Innenausschuss - Polizei in Berlin soll Telefonüberwachung unbefristet nutzen dürfen

Mo 10.03.25 | 12:02 Uhr
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Symbolbild:Ein Polizist mit Headset sitzt an einem Computer.(Quelle:picture alliance/dpa/M.Balk)
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Audio: rbb 88.8 | 10.03.2025 | Sabine Müller | Bild: picture alliance/dpa/M.Balk

Die Polizei in Berlin soll Telefonüberwachung und Handyortung unbefristet nutzen können. Einem entsprechenden Antrag der Koalitionsfraktionen CDU und SPD stimmte der Innenausschuss im Abgeordnetenhaus am Montag zu, Grüne und Linke votierten nach teils hitziger Debatte dagegen.

2021 hatte die damalige rot-grün-rote Regierung der Polizei erlaubt, mit richterlicher Zustimmung die Telefone von Gefährdern und Terroristen zu überwachen und von Mobilfunkanbietern Standorte von Handys zu verlangen. Weil dies tiefe Eingriffe in die Grundrechte sind, wurden die Befugnisse zunächst auf vier Jahre befristet und sollten wissenschaftlich überprüft werden. Die schwarz-rote Koalition will die Befristung bis Ende März nun ohne vorherige Evaluation aufheben.

Innensenatorin Spranger hält geplante Evaluierung nicht mehr für sinnvoll

"Berlin kann sich keine Befugnislücken leisten", betonte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Ausschuss. Es gehe um Instrumente, die in anderen Bundesländern längst fest installiert seien. Eine Evaluierung hält Spranger aktuell nicht für sinnvoll, weil das Berliner Polizeigesetz sowieso zeitnah geändert werden solle, um die Polizeibefugnisse angesichts der Bedrohungslage auszuweiten.

"Der Zweck heiligt nicht die Mittel", kritisierte der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader. Bei tiefen Grundrechtseingriffen müsse der Gesetzgeber genau abwägen, ob sie notwendig seien. Grüne und Linke hatten vorgeschlagen, die Befugnisse zunächst um ein Jahr zu verlängern und auf jeden Fall zu evaluieren. Dem stimmten CDU und SPD aber nicht zu.

Datenschutzbeauftragte hat "erhebliche Bedenken"

Kritik kommt auch von der Berliner Datenschutzbeauftragten Meike Kamp, die "erhebliche Bedenken" gegen das Vorgehen der Koalition hat. Eine Evaluation diene auch der Legitimation von Eingriffen in die Grundrechte, schreibt sie an den Innenausschuss. Es gehe darum, "empirisch zu untersuchen, ob und inwieweit die Maßnahmen tatsächlich notwendig, verhältnismäßig und effektiv sind".

Geplant ist, dass das Abgeordnetenhaus am 27. März über die Entfristung der Überwachungsbefugnisse abstimmen, bevor diese am 1. April auslaufen.

Sendung: rbb 88.8, 10.03.2025, 12:30 Uhr

28 Kommentare

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  1. 27.

    Ja, der Anfang wäre Kriminalität. Es wird aber in einer totalen Überwachung enden.
    Weniger Personal, mehr Kontrolle über Bürger.
    Und wenn dann noch die Blauen an die Macht kommen, kommt die Überwachung der politischen Einstellung über Kamera, dann Ton, dann...usw

  2. 26.

    Also wenn ALLE so denken, wie Sie, dann haben Sie sicherlich nichts dagegen, wenn die Polizei irgendwann in jede Wohnung eine oder mehrere Kameras installiert. Denn Sie haben ja nichts zu verbergen.
    Das wäre nämlich der Lauf der Überwachungswelt.
    Bitte vor dem Sprechen Denken aktivieren.

  3. 25.

    Opferschutz muss Vorrang haben vor Täterschutz!
    Wer sich nicht strafbar gemacht hat, muss auch nichts befürchten.

  4. 24.

    Bei allen Bedenken über das Abhören der Telefonverbindung muss der Opferschutz an erster Stelle stehen.

  5. 23.

    Und die hat mit polizeilicher Telefonüberwachung genau was zu tun?

  6. 22.

    Ich kann ihre Zweifel durchaus verstehen, ich persönlich sehe jedoch den Opferschutz im Vordergrund. Die betreffenden Straftaten sind leider häufig mit enormen Personen-und Sachschäden verbunden, welche es im Vorfeld zu verhindern gilt. Eine Abwägung der betroffenen Rechtsguteingriffe lässt mich zu beschriebener Meinung kommen. Ich bin gespannt, was in der bevorstehenden Sitzung als Ergebnis zu Tage tritt.

  7. 21.

    "Wenn man das Schleusentor rechtlich öffnet und sich die politischen Verhältnisse ändern (siehe Flächenstaaten im Osten) dann wird das ganz schnell wieder Stasi-like. "

    Schlimmer. Man gibt freiwillig die Kontrolle ab. Schon jetzt entziehen sich Geheimdienste UND die Polizei und deren Maßnahmen einer demokratischen Kontrolle durch gewählte Abgeordnete.

