Amtsposse in Frankfurt (Oder) - Fruchtmus-Herstellerin muss Etiketten wegen zu kleiner Schrift austauschen

Eine Obstbäuerin bekommt Ärger mit der Lebensmittelüberwachung: Mit ihrem Frucht- Aufstrich ist zwar alles in Ordnung. Doch die Schrift auf den Etiketten ist zu klein und weicht um 0,33 Millimeter von der Norm ab. Was nun?
Katja Brecht produziert seit über 20 Jahren in Frankfurt (Oder) Aufstriche aus regionalem Obst. Eigenhändig kochen sie und ihre Mitstreiter Markendorfer Beeren in Gläschen ein - alles unter Aufsicht der Behörden. "Wir haben uns an die Vorgaben gehalten und dann eine Marmeladen-Küche eingerichtet", erklärt Brecht. "Nicht mehr so wie Omas in einem Windeltopf, sondern richtig in einem Edelstahl-Kessel und extra separiert gekocht."
Innen hui,...
Dass alles seine Ordnung hat, wird einmal jährlich vom zuständigen Amt für Lebensmittel-Überwachung geprüft. Obwohl sich Katja Brecht sicher ist, alle Vorgaben erfüllt zu haben und die Früchte sauber ins Glas kommen, war der bange Blick in den Briefkasten auch diesmal wieder unbegründet.
So teilte die Behörde nach eingehender Prüfung mit, dass es in Sachen "Beschaffenheit und Zusammensetzung der Ware" keine Beanstandungen gibt, wie aus einem Schreiben hervorgeht. "Das ist für mich das Nonplusultra“, so die Obsthändlerin. "Bei allem anderen kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass da jetzt irgendwas sein muss."
...außen pfui?
Denn plötzlich wähnt sich Katja Brecht in den Fängen der Behörde. Beanstandet wird nicht das Mus, sondern die Etiketten und das Kleingedruckte unter den Zutaten – buchstäblich. So muss die Füllmengenangabe ganz unten auf den Gläsern mindestens drei Millimeter groß sein, heißt es von der Behörde, die Alarmierendes entdeckt hat. "Die [...] Angabe der Füllmenge mit einer Schriftgröße von 2,67 mm unterschreitet die Mindestschriftgröße deutlich […]."

Fachmann: Laie wird Unterschied nicht merken
Produzentin Brecht reagiert fassungslos und fragt sich: "Was sind denn da wirklich ganz krasse Unterschreitungen?"
Eine Antwort auf die Frage kann der Fachmann Thomas Kühl liefern. Er ist Drucker und Setzer aus Müllrose (Oder-Spree) und kennt sich mit Schriftgrößen und Millimetern aus. Ein Drittel eines Millimeters wären ihm zufolge ganz drei Blatt Papier übereinander getürmt. "Der Fachmann sieht das, der Laie wird ohne Vergleich den Unterschied von 0,33 mm in den wenigsten Fälle erkennen", erklärt Kühl. "Also ich würde es persönlich als unerheblich gerade bei einem Etikett beschreiben."
Hilferuf an Ministerin
33 hundertstel Millimeter: da überziehe Jemand das mit der Bürokratie, ärgert sich Katja Brecht und sucht Hilfe bei der Brandenburgischen Landwirtschaftsministerin Hanke Mittelstädt (SPD). Diese habe immerhin radikalen Bürokratieabbau versprochen. Entsprechend wendet sich die Frankfurterin nun mit einem Brief an das Ministerium - in Schriftgröße 14 mit 4,94 Millimeter. Eine Antwort steht bis dato noch aus.
Immerhin: Laut Überwachungsamt darf Katja Brecht aus Kulanzgründen die nächsten 100 Etikette noch verwenden. Dann aber sei Schluss und bei Zuwiderhandlung drohe eine Strafe. Schwierig ist der Köchin zufolge nur, dass in den vergangenen Jahren immer mehr mit auf das Etikett musste und damit auch der Platz immer weniger wurde.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 30.04.2025, 19:30 Uhr
Mit Material von Michael Lietz
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