Zugang zum Berliner Gymnasium - Mehrere Klagen gegen Berliner Probeunterricht - Gericht weist erste Anträge zurück

Mo 10.03.25 | 18:06 Uhr
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Symbolbild: Schüler mit Schulranzen gehen den Flur entlang am 29.02.2024.(Quelle: picture alliance/Frank Hoermann/SVEN SIMON)
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Audio: rbb24 Inforadio | 10.03.2025 | Josefine Grützmacher | Bild: picture alliance/Frank Hoermann/SVEN SIMON

Für den Zugang aufs Gymnasium gelten seit diesem Schuljahr neue Regeln in Berlin, unter anderem ein Probeunterricht für Kinder ohne Gymnasialempfehlung. Nur knapp drei Prozent bestanden den Test-Tag - mehrere Eltern wollen das nicht hinnehmen.

  • Berliner Gericht weist Eilanträge gegen neue Regeln beim Gymnasialzugang zurück
  • Sechstklässler, die Notenschnitt unter 2,2 haben, müssen seit diesem Jahr einen Probeunterricht bestehen
  • Zahlreiche Kinder schafften Probetag nicht - mehrere Familien gehen juristisch dagegen vor
  • Gericht sieht elterliches Wahlrecht der Schulform durch Regelung nicht unverhältnismäßig eingeschränkt

Beim Berliner Verwaltungsgericht sind inzwischen vier Eilanträge und vier Klagen gegen die neuen Zugangshürden an Berlins Gymnasien eingegangen. Das bestätigte eine Sprecherin des Gerichts dem rbb. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet.

Die Familien wollen mit den Eilanträgen erreichen, dass ihre Sechstklässler vorläufig zur Anmeldung an den Gymnasien der Stadt zugelassen werden. Die Anmeldefrist für die weiterführende Schule endet am Freitag.

Eilantrag zurückgewiesen

Einen Eilantrag wies das Gerichts bereits ab, wie es am Montagnachmittag mitteilte. Eine Schülerin, die einen Notendurchschnitt von 2,6 hatte und den Probeunterricht am Gymnasium nicht bestand, hat demnach keinen Anspruch auf vorläufige Anmeldung am Gymnasium. Im Probeunterricht hatte sie laut Gericht 63 Prozent der Leistungen erzielt.

Die Familie der Schülerin hatte auf einen Intelligenztest mit "überdurchschnittlichen Fähigkeiten" verwiesen und bemängelt, eine Teilhabebeeinträchtigung sei nicht angemessen berücksichtigt worden. Die Anforderungen an den Probeunterricht seien insgesamt zu hoch gewesen, so das Gericht. Die Entscheidung, nicht auf ein Gymnasium gehen zu können, stelle für sie eine unzumutbare Härte dar.

Gericht: Elterliche Wahlrecht nicht unverhältnismäßig eingeschränkt

Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass das Land Berlin mit den neuen Zugangsregeln zum Gymnasium seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten habe. Es bestünden keine verfassungsrechtlichen Zweifel an den Übergangsregeln zur Eignungsfeststellung für das Schuljahr 2025/2026, hieß es vom Gericht.

Das elterliche Wahlrecht der Schulform sei damit auch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Außerdem sei die Einführung des Probeunterrichts rechtzeitig bekannt gegeben worden.

Auch dass bei dem Probeunterricht mindestens 75 Prozent der Ergebnisse erreicht werden mussten, sah das Berliner Verwaltungsgericht als zulässig an. Außerdem sei es nicht zu beanstanden, dass das Land Berlin Intelligenzquotienten nicht als Eignungskriterium zugelassen habe, sondern die gezeigte Leistung beim Probeunterricht bewerten ließ.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.

Zwei ähnlich Fälle per Eilverfahren entschieden

Nach Angaben der Gerichtssprecherin wurden zwei ähnlich gelagerte Fälle ebenfalls per Eilverfahren entscheiden.

Seit diesem Schuljahr müssen Sechstklässler die aufs Gymnasium wollen, aber den erforderlichen Notenschnitt von 2,2 nicht erfüllen, einen mehrstündigen Probeunterricht bestehen - und hier mindestens 75 Prozest eines geforderten Ergebnisses erreichen. Das ist in diesem Jahr aber lediglich 2,6 Prozent der gut 1.900 Schülerinnen und Schüler gelungen, die sich dazu angemeldet hatten.

