Karfreitagsruhe - Was es mit dem Tanzverbot an Karfreitag auf sich hat

Fr. 18.04.25 | 08:15 Uhr | Von Stefan Ruwoldt
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Am Karfreitag herrscht bundesweit Feiertagsruhe, und das heißt hier: Kein Tanz! (Quelle: Imago/T.Seeliger)
Bild: www.imago-images.de

Tanzen verboten - das hört sich altbacken an. Doch Altbackenes kann auch uns helfen. Vielleicht. Für Karfreitag jedenfalls gilt: Besondere Ruhe! Aber warum? Von Stefan Ruwoldt

Das lange Osterwochenende beginnt mit einem Tag der Einschränkungen: dem Karfreitag. Verboten sind da etwa alle Arbeiten, die Lärm erzeugen, also so etwas wie Hämmern und Bohren. Solche Lärmeinschränkungen aber gibt es doch auch schon für jeden Sonntag, für die sonntägliche Ruhe. Was also ist anders am Karfreitag?

Der Karfreitag ist bundesweit ein sogenannter stiller Feiertag. Das ist eine behördliche Einordnung, die durchsetzen soll, dass ein an diesem Feiertag übliches Ritual wie das Gedenken ungestört stattfinden kann.

Tanzverbot ab fünf Uhr früh

Das Tanzverbot gilt in allen Bundesländern, aber jeweils unterschiedlich lang. In Berlin ist von fünf Uhr am Morgen des Karfreitag bis 21 Uhr Tanzverbot, in Brandenburg bis vier Uhr am Samstagmorgen. Eine ähnliche Einschränkung gilt auch für die Kinos. Dort sind die Betreiber angehalten, die Kracher zumindest für diese stillen Stunden vom Spielplan zu nehmen. Selbst die Opern- und Konzerthäuser halten sich hier - zumeist - an das Stille-Gebot und setzen auf ihre Spielpläne für diese Tage die ruhigeren Stücke.

Den Kinos hilft dabei eine Liste der "Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft" (FSK). Darauf stehen die Stücke, die "das religiöse Empfinden stören". Die Liste war früher lang, wird aber nun immer kürzer, weil als Ruhestörung mittlerweile nur noch schwerer Horror gilt. Bei den Theatern gibt es solch eine Negativliste nicht, was allerdings in diesem Jahr zu einem kuriosen Osteraufführungsverbot in Dortmund geführt hat: Die dortige Bezirksregierung verbot für Karfreitag die Aufführung von Wagners "Walküre" [deropernfreund.de].

Religionssoziologe plädiert für "gegenseitige Akzeptanz"

Die Karfreitagsverbote lösen im Jahrestakt Verbotsdebatten aus, sind aber eigentlich nur eine begleitende Regelung für eine Art Konsens. Sie erinnern daran, dass eben Millionen von Christen in Deutschland diesen Feiertag in angemessener Ruhe begehen können. Der Religionssoziologe Detlef Pollack plädiert dafür, einfach "die Ruhe dieses Tages zu respektieren". Der Wissenschaftler von der Universität Münster rät: "Meine Position ist: Man sollte das Tanzverbot nicht durchsetzen, aber man sollte es auch nicht verletzen." Womit dann eine Art gegenseitiger Akzeptanz erreicht wäre. Und auch die geforderte Ruhe für diesen Feiertag würde sich einstellen - wahrscheinlich bei fast allen.

Korrekturhinweis: In einer früheren Fassung dieses Beitrags hieß es, das Tanzverbot gelte in Berlin bis Mitternacht, es gilt jedoch nur bis 21 Uhr. Außerdem war von einem Protestverbot an Karfreitag die Rede; dies ist ebenfalls nicht zutreffend. Wir haben die Fehler korrigiert.

Beitrag von Stefan Ruwoldt

42 Kommentare

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  1. 42.

    Das ist überlebte Götzenhuldigung.
    Man sollte dem Bürger nicht vorschreiben, wann und wie er den "Tag der Besinnung" begeht.
    Ich selbst bin Katholik gewesen und habe mich voller Scharm und Ekel von dieser Kirche abgewandt, als die tausendfach begangenen Kinder- und Jugendlichenschändungen und der Umgang der Kirchen damit, puplik wurden.
    Mich kotzt die Scheinheiligkeit der "Würdenträger" an, die von Brüderlichkeit, Zusammenhalt und Vergebung fabulieren.
    Das sich der Staat dann noch zum Handlanger dieser Kinderschänder-Vereinigung macht und Kirchensteuer einzieht, Abermillionen in diese Krichen steckt und sich als Sachhalter gebrauchen lässt.

  2. 41.

    Die Karfreitagsruhe
    - Ich bin Atheistin und respektiere das Tanz- und Vergnügungsverbot am Karfreitag. Das gehört zur Toleranz und einer diversen Gesellschaft. Dass überhaupt darüber diskutiert wird (werden muss), dass ein einziger Tag von 365 mit dieser Einschränkung verbunden ist, ist mir unbegreiflich und stimmt mich traurig. Ich bin 68 und habe das auch als junger Mensch so gesehen.

  3. 40.

    Ein Tag der Besinnung ohne Außenreize. Gewiss, die Welt steht nicht still ... dennoch würde uns allen ein Tag ohne Dauerberieselung, Lärm etc. gut tun.

  4. 39.

