Barnim - Warum so ausgiebig über die geplante Ortsumgehung von Eberswalde gestritten wird

Mi. 16.04.25 | 14:45 Uhr
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Archibild: Fahrzeuge sind auf der Bundesstraße 167 im Landkreis Märkisch-Oderland am frühen Morgen kurz vor Sonnenaufgang unterwegs. (Quelle: dpa/Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 14.04.2025 | Andreas Jacob | Bild: dpa/Pleul

Seit 30 Jahren wird über den Neubau der B167 diskutiert. Der zweite Bauabschnitt sieht eine Ortsumgehung nördlich von Eberswalde vor, um die Stadt zu entlasten. Gegen das Bauprojekt regt sich Protest. Auch eine Klage ist geplant.

Seit den 1990er Jahren wird über eine neue Trassenführung der Bundesstraße 167 zwischen der Autobahn A11 und Frankfurt (Oder) diskutiert. Jetzt nimmt das Vorhaben langsam Gestalt an – allerdings ist der Planungsprozess noch lange nicht abgeschlossen. Derzeit wird der erste Bauabschnitt der Ortsumgehung Finowfurt/Eberswalde vom Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg (LSB) geplant. Wann das dafür nötige Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein wird, ist bislang offen, wie es von der Stadt Eberswalde heißt.

Der geplante erste Abschnitt beginnt an der Landesstraße L220 westlich der A11-Abfahrt in Finowfurt und führt nördlich der bestehenden B167 entlang, überwiegend am Oder-Havel-Kanal, bis nach Eberswalde-Nordend.

Für den zweiten Bauabschnitt in Richtung Tornow ist seit 2016 die Planungsgesellschaft Deges zuständig. Nach Unternehmensangaben wird derzeit eine Entwurfsplanung erarbeitet, voraussichtlich 2026 soll das Planfeststellungsverfahren starten.

Das Projekt ist Teil des Bundesverkehrswegeplans [bvwp-projekte.de] und soll langfristig die Region besser an die Autobahn anbinden. Für viele Pendler ist die B167 heute schon die wichtigste Verbindung Richtung Berlin.

720 Meter lange Brücke auf Stelzen über Finowkanal

Für den acht Kilometer langen zweiten Abschnitt entlang des Oder-Havel-Kanals sind elf Brücken vorgesehen, eine Million Kubikmeter Boden muss dafür bewegt werden. Zudem soll eine 720 Meter lange Brücke auf Stelzen entstehen, um Biotope, Bahntrassen und den Finowkanal zu überqueren. 94 Millionen Euro soll allein dieser Abschnitt kosten.

Laut Deges soll im Zuge des Projektes der Verkehr in Eberswalde durch die Umgehungsstraße spürbar sinken. "Wir erfahren mit der Errichtung dieser Bundesstraße eine Entlastung von 5.000 Fahrzeugen", sagte Nicole Ramm, Projektleiterin bei der Deges. Eine Entlastung verspricht sich auch die Eberswalder Verwaltung. Durch die Ortsumgehung könnten Lärm und Emissionen reduziert werden. Auch die Wirtschaftsunternehmen würden durch direkte Verkehrsanschlüsse profitieren, so Ramm.

Grafik: Visualisierung der Finowbrücke aus dem digitalen Planungsmodell. (Quelle: DEGES).Visualisierung der Finowbrücke auf dem zweiten Bauabschnitt | Deges

Kritiker mobilisieren seit 2023 gegen das Projekt

Doch das Projekt ist umstritten. Kritiker bezeichnen es als Teil eines geplanten zweiten Berliner Rings - eines Netzes aus zwei- bis dreispurigen Schnellstraßen, das zusätzlichen Verkehr in die Region bringen würde. Der tatsächliche Durchgangsverkehr in Eberswalde sei gering, so die Bürgerinitiative "Pro Waldstadt", die sich im Sommer 2023 gegründet hat."Es gibt eine einzige Zählung aus den 1990er Jahren, wo Menschen befragt worden sind", sagte Susanne Kruopis, Mitglied der Bürgerinitiative sowie von Greenpeace. "Und es stellte sich heraus, die allmeisten Leute nach Eberswalde reinmöchten, dort Arztbesuche, Kindergarten, Schule haben oder dort arbeiten. Die allerwenigsten fahren wirklich durch und würden auch diese Umgehungsstraße nicht nutzen."

