Gewerbetreibende, die Messer im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mitführen, "der Anlieferverkehr", Personen, die Messer für die "Brauchtumspflege", den Sport oder die Jagd benutzen.

Polizeigewerkschaft sieht komplizierte Prüfprozesse

Die Polizeigewerkschaft sieht gewisse Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Verbots. "Die Ausnahmen erschweren der Polizei die Durchsetzung enorm. Jeder kann eine plausible Ausrede haben, warum er ein Messer dabei hat", sagt Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. Er bezeichnet die Regelung als "Wackelpudding-Verordnung".

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert den Mehraufwand für die Beamten. "Diese komplizierten Prüfprozesse führen dazu, dass stark belastete Kolleginnen und Kollegen noch mehr Zeit für Einzelfall-Entscheidungen aufwenden müssen", sagt Landeschef Stephan Weh von der GdP.

In einer Messerverbotszone ist niemand sicherer als vorher

GdP fordert generelles Trageverbot von Messern

Die Berliner Politik sieht die Maßnahme immerhin als ersten Schritt gegen Gewaltkriminalität, denn die Zahl der Messerangriffe in der Hauptstadt ist zuletzt gewachsen. Laut Polizeistatistik gab es im Jahr 2023 3.482 registrierte Angriffe – ein Anstieg von fünf Prozent im Vergleich zu 2022.

Stephan Weh hält die Verbotszonen nicht für ausreichend, um die Gewaltkriminalität einzudämmen: "An den eigentlichen Symptomen, warum Menschen Messer mitführen und diese auch einsetzen, wird nicht gearbeitet. Wir sehen falsche Vorbilder in Social Media und erleben bei Kontrollen meist junge Männer, die ein Messer gezielt zur Verteidigung mitführen."

Zudem müsse sich die Politik fragen, ob die neuen Verbotszonen überhaupt effektiv durchsetzbar sind oder ob sie nur ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermitteln, sagt Weh. "In einer Messerverbotszone ist niemand sicherer als vorher." Die GdP fordert daher ein generelles Trageverbot für Messer in der Öffentlichkeit, um die wachsende Zahl an Messerangriffen langfristig einzudämmen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.02.2025, 8:24 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 16.02.2025 um 14:15 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von Helena Daehler

88 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 88.

    Ja, nach was soll die Polizist denn unterwegs sonst entscheiden? Erst mal große Analyse? PolizistInen sammeln auch Berufserfahrung?
    Sie kennen ggf. den Streifen-Bezirk ganz gut? Ggf. auch die Unsicherheit des "Erwischten" sowie eventuell agressives Verhalten in der Anbahnung?
    Es ist schon erstaunlich, wie viele Menschen sich hier herausnehmen, die Polizei als irgenwie "unaufrichtig, fehlgeleitet, gewalttätig oder willkürlich" zu beschreiben?
    Was genau ist deren Job? So wie ich sauber am Schreibtsich? Gewalt kennt man nur von KollegInnen, die einem das Öhrchen abschwatzen, wenn es gerade eben nicht passt?
    Aber nicht um sich schlagende Personen, mit oder ohne Messer, Schwerverletzte, Randlierende, Opfer von Gewalttaten, Kinder, Drogensüchtige oder Dealer etc.!! Das Arbeitsumfeld ist auf jeden Fall nicht das Paradies völlig unbescholtener Bürger, würde ich meinen.
    Alle, die hier so tun, als ob das übertrieben ist, bitte mal ein Tag begleiten..

  2. 87.

    Ich weiß nicht, wie oft Sie fliegen. Sie kennen aber die Kontrollen?
    Messerchen, flüssige Substanzen etc. sind nicht erlaubt und werden entfernt. Hat geholfen!
    Fliegen deshalb weniger Menschen in den Ulraub? Nein, um Gottes Willen, das ist ja angemessen! Geht ja auch um das eigene Wohl und ggf. das der Familie sowie um den heiligen Urlaub....Ist schon angemessen! Auch beim Konzert, Fußball etc.
    Die Aufreger hier: Die Polizei kontrolliert und nicht die Fluglinie? Es geht ggf. um Körperverletzung (mit ggf. Todesfolge). Und das empfindet man als unagemessen? Wer empfindet das? Messerträger?
    Jeder Mensch, der dadurch nicht verletzt wird, ist es wert!

  3. 85.

    Habe gerade den Artikel zur ansteigenden Messergewalt in Berlin gelesen > das kombiniert doch wunderbar. Wenn ich richtig unterrichtet bin, sind das Merhfachtäter?
    Im Jahr 2023 > 3.482 Messerangriffe lt. Berliner Polizei. Ein Plus von 20%! Da kann man doch gleich Einiges erreichen!
    Bei Demonstrationen sind die unberechtigten Messerträger schon vor Ort, die Polizei auch. Schwub, zwei Fliegen mit einer Klappe. Und dann halt noch die Kontrollen in den einschlägigen Ortsteilen. Die kennt die Polizei ja auch ;-)

    Und nochmal: Das frech grinsende Argument, man hätte als Mann ja nur eine Verteidugugnswaffe bei sich. Lachhaft!
    Bei uns gehen Omas auf die Straße ohne Messer, Kinderlein auch.
    Aber die muskelgestählten Männer (ggf. aus dem Metier) haben Angst?????

  4. 84.