    Es geht schlichtweg um einen gesellschaftlichen Konsens oder eben um ein gesellschaftliches Auseinandersprengen. Der von mir nicht sonderlich hochgeschätzte Helmut Schmidt sprach in den 1970ern von einem fernsehfreien Tag, angesichts des seinerzeit heraufdämmernden Begehrens nach mehr Programmen als den seinerzeit drei (!). Das muss sich heute mal jemand vorstellen.

    Auch wenn Tanzen nicht dieselbe Rauschwirkung hat wie die Betätigung technischer Geräte bis zum Überdruss, so scheint mir doch die hartnäckige Verteidigung eines angeblichen Grundrechts auf Tanz tagein tagaus, gleich wo in gewisser Weise von Getriebenheit zu zeugen.

    Bliebe die Mattscheibe für einen Tag dunkel, würde für einen einzigen Tag das Smartphone aus der Hand gelegt: Eine derartige gesellschaftliche Revolution stellte alle bisherigen Revolutionen klar in den Schatten. ;-

  5. 37.

    Während in streng katholischen Ländern, wie zB. Polen, Spanien, Sonntags die Läden auf sind, selbst am Karfreitag, oder gar Ostern, wird hier noch an mittelalterlichem Götzengetue geklammert.
    Während Millionen "Gläubige" den christlichen Kirchen den Rücken kehren, treibt der Staat die Kirchensteuern ein.
    "So war mir Gott helfe" selbst im 21. Jahrhundert.
    Ob das auch die geschändeten Kinder und Jugendlichen riefen, oder andere Menschen, die den Kirchen ausgeliefert waren?
    Ich persönlich werde, wie in jedem Jahr, mir im Kreis der Familie und Freunde den Monty Python Film "Das Leben des Brain" ansehen und wir werden herzhaft über die Verlogenheit des Jesus-Kultes lachen.

  6. 35.

    Sie können doch ungestört zu Hause tanzen! Und sogar nach Ihrer Musik - mach ich auch manchmal,allein, das hilft! Aber ein paar Tage im Jahr mal Ruhe zu haben, ist sehr wichtig!

  7. 34.

    Der Parsifal wird aufgrund der Handlung typischerweise am Karfreitag aufgeführt.

  8. 33.

    Zitat: "Fragen Sie doch mal bei der örtlichen Tourismusbehörde nach."

    Der "Kinderfreund" meint mit "Zugereiste" sicher weniger die angereisten Touristen, als vielmehr Geflüchtete nichtchristlichen Glaubens, die er sich wohl tanzend, singend und klatschend auf den Straßen Berlins imaginiert. Hätte ja auch was gefehlt, wenn hier nicht noch jemand das Thema Migration versucht hätte anzubringen, Penny.

    Allen eine schöne und auch ruhig besinnliche Osterzeit.

  9. 32.

    Eher wird wohl doch noch die Sommerzeit abgeschafft als den höchsten christlichen Feiertag nicht mehr besonders zu schützen oder mehr Handel an Sonn- und Feiertagen auszuweiten.

  10. 31.

    Genau, dem Theater Dortmund (Regierungsbezirk Arnsberg) wird die Aufführung der Walküre verboten derweil 50 km weiter in Essen (Regierungsbezirk Düsseldorf) der Parsifal über die Bühne gehen darf. Das sagt alles über die Sinnhaftigkeit dieses Tanzverbots und viel über Behördenwillkür.

  11. 30.

    Da bin ich voll bei Ihnen! Ein Tag der Besinnung ohne Außenreize. Gewiss, die Welt steht nicht still ... dennoch würde uns allen ein Tag ohne Dauerberieselung, Lärm etc. gut tun.
    Danke für den Denkanstoss.

  12. 29.

    Zeit in diesem Zusammenhang dürften für sie die Stereotypen der jetzigen zwanziger Jahre sein. Also die Moden einer sehr sehr kleinen Zeitspanne?

  13. 28.

    "Das gehört zur Toleranz einer diversen Gesellschaft."
    ? Wenn es darum geht, müssten wir schon auf alle religiösen Minderheiten die gleiche Rücksicht nehmen. Dann würden wir als Nicht-Fastende zum Ramadan bspw. die Restaurants am Tag schließen und das Essen in der Öffentlichkeit unterlassen so wie wir das Tanzen aus Rücksicht auf die Christen unterlassen. Mir persönlich ist das Tanzen zwar egal, aber für wen der Tag eh keine religiöse Relevanz hat, der soll schon Tanzen gehen können am freien Tag. Davon haben die meisten ja eh schon wenig genug.

  14. 27.

    Moment. Ich (und ich denke, viele andere) wollen das Tanzverbot abschaffen, nicht den Feiertag!

  15. 25.

    Es gibt keinen logisch zu erklärenden Grund, kirchliche Feiertage abzuschaffen. Keinen ! Wer so etwas fordert, sollte sich überlegen, was das für einen politischen Sprengstoff hätte und welche Partei davon profitieren würde.

  16. 24.

    Wer in die Kirche gehen will, möge das tun.
    Mich bekommt da niemand hin.
    Wer tanzen möchte, möge das tun.
    Wer es nicht möchte, lässt es.
    Wo ist das Problem???
    Jedem das Seine!

  17. 23.

    Ein Tag der Besinnung schaut aber für jeden anders aus. Ich fänd es gut, wenn es an dem keinen Autoverkehr gibt. Keine Sbahn an meinem Garten entlang donnern. Kein tv läuft. Und das Internet ausgeschaltet wird, heißt, keine Apps, kein socialmedia, keine Filmchen, kein Krach. Stattdessen darf man nur nicht gemeinsam tanzen und musizieren. Das ist sowas von aus der Zeit gefallen.

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