Finanzen und Flächen - Experten zweifeln an Zielen beim Radwegeausbau in Brandenburg

Mi. 23.04.25 | 14:58 Uhr | Von Ronja Bachofer
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Archivbild: Radfahrer auf einem Radweg am Fluss, Landschaft im Nationalpark Unteres Odertal, Criewen, Brandenburg. (Quelle: dpa/Spremberg)
Bild: dpa/Spremberg

Brandenburg will den Radverkehr stärken: Bis zum Jahr 2030 sollen 20 Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Doch für den dafür nötigen Radwegeausbau gibt es wohl nicht genug Geld in der Landeskasse. Von Ronja Bachofer

Am Potsdamer Luisenplatz wird das Problem deutlich: Der Radweg endet an einer Kreuzung, Radfahrerinnen und -fahrer müssen auf die Straße ausweichen oder auf den Bürgersteig. "Das ist sehr typisch für Brandenburg, dass man hin und wieder gut ausgebaute Radwege hat, die plötzlich enden. Man weiß dann nicht, wie man weiterfahren soll, und muss sich selbst einen Weg suchen, wie man vorankommt", sagt Christian Wessel vom Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Club (ADFC).

Im Jahr 2023 ereigneten sich in Brandenburg 2.923 Unfälle mit Verletzten, in die Radfahrende verwickelt waren. Die Zahl hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Um das Fahrradfahren sicherer zu machen, fordern Umwelt- und Fahrradverbände den Ausbau von Radwegen.

ADFC sieht Vorteile für Gesundheit, Lebensraum und lokale Wirtschaft

Laut der "Radverkehrsstrategie 2030" des Landes Brandenburg soll sich der Anteil der Radfahrenden im Straßenverkehr bis 2030 deutlich erhöhen: 2017 betrug er elf Prozent und ist inzwischen auf zwölf Prozent gestiegen. Nun bleiben noch fünf Jahre, um die Zielgröße von 20 Prozent zu erreichen.

Das diene nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch der Wirtschaft, sagt Wessel: "Jeder Euro, den ich in Radverkehr investiere, kommt mehrfach zurück. Jeder, der Fahrrad fährt, spart im Jahr 2.000 Euro Gesundheitskosten, er macht den Lebensraum attraktiver und tut etwas für die Wirtschaft, weil Radfahrer vor Ort Käufe erledigen." Das Ergebnis seien belebte Innenstädte und Klima und Umwelt profitieren.

Investitionen von 30 Euro pro Kopf und Jahr vorgesehen

Christian Rudolph ist Mobilitätsforscher an der Technischen Hochschule Wildau und beschäftigt sich im Rahmen seiner Professur insbesondere mit Radverkehrsplanung. Seine Studien zeigen, dass 60 Prozent der Brandenburgerinnen und Brandenburger gerne mehr mit dem Fahrrad fahren würden, wenn die Infrastruktur besser wäre: "Der Wunsch ist da, das politische Ziel ist formuliert und jetzt müssen wir in die Umsetzung gehen und Radwege bauen."

Durch einen Ausbau hofft Rudolph auf mehr Radverkehr: "Das Angebot bestimmt dann auch das Verkehrsverhalten der Menschen. Wenn wir ein gutes, sicheres und lückenfreies Radwegenetz den Brandenburgerinnen anbieten, dann steigen die Menschen auch aufs Fahrrad und werden mehr Fahrrad fahren." Wichtig seien neben Fahrradschnellstraßen und sicheren Kreuzungen beispielsweise auch gute Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen zur Weiterreise mit dem Zug. Unter diesen Voraussetzungen würde das Fahrrad eine attraktive Alternative zum Auto, so Rudolph.

Dafür braucht es Geld. Laut Brandenburger Radverkehrsstrategie sollen mindestens 30 Euro pro Person und Jahr in den Radverkehr investiert werden. In Brandenburg ergäben sich so rund 78 Millionen Euro pro Jahr, mit denen auch die Fahrradlobby einverstanden wäre.

Problem Grunderwerb

Bisher wurden in Brandenburg jährlich rund 45 Millionen Euro in den Radverkehr investiert. Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung wolle die Ausgaben auf einem ähnlichen Niveau halten wie in den vergangenen Jahren, sagt Staatssekretärin Ina Bartmann. Mobilitätsforscher Christian Rudolph hält die geplanten Investitionen für zu gering. Die Umsetzung würde so Jahrzehnte dauern und das Ziel bis 2030 nicht erreicht werden, sagt er.

Bartmann allerdings sieht nicht die Finanzierung als größte Herausforderung, sondern den Grunderwerb. Denn um Radwege bauen zu können, müsse das Land erst die benötigen Flächen erwerben, von "Landwirten, Bürgerinnen und Bürgern, damit sie uns die Flächen zur Verfügung stellen." Das Geld würde dann zur Verfügung stehen.