Sendung: rbb24 Inforadiio, 10.03.2025, 17:20 Uhr

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87 Kommentare

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  1. 87.

    „Das Problem am Berliner und Brandenburger Schulsystem ist, dass alles reguliert ist.
    In NRW konnte man sich anmelden, wo man möchte. Später wird ja sowieso alles automatisch reguliert durch schlechte/gute Noten.“
    Auch noch soviele Gymnasiumsplätze (die es nicht geben kann) können nicht verhindern, dass Eltern in der Klassenzusammensetzung und auf den Schulhofhierarchien ein Problem sehen. Leute wie Habeck und Baerbock propagieren was und bringen die eigenen Kinder wo unter?

  2. 85.

    „kann jeder Dilletant zur Hochschulreife bringen. Also zum Beispiel Bayern. Die sind auf ihr diesbezügliches Scheitern sogar stolz. “
    Das muss man erst einmal so bringen...
    Messbare Ergebnisse wie das Bildungsmonotoring und auch PISA sehen Bayern immer wieder vorne. Immer wieder. Dies schlecht zu reden zeugt von einer Einstellung, die Gleichmacherei will und Spitzenleistungen verhindert. Her Söder zeigt sich diesen Angriffen auf allen Ebenen gegenüber sehr wehrhaft... und auch damit erfolgreich...messbar durch Wahlergebnisse.

  3. 84.

    Bitte keine rhethorischen Fragen stellen. Kausalität und Kontext. Bequeme Klischees verlassen - wie das der "ehrgeizigen Eltern die..."

    Die faktische Entwertung der Haupt- und Sekundarschulen. Nicht zu sprechen von deren Budgetierung und Ausstattung, hat zusammen mit der viel zu frühen Selektierung zur Abiturberechtigung, den viel zu früh errichteten Schranken was Bildungswege angeht dazu geführt, dass man natürlich besser das Abitur anstrebt. Und das in einer Schulform die entweder im Ruf steht oder tatsächlich die höhere Ausstattung von der vorherrschenden Politik erhält.
    (Ist ja menschengemacht)
    Und noch Mal und immer wieder: Schüler in deren Umfeld höhere Bildung bereits Tradition ist, kann jeder Dilletant zur Hochschulreife bringen. Also zum Beispiel Bayern. Die sind auf ihr diesbezügliches Scheitern sogar stolz.
    Und: Nicht Schüler entwerten in der Volkswirtschaft nicht-akademische Bildung. Das tut Mainstream, Politik und Volkswirtschaft. Nicht die Kinder.

  4. 83.

    Das Problem am Berliner und Brandenburger Schulsystem ist, dass alles reguliert ist.
    In NRW konnte man sich anmelden, wo man möchte. Später wird ja sowieso alles automatisch reguliert durch schlechte/gute Noten.

    Ich habe vier Kinder hier schon durchs Schulsystem gebracht. Es ist extrem starr und unflexibel. Sie gehörten alle zu den Stufenbesten.
    Aber von irgendeiner individuellen Förderung keine Spur.

    Na ja, also alles wie immer. Die wichtigen Dinge muss man eh selber beibringen.
    Z.b, dass früher wie heute gilt:
    Keiner redet mit der Polizei !

  5. 82.

    Nun ja, allein ein Intelligenzquotient sagt noch nicht aus, dass man reif für ein Gymnasium ist.
    Das müssten die entsprechenden Eltern - so sie denn selber einen Anteil vom Intelligenzquotienten ihrer Tochter beigetragen haben, was wahrscheinlich ist - auch verstehen.
    In der Tat aber halte ich es für sinnvoll, dass Kinder mit "überdurchschnittlicher Intelligenz" genauso eine entsprechende Förderung erhalten wie die mit unterdurchschnittlicher Entwicklung oder Beeinträchtigungen. Denn tatsächlich kann das Mädchen auf "Normalschule" noch mehr gelangweilt sein als es vielleicht bislang schon war oder ist.
    Ansonsten lässt sich ein ABI auch noch auf anderem Wege erreichen und nachholen.
    Nicht für jedes Kind ist Gymnasium als der Beginn des Weges dorthin passend.
    zwei meiner engsten Vertrauten "dank Legasthenie" seinerzeit den Weg über Hauptschule gegangen - und haben am Ende beide studiert.