Die Gruppe sieht in dem Projekt kein zukunftsfähiges Infrastrukturvorhaben, sondern ein überholtes Denken in Beton: Mehr Verkehr, mehr Flächenversiegelung - und ein klarer Widerspruch zu den eigenen klimapolitischen Zielen.

Die Prognose, mit der das Projekt gerechtfertigt wird, geht von einer 50-prozentigen Zunahme des Verkehrs bis 2030 aus. Doch genau hier liegt für die Kritiker der Widerspruch: Das Land Brandenburg habe sich 2024 per Mobilitätsgesetz verpflichtet, den motorisierten Individualverkehr bis 2030 um 32 Prozent zu senken, argumentieren sie. Überhaupt neue Straßen zu bauen, sei die falsche Richtung, sagte Kruopis. "Jedes Jahr ist wärmer als das Jahr zuvor, das geht doch nicht so weiter. Schon das allein wäre ein Grund aufzuhören mit diesem Straßenbau."

Eingriff in Natur soll ausgeglichen werden

Die Bürgerinitiative warnt vor massiven Eingriffen in die Landschaft. Kleingärten würden verlärmt, Erholungsgebiete am Kanal beeinträchtigt und der Eberswalder Stadtwald zerschnitten. Wertvolle Biotope könnten dauerhaft zerstört werden.

Trotzdem hält die Deges an den Plänen fest. Nicole Ramm versicherte, dass Umwelt- und Naturschutz berücksichtigt würden. "Insgesamt haben wir bei circa 50 Hektar Eingriffe zu verzeichnen. Ziel ist es, dass wir die Eingriffe komplett ausgleichen, um die 60 Hektar werden wir planen", so Ramm weiter.

Die Bürgerinitiative "Pro Waldstadt" bereitet gemeinsam mit dem Umweltschutzbündnis BUND Brandenburg eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des ersten Bauabschnitts vor. Dieser hat den Gegnern zufolge eine Schlüsselfunktion für das gesamte Straßenbauprojekt.

Sendung: Antenne Brandenburg, 14.04.2025

Mit Material von Andreas Jacob

24 Kommentare

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  1. 23.

    So ein Pech wie Sie habe bzw. hatte ich nur selten. Bei mir sind die meisten Züge pünktlich und die meisten Anschlüsse erreiche ich.

  2. 22.

    Sie glauben doch nicht im ernst daran, dass ich die Bahn nutzen werde. Wenn ich mich für dieses Verkehrsmittel entschieden hatte, kam es gar nicht oder später. Musste ich umsteigen war meist der Anschlußzug weg. Da bleibe ich doch lieber bei meinem Auto, denn das fährt dann, wenn ich es will, da ist mir auch die Umwelt egal, zumal unsre Anteil am klimaschädlichen Co 2, weltweit gesehen, sehr gering ist.

  3. 20.

    Na, ja: Erzählen Sie das mal Frau Eberswalderin.
    Ich wiß ogft nciit, was man dazu sagen soll(te)-
    F+ür die Bewohner der Hauptstr. müsste eine Entlaszung her. Das, was früher mal eben so war, das ist lange her. Man kann nicht die Vergangenheit ohne ausgesuchte AnpassungsMN in die neue Gegenwart hieven.
    Viel Erfolg dem an sich als sehr nett empfundenen Ort - die Hauptstr. (Einfahrt nach Ebw) ist frustrierend.

  4. 19.

    Für viele Finowfurter wäre die Umgehungsstraße mehr ein Segen, als eine Last. Der tägliche Durchgangsverkehr nur des Schwerlastverkehres betrug durchschnittlich 572 Fahrzeuge (2022) und gemessen auf die Tage von Dienstag bis Donnerstag durchschnittlich 880 Fahrzeuge (Marienwerder Straße) und am Wochenende kommt dann der dicke PKW verkehr der Ausflügler und Autobahnbenutzer.

  5. 18.

    Deswegen sollten die entscheiden, die a) ein Mandat dafür haben und b) die als unmittelbar Betroffene am besten wissen, wo der Schuh drückt. Bürgermeister und Landräte aus dem Barnim haben sich für einen schnellen Neubau der Ortsumgehung B 167 Finowfurt/Eberswalde ausgesprochen.

  6. 17.