    Eßbesteck ist auch eine Waffe?Dann aber auch Zahnstocher. Im übrigen, zum essen von Eintopf benötige ich meistens kein Messer. Und auch beim Picknick in der Natur wird man bestimmt nicht verhaftet sollte man da mal ein Messer, Gabel und Löffel dabei haben.

  5. 83.

    Was mache ich im Park noch dem Verzehrender Wassermelone? Wegwerfen oder wie.

  6. 82.

    Ursachen beseitigen ist nicht das Thema? Fängt bei der Wahl an und das umsetzen bereits bestehender Gesetze.

  7. 81.

    Der Sinn von Ausnahmeregeln wird dadurch unterlaufen, als dass sie Regeln sind und bis zum letzten Punkt & Komma exakt formuliert und befolgt werden sollen. Dabei geht es ja eigentlich um das Ermessen: Im Zweifelsfall, wenn der typisch-deutsche Wachmann feststellt, dass es sich um eine ganz andere Situation handelt, die mit der festgelegten nicht identisch ist, Abweichungen von eben dieser Regel zuzulassen.

    Darum geht es. Immer noch. Abweichungen dürfen nicht sein. Auf jeden Fall nicht im Deutschen. Regelbefolgung bis zum Letzten hin. Und wenn sich herausstellt, dass bearbeitetes Papier in den Behörden in größerer Zahl "Eselsohren" aufweist: Eine "Verordnung zur ordnungs- und sachgemäße Papierverwendung", worüber sich die Geister bis zum Letzten streiten könnten. ;-)

  8. 80.

    Wenn ich ein Messer mit habe, habe ich die Sicherheit, daß ich nicht verhungern muß, obwohl ich Essen habe. Wie das mit "jeder" ist, hängt davon ab, was "jeder" mit dem Messer vor hat.

  9. 79.

    Als Eßbesteck zum Essen. Denn meine Mutti hat gesagt, ich darf nicht verhungern. Das hat sie mir ausdsrücklich verboten. Also muß ich immer wieder mal essen. Dazu brauche ich auch ein Messer.

  10. 77.

    Wer sich an einen gefährlichen Ort begibt, muss Personenkontrollen zum Zweck der Gefahrenabwehr über sich ergehen lassen. Dies geschieht auch zum eigenen Schutz.

  11. 76.

    Danke, Herr oder Frau Usselbart.
    In unserem (noch) Rechtsstaat gilt die Unschuldsvermutung und zum Glück (noch) kein Totalitarismus. Auch die Polizei braucht schon erstmal irgendeinen Anlass, um jemanden zu verdächtigen, um eine Durchsuchung durchzuführen.
    Für manache Leute scheint es als Anlass schon zu reichen, dass das Subjekt nicht arisch genug aussieht... Aber stellen Sie sich mal vor, die Polizei wurde Sie jedes Mal, wenn sie Ihnen begegnet, Ihre Taschen durchsuchen. Würden sie das als Recht empfinden?

  12. 75.

    Mit dem Rechtsstaat komme ich schon klar, was ich nicht ausstehen kann sind selbsternannte Sittenwächter, die alles und jeden unter Generalverdacht stellen, als hätten sie das Recht und die Moral für sich gepachtet! Wer im übrigen glaubt, das Handeln des Staates sei immer richtig, bei dem hat die Erziehung im Bereich Geschichte und Gesellschaft leider völlig versagt.

  13. 74.

    Ich hoffe dioch, dass Sie sich nach dem süßen Wassergemansche die Hände waschen.
    Kaufen Sie sich stehendes Fußes eine neue Melone, damit ihr Messer eine angemessene Begleitung hat.

  14. 73.

    Er kann auch gleich prüfen, ob er sich einen eigenen Namen ausdenken will und keinen bereits vorhandenen benutzt. Außer es ist absichtlich. Da hätte ich dann schon Verständnis.

  15. 72.

    Wenn Sie das Gesetz absurd finden, können Sie es in unserem Rechtsstaat überprüfen lassen. Bis dahin haben Sie sich in unserem Rechtsstaat daran zu halten. Halten Sie sich nicht daran, können Sie in unserem Rechtsstaat bestraft werden. Aber auch dagegen können Sie in unserem Rechtsstaat vorgehen.
    Vermutlich verwechseln Sie unseren Rechtsstaat mit Anarchie, wenn Sie denken, Sie können in unserem Rechtsstaat ungestraft machten, was Sie wollen, obwohl Gesetze dagegen sprechen.

  16. 71.

    "Man kann sich auch einfach an das Gesetz halten"

    Nur wenn das Gesetz absurde, ungerechtfertigte Ausmaße annimmt, dann kann es schon mal schwierig werden.

    Sie leben wohl nach dem Motto: "Ich hab ja nichts zu verbergen - also stört es mich nicht, wenn die Polizei mich totalüberwacht und anlasslos jede 50 Meter alle meine Sachen durchsucht"
    Na ihnen viel Spaß damit!

    Andere Menschen bevorzugen einen Rechtsstaat.

  17. 70.

    Finde ich nicht gruselig, wenn ich nachweisen soll, dass ausgerechnet ich etwas darf, was die meisten Mitmenschen nicht dürfen. Man kann sich auch einfach an das Gesetz halten, dann muss man nichts beweisen.

  18. 69.

    ... ich stimme Ihnen zu... leider gibt es nicht genug Ordnungskräfte...

Nächster Artikel