Eine exakte Summe für den Radwegausbau nennt Bartmann nicht. Es könne immer Verschiebungen geben. Wenn beispielsweise eine Brücke ein Sicherheitsrisiko darstelle und gesperrt werden müsse, dann habe das Priorität vor dem Bau eines neuen Radwegs.

Sendung: rbb24 Inforadio, 22.04.2025, 18 Uhr

Beitrag von Ronja Bachofer

52 Kommentare

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  1. 52.

    Alles was Sie da Aufgelistet haben, würde mit radikal ausgedünnten Privatautoverkehr endlich ungestört Arbeiten können. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht zahlen diese und ihre Angestellten auch mehr als genug Steuern. Den Preis für die Wartezeiten im Stau müssen alle durch höhere Preise oder zu spät kommende Rettungswagen bezahlen.

  2. 49.

    Brandenburg - ausserhalb der Ortschaften - Gehwege - Fußgänger .... fällt ihnen da vll. was auf?
    Meist kennen sie den Fußgänger, nur fehlt der Gehweg, vom Radweg ganz zu schweigen, und der kombinierte Verkehr Fuß/Rad findet auf dem Trampelpfad statt.

  3. 46.

    Sondern wem oder was?
    Wie bezahlt Deborah für Autofahrer mit?
    Müllentsorgung, Lieferdienste, Dienstleister, Handwerker, ÖPNV, Rettungsdienste - wie engstirnig denken Lebewesen wie Deborah?

  4. 44.

    Geneigtes Kommentierendes, nur mal angemerkt: fast alle Menschen in Deutschland sind nicht automatisch Steuerzahler.
    Es sind nicht mal die Hälfte!
    Nu, mein Rennrad, mein Citybike, mein E-Bike, oder gar das (wirklich kaum genutzte) Tandem Baujahr 1925, wie auch meine mehreren KFZ, werden, in welcher Statistik auch immer, wie pro Kopf aufgeteilt?
    Danke für

  5. 40.

    Ich muss mich berichtigen - Strassen werden auch von Autos genutzt, und dem ÖPNV;
    Brücken von Autos.

  6. 39.

    Danke das es - Blauer Himmel gehört auch allen - mal so richtig einer gegeben hat.

  7. 38.

    "Nur auf der Autobahn kann ich mich ungeachtet von Radfahrern, Fußgängern, ÖPNV austoben." Leider wurde den LKW auch auf Kraftfahrstraßen das fahren erlaubt, am Anfang war es ohne die LKW dort auch schöner.

  8. 37.

    Wenn fast alle Menschen in Deutschland ein Fahrrad besitzen, besitzen auch fast alle Steuerzahler in Deutschland ein Fahrrad.
    Sie jedoch nicht. Zahlen Sie deshalb keine Steuern? Würden Sie Steuern zahlen, wenn Sie zum radelnden Volk gehören? Haben Sie ein Fahrrad, nutzen es nur nicht? Wie oft muss man ein Fahrrad nutzen, um zum radelnden Volk zu gehören?

  9. 36.

    Ich muss mich berichtigen - Strassen werden auch von Radfahren genutzt, und dem ÖPNV;
    Brücken von Autos, Radfahrern, Fußgängern, ÖPNV.
    Nur auf der Autobahn kann ich mich ungeachtet von Radfahrern, Fußgängern, ÖPNV austoben.
    Und dafür danke ich Gott, dem Allmächtigen!

  10. 35.

    Ja der Holger hat es drauf.
    Er vergaß die Lautsprecher an allen Strecken um sich mit entspannender, sanfter Musik berieseln zu lassen.
    Nur hackt seine Aufzählung ein wenig, einerseits von Bäume/Sträucher reden, andererseits das mit Deichanlagen, Flüssen/Seen/Kanälen.
    So geht halt zu kurz Gedachtes bzw. zu spontan Reagiert.

  11. 34.

    Einfach mal vorher aufmerksam lesen was man kommentiert.
    Autofahrer zahlen für die Nutzung "ihrer Bereiche" zusätzliche Steuern.
    Und das radelnde Volk erwartet das alle Steueraufkommenden für "ihre Bereiche" aufkommen zu haben hat und sich nicht weiter an der Finanzierung beteiligen müssen.
    Wie sieht es denn aus, wird gebremst wenn sich ein Fußgänger auf dem Radweg befindet oder klingelt man sich lieber den Daumen wund?

  12. 33.

    Gigantismus: Für die Flugtaxis kommen demnächst noch 2 Landebahnen dazu. Für die Gigaliner noch eine Extraspur und für die nächste SUV-Generation auch noch eine ... Unsere Straßen sind bald so breit wie ein Feld, Wälder gibt es nicht mehr und das, was bis 2015 eine Straße war, entspricht der übrig gebliebenen Ackerfläche ! WACHT ENDLICH AUF !!!

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