    Stimmt, gelobt wird der omnipräsente O-Bus als Verkehrsdenkmal - wenn er denn fährt! Bitte das nicht zu vergessen. Und noch heute sind nicht alle Siedlungsteile gut angeschlossen.
    Ich dachte, dass die grüne Stadt einfach Einkommen der Bürger benötigt... Aber das scheint mir nicht gewollt zu sein. Selbst der wirkl. sehr schöne Familiengarten braucht Einnahmen. Ob man wirklich in Scharen Leute dorthin locken kann, muss man ehrl. hinterfragen. Der Zoo hat da schon ein anderes Potential. Das kl. & feine Stadtmuseum kann kaum/leider wenig Strahlkraft entfalten, ist leider nicht so gefragt! Nur hilft die Diskussion " E. und F. -schon lange keine selbständigen Städte mehr" nicht weiter. Nur vom Wohnen/Schlafen wird sich eine Stadt nicht entwickeln können. Es braucht also andere Parameter. Wenn es keine Bahnen gibt, dann rollt halt der Kfz-Verkehr. Wenn es keine Industr./Gewerbe mehr gibt oder sich nicht etablieren kann/soll, dann - gebe ich Ihnen in allen Punkten recht! Grüße n. Ebw.

  7. 16.

    Ein Wettbewerb ist weder ein Selbstzweck, noch dient er der Verheiligung oder im Zuge dessen der Ideologisierung: Vor etlichen hundert Jahren gab es einen Wettbewerb zwischen Spanien und Portugal um die Aufteilung der Erde, wovon heute nur noch die Sprachgrenze in Südamerika zeugt. Vor gut 150 Jahren gab es einen Wettbewerb um Kolonien, um die Ausbeutung von Rohstoffen und Menschen auf anderen Erdteilen, dessen Folgen immer noch zu sehen sind. Jetzt geht es um nackte Zahle in Bilanzen, wobei die Inhalte dazu recht beliebig und als Kollateralschäden schon mal in Kauf genommen werden. ;-

    Demokratie heißt eben nicht, dass etwas von einer Zentralmacht dekretiert wird, sondern unter Hinzuziehung von Bürgern im Detailt abgewogen wird. Dabei darf es m. E. nicht bloß oberflächlich nach der aufgebrachten Stimmenzahl, sondern um vorgebrachte Argumente und Belange gehen. Je mehr Unterordnung unter einen Wettbewerb, umso weniger Demokratie in diesem Sinne.

  8. 15.

    Da ist ne Menge Quatsch, bei dem was Sie schreiben, dabei.

    Finow ist schon lange keine eigenständige Stadt mehr, sondern ein Ortsteil von Eberswalde.

    Niemand hier sagt Trollybus! Hier fährt der Oberleitungsbus - kurz Obus oder O-Bus.

    Finowfurt hat bereits eine super Anbindung an die Autobahn und die würde mit dem Bau der B167neu wegfallen.

    Das gesamte Projekt wird vollkommen zu recht von der Initiative ProWaldstadt in Frage gestellt. Ich habe die geplanten Streckenführung bereits als Video im entsprechenden Ausschuss sehen können - absolut krass, wie die Natur und die Belange der Anwohner übergangen werden!

    Hier werden FFH-Gebiete(!) zerschnitten und es wird richtig viel Geld bei dem Bau der Brücken versenkt.

    Die Notwendigkeit für dieses Projekt basiert auf Planungen von Anfang der Neunziger. Auch die Zahlen, der zugrundeliegenden Verkehrszählung, stammen aus dieser Zeit.

    MMn eine einzige Farce - nein zur B167neu und ja zur Verkehrswende!

  9. 14.

    Es liegt weder übermäßiger Bürokratismus vor noch sind die Leute prinzipiell gegen alles. Tatsächlich richten sich die Bedenken gegen ein überflüssiges, landschaftszerstörendes Projekt dass vom verkehrspolitischen Denken der 60er und 70er Jahre zeugt und noch dazu enorme Ressourcen verschlingt, die dann an anderer Stelle fehlen. Auch angesichts der von der Politik geforderten Verkehrswende müssen die knappen Finanzmittel in sinnvolle Projekte und nicht die umweltschädliche Förderung des Autoverkehrs investiert werden.

  10. 13.

    Die Menschen sind nicht aus Prinzip gegen alles. Sie sind nur gegen unsinnige und klimafeindliche rückwärtsgewandte Projekte. Ihr Vorwurf ist Verleumdung. Die Straßenbauten werden nicht sinnlos und endlos verzögert und verteuert. Sie sind sinnlos und endlos verteuert.

