Interview | Weltwassertag - "Es ist wichtig, dass wir bald einsetzende Niederschläge haben"

Sa 22.03.25 | 11:20 Uhr
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Eine Person mit Regenschirm geht bei leichtem Regen auf einem nassem Gehweg. (Quelle: dpa/Olaf Schülke)
Audio: Radioeins | 22.03.2025 | Fred Hattermann | Bild: dpa/Olaf Schülke

Jüngst sprach der Deutsche Wetterdienst in seiner Bilanz von einem "zu trockenen" Winter. Wie steht es um die Wasserreserven in Berlin und Brandenburg? Am Weltwassertag gibt der Potsdamer Klimaforscher Fred Hattermann eine Einschätzung.

rbb: Herr Hattermann, teilen Sie die Besorgnis, dass Wasserstände in den Seen und der Grundwasserspiegel schon vor dem Sommer zum Problem werden?

Fred Hattermann: Seit Mitte des Winters haben wir kaum Niederschläge. Und eigentlich wäre es gut, wenn es in dieser Jahreszeit mehr Niederschläge gäbe. Im Winter wächst die Vegetation nicht, die Landschaft hat also keinen großen Wasserbedarf. Das ist die Zeit, wo sich die Speicher auffüllen - die Grundwasserspeicher, aber auch die Seen. Die Grundwasserspiegel sind zwar schon wieder gestiegen seit den Dürrejahren, aber eben oft nicht auf das Niveau, auf dem sie mal waren.

Zur Person

Dr. Fred Hattermann im Gespräch. (Quelle: K. Karkow)
K. Karkow

Fred Hattermann arbeitet beim Potsdamer Institut für Klimaforschung. Er leitet die Abteilung für Klima-Resilienz und klimabedingte Risiken.

Deswegen ist es wichtig, dass wir bald wieder einsetzende Niederschläge haben. Es ist noch keine Dürre. Wir sind in einer Zone, die vom Wetter her sehr volatil, also sehr unterschiedlich ist. Wenn große Regenmengen kommen, dann ist auch alles erstmal wieder in Ordnung.

Warum ist es eigentlich so wichtig, wann die Niederschläge fallen?

In unserer Region ist es eigentlich immer gut, wenn Niederschläge fallen. Also im Winter ist es sehr wichtig, weil dann unsere Speicher aufgefüllt werden, damit wir im Sommer genug Wasser haben. Im Sommer und im Frühling sind die Niederschläge natürlich sehr wichtig für die Vegetation selbst. Wenn wir lange Trockenphasen haben, kommt es schnell zu kritischen Zuständen, denn wir haben eben diese Böden, in denen das Wasser schnell versickert.

Auf welche Klimaszenarien müssen wir uns in der Region einstellen?

Es ist tatsächlich so, dass die Szenarien bei uns gar nicht ganz eindeutig sind. Wir sehen deutlich, dass wir zunehmende Niederschläge im Westen und Norden Europas haben und abnehmende im Osten und Süden. Wir sind gerade in dieser Übergangszone. Tatsächlich haben wir sogar leicht zunehmende Niederschläge. Es ist aber so, dass es auch deutlich wärmer geworden ist. Wir sind mitten im Klimawandel, es ist zwei Grad wärmer in Deutschland mittlerweile. Dadurch wächst die Vegetation intensiver. Sie fängt früher im Jahr an, dadurch werden die Speicher früher aufgezehrt.

Trinwasserverbrauch

Der Trinkwasserverbrauch in der Region ist gestiegen. Laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg stieg der Trinkwasserverbrauch pro Kopf in Berlin auf zuletzt 114,4 Liter täglich. 2010 waren es 112,9 Liter.

In Brandenburg lag der Wert im Jahr 2022 bei 117,6 Litern pro Tag; dort waren es im Jahr 2010 noch 104,7 Liter.

Das Trinkwasser stammte in Berlin zu 44,4 Prozent aus Grundwasser und zu 55,6 Prozent aus Uferfiltrat. In Brandenburg wurde das Trinkwasser zu 96,4 Prozent aus Grundwasser und zu 3,6 Prozent aus Uferfiltrat gewonnen.

Jetzt muss man sehen, wie sich die Niederschläge weiterentwickeln. Die Temperaturen werden auf jeden Fall zunehmen. Dann sehen wir auch eine Verlagerung von sommerlichen Niederschlägen in die winterlichen Niederschläge. Das wäre für die Speicher sehr gut, wenn es so wäre, aber für die Vegetation im Sommer nicht so gut. Deswegen ist es auf jeden Fall wichtig, dass wir uns eben auch auf Trockenphasen vorbereiten.

