Finanzen und Flächen - Experten zweifeln an Zielen beim Radwegeausbau in Brandenburg

Brandenburg will den Radverkehr stärken: Bis zum Jahr 2030 sollen 20 Prozent der Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Doch für den dafür nötigen Radwegeausbau gibt es wohl nicht genug Geld in der Landeskasse. Von Ronja Bachofer
Am Potsdamer Luisenplatz wird das Problem deutlich: Der Radweg endet an einer Kreuzung, Radfahrerinnen und -fahrer müssen auf die Straße ausweichen oder auf den Bürgersteig. "Das ist sehr typisch für Brandenburg, dass man hin und wieder gut ausgebaute Radwege hat, die plötzlich enden. Man weiß dann nicht, wie man weiterfahren soll, und muss sich selbst einen Weg suchen, wie man vorankommt", sagt Christian Wessel vom Allgemeinen Deutsche Fahrrad-Club (ADFC).
Im Jahr 2023 ereigneten sich in Brandenburg 2.923 Unfälle mit Verletzten, in die Radfahrende verwickelt waren. Die Zahl hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Um das Fahrradfahren sicherer zu machen, fordern Umwelt- und Fahrradverbände den Ausbau von Radwegen.
ADFC sieht Vorteile für Gesundheit, Lebensraum und lokale Wirtschaft
Laut der "Radverkehrsstrategie 2030" des Landes Brandenburg soll sich der Anteil der Radfahrenden im Straßenverkehr bis 2030 deutlich erhöhen: 2017 betrug er elf Prozent und ist inzwischen auf zwölf Prozent gestiegen. Nun bleiben noch fünf Jahre, um die Zielgröße von 20 Prozent zu erreichen.
Das diene nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch der Wirtschaft, sagt Wessel: "Jeder Euro, den ich in Radverkehr investiere, kommt mehrfach zurück. Jeder, der Fahrrad fährt, spart im Jahr 2.000 Euro Gesundheitskosten, er macht den Lebensraum attraktiver und tut etwas für die Wirtschaft, weil Radfahrer vor Ort Käufe erledigen." Das Ergebnis seien belebte Innenstädte und Klima und Umwelt profitieren.
Investitionen von 30 Euro pro Kopf und Jahr vorgesehen
Christian Rudolph ist Mobilitätsforscher an der Technischen Hochschule Wildau und beschäftigt sich im Rahmen seiner Professur insbesondere mit Radverkehrsplanung. Seine Studien zeigen, dass 60 Prozent der Brandenburgerinnen und Brandenburger gerne mehr mit dem Fahrrad fahren würden, wenn die Infrastruktur besser wäre: "Der Wunsch ist da, das politische Ziel ist formuliert und jetzt müssen wir in die Umsetzung gehen und Radwege bauen."
Durch einen Ausbau hofft Rudolph auf mehr Radverkehr: "Das Angebot bestimmt dann auch das Verkehrsverhalten der Menschen. Wenn wir ein gutes, sicheres und lückenfreies Radwegenetz den Brandenburgerinnen anbieten, dann steigen die Menschen auch aufs Fahrrad und werden mehr Fahrrad fahren." Wichtig seien neben Fahrradschnellstraßen und sicheren Kreuzungen beispielsweise auch gute Abstellmöglichkeiten an Bahnhöfen zur Weiterreise mit dem Zug. Unter diesen Voraussetzungen würde das Fahrrad eine attraktive Alternative zum Auto, so Rudolph.
Dafür braucht es Geld. Laut Brandenburger Radverkehrsstrategie sollen mindestens 30 Euro pro Person und Jahr in den Radverkehr investiert werden. In Brandenburg ergäben sich so rund 78 Millionen Euro pro Jahr, mit denen auch die Fahrradlobby einverstanden wäre.
Problem Grunderwerb
Bisher wurden in Brandenburg jährlich rund 45 Millionen Euro in den Radverkehr investiert. Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung wolle die Ausgaben auf einem ähnlichen Niveau halten wie in den vergangenen Jahren, sagt Staatssekretärin Ina Bartmann. Mobilitätsforscher Christian Rudolph hält die geplanten Investitionen für zu gering. Die Umsetzung würde so Jahrzehnte dauern und das Ziel bis 2030 nicht erreicht werden, sagt er.
Bartmann allerdings sieht nicht die Finanzierung als größte Herausforderung, sondern den Grunderwerb. Denn um Radwege bauen zu können, müsse das Land erst die benötigen Flächen erwerben, von "Landwirten, Bürgerinnen und Bürgern, damit sie uns die Flächen zur Verfügung stellen." Das Geld würde dann zur Verfügung stehen.
Eine exakte Summe für den Radwegausbau nennt Bartmann nicht. Es könne immer Verschiebungen geben. Wenn beispielsweise eine Brücke ein Sicherheitsrisiko darstelle und gesperrt werden müsse, dann habe das Priorität vor dem Bau eines neuen Radwegs.
Sendung: rbb24 Inforadio, 22.04.2025, 18 Uhr