Projekt "Scancars" - Digitale Parkraumbewirtschaftung in Berlin liegt vorerst auf Eis

Mi 12.02.25 | 10:50 Uhr | Von Kaveh Kooroshy
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Ein Auto, das mit einem automatischen Kennzeichenlesesystem ausgestattet ist. (Quelle: dpa/Hans Lucas)
Audio: rbb24 Inforadio | 12.02.2025 | Kaveh Kooroshy | Bild: dpa/Hans Lucas

Parkgebühren werden nicht immer bezahlt - aber Kontrollen durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind aufwändig. Sogenannte Scancars, die die Nummernschilder der Parkenden im Vorbeifahren prüfen, sollten es in Berlin einfacher machen. Nun wurde das Projekt gestoppt. Von Kaveh Kooroshy

Digitale Parkraumbewirtschaftung - seit Jahren nutzen Städte wie Paris, London, Amsterdam oder Warschau diese Technik. Sie lassen mithilfe sogenannter Scan-Fahrzeuge die Kennzeichen der parkenden Fahrzeuge mithilfe einer Kamera erfassen. Die Daten werden dann mit digitalen Datenbanken abgeglichen und überprüft, ob eine Parkberechtigung vorliegt - also ob zum Beispiel digital ein Parkschein gekauft wurde oder ein Bewohnerparkausweis vorliegt.

Berlin wollte nachziehen: Im Dezember 2021 jubelte das Bezirksamt Mitte auf X, das damals noch Twitter hieß: "Die digitale Parkraumbewirtschaftung kommt mit großen Schritten auf Berlin zu!"

Doch diese großen Schritte sind nun wohl vorerst zum Stehen gekommen. Jedenfalls teilte der Bezirk Mitte am Montag mit, dass die digitale Parkraumbewirtschaftung zeitnah ihre Arbeit einstellen muss. Ein Grund: der Datenschutz.

Freiraum für Falschparker?

Den Verkehrs- und Ordnungsstadtrat von Berlin-Mitte, Christopher Schriner (Grüne), ärgert das: "Es ist eine Mischung aus Frust, Verzweiflung und auch Fassungslosigkeit, dass dieses Projekt, wovon ja wirklich auch alle Bezirke profitieren würden, was auf so viele Themen einzahlt - Digitalisierung, Entbürokratisierung, Fachkräfteknappheit, mangelnde Kassen - ,dass das nicht einfach vorangetrieben wird."

Damit das Projekt einmal Wirklichkeit wird, bedarf es vieler kleiner Schritte. Zum einen müssen etwa Anwohner-, Handwerker-, und Gewerbeparkausweise zentral und digitalisiert vorliegen, genauso wie gezogene Parktickets. Aber auch der Datenschutz muss sichergestellt werden und mit geltendem Recht vereinbar sein.

Doch weil die Senatskanzlei die nötige Unterschrift für den sogenannten Projektauftrag verweigert, gehe es nun nicht mehr weiter, sagt Christopher Schriner: "Ich glaube am Ende, weil man auch Angst vor den Folgen hat. Das heißt nämlich, dass mehr Falschparken geahndet werden würden - nicht sofort, sondern in ein paar Jahren. Und das passt natürlich nicht jedem."

Verkehrssenatorin verweist auf den Datenschutz

Die Berliner Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) wehrt sich gegen den Vorwurf, das Projekt zu verschleppen: "Wir haben das Projekt nicht beerdigt, sondern wir stehen vor dem Umstand, dass derzeit in Deutschland eine entsprechende datenschutzrechtliche Regelung noch nicht etabliert ist, noch nicht gefunden worden ist und einfach noch nicht besteht", sagt sie. "Natürlich werden wir uns dafür einsetzen, dass es eine solche datenschutzrechtliche Regelung gibt, aber solange es die noch nicht gibt, können wir auch keine Scancars durch Berlin fahren lassen."

Hohe Einnahmen durch Parkraumbewirtschaftung

Das Projekt, das von den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg getestet wurde, hat in den Jahren 2023 und 2024 insgesamt rund 130.000 Euro gekostet.

Die Einnahmen, etwa durch Parktickets und Bußgelder, sind dagegen deutlich höher. Nach Abzug aller Kosten hat allein der Bezirk Mitte vergangenes Jahr rund 25 Millionen Euro durch die Parkraumbewirtschaftung eingenommen. Weitere sieben Millionen kamen Berlin zugute, das einen Teil der Bußgeldeinnahmen erhält.