  6. 81.

    Schon fast lustig wie schnell man die „Schuldigen“ festgestellt hat…. Die Eltern.
    Es ist ja auch nicht denkbar das Kinder selbst etwas wollen und die Eltern versuchen dies umzusetzen.
    Gab es noch nie, das Kids das machen wollen was die beste Freundin/Freund macht. Das ihnen außerhalb des Elternhauses eingetrichtert wird … ohne Abi ist man nichts.
    Ich glaube ganz so einfach „nur die Eltern sind schuld“ ist es nicht.

  7. 80.

    Weil der eigene Nachwuchs grundsätzlich zukünftige Nobelpreisträger darstellt. Im Büro vor dem Computer sitzen und ganz wichtige Dinge in noch wichtigere Excel-Tabellen eintippen. Dazu 8000 Monatsbrutto, Dienstwagen und 30h.

  8. 79.

    Da drillt man den eigenen Nachwuchs und dann diese Blamage.
    Weshalb Eltern der Meinung sind jedes Kind müsste studieren, erschließt sich mir und vielen Lehrern nicht.
    Das werden demzufolge die Menschen sein , die nach Handwerkern betteln weil sie nach den Gewichten für die Wasserwaage suchen.

  9. 78.

    Gemeinschaftsschulen sind die beste Schulform für alle Kinder, meine Meinung. Aber die CDU mag diese Schulform ja nicht und deswegen werden dort die Gelder gestrichen. Meine Töchter gingen dorthin mit Grundschulschnitt 1,4 und 1,6 dorthin und sind sehr zufrieden, die älteste macht gerade Abi. Man kann auf ein anderes Wahlergebnis im nächsten Jahr hoffen oder doch lieber ein Gymnasium wählen, wo die Finanzierung wenigstens im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Daher wird meine Jüngste (jetzt 6. Klasse und aktuell betroffen) dann doch aufs Gymnasium gehen, auch sind für sie die Aufnahmechancen (Schnitt 1,3) dort höher. Eine Gemeinschaftsschule darf nicht nach den Noten gehen und die Aufnahme ist ein Lotteriespiel. Nur mit Geschwisterbonus gebe es dort eine Chance, aber den will die CDU ja auch abschaffen.

  10. 77.

    Die Umstände werden hier nicht beurteilt. Das ist so.
    Es wird die Leistung geprüft. Wenn sie für's Gymnasium reicht, ist der nächst Schritt die Aufnahme.
    Wenn die Leistung nicht für's Gymnasium reicht, dann gibt es andere Möglichkeiten. Wege, die für dieses Kind besser geeignet und erfolgversprechend sind.
    Es sind die "Klage-Eltern", die den Kindern vermitteln, dass nur das Gymnasium zählt. Es sind die "Neid-Eltern", die ihre eigenen Kinder überfordern und ausgrenzen.
    Warum tun Elters das ?
    Zum Wohle Ihrer Kinder ?
    Oder, zur Selbstbestätigung ?

  11. 76.

    Wenn meine Mutter die Vorschläge der Schule umgesetzt hätte , wäre ich heute Hauptschüler und meine Schwester Realschülerin.

    Statt Fachabiturient und Abiturientin. Beide haben wir studiert.

    Da hätte der Schulsenat eine kompetente Lehrerin weniger gehabt.

    Das eine Schülerin mit 2,6 nicht aufs Gymnasium kommt ist eine Schande!

  12. 75.

    Das letztgenannte System würde dem Schulsystem der DDR nahekommen, Polytechnische Oberschule POS bis zur 10ten Klasse gemeinsam, Delegierung zur Erweiterten Oberschule EOS für die wenigen, welche Abitur sinnvoll machen können, für besonders Begabte ein Spezialschulzweig ab 9ter Klasse mit Aufnahmeprüfung und keiner weiteren Zwischenprüfung bis zum Abitur (drei verschiedene Spezialisierungen: MNTR (heute MINT genannt), Musisch, Sport (KJS) - jeweils als Internatsschulen mit größeren Einzugsgebieten). Parallel dazu ein gut ausgebautes Hilfsschulwesen mit speziell geschulten Lehrern für Kinder mit Lernbehinderungen.