    Die Büchse der Pandora...

  8. 20.

    "Wenn man das Schleusentor rechtlich öffnet und sich die politischen Verhältnisse ändern (siehe Flächenstaaten im Osten) dann wird das ganz schnell wieder Stasi-like. "

    Schlimmer. Man gibt freiwillig die Kontrolle ab. Schon jetzt entziehen sich Geheimdienste UND die Polizei und deren Maßnahmen einer demokratischen Kontrolle durch gewählte Abgeordnete.

    Die Büchse der Pandora...

  9. 19.

    Nicht nur meine gemachten Erfahrungen zu DDR-Zeiten, sondern auch durch meine früheren beruflichen Tätigkeiten weiß ich, was möglich ist. Jedoch die Elektronik entwickelt sich ständig weiter und vieles ist technisch noch einfacher geworden.

    Im Normalfall wird unbestritten in Deutschland der Rechtsweg von der Legislative über die Judikative zur Exekutive eingehalten.

    Aber je mehr vom Datenschutz nach und nach abgeknabbert wird, desto eher geraten auch normale unbescholtene Bürger in den Fokus der Behörden.

    Ich erinnere nur an die permanente Kennzeichenbeleuchtung bei KFZ...

  10. 18.

    Bei Ihrer Aufzählung von kriminellen Netzwerken, ergänze ich noch der Vollständigkeit halber mit den Netzwerken der rechtsextremistischen Reichsbürger, der AfD und der rechtsextremistischen und auch extremistischen linken Ultras.

  11. 17.

    Und wie stehen Sie zur Überwachung per Telefonabhörung bei rechtsextremistischen AfD-Politikern?

  12. 16.

    Wenn man das Schleusentor rechtlich öffnet und sich die politischen Verhältnisse ändern (siehe Flächenstaaten im Osten) dann wird das ganz schnell wieder Stasi-like.
    Hier ist das klassische Dilemma zwischen Freiheit und Sicherheit. Wenn OK überwacht werden soll oder Terrorismus oder Pädophile Netzwerke sagen alle erstmal ja. Aber es muss immer wieder kontrolliert/evaluiert werden. Ich bin rein theoretisch in der Lage Ihnen kriminelle Inhalte unterzuschieben oder Sie hatten versehentlich Kontakt zu OK (der Klan-Späti an der Ecke...) und schon ist es passiert. Sie werden aussortiert, wenn der Staat funktioniert, aber wenn nicht?

    Es braucht für solch eine Überwachung immer die rechtsstaatliche Kontrolle!

  13. 15.

    Ja. Aber Sie vergessen auch die vielen Straftaten der rechtsextremistischen Szene, wie Reichsbürger und Neonazis. Die müssen schließlich auch abgehört werden.

  14. 14.

    Wenn Gefährder oder Terroristen jemand ein Messer in den Körper rammen, hatte das Opfer keine Grundrechte? Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit wiegt da doch höher.
    Wie bei der Diskussion über Körperscanner auf Flughäfen. Erst der große Aufschrei als ob das Bild mit Namen auf Grossbild ins Foyer übertragen werden soll. Heute alles völlig normal.

  15. 13.
    Antwort auf [rbb-24-nutzer] vom 10.03.2025 um 17:16

    Das hat doch nichts mit einem ,,Polizeistaat'' zu tun! Aber wenn es auch um rechtsextremistische Strafvereitelung geht und um die Überwachung einzelner, rechtsextremistischer AfDler, ist dies eine notwendige Maßnahme!

  16. 12.

    Das sind aber keine echten, generellen Argumente gegen eine Telefonüberwachung. Ja, damals wurde alles Mögliche ausgenutzt, um Menschen auszuspionieren, die dem Regime verdächtig oder gar unangenehm waren. Da stand aber auch die gesamte Justiz unter staatlicher Kontrolle. Heute sind das zwar immer noch die Staatsanwaltschaften, aber die Richter, die dies letztlich anordnen müssen, sind zum Glück unabhängig. Einen Missbrauch kann man relativ leicht verhindern, indem man die Überwachung nur für bestimmte, besonders schwere Straftaten überhaupt zulässt. Dann braucht auch der unbequeme Normalbürger keinerlei Angst zu haben, dass er vom Staat unzulässig ausspioniert wird. Im Kampf gegen Extremisten und die organisierte Kriminalität sollten wir diese Möglichkeiten aber im eigenen Interesse nicht von vornherein ausschließen.

  17. 11.

    Ein besonnener und kluger Kommentar, danke. Wer ist denn so naiv und glaubt seine Telefonate würden nicht abgehört wenn man nichts zu verbergen hätte?

    Man kann leichter in den Kreis der Verdächtigen geraten als einem lieb ist.

  18. 9.

    Ihr weißt, dass die neue Kommunikatoren wie WhatsApp und Signal verschlüsselt sind, richtig? Die Polizei hat dafür KEINE Möglichkeit sie überzuwachen.

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