Diese Summe könnte durch die Scancars noch größer werden. Denn einerseits werden mehr Menschen Parktickets oder Bußgelder bezahlen, wenn engmaschiger und schneller kontrolliert wird. Und andererseits könnte Personal für die Überwachung eingespart werden.

Angesichts der rigiden Sparmaßnahmen wären solche Investitionen in die Zukunft der Parkraumbewirtschaftung sinnvoll, findet Christopher Schriner: "Wir könnten mit diesen Mehreinnahmen wirklich Projekte finanzieren, wie Kitas, Schulsanierungen, Jugendclubs. Wir könnten in Spielplätze investieren. Und wir könnten auch Personal an anderen Stellen einsetzen, wo es wirklich bitter benötigt wird."

Allerdings räumt auch Christopher Schriner ein, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis das Projekt Realität ist. Doch man müsse eben jetzt anfangen - sonst dauere es noch viel länger.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.02.2025, 06:10 Uhr

Beitrag von Kaveh Kooroshy

29 Kommentare

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  1. 29.

    Wieder einmal typisch, da wird was angeschafft, durchgeführt und dann fällt einem der Datenschutz "in den Weg".... wann lernen Behörden / Senatoren und sonstige Verantwortliche, das man ERST gesetzliche Grundlagen / Gesetze/ Verordnungen prüfen MUSS und dann erst dementsprechend handelt.
    Mein Vorschlag, der / die Verantwortlichen in Regres nehmen.... Punkt

  2. 28.

    "Ich finde immer Radfahrer super, die meinen, diskutieren zu müssen..."
    Klar, genauso... :-)

  3. 27.

    warum optimal, wenn es grottenschlecht mehr "spaß" macht?

  4. 26.

    Ich finde immer Radfahrer super, die meinen, diskutieren zu müssen, wenn sie mal beim Gehwegradeln erwischt werden und zahlen sollen.

  5. 25.

    Offensichtlich haben sie den Unterschied nicht verstanden. Gesichtsscanner scannen anlasslos.

  6. 24.

    Scancars nützen doch nichts wenn man keine Datenbasis mit den Berechtigungen in digitaler Form zum Abgleich hat. Beim Handyparken scheint es ja schon zu funktionieren. Aber bevor ich Scancars auf die Straße loslasse müssen auch andere Formen folgen. Steht doch im Artikel. Ich weiß es ist vermessen, aber vielleicht könnte man die Zeit bis zur Beseitigen der rechtlichen Hürden für den Einsatz der Scancars nutzen, um diese Voraussetzungen zu schaffen.

  7. 23.

    Geil, wenn die selben Personen für Gesichtsscanner kämpfen und gleichzeitig Probleme mit dem Abgleich von Kfz-Nummern vorheucheln!
    Auch das ist idiologische Politik...

  8. 22.

    wenn man früher schwarz gefahren ist und man wurde erwischt gab es eine Strafe aber kein Gefängnis wie im hier und jetzt.
    Heute gibt es mehr Kameras die alles, aber auch alles aufzeichnen, als Einwohner. Da ist der Verweis auf früher in der ... völlig überhöht und gerade zu bedeutungslos.

  9. 21.

    Ich bin da vollkommen bei ihnen aber....
    Parken per App, da wird das Nummernschild vom Ordnungsamt geprüft ob sie eben per App parken. Nichts anderes würde bei der digitalen Parkraumbewirtschaftung passieren.
    Und beim Anwohner parken ist es noch simpler... da ist der Raum begrenzt wo die gültig ist.
    Hat man einen Dienstwagen weiß der Staat garnichts... der ist auf den Namen der Firma zugelassen.
    Man muss hier nicht Befürchtungen vor Sachen haben die entweder nichts existent sind bzw. bereits eistieren.

  10. 20.

    "...mich im öffentlichen Leben abzuzocken und das Leben teurer zu machen und restrektiver."
    Parkverbot ist Parkverbot, Tempolimit ist Tempolimit und so weiter. Wer dagegen verstößt und erwischt wird, ist eben dran. Die Regeln waren jedenfalls klar.
    Fasziniert mich immer, wie manche die Strafe für ihren Verstoß dann als "Abzocke" umdeuten...
    Aber macht sich natürlich besser, als zuzugeben, dass man zu schnell war oder rücksichtslos geparkt hat...

