Verwaltungsgericht Berlin -

Ein Ire, der Deutschland verlassen sollte, weil er an gewaltsamen pro-palästinensischen Protesten in Berlin beteiligt war, kann vorerst bleiben. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht im Eilverfahren entschieden, wie es am Freitag mitteilte.
Das Berliner Landesamt für Einwanderung hatte dem Mann sowie einer Irin und einer Polin im März die EU-Freizügigkeitsrechte entzogen, außerdem wollte sie eine amerikanische Person ausweisen.
Amtsaufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen
Der Berliner Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) begründete das Vorgehen der Behörde im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses damit, dass von den Personen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit Deutschlands ausgehe. Er verwies dabei vor allem auf gewaltsame Vorfälle an der Freien Universität am 17. Oktober 2024. Damals drangen Vermummte in ein Gebäude ein und bedrohten Beschäftigte.
Aus Sicht des Verwaltungsgerichts ist das Landesamt für Einwanderung bei der Entscheidung über den Entzug der EU-Freiheitsrechte "seiner Amtsaufklärungspflicht nicht in ausreichendem Maße" nachgekommen. Die Behörde habe versäumt, die Ermittlungsakten bei der Staatsanwaltschaft anzufordern.
Einzelfall müsse individuell geprüft werden
Im Kontext der Vorfälle an der FU gebe es gegen etwa 20 Menschen Strafanzeigen. Anhand der vorliegenden Unterlagen sei es nicht möglich festzustellen, in welchem Maße sich der Ire an der Aktion beteiligt habe. Dies sei aber unerlässlich, um eine Entscheidung treffen zu können.
Laut Verwaltungsgericht ist eine strafrechtliche Verurteilung nicht zwingend nötig für die Entscheidung über den Entzug der EU-Freiheitsrechte. Der Einzelfall müsse aber individuell geprüft werden, erklärten die Richter.
Innenverwaltung will Urteil im Hauptverfahren abwarten
Die Senatsinnenverwaltung teilte auf Anfrage mit, sie werde gegen die Entscheidung keine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen. Die Behörde warte das Urteil des Gerichts im Hauptsacheverfahren ab. Eine Sprecherin der Innenverwaltung kündigte jedoch an: "Sobald dies ohne Gefährdung der Ermittlungen möglich ist, werden die Strafverfahrensakten angefordert, um die Vorwürfe noch substantiierter darlegen zu können."
Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Vasili Franco kritisierte die Innenverwaltung. "In einem Rechtsstaat braucht es konkrete Vorwürfe und Beweise für eine konkrete schwere Gefahr, um Sanktionierungen zu treffen", sagte Franco laut Mitteilung. Ein solches Vorgehen würde das Vertrauen in den Rechtsstaat nicht stärken.
Mehrere Ermittlungsverfahren wegen Straftaten
Laut Gericht gibt es derzeit 17 Ermittlungsverfahren gegen den Iren wegen Straftaten, die er im Rahmen von Versammlungen mit Bezug zum Nahost-Konflikt begangen haben soll. Ein Verfahren davon betrifft den Vorfall an der FU am 17. Oktober. Keines der Strafverfahren sei abgeschlossen.
Das Gericht wird sich mit dem Fall noch eingehend im Hauptsacheverfahren befassen, weil der Ire auch Klage eingereicht hat. Das haben auch die anderen Betroffen getan. Sie wehren sich nach Gerichtsangaben außerdem im Eilverfahren gegen die Entscheidung des Landesamts für Einwanderung. Wann die Gerichtsverfahren entschieden werden, ist noch offen.