  11. 12.

    Ich hoffe, diese Straße wird nie fertig. Ich hoffe, sie wird nie begonnen, die Planungen sofort gestoppt und das Geld für die Modernisierung der Eisenbahn einegesetzt, damit die Züge zwischen Frankfurt und Ebenswalde schneller und deren Takt dichter wird..

  12. 11.

    Dieses Projekt macht keinen Sinn. Wenn Umgehungsstraße sein muss, dann bitte Südtangente. Am Flughafen gibt es bereits ausreichend Straßen, die auf Grund von fehlendem Verkehr aktuell hervorragend als Fahrradwege genutzt werden.

  13. 9.

    Eine Ortsdurchfahrt durch Eberswalde ist wirklich ziemlich lange und nervig.

  14. 8.

    Auch bei mir bleiben, nach dem Lesen des Artikels viele Fragen offen.

    Wenn ich allein sehe, welche Route die Planungsdauer und die noch hinzu kommenden Baukosten sehe, hätte man bei zügiger Bauweise, mit Sicherheit die Strecke zweimal bauen können.

    Mein Eindruck ist, das Ganze ist eine riesige ABM, vermutlich setzen sich hier irgendwelche Planer ein persönliches Denkmal.

    Zumal der ganze Ausbau der B167 sich seit Jahrzehnten hinzieht. Mal abgesehen vom Abschnitt zwischen Wriezen und Bad Freienwalde der etwa im Jahre 2001 in Betrieb ging und lokal jahrelang die einzige Ausnahme blieb!

    Bereits 1995 fiel mir auf, die anderen Neuen Bundesländer hatten ihre Straßen bereits saniert, in Brandenburg fing man erst an, als die Töpfe leer waren.

    Letztlich besaß ich damals einen Autoatlas, wo schon die komplette Neubaustrecke mit Streckenführung gestrichelt eingezeichnet war.

    Wann wird die Strecke noch einmal komplett fertig sein???

  15. 7.

    Na.ja, das mit der Entwicklung der Industrie und Gewerbegebiete stagniert ja auch.
    Was beschrieben wird, ist schon richtig: Die beiden eigentl. Städte Finow u. Ebw, Stadtviertel um den Bahnhof wollen verbunden werden. Mit Finowfurt streitet man ebenfalls seit langem, alle wollen selbstständig bleiben u. keiner gönnt dem anderen 'was. Wenn es ein ruhiges Ländchen bleiben soll u. das scheint ja das Hauptaugenmerk zu sein, dann bleib alles beim alten: Die Pflegekraft mit dicker Tasche steht sich an der Bushaltstelle die Beine in den Bauch u. versucht dann schwer atmend, bei ihrer Pflegeperson Alfons/Elli anzukommen - zuvor aber die schwere Tasche 5 Etagen hochgewuchtet zu haben u. im Wildparkring fährt der Bus, "wie er wöll". Träumt weiter,
    Während es die Berliner Stadtrandstädte geschafft haben schnell, BER ORANzu wachsen kann das grüne Eberswalde immer noch an der 42 T Einw.-Marke knabbern und sagen, wir haben den "grünsten" Trolleybus, ein Busdenkmal. Wenn man

  16. 6.

    Ich kann dem nur zustimmen, parallel am Kanal entlang und fertig. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Seit 30 Jahren, geht's noch, und was dann bei raus kommt. Einfach nur traurig für Deutschland. Aber man sieht es ja innerhalb von Eberswalde, einfach machen einfach nur Konzeptlos.

  17. 5.

    Zu behaupten, es gäbe kein Durchgangsverkehr in Eberswalde, ist mMn falsch aber dieses Projekt hört sich ziemlich übertrieben an.
    Für mich stellt sich sofort die Frage, warum nördlich über den Kanal? Was soll das mit den elf (!!??)Brücken? Entweder rechts am Kanal entlang oder links entlang, verstehe nicht wie jemand dort auf 11 Brücken kommt?! Und dann noch ne Riesenbrücke über die alte Finow oderwas!?
    Warum nicht südlich am Flughafen entlang durch den Wald Richtung Spechthausen? Das wäre sehr viel weniger Aufwand/Kosten und dort würde es sogut wie niemanden stören, bis auf die Waldbewohner/Waldschützer und die Spaziergänger aus dem brandenb. Viertel natürlich ...

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