  11. 18.

    Wir Deutsche wollen alles perfekt machen. Nach dem Motto " Kann die Email gelöscht werden, ja, aber vorher ausdrucken und abheften".
    Die ganze Welt lacht sich über uns kaputt.

  12. 17.

    In Sozialen Medien melde ich mich freiwillig an (oder eben auch nicht). Die Daten gebe ich dann einem Unternehmen. Ich kann aber selber entscheiden, ob ich diesem vertraue oder auch nicht.
    Hier handelt es sich um einen Staat. Ich möchte nicht das der Staat immer weiß wo ich bin (oder mein Auto). Ich weiß, dass wird immer schwieriger.
    Zwischen Unternehmen und Staat gibt es aber entscheidende Unterschiede. Der Staat hat ein gewisses Gewaltmonopol, welches er im Zweifel gegen mich einsetzen kann und darf. Ein Unternehmen eher nicht.
    Regierungen wechseln auch mal schnell.
    Und beseonders in (Ost-)Deutschland kennen noch zu viele die Folgen eines Überwachungsstaates.

  13. 16.

    Ich parke schon ne ganze Weile nur per App auf in gebuehrenpflichtigen Bereichen. Das funktioniert super ohne Kleingeld. Ich kann die Parkzeit aus der Ferne verlaengern oder verkuerzen und minutengenau einstellen. Vor allem funktioniert das in fast allen Regionen.

    Einfach die Papiertickets abschaffen. Dann laesst sich das auch perfekt digital kontrollieren.

  14. 15.

    Dieser bescheuerte Datenschutz gehört komplett überarbeitet, hier weiß der Staat sowieso fast alles von den Menschen.
    Wir sind hier wiedermal zu kompliziert und zu blöd, Irgendetwas zu schaffen, was in anderen Ländern und Städten schon lange klappt.
    Hoffentlich geht diese Misere nach dem 23.2. nicht weiter.
    Armutszeugnis für Berlin und deutsche Land!!!

  15. 14.

    "Also, wenn z.B. anstelle des Papiertickets eine Park App verwendet wird, spart der Bürger gemeinsam mit dem Staat."
    Naja nicht so ganz... z.B. easy Park ist ein privater Anbieter und verlangt dafür natürlich extra Geld neben dem ticket Preis.

  16. 13.

    >"Warum ist es in diesen Ländern möglich und in Deutschland nicht? Gibt es dort keine Datenschutzverordnungen?"
    Doch schon, aber wohl nicht so streng wie bei uns und mit etlichen Ausnahmen. Wir Deutschen wollen ja immer, dass niemand was von uns weiß und alles aber auch alles kontrolliert nachvollzogen werden kann. Wobei schon mit jedem Profil in Sozialen Netzwerken oder jedem Onlinekauf soviel Daten von uns in die Welt gehen, dass ich die Meckerei von wegen Datenschutz hier nicht so recht nachvollziehen kann.

  17. 12.

    Es geht mal wieder nur über die Geldbörse. Wenn der Bürger zur Kostenreduktion beiträgt, bekommt er die Leistung auch günstiger. Also, wenn z.B. anstelle des Papiertickets eine Park App verwendet wird, spart der Bürger gemeinsam mit dem Staat. Das Prinzip "Unternehmer im Staat" sollten wir etablieren, andere Städte machen es bereits beim ÖPNV erfolgreich vor. Nur so gelingt die schrittweise, dringend erforderliche Digitalisierung und Automatisierung.

  18. 11.

    "...seit Jahren nutzen Städte wie Paris, London, Amsterdam oder Warschau diese Technik".
    Warum ist es in diesen Ländern möglich und in Deutschland nicht? Gibt es dort keine Datenschutzverordnungen?

  19. 10.

    Wieso bekommt Herr Schriner keinen Frust bei den ganzen Geldern, die er unnötig für Fahrradstrassen, Kieze und unnötig breite Radspuren ausgab? Millionen wurden versenkt wo wir jetzt alles drunter leiden. Und dann das ganze Zeugs um künstliche Staus durch 30 auf Hauptstraßen. Da sollte er sich lieber Gedanken drum machen. Grün geführte Bezirke machen ziemlich viel kaputt. Bis hin zum Einzelhandel, wie aktuell Beusselstr durch Wegfall der Parkplätze.

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