Höre ich da auch ein bisschen Optimismus raus?

Es ist auf jeden Fall so, dass wir uns anpassen müssen. Also diese langen Perioden, wie wir sie sehen, auch gerade in diesen Dürrejahren, 2018, 2019, 2020, 2022, die werden wahrscheinlich weiter zunehmen. Es werden aber auch immer wieder starke Witterungsjahre dazwischen kommen. Da muss man jetzt eben sehen, wie man damit umgeht und wie man sich daran anpasst.

Im Sommer wird der Hitzestress zunehmen und das wird auch zu Verknappung führen. Und das hat insbesondere zum Beispiel für die Landwirtschaft große Folgen, weil die ja mit dem leben muss, was sie bekommt. Das hat für die Industrie Folgen, weil die oft Wasser entnimmt aus den Speichern. Es wird schon immer genug Wasser zum Trinken und für den Haushaltsbedarf da sein. Das könnte aber unter bestimmten Umständen eben auch eingeschränkt werden, wenn es eben sehr knapp wird.

Bei dem Interview handelt es sich um eine leicht redigierte Fassung aus einem Gespräch bei Radioeins.

Sendung: Radioeins, 22.03.2025, 08:40 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Die Vegetationsperiode hat längst begonnen. Schauen sie sich die Wurzeln an! Wasser wird in den kommenden zwei Wochen kaum kommen. Die Wettermodelle sind sich da einig. Wir können ja mit Gülle nachhelfen… Wenigstens irgend etwas Nasses im Boden… Die Balance zwischen Wasserentnahme durch die Vegetation und Auffüllen der Oberböden durch Regen gibt es nicht mehr. Zu Wärme und Entnahme kommen Betonhochdruckgebiete mit teils unter 30% Luftfeuchtigkeit und Wind. Das reißt die Wässer aus der Landschaft.

  2. 4.

    Guter Punkt. Die Niederschläge bei uns scheinen trotz starker jährlicher Schwankungen im Mittel konstant zu bleiben. Nur die Temperatur steigt deutlich an, gut zu sehen z.B. auf den Grafiken bei meteo.plus. Daraus ergibt sich dann natürlich ein langsamer Trend zu stärkeren Dürren in unserer Region. Gerade bei den sandigen Böden besonders kritisch.

    Aber wir müssen ja nichts ändern, Klima als Thema ist "out".

  3. 3.

    Aus Ihrer Zuschrift spricht viel Verbitterung. Leider veghölt such Mensch immer irgendwie ideologisch - selten vernünftig.
    Die Umgestaltung der Bergbaurestlöcher ist dem Bergbau Betreibenden schon zu DDR-Zeiten abgetrotzt worden. Nach der Wende siegt auch dort die Einsicht, dass dem 'Danach' etwas folgen müsse. Jetzt sind wir soweit, dass wir sagen müssen, wir müssen andere Energien nutzen, einfach effektiver sein. Wobei ich weder in den Windrägdern noch in den Mono-Nutzflächen der Photovoltaik "das Gesetzte" sehe. Nur ist die Frage, wie man die Restlöcher nutzen möchte. Unbeaufsichtigt sich selbst überlassend? Das kann es doch nicht sein. Ja, und am Ende reichen Abraummassen nicht, um sie niveaugleich "verschließen" zu können. Also muss man warten, bis 'Mutter Natur' ihr Werk vollbringt. Die Folgekosten sind enorm, das belastet den Preis der Kohle ebenso. Die Zwischenphase ist sehr anstrengend, jahrelang! Wassermagel auf sehr großen "Reichweiten"Flächen. Haben Sie Mut/Zuversicht.

  4. 2.

    Ich warte lieber auf morgen. Da ist Weltatheistentag.

  5. 1.

    Hauptsache wir füllen die Restlicher vom Tagebau mit Wasser damit die Touristen darin planschen können.
    Wir leeren die Flüsse und begradigen sie in unserem Sinne.
    Wozu Rückhaltebecken, wozu Melration wie sie einst in großen Teilen der Landwirtschaft angewandt wurde?
    Was interessiert uns die heimischen Landwirtschaft solange wir alles, was wir zum Leben benötigen, so schön billig aus fernen Ländern bekommen.

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