Projekt "Scancars" - Digitale Parkraumbewirtschaftung in Berlin liegt vorerst auf Eis

Parkgebühren werden nicht immer bezahlt - aber Kontrollen durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes sind aufwändig. Sogenannte Scancars, die die Nummernschilder der Parkenden im Vorbeifahren prüfen, sollten es in Berlin einfacher machen. Nun wurde das Projekt gestoppt. Von Kaveh Kooroshy
Digitale Parkraumbewirtschaftung - seit Jahren nutzen Städte wie Paris, London, Amsterdam oder Warschau diese Technik. Sie lassen mithilfe sogenannter Scan-Fahrzeuge die Kennzeichen der parkenden Fahrzeuge mithilfe einer Kamera erfassen. Die Daten werden dann mit digitalen Datenbanken abgeglichen und überprüft, ob eine Parkberechtigung vorliegt - also ob zum Beispiel digital ein Parkschein gekauft wurde oder ein Bewohnerparkausweis vorliegt.
Berlin wollte nachziehen: Im Dezember 2021 jubelte das Bezirksamt Mitte auf X, das damals noch Twitter hieß: "Die digitale Parkraumbewirtschaftung kommt mit großen Schritten auf Berlin zu!"
Doch diese großen Schritte sind nun wohl vorerst zum Stehen gekommen. Jedenfalls teilte der Bezirk Mitte am Montag mit, dass die digitale Parkraumbewirtschaftung zeitnah ihre Arbeit einstellen muss. Ein Grund: der Datenschutz.
Freiraum für Falschparker?
Den Verkehrs- und Ordnungsstadtrat von Berlin-Mitte, Christopher Schriner (Grüne), ärgert das: "Es ist eine Mischung aus Frust, Verzweiflung und auch Fassungslosigkeit, dass dieses Projekt, wovon ja wirklich auch alle Bezirke profitieren würden, was auf so viele Themen einzahlt - Digitalisierung, Entbürokratisierung, Fachkräfteknappheit, mangelnde Kassen - ,dass das nicht einfach vorangetrieben wird."
Damit das Projekt einmal Wirklichkeit wird, bedarf es vieler kleiner Schritte. Zum einen müssen etwa Anwohner-, Handwerker-, und Gewerbeparkausweise zentral und digitalisiert vorliegen, genauso wie gezogene Parktickets. Aber auch der Datenschutz muss sichergestellt werden und mit geltendem Recht vereinbar sein.
Doch weil die Senatskanzlei die nötige Unterschrift für den sogenannten Projektauftrag verweigert, gehe es nun nicht mehr weiter, sagt Christopher Schriner: "Ich glaube am Ende, weil man auch Angst vor den Folgen hat. Das heißt nämlich, dass mehr Falschparken geahndet werden würden - nicht sofort, sondern in ein paar Jahren. Und das passt natürlich nicht jedem."
Verkehrssenatorin verweist auf den Datenschutz
Die Berliner Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) wehrt sich gegen den Vorwurf, das Projekt zu verschleppen: "Wir haben das Projekt nicht beerdigt, sondern wir stehen vor dem Umstand, dass derzeit in Deutschland eine entsprechende datenschutzrechtliche Regelung noch nicht etabliert ist, noch nicht gefunden worden ist und einfach noch nicht besteht", sagt sie. "Natürlich werden wir uns dafür einsetzen, dass es eine solche datenschutzrechtliche Regelung gibt, aber solange es die noch nicht gibt, können wir auch keine Scancars durch Berlin fahren lassen."
Hohe Einnahmen durch Parkraumbewirtschaftung
Das Projekt, das von den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg getestet wurde, hat in den Jahren 2023 und 2024 insgesamt rund 130.000 Euro gekostet.
Die Einnahmen, etwa durch Parktickets und Bußgelder, sind dagegen deutlich höher. Nach Abzug aller Kosten hat allein der Bezirk Mitte vergangenes Jahr rund 25 Millionen Euro durch die Parkraumbewirtschaftung eingenommen. Weitere sieben Millionen kamen Berlin zugute, das einen Teil der Bußgeldeinnahmen erhält.
Diese Summe könnte durch die Scancars noch größer werden. Denn einerseits werden mehr Menschen Parktickets oder Bußgelder bezahlen, wenn engmaschiger und schneller kontrolliert wird. Und andererseits könnte Personal für die Überwachung eingespart werden.
Angesichts der rigiden Sparmaßnahmen wären solche Investitionen in die Zukunft der Parkraumbewirtschaftung sinnvoll, findet Christopher Schriner: "Wir könnten mit diesen Mehreinnahmen wirklich Projekte finanzieren, wie Kitas, Schulsanierungen, Jugendclubs. Wir könnten in Spielplätze investieren. Und wir könnten auch Personal an anderen Stellen einsetzen, wo es wirklich bitter benötigt wird."
Allerdings räumt auch Christopher Schriner ein, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis das Projekt Realität ist. Doch man müsse eben jetzt anfangen - sonst dauere es noch viel länger.
Sendung: rbb24 Inforadio, 12.02.2025, 06:10 Uhr