  13. 74.

    Künstlerisch begabte Kinder können in Kunst-orientierten-Schulen lernen.
    Es gibt auch Sport-orientierte Schulen in DL (ja, Berlin bietet es vielleicht nicht an).
    Für's Gymnasium zählen nun mal Deutsch, Mathematik, Fremdsprache - wer in diesen Fächern sehr gute Leistungen hat, wird das auch in vielen anderen Fächern haben, denn das sind die Grundvoraussetzungen (außer womöglich für Musik, Sport).
    Eltern, liebt Eure Kinder. Unterstützt und stärkt sie. Aber, zerbrecht sie nicht, weil Ihr zu viel Druck ausübt und Neid und Missgunst schürt.
    Das Gymnasium ist nicht der heilige Gral.

  14. 73.

    Teamfähigkeit als Voraussetzung für den Besuch eines Gymnasiums zu sehen sollte von den Gerichten gekippt werden. Klar ist das wichtig für das gesamte Leben, hat aber nichts mit der Schulart zu tun und benachteiligt eindeutig Kinder mit eingeschränkten sozialen Fähigkeiten. Habe 2 Asperger Kinder, die wären dann wahrscheinlich durchgefallen. Aber zum Glück reicht der Notendurchschnitt für eine freie Schulwahl.

  15. 72.

    Ich möchte an dieser Stelle mal den Eltern Mut machen, die ihr Kind nicht an einem Gymnasium sehen oder keine Zulassung bekommen haben. Kinder entwickeln sich weiter und bei einigen platzt der " Knoten " später, wie man so sagt.
    Noch dazu kommt das dasBewusstsein für den späteren Beruf
    in der 6. Klasse häufig noch gar nicht ausgeprägt ist.
    Es gibt später immer noch Möglichkeiten, wie ihr Kind ein Abitur machen kann oder halt einen anderen Weg nutzt, um erfolgreich ins Leben startet. Meine Jungs haben das hervorragend geschafft, einer mit und einer ohne Abitur.
    Wichtig ist der Rückhalt in der Familie und die Unterstützung.
    Eltern kennen doch ihre Kinder am besten und können einschätzen, was sie ihrem Kind zumuten können. Vertrauen sie ihrer realistischen Einschätzung und schauen sie nach weiteren Möglichkeiten. Es lohnt sich.

  16. 71.

    Gott sei Dank, dass nicht alle Kinder solche Eltern haben. Jeder hatte seine Möglichkeit, gut zu lernen und sich eine gute Durchschnitt zu erarbeiten. Wenn es nicht geklappt hat oder nicht ging,dann muss man auch die Kinder nicht quellen und nicht zwingen. Oder musste man als Elternteil früher aktiv sein, Kind helfen und zusammen lernen. Also sind nicht immer die andere schuld: nicht Berlin,nicht Migranten und Ausländer,nicht Lehrer. Kind sollte besser lernen.

  17. 70.

    Alles viel zu kompliziert und erhöht auch nicht die Qualität der Abiturienten. Warum legt man nicht einfach die Anzahl der Plätze an Gymnasien fest und jeder, der dort hin will muß eine Aufnahmeprüfung schrieben und zwar vollkommen unabhängig vom Abgabgszeugnis der Grundschule, die Besten der Aufnahmeprüfung werden dann aufgenommen bis die vorher festgelegte Platzzahl erreicht ist. Das Verfahren wäre vollkommen fair und transparent damit.

  18. 69.

    Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Betroffene Kinder können Abitur doch auf einer ISS machen oder auf einem OSZ oder an einem Abendgymnasium. Was ist eigentlich das Problem ? Eltern, die ihren Willen nicht durchgesetzt bekommen?!

  19. 68.

    Ich bin älteren Semesters und habe keine Ahnung vom derzeitigen Bildungssystem, aber schon in den sechziger Jahren wurden unsägliche Pädagogikexperimente auf dem Rücken von uns Kindern ausgetragen. Was ist eigentlich aus dem guten alten Probe h a l b j a h r auf den Gymnasien geworden? Wie kann man denn die Eignung (allein dieses Wort grenzt schon an Menschenverachtung) eines Kindes anhand der Leistung in wenigen Stunden manifestieren?

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